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Titel: Am grünen Wesen soll die Welt genesen – Überlegungen zur „wertegeleiteten Außenpolitik“ von Annalena Baerbock
Datum: 4. Mai 2023 um 9:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Wertedebatte
Verantwortlich: Redaktion
In der letzten Woche gab es einen medialen Hype um die scharfe Kritik des Philosophen Richard David Precht an Außenministerin Annalena Baerbock. Deren Auftreten in China sei zum „Fremdschämen“ gewesen. Und sie hätte unter normalen Bedingungen nicht mal einen Praktikumsplatz im Auswärtigen Amt erhalten, hatte Precht unter anderem ausgeführt. Im linksliberalen Milieu gab es natürlich einen Aufschrei, und Prechts Kritik wurde als „frauenfeindlich“ abgetan. Precht hat recht, meint unser Autor Udo Brandes, insbesondere mit seiner Kritik an der „wertegeleiteten Außenpolitik“, die in Wirklichkeit eine Konfrontationspolitik sei. Zur Deutung von Annalena Baerbocks sowie grüner Politik verweist unser Autor unter anderem auf ein Zitat aus dem „Großinquisitor“ von Fjodor Dostojewski.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Das Sendungsbewusstsein deutscher Politik drückte sich zu Zeiten von Kaiser Wilhelm II. in dem Satz „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen“ aus. Wilhelm II. höchstselbst war es, der diese Wendung als politisches Schlagwort in Umlauf brachte, z.B. in einer Rede am 31. August 1907, die er in Münster hielt. Ursprünglich geht das Wort aber auf ein Gedicht von Emanuel Geibel von 1861 zurück. Dieser wollte damit die deutschen Einzelstaaten zu einer Einigung unter Führung des preußischen Königs Wilhelm I. als deutschem Kaiser motivieren, was bekanntlich auch 1871 geschah.
„Kein Volk ist besser als das andere“
Bei Geibel war mit diesem Satz die Idee verbunden, dass eine deutsche Einigung zu einer Befriedungswirkung für das europäische Staatsgefüge führen werde. Sein Satz wurde aber später in eine andere Richtung umgedeutet, nämlich, dass die Welt deutscher werden möge. Dies drückte sich unter anderem in einer kleinen Änderung aus, die große Verbreitung fand: Es hieß nicht mehr, die Welt „mag“, sondern „soll“ am deutschen Wesen genesen. Eine Sichtweise, der Bundespräsident Theodor Heuß 1952 in einer Rede vehement widersprach:
„Es ist kein Volk besser als das andere, es gibt in jedem solche und solche. Amerika ist nicht ‚God’s own country‘, und der harmlose Emanuel Geibel hat einigen subalternen Unfug verursacht mit dem Wort, daß am deutschen Wesen noch einmal die Welt genesen werde.“ (Quelle: zeit.de)
Fassade für eine aggressive Machtpolitik
Was nun hat das alles mit Annalena Baerbocks „wertegeleiteter Außenpolitik“ bzw. dem „Wesen“ grüner Politik zu tun? Grüne Politik ist im Grunde von einem ähnlichen Sendungsbewusstsein erfüllt – und der Überzeugung, nur die eigenen Werte seien die einzig wahren und richtigen Werte. Aber kämpft die deutsche Außenministerin denn nicht für die einzig wahren und richtigen Werte, nämlich Menschenrechte, Freiheit und Demokratie? Genau dies muss man leider in Frage stellen. Meines Erachtens sind diese Werte in vielen Fällen nur eine Fassade für etwas anderes: für eine aggressive und konfrontative Machtpolitik, die geleitet ist von dem Gefühl moralischer Überlegenheit. Und ich mag vielleicht falsch liegen, aber ich glaube, dahinter steckt auch so etwas wie ein eurozentrisches Überlegenheitsgefühl, das nicht frei ist von einem Anklang von Rassismus nach dem Motto „Wir sind die besseren Menschen. Wir wissen, was wirklich gut ist für die Menschheit“. Man könnte auch sagen: Da schimmert wieder eine Kolonialherrenmentalität durch. Allein das ist schon Grund genug, Annalena Baerbocks Politik abzulehnen, die ja nicht ihre persönliche Politik ist, sondern Ausdruck des Weltbildes ihrer Partei.
Baerbocks Politik schadet deutschen Interessen
Aber es gibt noch einen sehr wichtigen Grund, ihre Außenpolitik zu kritisieren: unser wirtschaftliches Interesse. Richard David Precht hat dies in Bezug auf Baerbocks Auftritt in China prägnant auf den Punkt gebracht:
„Solange wir in Deutschland wirtschaftlich erfolgreich sind, nehmen die Chinesen uns mit allem Drum und Dran ernst. Wenn wir uns aber immer stärker in die Konfrontation ziehen lassen, und wenn wir irgendwann die Brücken zu China abbauen würden, dann würde unsere Wirtschaft mehr oder weniger den Bach runtergehen, und zwar gewaltig. Und dann würde unsere westlichen Werte keiner mehr ernst nehmen. Die Logik ist: Nur wer wirtschaftlich stark ist, kann mit seinen Werten überzeugen. Und zwar nicht dadurch, dass er andere belehrt, sondern dadurch, indem er etwas vorlebt, was für andere nachahmenswert erscheint. Werte werden weitergegeben durch Personen, die diese Werte haben und überzeugen. Wir können unsere westlichen Werte nicht als Kampfmittel einsetzen und nicht als Druckmittel und nicht als Drohmittel, um anderen zu sagen, dass wir moralisch die Besseren sind. Wir erreichen genau das Gegenteil von dem. Am Ende werden wir wirtschaftlich die Verlierer sein und mit dem wirtschaftlichen Niedergang auch die moralischen Verlierer.“
(Quelle: welt.de; nachdenkseiten.de)
In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf zwei Zitate von Egon Bahr hinweisen. Der 2015 verstorbene SPD-Politiker, einer der Architekten der Ostpolitik der SPD, hat „wertegeleitete Politik“ einmal wie folgt auf den Punkt gebracht:
„Wenn ein Politiker anfängt, über ‚Werte’ zu schwadronieren, anstatt seine Interessen zu benennen, wird es höchste Zeit, den Raum zu verlassen.“ (Zitiert nach Michael Lüders: Die den Sturm ernten. Wie der Westen Syrien ins Chaos stürzte, C. H. Beck-Verlag, München 2017).
Und anlässlich einer Diskussion mit Schülern in der Ebert-Gedenkstätte gab Egon Bahr diesen Folgendes mit auf den Weg:
„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“ (Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung vom 04.12.2013)
Ich denke, diese beiden Zitate von Egon Bahr lassen ein Konzept wie die „werteorientierte Außenpolitik“ als das erscheinen, was es ist: scheinheilig.
„Das einfache Verlangen nach Macht“
Auch der berühmte Psychologe Alfred Adler hat in seinem Klassiker „Menschenkenntnis“ etwas sehr Erhellendes über Menschen gesagt, die in auffälliger Weise ihr „Gutsein“ zur Schau stellen:
„Wenn die ideale Haltung eines Menschen ein gewisses Maß überschreitet, wenn seine Güte und Menschlichkeit Formen annimmt, die schon auffällig sind, dann ist Misstrauen vollständig am Platz.“
Beim Nachdenken über Prechts Kritik an Annalena Baerbock fiel mir zum Thema „Scheinheiligkeit der Guten“ auch noch eine Stelle aus Dostojewskis Buch „Der Großinquisitor“ ein, das ich kürzlich gelesen habe. Kurz zur Erläuterung: „Der Großinquisitor“ ist ein Kapitel aus Dostojewskis Roman „Die Brüder Karamasow“. Dieses Kapitel ist auch als separates Buch unter dem Titel „Der Großinquisitor“ erschienen. Die Situation:
Iwan Karamasow sitzt mit seinem Bruder Aljoscha in einem Restaurant und erzählt ihm von einer Geschichte, die er sich ausgedacht hat. In seiner Geschichte ist Jesus im 16. Jahrhundert auf die Erde zurückgekehrt, und zwar ins spanische Sevilla zur Zeit der Inquisition. Jesus schweigt die ganze Zeit, wird aber von allen Menschen erkannt und um Hilfe gebeten. So vollbringt er Wunder. Er erweckt zum Beispiel ein verstorbenes siebenjähriges Mädchen, dessen Leichnam gerade in einem offenen Sarg zur Beerdigung getragen wurde, wieder zum Leben. Dies sieht der Großinquisitor, der gerade mit seinem Gefolge vorbeikam. Er befiehlt, Jesus zu verhaften, weil er die Katholische Kirche bei ihrem christlichen Werk stört. Jesus wird in einen Kerker eingesperrt. Dort besucht der Großinquisitor ihn. Jesus schweigt die ganze Zeit, was den Großinquisitor erzürnt: „Du blickst mich sanftmütig an und würdigst mich nicht einmal deines Unwillens?“ Gegen Ende der Geschichte sagt Aljoscha, was Iwan da gesagt habe, könne es nicht geben, denn „eine so phantastische Persönlichkeit wie deinen Inquisitor könne es nicht geben.“ Denn was er (Iwan) da über das Gebaren der Katholischen Kirche erzähle, sei
„das einfache Verlangen nach Macht, nach schmutzigen Gütern irdischen Gütern, nach Knechtung, in der Art einer zukünftigen Leibeigenschaft, mit der Absicht, selbst die Gutsbesitzer zu werden… das ist alles, was sie wollen“.
Was Dostojewski da über die Katholische Kirche, die sich ja als die moralische Instanz schlechthin sieht, sagt, das trifft meines Erachtens in gewissem Maße auch auf die Baerbock‘sche Außenpolitik zu. Der Psychologe C. G. Jung hätte von einem verdrängten „Machtschatten“ gesprochen.
Meine Schlussfolgerungen
Annalena Baerbock ist als Außenministerin eine gefährliche Mischung aus Unqualifiziertheit (Das Amt des Außenministers erfordert diplomatische Fähigkeiten und die Fähigkeit, sprachlich Nuancen ausdrücken zu können; beides kann Baerbock nicht.), einem intellektuell unzureichenden Niveau und Feindseligkeit.
Diese Mischung führt dann zu Äußerungen wie „wir führen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“ (Quelle siehe hier). Mit anderen Worten: Da wird aufgrund von Baerbocks Unfähigkeit mal so eben nebenbei Russland der Krieg erklärt. So eine Außenministerin kann sich unser Land generell nicht leisten, aber schon gar nicht in diesen Zeiten, in denen die alte Weltordnung zerbrochen ist und der Ukrainekrieg in gefährlicher Weise eskalieren könnte.
Baerbock ist deshalb so ziemlich die schlechteste Besetzung für das Amt des Außenministers, die man sich hätte ausdenken können. Hoffen wir, dass es nicht noch schlimmer kommt und diese Dame womöglich eines Tages im Bundeskanzleramt sitzt.
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