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Titel: Bundesverteidigungsministerium gibt Auskunft zu Leopard-Panzer in der Ukraine mit Flagge der faschistischen OUN-B
Datum: 23. Juni 2023 um 10:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Bundesregierung, Militäreinsätze/Kriege, Rechte Gefahr
Verantwortlich: Florian Warweg
Am 23. Mai dieses Jahres hatte das ukrainische Verteidigungsministerium unter dem Slogan „Leopard-2 in der Ukraine. In freier Wildbahn“ mehrere Fotos von Leopard-Kampfpanzern deutscher Produktion veröffentlicht. Auf einem der Panzer weht deutlich sichtbar die rot-schwarze Flagge der OUN-B, der vom Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera gegründeten, offen faschistisch auftretenden Organisation. Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (DIE LINKE) hatte daraufhin bei einer Fragestunde im Bundestag am 24. Mai den amtierenden Verteidigungsminister Boris Pistorius dazu befragt. Dem Minister war der „Sachverhalt“ angeblich nicht bekannt, doch er versprach eine Nachreichung. Diese traf am 21. Juni ein und liegt den NachDenkSeiten vor. Um es vorwegzunehmen, das Verteidigungsministerium dementiert weder die Existenz noch den historischen Hintergrund der Flagge. Von Florian Warweg.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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„Herr Minister, wir erinnern uns alle an die Debatte, die wir auch zur Lieferung der Leopard-2-Panzer hatten. Nun hat das ukrainische Verteidigungsministerium gestern in einem offiziellen Tweet Bilder veröffentlicht, die diese Leopard-2-Panzer mit der schwarz-roten Fahne der OUN – also nicht die blau-gelbe Fahne, sondern die schwarz-rote der Nazikollaborateure oder später des „Rechten Sektors“ – zeigen. Ist Ihnen das bekannt, und wenn ja, wie gehen Sie damit um?“
So die Frage des Europapolitischen Sprechers der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko, im Rahmen der Regierungsbefragung am 24. Mai an den Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, Bezug nehmend auf diesen offiziellen Tweet des ukrainischen Verteidigungsministeriums:
Leopard-2 in Ukraine. In the wild. pic.twitter.com/mSKRIikfT7
— Defense of Ukraine (@DefenceU) May 23, 2023
Daraufhin erklärte Pistorius:
„Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter, der Sachverhalt ist mir noch nicht bekannt. Ich werde mich damit beschäftigen.“
Im Parlamentsprotokoll ist zudem noch ein Zwischenruf des designierten deutschen Botschafters in Moskau, des FDP-Bundestagsabgeordneten Alexander Graf Lambsdorff, vermerkt:
„Der (Sachverhalt) ist, glaube ich, niemandem bekannt außer Herrn Hunko!“
Eine erste Antwort der Bundesregierung traf zwei Wochen später am 7. Juni ein, und dies auch erst, nachdem der Abgeordnete nochmals per Schriftlicher Frage nachgehakt hatte. Die sehr kurz angebundene Antwort lautete:
„Bei dem auf Twitter veröffentlichten Bild handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung nicht um ein von Deutschland geliefertes Gefechtsfahrzeug. Bezüglich der verwendeten Flagge liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.“
Daraufhin fragte Hunko erneut beim Verteidigungsministerium nach, ob es sich bei dem fraglichen „Gefechtsfahrzeug“ mit der rot-schwarzen Flagge der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) um Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 handelt und welche Staaten die auf den Fotos abgebildeten Leopard-2-Panzer mit Genehmigung der Bundesregierung an die Ukraine geliefert haben.
Erst nach dieser Nachfrage räumt die Bundesregierung das Offensichtliche ein, dass es sich bei den Bildern tatsächlich um Leopard-Panzer handelt:
„Bei den auf Twitter zu erkennenden Gefechtsfahrzeugen handelt es sich um Kampfpanzer vom Typ Leopard 2.
Die Bundesregierung hat keine Kenntnis darüber, welche Staaten die auf der benannten Bildquelle abgebildeten Fahrzeuge geliefert haben. Die Bundesregierung äußert sich nicht zu Anfragen mit Bezug zum Verantwortungsbereich anderer Verfassungsorgane oder sonstiger Akteure. Dies schließt andere Staaten ein.“
Auffällig an den Antworten ist unter anderem, dass, entgegen etwa den Versuchen des zukünftigen deutschen Botschafters in Russland, Alexander Graf Lambsdorff, das Verteidigungsministerium gar nicht erst versucht, zu dementieren oder infrage zu stellen, dass es sich bei der fraglichen Flagge an dem Kampfpanzer aus deutscher Produktion um die Flagge der faschistischen OUN-B handelt. Man nennt dies wohl stillschweigendes Eingeständnis.
Von den NachDenkSeiten um eine Einschätzung zu den Antworten der Bundesregierung gebeten, erklärte Hunko:
„Die Antworten der Bundesregierung sind extrem schmallippig und lassen kein Problembewusstsein erkennen.
Offensichtlich ist es für die Bundesregierung in Ordnung, wenn ganz offiziell deutsche Leopard-2-Panzer mit der Flagge der Nazi-Kollaborateure der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) im Einsatz sind.“
Bundeszentrale für politische Bildung: „Ehre der Ukraine“ wurde von der OUN-B als faschistischer Gruß eingeführt
Die dem Bundesinnenministerium unterstellte Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ließ noch 2017 über die OUN-B, deren Flaggen das ukrainische Verteidigungsministerium derzeit an Leopard-Kampfpanzern aus deutscher Produktion flattern lässt, ohne dass dies die Bundesregierung auch nur im Ansatz zu stören scheint, Folgendes verlauten:
„(…) Anfang April 1941 faschisierte sich die OUN-B weiter und leistete dadurch einen Beitrag zur Gestaltung des europäischen Faschismusdiskurses. Sie führte unter anderem den Gruß „Ehre der Ukraine! – Ehre den Helden!“ ein, diskutierte die Gesundheit der ukrainischen Rasse und verdammte die Juden als Stütze der Sowjetunion.
(…) Insgesamt ermordete die OUN-B zwischen 70.000 und 100.000 Polen und zwang viele weitere dazu, ihre Lebensorte zu verlassen.
(…) Am 30. Juni 1941 begannen in Lemberg antijüdische Ausschreitungen, die die OUN-B mit den deutschen Truppen in einen zwei Tage dauernden Pogrom verwandelte. Ähnliche Pogrome, die von nationalen Feierlichkeiten begleitet wurden, fanden in vielen ostgalizischen und wolhynischen Orten statt. Bandera wurde als der Führer des ukrainischen Staates gefeiert. (…) Die „Säuberung“ der Ukraine von Juden, Polen, Russen und anderen „Feinden“ der Organisation war ein zentraler Bestandteil seiner Ziele.“
Diese Einschätzung der Bundeszentrale zur politischen Ausrichtung der OUN-B und dessen Führers Stepan Bandera ist in mehrerlei Hinsicht aufschlussreich. Zum einen werden in dem Beitrag der bpb aus dem Jahr 2017 noch eindeutig und umfassend der faschistische Charakter der OUN-B sowie die zahlreichen durch diese Gruppierung verübten Pogrome nachgewiesen.
Zum anderen, und das wirft ein sehr bezeichnendes Licht auf die aktuelle politische Kultur in der Bundesrepublik, wird von der bpb auch dargelegt, dass der Gruß „Slava Ukraini“ (Ehre der Ukraine) nachweislich von der OUN-B explizit als faschistischer Gruß eingeführt wurde. Eine Grußformel wohlgemerkt, die aktuell regelmäßig von Spitzenpolitikern der Grünen, SPD, FDP und CDU ebenso genutzt wird wie von derzeit medial gehypten Osteuropa-„Experten“ und aktivistisch auftretenden Journalisten. Ein nachweislich 1941 von einer mit den Nazis kollaborierenden faschistischen und militant anti-semitischen Bewegung ins Leben gerufener Gruß wird folglich von einem nicht unerheblichen Teil der bundesdeutschen Funktionselite genutzt, um vorgeblich „Solidarität“ mit der Ukraine in ihrem „Kampf für Freiheit und Demokratie“ zum Ausdruck zu bringen.
Ähnlich verhält es sich mit der Flagge der OUN-B, die die rechtsextreme Gruppierung „Rechter Sektor“ ab 2013 für sich übernahm. Diese ebenso historisch eindeutig verortbare Flagge wird auf offiziellen Propagandafotos des ukrainischen Verteidigungsministeriums zu einem quasi staatlichen Banner erhoben und auf Panzern deutscher Produktion gehisst. Die Bundesregierung reagiert darauf mit verbalem Achselzucken. Was für Zeiten …
Titelbild: twitter.com/DefenceU
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