Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(AM/KR)

  1. Zum Neuverschuldungsverbot: Deutsche Sparer! Die FDP will euch eure Vermögensbildung verbieten.
    Westerwelle und Konsorten hätten während ihres Jurastudiums, statt auf Parteiversammlungen herumzulungern oder Friedrich von Hayek und Milton Friedman zu lesen, vielleicht besser einen Grundkurs in Ökonomie belegt. Dort lernt man einige simple Zusammenhänge. Zum Beispiel, dass Schulden, also Verbindlichkeiten, immer Forderungen gegenüber stehen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Eine Bank, die keine Kredite vergibt, benötigt auf der rechten Seite der Bilanz auch keine (Spar-)Einlagen. Sie ist schlicht arbeitslos, und die Anleger schauen in die Röhre.
    Quelle: FR
  2. Neues aus dem Casino:
    • Lucas Zeise: Mervyn Kings plötzliche Wendung
      Ich bekenne, sündhafte Schadenfreude zu empfinden. Nicht über die Anleger, die vor den Filialen der britischen Bank Northern Rock Schlangen bilden, um ihre Einlagen zu retten. Sondern aus zwei anderen Gründen.
      Quelle: FTD
    • DVAG: Auf der Jagd nach Provisionen
      Der Finanzvertrieb DVAG lockt seine treuen Kunden mit fragwürdigen Methoden in neue Verträge zur privaten Altersvorsorge. Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz urteilt: “Wenn Kunden empfohlen wird, bestehende Lebensversicherungen ohne Not beitragsfrei zu stellen, sollen sie in der renditestärksten Zeit ihres Vertrages darauf verzichten, ihn weiter zu besparen. Das ist Falschberatung.”
      Quelle: STERN

      Anmerkung: Unsere ablehnende Meinung zur Subventionierung der privaten Altersvorsorge (incl. der Riesterrente) ist auf den NachDenkSeiten ausführlich beschrieben. Und wie man bei der berechtigten Kritik an der geringen Rendite der Riesterverträge schreiben kann: „Nun ist Riester-Sparen an sich eine gute Sache für die private Altersvorsorge“, das bleibt das Geheimnis des Stern-Autors. Ansonsten lesenswert.

  3. Bahnverkauf:
    • “Jetzt werden Projekte verschenkt”
      Die einzelnen Länder haben sehr unterschiedliche Interessenlagen. Bayern will den Transrapid, Baden-Württemberg Stuttgart 21 und Thüringen die Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Nürnberg. Alles Projekte, die von Bund und Bahn mitfinanziert werden. Diese Länder werden stillhalten.
      Quelle: TAZ
    • Stern-Interview mit Hermann Scheer, SPD-MdB
      Die geplante Teilprivatisierung der Bahn sei verfassungswidrig, besagt das neue Ländergutachten. Im stern.de-Interview freut sich SPD-Vorstand Hermann Scheer: Der Börsengang werde nun wohl nie kommen. Die Mehrheit der SPD sei ohnehin dagegen.
      „Herr Scheer, die Post ist privatisiert, die Lufthansa, die Energieunternehmen. Warum nicht auch die Bahn?
      Wer sagt denn, dass diese Privatisierungen ausnahmslos richtig waren? Bei der Energiewirtschaft zum Beispiel fordert die EU-Kommission Korrekturen – die Kraftwerksbetreiber sollen die Netze abgeben, weil sonst kein Wettbewerb stattfindet. Bei der Bahn würde es auch schief gehen: Es gibt kein positives Beispiel auf der Welt für eine erfolgreiche Bahnprivatisierung.“
      Quelle: STERN
  4. Kombilohn: Alimente für Unternehmer
    Selten sind sich SPD und Union einig, aber vom Kombilohn für Geringverdiener sind beide Parteien begeistert. Es ist einfach zu verlockend, Hunderttausende von Niedriglöhnern mit ein wenig Zusatzgeld zu versorgen, damit sie endlich aus den Hartz-IV-Statistiken verschwinden. Kombilöhne sind Subventionen für die Firmen, auch wenn sie in keinem Subventionsbericht der Regierung erscheinen.
    Quelle: TAZ
  5. “Große Vermögen und Einkommen müssen stärker besteuert werden”
    Der Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, über den Aufschwung, soziale Gerechtigkeit und Lohnforderungen im öffentlichen Dienst.
    Quelle: Berliner Zeitung
  6. Lehrermangel wird immer dramatischer
    An Deutschlands Schulen fehlen nach einer Umfrage des Philologenverbandes rund 16.000 Lehrer. Nicht nur in Berlin ist die Personaldecke “zum Zerreißen gespannt”.
    Eine hohe Zahl von Seiteneinsteigern ohne Lehrerstudium gefährdet zudem die Unterrichtsqualität. Bei fast jeder fünften Neueinstellung handelt es sich inzwischen um einen Seiteneinsteiger aus einem anderen Berufsfeld. An bestimmten Schularten in einzelnen Bundesländern liegt diese Quote sogar deutlich über 50 Prozent.
    Quelle: Tagesspiegel

    Kommentar: Nicht die Seiteneinsteiger sind die Schuldigen.

  7. Richter gilt als zu links
    Generalbundesanwältin Monika Harms mischt in der Personalpolitik des Bundesgerichtshofs (BGH) mit. Der neue Präsident des BGH soll nach ihrer Vorstellung nicht Klaus Tolksdorf (58) werden. Sie hält den parteipolitisch ungebundenen Vorsitzenden Richter des Staatsschutzsenats für zu links. Tolksdorf ist Vorsitzender des Senats, der die Online-Durchsuchung mangels gesetzlicher Grundlage für verboten erklärte.
    Quelle: FR
  8. Buchbesprechung: “Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophenkapitalismus” – Von Naomi Klein
    Thema des Buches ist die Durchsetzung marktradikaler Herrschaft, die, so Naomi Klein, “niemals über den demokratischen Weg, sondern immer über Krisen und Schocks etabliert wurde, die nicht selten mit Hilfe von transnationalen Multis und in Zusammenarbeit mit der CIA oder anderen Regierungsorganisationen erst herbeigeführt und dann mit Terror aufrechterhalten wurde – ganz einfach, weil sie die Ausplünderung breiter Schichten einer Gesellschaft bedeutet, deren Widerständigkeit es zu brechen gilt.”
    Quelle: Tagesspiegel
  9. Wenn Schulden illegitim sind
    Die Weltbank räumt ein, dass die Kreditvergabe an Entwicklungsländer teils unfair war. Aber diese sollen die Schulden trotzdem nicht als illegitim zurückweisen.
    Quelle: TAZ
  10. Iran – Plaudern über den Krieg
    • Im Atomstreit mit dem Iran lag die sogenannte militärische Option immer auf dem Tisch – jedenfalls aus Sicht der US-Regierung
      Mit der Drohung, iranische Atomanlagen zu bombadieren, stand Washington allein – bis jetzt.
      Quelle: FTD
    • Frankreich warnt vor Krieg gegen Iran
      Der Atomstreit mit Teheran ist für Außenminister Kouchner die weltweit größte Krise: “Man muss sich auf das Schlimmste vorbereiten.”
      Quelle: Kurier online, Wien
    • Französische Kriegsdrohung in der Kritik
      Sarkozy erwägt Sanktionen außerhalb der UN.
      Deutschland für verschärfte diplomatische Sanktionen.
      Quelle: Deutsche Welle
  11. Nachtrag zu Hinweis 5 vom 16. September
    Wieder einmal haben wir Grund, unseren Lesern für wertvolle Informationen zu danken. Die Meldungen über die angeblich unverantwortliche Behandlung von GKV-Patienten erscheinen, uns bislang nicht zugängliches Hintergrundwissen vorausgesetzt, in einem anderen Licht (Hervorhebungen von uns).

    Ein sachkundiger Leser schrieb uns:

    Die Beiträge „Kassen drängen zu Billigtherapie“ und „Medikamente – Billiges Abenteuer“ sollten von den Nachdenkseiten nicht referenziert werden. Warum?
    Avastin wurde nie zugelassen, weil der Hersteller – wie auch im erstgenannten Bericht erwähnt wird – die Zulassung in der EU nie beantragt hat. Weltweit gibt es aber eine sehr viel umfassendere klinische Erfahrung mit Avastin, gerade weil es billiger ist, und ferner, weil es schon länger am Markt ist. Die Art der Wirkung beider Medikamente ist übrigens gleichartig. Der Wirkstoff von Avastin, ganz am Rande, ist – ein wenig vereinfachend dargestellt – ein körpereigener VEGF-Antagonist. Bei Lucentis ist die diesbezüglich wirksame Gruppe vom Molekül abgespalten.
    Eine systematische Untersuchung im Rahmen eines Zulassungsverfahrens könnte durchaus ergeben, dass das billige Avastin dem teuren Lucentis überlegen ist.
    Meines Wissens behandeln alle deutschen augenärztlichen Ambulanzen sowohl mit Lucentis als auch mit Avastin – nur dass dem deutschen Kassenpatienten die Kosten für Lucentis auf Antrag mit ein wenig Glück erstattet werden, die für Avastin aber auf jeden Fall nicht. Bei Nichtbewilligung wird natürlich auch die Durchführung der Behandlung nicht von der KV erstattet. Die Nichtzulassung von Avastin kann also für sehr viele Menschen bedeuten, das fürs Lesen, soziale Interaktion und vglb. Dinge entscheidende, zentrale Gesichtsfeld zu verlieren.
    Die FTD ist hier einfach ein Lobby-Blatt dafür, ein teures Produkt gegen gegen ein preiswertes durchzusetzen. Die Nachdenkseiten sollten das nicht multiplizieren.
    Vielmehr gilt es meiner Ansicht nach, hier herauszuarbeiten, welche wichtige Rolle GKVs spielen: Namlich die Kosten im Gesundheitssystem zu limitieren und allen Versicherten abgesicherte Leistungen zukommen zu lassen. Und vor allem ist das, was die GKVs fordern, nur zu angemessen: Eine Zulassung für das preiswertere Avastin zu beantragen.
    Gegenwärtig wird es ohne Zulassungsprüfung im Klinikalltag zumindest im pekuniären Sinne auf Kosten des Patienten eingesetzt. Sollte Avastin sich im Rahmen des Zulassungsverfahrens als ungeeignet oder schädlich erweisen, könnte seine Anwendung in der Folge sogar unterbunden werden.

    Ein anderer Leser mit Branchenkenntnissen gab uns diesen Hinweis:

    Das (billige) Medikament “Avastin” wird von der Firma “Roche” hergestellt. Die Firma, die das (teure) Medikament “Lucentis” herstellt, heißt übrigens “Genentec”.
    Sowohl die Firmen “Novartis” als auch “Roche” besitzen jeweils 50% Firmenanteile an “Genentec”. Jetzt dürfte wahrscheinlich klar sein, dass “Roche” kein Interesse hat, Studien durchzuführen, die die Wirksamkeit von Avastin bei AMD belegen… Ich möchte Sie bitten, diesen Hinweis als vertraulich zu behandeln.

  12. Nachtrag zu Hinweis 7 von gestern
    „Bertelsmann: Herausforderung Asien – Deutschland fehlen die Antworten“

    Auf der Homepage des Informationsdienstes Wissenschaft wird erklärt:

    Der Informationsdienst Wissenschaft ist technischer Dienstleister für die angeschlossenen wissenschaftlichen Einrichtungen und stellt die Infrastruktur für die Veröffentlichung und Versendung von Pressemitteilungen, Veranstaltungshinweisen, Expertenmakler-Anfragen etc. bereit.
    Er selbst unterhält keine eigene Redaktion. Für den Inhalt von Pressemitteilungen, Veranstaltungshinweisen, Expertenmakler-Anfragen und alle sonstigen, durch Dritte auf den WWW-Seiten des Informationsdienstes Wissenschaft veröffentlichte oder in den E-Mail-Versand des Informationsdienstes Wissenschaft eingebrachte Inhalte ist der jeweilige Autor/Absender presserechtlich verantwortlich.

    Das war uns nicht bewusst. Wir bitten um Entschuldigung. Unsere heftige Kritik hätte sich gegen die Autoren der Bertelsmannstiftung richten müssen (und tut es nun auch).

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