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Titel: Ein weiterer Schritt in Richtung geldpolitischer Unvernunft

Datum: 6. Dezember 2005 um 10:14 Uhr
Rubrik: Europäische Union, Finanzpolitik
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Die Financial Times Deutschland berichtet heute:

Bundesbank-Vizepräsident Jürgen Stark hat nach Informationen der Financial Times Deutschland beste Chancen, in das sechsköpfige Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) aufzurücken. Stark, der als CDU-nah gilt, soll Nachfolger von Otmar Issing werden, dessen achtjährige Amtszeit im Mai 2006 endet. Im Gegenzug will die SPD-Führung als Teil eines parteipolitischen Handels ihre frühere Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier zur Chefin der KfW Bankengruppe machen. In Kreisen der großen Koalition wurde bestätigt, dass beide Personalentscheidungen als Paket gesehen werden müssten.

Wenn das so käme, würde die beschäftigungspolitische Untätigkeit über die Geldpolitik weiter zementiert. Man muss das auf folgendem Hintergrund sehen:

Die Geldpolitik der Zentralbanken – früher Deutsche Bundesbank, jetzt Europäische Zentralbank – ist schon seit drei Jahrzehnten eines der großen Hindernisse für eine aktive Beschäftigungspolitik. Die Bundesbank hat schon in den 70 er Jahren, dann massiv in den neunziger Jahren (Erhöhung des Diskontsatzes von 2,9 auf 8,75% zum Beispiel) konjunkturelle Erholungen konterkariert. Die EZB macht heute den gleichen Fehler. Stark ist ein herausragender Vertreter dieser engstirnigen monetaristischen Linie. Ihn zum Mitglied des einflussreichen Direktoriums der EZB zu machen, wäre schon nicht einmal im Interesse der CDU-Kanzlerin. Auch sie braucht einen beschäftigungspolitischen Erfolg und deshalb ein Gegengewicht zur monetaristischen Linie ihm Direktorium der EZB.

Dass sich die SPD auf einen solchen Deal ein lässt, begreife ich nicht. Sie hat schon einmal einen ähnlichen Fehler gemacht: Ende April 2004 stand die Berufung eines neuen Bundesbankpräsidenten an. Die Bundesbank hat zwar direkt keine geldpolitische Funktion mehr, aber sie hat Einfluss auf die EZB und auf die öffentliche Debatte. Deshalb hatten der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und der Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in einem lichten Moment die Idee, Peter Bofinger, der als beschäftigungspolitisch aktiv gilt, zum Bundesbankpräsidenten zu machen. Peter Bofinger war schon zum Gespräch in der exklusiven Runde. Aber der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel verweigerte sich der Entscheidung für diesen neuen Akzent in der geldpolitischen Debatte unseres Landes. Der Bundeskanzler beugte sich dem Willen Eichels. Axel Weber wurde zum Bundesbankpräsidenten gemacht. Die Folgen spüren wir gerade in den letzten Tagen wieder. Er argumentiert auf der Linie der monetaristischen Theorien der EZB.

Würde die SPD den von der Financial Times Deutschland beschriebenen Deal mitmachen, wäre dieser unserem Land schadende Kurs mit einer weiteren Person in einer Spitzenfunktion der Geldpolitik festgezurrt.

“Die SPD hat sich für den KfW-Posten entschieden, die Union reklamiert die vakante EZB-Stelle für sich. Damit steht das Tor für Stark offen”, hieß es. Endgültig entschieden sei allerdings noch nichts, zumal noch weitere offene Stellen – etwa bei der Europäischen Investitionsbank – besetzt werden müssten.

Auch aus Notenbankkreisen verlautete, alles laufe auf Stark hinaus. Es sei auch sicher, dass dieser das Angebot annehmen würde. “Der will das”, sagte ein Insider. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass Stark bei der EZB auch Issings Posten des Chefvolkswirts übernimmt. Ambitionen auf die Position werden Notenbankvize Lucas Papademos und Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi nachgesagt.


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