Kategorie:
Lobbyismus und politische Korruption

Die taz distanziert sich von sich selbst

Wie weit das Druckpotential von Bertelsmann auch auf die Medien offenbar schon gehen muss oder die Schere im Kopf schon wirkt (was noch wahrscheinlicher ist), zeigt ein ziemlich einmaliger Vorgang. Die taz distanziert sich mittels eines Leserbriefes und einer Redaktionsnotiz von einer Besprechung des Buches von Thomas Leif „Beraten und Verkauft“ durch den Journalisten Holland-Letz, der einige bertelsmannkritische Akzente enthielt.
Siehe Hinweis Nr. 7 in den NachDenkSeiten und die Distanzierung der taz.
Meines Erachtens geht der Streit allerdings am Kern der notwendigen Frage an Thomas Leif vorbei.

Bild-Serie mit Deutschlands wichtigsten Chefs – verlogen bis über die Grenzen des Erträglichen.

Unter der Überschrift „Die Politik muss ehrlicher werden!“ erschien am 14.8. im Rahmen einer Serie der Bild-Zeitung mit dem Titel „Deutschlands wichtigste Chefs erklären in BILD, wie unser Land Spitze bleibt“ ein Beitrag von Carsten Maschmeyer. In diesem Beitrag stimmt nahezu nichts und wichtige Informationen sind nicht enthalten. Der Autor, Vorstandsvorsitzender des Finanzdienstleisters AWD Holding AG schreibt auch hemmungslos zu Gunsten der Interessen seines Unternehmens.

Der Zugriff privater Interessen auf Universitäten – Bitte um einschlägige Beispiele für eine Dokumentation.

Seit einiger Zeit schon sammle ich Beispiele für den Zugriff privater Interessen auf Universitäten. Im Zuge der Recherchen zur „Krake Bertelsmann“ machte einer unserer Leser darauf aufmerksam, dass es angegliedert an die Westfälische Wilhelms-Universität Münster das “Centrum für Krankenhausmanagement e.V.” gibt. Ein deutsches Zentrum mit “C” machte ihn misstrauisch – und richtig: Es handelt sich um eine Kreation der Familie Mohn.
Das ist eines von vielen Beispielen der Vermischung von privaten Interessen mit der öffentlichen Einrichtung „Universität“. In der Öffentlichkeit wird häufig der Eindruck vermittelt, diese Kooperationen dienten vor allem der Akquisition von Drittmitteln. Tatsächlich dienen sie aber vor allem den privaten Interessen, die sich durch die Verbindung mit Universitäten ein Image von Neutralität und Unabhängigkeit geben. Ich nenne unten zwei weitere Beispiele.
Wenn Sie ähnliche Beispiele kennen, dann schicken Sie uns bitte die notwendigen Informationen. Sie sollten verlässlich und kurz sein und ungefähr im Schema wie unten aufgebaut sein. Wir werden die Informationen dann zu gegebener Zeit dokumentieren und hoffen auch damit ein Stück Aufklärung zu leisten.

Der frühere Chef der Bundesagentur für Arbeit Florian Gerster ist nun Headhunter und Vorsitzender des Investitionsbeirats des Private-Equity-Unternehmens Fortress.

In seiner Rubrik „Was macht eingentlich…“ berichtet das manager-magazin 8/2006, dass der frühere rheinland-pfälzische Arbeits- und Sozialminister und spätere Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit nach seinem Rauswurf, aufgrund von mehreren dubiosen, vermutlich rechtswidrigen Beraterverträgen, nun nicht mehr Arbeitslose vermittelt, sondern sich beim kanadischen Headhunter Ray & Berndtson um die Besetzung von Führungspersonen, vor allem im öffentlichen Sektor kümmert.
Da ihn das nicht ausfüllt steht Gerster noch dem US-amerikanischen Private-Equity-Unternehmen Fortress als „Vorsitzender des Investitionsbeirats“ zur Verfügung. Dabei soll er seine alten Kontakte nutzen, um der deutschen Politik die Interessen von Fortress vor allem an der Einführung von börsennotierten Immobilien nahezubringen.
Zudem firmiert er bei dem von der Deutschen Post finanzierten Think-Tank „Institut zur Zukunft der Arbeit“ (IZA) als „Direktor Policy-Fellows“.

„Krake Bertelsmann“ lädt zusammen mit dem österreichischen Bundeskanzler zum „Salzburger Dialog“

Das PR-Schema ist immer das gleiche: Man hole einen hochkarätigen Kreis aus Politik, Wirtschaft, Finanzwelt und Kultur in ausgewählt vornehmer „Location“ zusammen und lasse sie über ein möglichst publikationsfähiges (d.h. populistisches) Diskussionspapier [PDF – 911 KB] bedeutungsschwere Besorgnis absondern und verkünde dann als Erlösung die Forderung nach Reformen in Wirtschaft und Gesellschaft. Und schon fallen die Medien auf das Theater herein und das Ganze wird sogar in der Frankfurter Rundschau (kritiklos) dokumentiert.

Der frühere SPD-Bundesinnenminister Otto Schily wird Aufsichtsratsmitglied in zwei Biometrie-Unternehmen.

Schily wird Aufsichtsrat bei Safe ID Solutions. Sie stellt die Sicherheitstechnologie beim Prozess der Erstellung von biometrischen Pässen zur Verfügung. In Schilys Amtszeit wurde in Deutschland der Reisepass mit biometrischen Merkmalen eingeführt.

Die Biometric Systems AG hat sogar extra ihren Aufsichtsrat erweitert. Im Februar 2004 hatte Schily ein zeitlich befristetes Pilotprojekt der Firma zur Biometrie-gestützten Grenzkontrolle mittels Iris-Erkennung am Frankfurter Flughafen genehmigt. Nachdem der Versuch letztes Jahr abgelaufen war, verlängerte Schily als eine seiner letzten Amtshandlungen im vergangenen September das Firmenprojekt am Flughafen kurzerhand um weitere zwei Jahre. Eine Hand wäscht die andere.

Public Private Partnership (PPP)

„Public Private Partnerships (PPP) – oder: öffentlich private Partnerschaften – stehen für modernes und effizientes Verwaltungshandeln. Sie sind Teil der Innovationsoffensive der Bundesregierung und verfolgen das Ziel, durch eine langfristig angelegte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft öffentliche Infrastrukturprojekte effizienter zu realisieren als bisher.”
Das ist der offizielle Text, den Sie auf der Homepage des Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung finden. Daraus kann man nur schließen, dass die Bundesregierung Teil einer Interessenverflechtung zu Gunsten privater Unternehmen und der Finanzwirtschaft ist. Andernfalls könnte das zuständige Ministerium nicht einen solchen werbenden Text ins Internet stellen. Zur Interessenverfilzung ausführlich siehe Seite 115 ff. in „Machtwahn“. Dort ist beschrieben, wie in Deutschland noch vor der Wahl im September 2005 ein Gesetz zur Erleichterung von PPP beziehungsweise ÖPP über die parlamentarischen Hürden gebracht wurde.

Das arbeitgebernahe „Institut der Deutschen Wirtschaft“ (IW) betreibt mit einer neuen Arbeitskostenstatistik ziemlich plumpe Arbeitgeberpropaganda

Unter der Schlagzeile „Westdeutsche Arbeitskosten weltweit auf Rang drei” bringt der SPIEGEL einen Bericht über eine neue Studie des IW [PDF – 85 KB].
Mit durchschnittlich 27,87 Euro je Arbeitsstunde werde der Westen Deutschlands nur noch von Norwegen und Dänemark übertroffen. Die Kosten lägen über einem Drittel über dem Durchschnitt der Konkurrenzländer. Dass das IW sich mit solchen Statistiken eher als Propagandaagentur für seine Geldgeber einspannen lässt, als dass es Aufklärung betreibt, zeigt Joachim Jahnke.

Eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung untersucht die Kampagnen der „INSM“, von „Du bist Deutschland“, „Deutschland – Land der Ideen“

Rudolph Speth hat schon vor zwei Jahren eine detaillierte Studie [PDF – 666 KB] über Ziele und Vorgehensweise der Propagandaagentur der Metallarbeitgeber, der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ vorgelegt. Diese Untersuchung hat er nun, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung, fortgeschrieben und andere Kampagnen sowie die Strategie des CDU-nahen Think-Tanks „Stiftung Marktwirtschaft“ einbezogen. Sein Fazit: Die neueren Kampagnewellen wollen weniger mit Negativbotschaften und mehr mit Emotionen und Patriotismus die Botschaften der meist unsichtbar dahinter steckenden Wirtschaft in der Bevölkerung verbreiten und Einfluss auf Politik und Medien nehmen.
Obwohl die Kampagnen eine hohe Reichweite haben, tröstet uns, dass Speth beobachtet, dass Websites (Blogs) dieser Propaganda gefährlich werden und die Marketing-Strategien durchkreuzen können.

Durchsuchen Sie doch mal die Informationsportale Ihrer Landesregierungen!

Ein Leser der NachDenkSeiten hat uns auf eine spannende Idee gebracht. Er hat im Internet einfach mal das Informationsportal der hessischen Landesregierung aufgerufen und als Suchwort „Bertelsmann“ eingegeben. Man findet dort sage und schreibe 28 Suchergebnisse.
Schauen Sie doch einfach einmal bei Ihrer Landesregierung rein und staunen Sie darüber, auf wie vielen Feldern der Landespolitik Ihnen da Bertelsmann begegnet.
Wenn Sie sich die Mühe machten, uns Ihr Erstaunen und Ihre interessanten Funde mitzuteilen, wäre das großartig. Vielleicht könnten wir ja eine Art Atlas der von Bertelsmann besetzten Themen und Handlungsfelder in den Ländern anlegen.

„Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“,

so lautet die Überschrift eines Kommentars von Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung vom 24.7.. Mit dieser Überschrift ist schon angedeutet, wie verlogen und ablenkend die Debatte um die Trennung von Abgeordnetenmandat und anderen Beschäftigungen geführt wird.

Bertelsmann-Studie über die Vorstellungen der Arbeitnehmer zu ihrem Rentenübergang. Oder: Woher Bundespräsident Köhler seine Denkanstöße bezieht.

Tatsächlich zeigen auch Umfragen, dass die Deutschen sich darauf einstellen, später in Rente zu gehen. Ich finde, es könnte durchaus auch darüber diskutiert werden, ob starre Altersgrenzen überhaupt noch in unsere Zeit passen.

Das sagte Köhler im Mai auf dem 8. Seniorentag in Köln.

Arbeitnehmer in Deutschland wollen auch in fortgeschrittenem Alter beruflich aktiv bleiben – Mehrheit möchte Renteneintritt in der Altersphase zwischen 60 und 67 selbst bestimmen.

Das ist die Überschrift einer Befragung der Bertelsmann Stiftung, die am 24.07.06 vorgestellt wurde.
Ist diese Übereinstimmung Zufall – oder haben die guten Beziehungen zwischen Bertelsmann und dem Bundespräsidialamt Köhler zu diesem „Denkanstoß“ verholfen?

„Krake Bertelsmann“ – eine Dokumentation

Diese Rubrik heißt „Krake Bertelsmann“, weil die Bertelsmann Stiftung, die Bertelsmann AG, ihre Tochterfirmen, ihre angegliederten Unternehmen und Institute ein höchst einflussreicher und weit verzweigter Machtfaktor in Deutschland sind. Sie haben die so genannte Reformpolitik entscheidend mitgeprägt, Bertelsmann hat maßgeblichen Einfluss auf die Bildungsreformen, auf die demographische Debatte, auf die Meinungsbildung zur Altersvorsorge und auf die gesellschaftspolitische Debatte insgesamt. Bertelsmann ist ein Staat im Staate, teilweise beanspruchen die Bertelsmann Stiftung und ihre Vertreter schon so etwas wie öffentliche Gewalt und spielen sich als oberste Beurteilungsinstanz für Ministerien, Kommunen und öffentliche Einrichtungen wie Universitäten und Schulen auf.
Diese Macht ist nicht demokratisch legitimiert, sie stützt sich ausschließlich darauf, dass der Konzern und seine Stiftung mehr Geld hat als jede andere private und staatliche Institution, Expertisen und Gutachten erstellen zu lassen, Kongresse zu veranstalten, Forschungsaufträge zu erteilen um die Mission ihres Patriarchen zu verbreiten. Bertelsmann gewinnt seinen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung und auf das politische und gesellschaftliche Leben vor allem auch dadurch , dass der Konzern über wichtige Teile der Medien in Deutschland verfügt oder großen Einfluss darauf hat. Wolfgang Lieb und Albrecht Müller.

Eine Privatisierung nach der andern – was steckt dahinter?

Die Bahn soll verkauft werden, Investmentbanken empfehlen Totalzerschlagung der Post, Privatisierungen in Mülheim an der Ruhr, Freiburg will 7000 Wohnungen verkaufen, Braunschweig seine Abfallwirtschaft, und so fort.
Es regt sich Widerstand gegen diesen Ausverkauf von Volksvermögen. Aber die Politik lässt sich davon kaum beeindrucken. Dem Widerstand gegen diese Privatisierungsmanie könnte die notwendige Dynamik fehlen, weil nicht hart genug gefragt wird, weil oft nur die sachliche Fragwürdigkeit, die „Dummheit“ der Entscheidungen kritisiert und nicht nach den dahinter steckenden privaten Interessenverflechtungen und nicht nach Korruption gefragt wird.