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Denkfehler Wirtschaftsdebatte

Die politische Debatte kreist oft um wirtschaftliche Zusammenhänge. Vielen Menschen sind diese fremd. Denkfehler und Vorurteile zur Wirtschafts- und Finanzpolitik sind schon deshalb weit verbreitet. Die NachDenkSeiten klären immer wieder darüber auf.

Peter Bofinger bringt es auf den Punkt: Marktversagen statt Schuldenkrise.

Bei Spiegel online erschien ein sehr lesenswerter Debattenbeitrag des Sachverständigenratsmitglieds Professor Bofinger mit dem Titel „Der fatale Irrtum der Stabilitätsfanatiker“. Bofinger zeigt in diesem Beitrag, wie falsch und von Ideologie getrieben deutsche Ökonomen von Weber über Stark und Issing bis Sinn die Lage analysieren und wie die Politik bis hoch zum Bundespräsidenten diesen Trampelpfaden „deutscher Ordnungspolitiker“ folgen. Wörtlich: „Die meisten deutschen Ökonomen haben ein unerschütterliches Vertrauen in die “Marktdisziplin”. In einer kollektiven Amnesie wird dabei völlig verdrängt, dass der größte Teil der heutigen Probleme nicht auf eine mangelnde Fiskaldisziplin, sondern vielmehr ein massives Marktversagen zurückzuführen ist.“ Die Mehrheit unserer sich gleichschaltenden Medien kennt nur ein Etikett: „Schuldenkrise“. Albrecht Müller.

Eurokrise in Zahlen (II) – Krisengewinnler Neoliberalismus

Während die Welt unter dem Joch der Spekulation an den Finanzmärkten leidet, konnte Deutschland seine finanzpolitische Situation in den letzten beiden Jahren merklich verbessern. Beleg dafür sind die deutlich gesunkenen Zinsen für Staatsanleihen, von denen nicht nur Deutschland, sondern auch andere Länder profitieren, die in den Turbulenzen der Finanzkrise als sicherer Hafen gelten. Anstatt diesen positiven Effekt dazu zu nutzen, zumindest im eigenen Lande die Krisenfolgen zu mildern, nutzt Deutschland die Gunst der Stunde, um ganz Europa auf den neoliberalen Kurs deutscher Schule zu zwingen. Die Folgen dieser Politik sind verheerend – auch für Deutschland. Von Jens Berger

Die Eurokrise in Zahlen (I) – Wie Musterschüler zu Problemkindern wurden

Mit steter Regelmäßigkeit behaupten die deutsche Regierung und viele deutsche Medien, dass die Eurokrise eine direkte Folge des finanzpolitischen Schlendrians einiger Eurostaaten sei. Eine unwahre Aussage wird jedoch nicht wahrer, wenn man sie regelmäßig wiederholt. Ein Blick auf die statistischen Daten der OECD reicht aus, um diese Aussage zu widerlegen. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall – am Vorabend der Finanzkrise galten die heutigen Problemkinder noch als finanzpolitische Musterschüler. Von Jens Berger

Es ist die Rezession, Dummkopf

Nach all dem Unsinn, der über das Auf und Ab des Aktienmarktes an der Börse erzählt wurde, allmählich geht offenbar manchen ein Licht auf: Nicht irgendwelches Gerede etwa über Arbeitslosenzahlen in den USA, über eine in den Sternen stehende Einführung einer Transaktionssteuer, über irgendwelche Gipfeltreffen oder Erklärungen von Zentralbankchefs, nicht einmal – so die am meisten gebrauchte Floskel – die Krise der „Staatsverschuldung“ treibt den aktuellen Herdentrieb der Börsenmakler an. Es ist schlicht die Angst vor einer weltweiten Rezession. Von Wolfgang Lieb

Goldfinger – die Spekulation mit der Angst

Der Goldpreis erklimmt mit jedem Handelstag ein neues Rekordniveau. Wie bei einem Herdentrieb lassen sich immer mehr eingeschüchterte Bürger in Goldinvestments treiben. Gold ist jedoch keinesfalls der sichere Hafen, wie er oft scheint oder vorgegaukelt wird. Der Markt für physisches Gold ist gefährlich klein, die Spekulation hat jedoch in den letzten Jahren ein gigantisches Volumen erreicht. Es scheint fast so, als haben einige große Spieler es darauf abgesehen, mit der Goldblase das ganz große Geschäft zu machen. Anstatt zu warnen, heizen Medien und viele sogenannte „Experten“ die Spekulation zusätzlich an. Von Jens Berger

Plan B des Sachverständigenrats – Statt Prinzip Hoffnung, Prinzip Zeitgewinn

Wie sehr Deutschlands die sog. „Wirtschaftsweisen“ auf eine eindimensionale Gläubiger-/Schuldner-Logik fixiert sind, belegte einmal mehr ihr Ratschlag an die Kanzlerin [PDF – 15.3 KB] für den heutigen EU-Krisengipfel. Es geht ihnen nur um Schuldenmanagement und nicht um Realwirtschaft und schon gar nicht um die wirtschaftspolitische Ursache der Europa-Misere. Von Wolfgang Lieb

Weniger Urlaub für die Südeuropäer?

Eine Entgegnung auf Jens Bergers Beitrag „Die Kanzlerin der Stammtische“ von Heiner Flassbeck.
Nun ist es endlich raus, was schief läuft in Euroland. Frau Merkel sagt (lt. WELT online vom 18.5.): „Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig. Das geht auf Dauer auch nicht zusammen.“ Jetzt kann man endlich verstehen, warum für die schwere Krise in Euroland offenbar keine Lösung gefunden werden kann. Die europäische Tragödie ist laut der deutschen Bundeskanzlerin die Folge der Weigerung der Südeuropäer, auf Urlaub zu verzichten. Diese Äußerung zeigt aber besser als alles bisher Gesagte, was wirklich die europäische Tragödie ausmacht: Die Unfähigkeit unserer Spitzenpolitiker und ihre ökonomischen Berater auch nur im Ansatz zu begreifen, was eine Währungsunion bedeutet und wie sie funktioniert.

Wachstumswahn, Wachstumszwang, Wachstumskritik, Postwachstumsgesellschaft, etc. – seltsame Begriffe und eine vergleichsweise irrelevante und in die Irre leitende Debatte

Es ist richtig und überaus wichtig, auf einen schonenden Umgang mit den knappen Ressourcen zu pochen, das Bewusstsein dafür zu schärfen und die notwendigen politischen Entscheidungen zu erzwingen. Ist dafür die anschwellende Debatte um das wirtschaftliche Wachstum von großer Bedeutung? – Vor einiger Zeit schon habe ich es übernommen, in den NachDenkSeiten etwas zur aktuellen Wachstumsdiskussion und Wachstumskritik zu schreiben und dabei auch Position zu beziehen zu Begriffsbildungen wie „Postwachstum“ und „Wachstumszwang“ und zu Aktivitäten wie dem Attac-Kongress „Jenseits des Wachstums?!“ Diese Debatte ist gemessen an unseren wirklichen Problemen herausragend irrelevant und sie wird in einer verwirrenden, oft unverständlichen Sprache geführt, mit Texten und Aussagen, deren Logik man nicht hinterfragen darf. Sie ist im Kern arbeitnehmer- und sozialstaatsfeindlich. Albrecht Müller.

Iudex non calculat – Die Verfassungsrichter in NRW als Oberökonomen

„Iudex non calculat“ oder „Richter können nicht rechnen“, so wird scherzhaft ein Rechtsgrundsatz aus dem römischen Recht übersetzt. Dieser Satz gilt offenbar auch noch nach 2000 Jahren. Diesen Schluss muss man ziehen, wenn man das Urteil des Verfassungsgerichtshofs NRW in Münster liest, mit dem der Nachtragshaushalt des Landes für das zurückliegende Jahr 2010 für verfassungswidrig erklärt wird.
Hier wird die Propaganda der Bundesregierung, dass wir uns schon wieder in einem Aufschwung befinden, zur Entscheidungsgrundlage gemacht und die herrschende einzelwirtschaftliche Perspektive beim Umgang mit Staatsschulden zum Verfassungsprinzip erhoben. Wolfgang Lieb

Heiner Flassbeck zur aktuellen Eurokrise und zur Marktwirtschaft des 21. Jahrunderts

Für Heiner Flassbeck gibt es nur eine zielführende Lösung der Eurokrise: „Kurzfristig sind die Zinsdifferenzen durch eine gemeinsame, von allen EWU-Ländern getragene Euroanleihe zu beseitigen, und es muss verhindert werden, dass die angeschlagenen Defizitländer durch ein kontraproduktives Kaputtsparen der öffentlichen Haushalte in eine weitere Rezession abgleiten. Gleichzeitig muss den Finanzspekulanten das Handwerk gelegt werden.“ Und: „Will man den Euro – und mit ihm das ganze europäische Projekt – retten, gibt es mittel- und langfristig nur einen einzigen Ausweg: Die Wettbewerbsfähigkeit der Länder mit Auslandsschulden muss wiederhergestellt werden und die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte müssen beseitigt werden. Das kann innerhalb der EWU nur durch eine Umkehr der Lohnstückkostenpfade erreicht werden: Deutschland braucht stärker steigende Lohnstückkosten als die EWU-Partner, die Südeuropäer dagegen unterdurchschnittliche.“ (S. 214f.) So lautet das Resümee in Flassbecks neuem Buch „Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts“. Wolfgang Lieb

Ein faszinierendes Publikum beim Gespräch mit Heiner Flassbeck

Am Samstag Nachmittag trafen sich rund 200 Menschen – mehrheitlich wohl Leserinnen/e der NachDenkSeiten – in Pleisweiler-Oberhofen zum Gespräch mit HF. Es war auch nach 3 Stunden noch spannend. – die Rede und die Diskussion. Flassbeck war beeindruckt vom Sachverstand der Diskutanten. Von den Runden mit Politikern und manchen Kollegen aus der Wissenschaft ist er das wohl nicht gewöhnt. – Das Video mit der Rede Flassbecks kommt vermutlich am Mittwoch ins Netz. Die Diskussion folgt. Meine Einführungsrede hängt hier an. Albrecht Müller

Zum Gutachten des Sachverständigenrats: Ein bisschen Selbstkritik, aber sonst nichts Neues

Die Gutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung werden zwar immer dicker, doch bei den Empfehlungen wird nur das gedroschene Stroh noch einmal gedroschen. Eine Weiterentwicklung der wirtschaftspolitischen Prämissen und des wirtschaftstheoretischen Denkens auch nach der Krise ist nicht zu erkennen. Obwohl die Empfehlungen in der Vergangenheit nicht zum Erfolg geführt haben und egal wie die wirtschaftliche Realität aussieht, die Ratschläge gleichen sich seit Jahren: Konsequente Fortsetzung der „Strukturreformen“, Sparpolitik auf Kosten der sozialen Sicherungssysteme, Warnungen vor „überzogenen“ Lohnforderungen.
Es ist die alljährliche Wiederholung des immer Gleichen. Bis auf Peter Bofinger sind die Wirtschaftsweisen nur noch die Lordsiegelbewahrer der herrschenden Lehre. Wolfgang Lieb