Kategorie:
Ungleichheit, Armut, Reichtum

Kirchhof – Wahnsinn in Zahlen

Ein Steuerkonzept ohne Schlupflöcher, sozial ausgewogen, unkompliziert und dazu noch aufkommensneutral – so beschreiben die großen Tageszeitungen das Kirchhof-Modell, für das die Journaille in dieser Woche die ganz große Werbetrommel rührt. Um zu belegen, wie „einmalig sozial“ sein Modell ist, lässt man den Paul Kirchhof öffentlichkeitswirksam Fallbeispiele aus dem Hut zaubern, mit denen belegt werden soll, dass vor allem Geringverdiener von seiner Steuerreform profitieren würden. Wenn man das Kirchhof-Modell einmal mit dem spitzen Bleistift durchrechnet, kommt man jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis. Von Jens Berger

Steuerbäuche und Steuergeschenke – wie der Wähler an der Nase herumgeführt wird

Sobald die Steuereinnahmeprognosen es zulassen, begeben sich Medien und Politik mit wiederkehrender Penetranz auf den fiskalischen Trimm-Dich-Pfad. Der „Mittelstandsbauch“, so heißt es dann, müsse abgebaut werden, um den Normalverdiener zu entlasten. Das klingt gut, denn wer will schon eine schmierige Steuerwampe? Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass von den stets diskutierten Varianten, den „Mittelstandsbauch“ abzubauen, vor allem die Spitzenverdiener profitieren. Es gibt jedoch Alternativen, bei denen vor allem die Gering- und Normalverdiener profitieren würden. Von Jens Berger

Ersparnisse auf Rekordniveau – Wie mit Irreführung Meinung gemacht werden soll

Die ständige Wiederholung einer Aussage gehört zu den wichtigsten Methoden der Meinungsmache. So wiederholen die Bundesbank (z.B. hier [PDF – 240 KB] und hier, der Deutsche Bankenverband aber auch Versicherungskonzerne wie die Allianz in regelmäßigen Abständen Erfolgsmeldungen darüber, wie die Ersparnisse der Deutschen im Durchschnitt gestiegen sind. So auch jetzt wieder einmal der Bankenverband mit der Schlagzeile „Ersparnisse auf Rekordniveau: Fast 5 Billionen Euro Geldvermögen“. Bei wem sich die Ersparnisse allerdings angesammelt haben, das wird verschwiegen. Von Wolfgang Lieb

kino.to – Kriminalisierung und Kriminalität im Internet

Zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen zählt auch die Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben eines Gemeinwesens. Wer jedoch bei dem Begriff „Kultur“ nun an Goethe oder Beethoven, den Theater- oder Konzertbesuch denkt, verkennt womöglich die kulturellen Realitäten in unserer Gesellschaft. Vor allem für jüngere Menschen zählen neben Popmusik und Computerspielen auch aktuelle Kinofilme zur kulturellen Teilhabe. Die Schließung des Internetportals kino.to, das diese Teilhabe ermöglicht und dabei gegen geltende Gesetze verstoßen hat, wirft jedoch einmal mehr die grundsätzliche Frage auf, wie unsere Gesellschaft eine kulturelle Teilhabe ermöglichen will, ohne ganze Bevölkerungsschichten zu kriminalisieren. Von Jens Berger

Postwachstum: Auf der Suche nach dem „Klimatariat“

Man werfe alle derzeit aufzeigbaren Risiken und Krisen (Zerstörung der Umwelt, Endlichkeit fossiler Ressourcen, blutige Ressourcenkriege, CO2-Problematik, Biokrise, Verlust an Artenvielfalt, Desertifizierung, zunehmende Ungleichheit, patriarchalische Strukturen etc.) in einen Topf, mische als treibende Hefe marxistisch angehauchte Kapitalismuskritik und ökonomische Sättigungstheorien oder die Kritik am BIP als Messgröße für das Wachstum bei und koche daraus eine fundamentale Wachstumskritik und nenne dieses Rezept dann eine „solidarische Postwachstumstheorie“, die eine alternative (Makro-)Ökonomie, einen neuen Lebensstil und eine radikal-demokratische Gesellschaft voraussetzt. So etwa lässt sich ein sog. „Basis“-Text von Mathias Schmelzer und Alexis Passadakis unter dem Titel „Postwachstum: Krise, ökologische Grenzen und soziale Rechte“ in einem Satz zusammenfassen. Der Versuch einer Kritik von Wolfgang Lieb

Morgen: Dresdener Frühjahrsgespräch am 7. Mai

Einführung: Was bedeutet „Gegenöffentlichkeit“?
Volker Bahl, Koordinator für die Gesprächskreise der „NachDenkSeiten“ in Deutschland

Vortrag: Demokratie in Not – Empörung ist nicht genug!
Wie aus einem „systemischen Risiko“ der Banken ein Risiko für das System wurde – Öffentliche Armut bei privatem Reichtum sprengen das Gemeinwohl
Dr. Wolfgang Lieb, Mitherausgeber von www.NachDenkSeiten.de

Podiumsgespräch und Diskussion mit Dr. Wolfgang Lieb
Moderation: Axel Schmidt-Gödelitz, Berlin/Gödelitz

Die Veranstaltung findet im Kulurrathaus Dresden von 10.30 bis 13.00 Uhr statt [PDF – 155 KB].

Soweit wir informiert sind, soll die Veranstaltung als Live-Stream übertragen werden.

Profiteure der Krise

Die Finanzkrise hat weltweit Vermögen in Billionenhöhe umverteilt. Die Existenz von Millionen von Menschen wurde bedroht, ihre Arbeitsplätze und ihre soziale Sicherheit vernichtet. Wie hoch die Folgelasten für die öffentlichen Haushalte schlussendlich sein werden, ist momentan noch nicht einmal absehbar. Noch viele Generationen werden an den Kosten und der Zinslast zu tragen haben. Im Jargon der Finanzmärkte hat sich das Geld einfach “in Luft aufgelöst” oder es wurde “verbrannt”. Dass diese Einschätzung falsch ist, zeigt das Beispiel des Hedgefonds-Managers John Paulson. Im letzten Jahr „verdiente“ Paulson die stolze Summe von 5 Milliarden US-Dollar – das höchste jemals bekannt gewordene Einkommen der Welt. Ein Teil dieses Geldes stammt dabei auch aus deutschen Steuergeldern, mit denen die Folgen der IKB-Pleite bezahlt werden. Jens Berger

Ein verhängnisvoller Deal

Über drei Billionen Euro Privatvermögen werden in der Schweiz gebunkert. Schätzungen gehen davon aus, dass 50% bis 70% dieses Geldes illegaler Herkunft sind. Ein dreistelliger Milliardenbetrag stammt von deutschen Steuerflüchtlingen. Eine Studie der Bundesbank geht davon aus, dass 500 Milliarden Euro ohne Kenntnis des Fiskus im Ausland schlummern, ein Drittel davon in der Schweiz. Doch wer nun denkt, dass der deutsche Fiskus ein übermäßiges Interesse daran hätte, diese Straftaten zu ahnden, der irrt. Wie die Schweizer Nachrichtenagentur sda meldet, haben die deutschen Behörden hinter den Kulissen einen Deal mit dem Schweizer Bankhaus Julius Bär abgeschlossen. Die Bank zahlt einmalig 50 Mio. Euro Bußgeld, dafür stellen die Behörden die laufenden Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ein. Das ist bereits skandalös – vollends skandalös wird dieser Deal allerdings, wenn man sich vor Augen hält, dass der Whistleblower, der die Verfahren gegen Julius Bär ermöglichte, seit Januar diesen Jahres ohne Verfahren und ohne Anklageerhebung in der Schweiz in Untersuchungshaft sitzt. Jens Berger

Armut und Reichtum in Deutschland und Nordrhein-Westfalen

Wenn wir nach den Ursachen der wachsenden Ungleichverteilung fragen, so spielen da mehrere Faktoren eine Rolle.
Erstens haben wir eine langjährige Entwicklung der staatlichen Steuer- und Abgabenpolitik, die darauf zielt, die sogenannten „Leistungsträger“ zu entlasten, worunter dann vor allem die Bezieher von Kapital- und Vermögenseinkommen verstanden werden.
Zweitens sind die Löhne und Gehälter seit Jahrzehnten von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt.
Drittens haben wir eine politisch verordnete Deregulierung des Arbeitsmarkts, die zur Entgrenzung prekärer Beschäftigung und einer regelrechten Explosion des Niedriglohnsektors geführt hat.
Viertens hat man die Sozialeinkommen systematisch immer weiter gedrückt.
Insgesamt kann man sagen, dass es vor allem eine an den Interessen des Kapitals orientierte Politik und die Schwäche der Gewerkschaften ist, die eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten und aus der Mitte nach oben bewirken. Ein Referat von Daniel Kreutz.

Die „Reichtumsuhr“

Im Fernsehen wird ständig die „Schuldenuhr“ des Bundes der Steuerzahler, einer neoliberalen Lobbyorganisation für Steuersenkungen zu Gunsten von Unternehmen und Gutverdienenden gezeigt. Dieser „Schuldenuhr“ eine „Reichtumsuhr“ gegenüber zu stellen, die den Zuwachs an Geldvermögen in Deutschland in jeder Sekunde misst, das war eine Idee, die wir auf den NachDenkSeiten schon vor sechs Jahren vorgeschlagen haben. Damit könnte nämlich das Auseinanderfallen von öffentlicher Armut und privatem Reichtum versinnbildlicht werden. Der Betrachter würde dann staunen, dass die „Reichtumsuhr“ erheblich schneller läuft als die „Schuldenuhr“. Darüber haben wir oft berichtet.
Der DGB Landesverband Hessen-Thüringen hat nun diese Idee umgesetzt. Gratulation!
Hier können Sie sehen wie das Nettoprivatvermögen in Deutschland steigt, wie viel das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt und demgegenüber die Schulden des ärmsten Zehntels wachsen. Quelle: Plattform handlungsfähiges Hessen.

Das Weltsozialforum in Dakar

Vom 6.-11. Februar 2011 fand in Dakar/Senegal das 10. Weltsozialforum (WSF) statt. Obwohl das WSF ein Ort der Vernetzung und Inspiration von Menschen aus allen Kontinenten ist, die alternative Lösungen zur herrschen Weltpolitik zu diskutieren, tauchen die meisten Diskussionen in den gängigen Medien gar nicht auf. Christine Wicht will mit Ihrem Beitrag diesem Versäumnis abhelfen.

Die Weltwirtschaftskrise und das plötzliche Verschwinden des „Postfordismus“: Über den lautlosen Niedergang einer Theorie

Mit der 2009 unübersehbar gewordenen Weltwirtschaftskrise ist es um die im linken Diskurs stellenweise inflationär verwendeten Begrifflichkeiten wie „Fordismus“ und „Postfordismus“ merkwürdig still geworden. Die Weltwirtschaftskrise blamierte nicht nur die neoliberalen oder neoklassischen Ökonomen, sondern warf auch die neo-marxistisch inspirierte Post-/Fordismustheorie und die daraus abgeleiteten politischen Gewissheiten über die Obsoletheit einer keynesianisch ausgerichteten Politik über den Haufen. Von Christian Girschner