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- Eine neue Epoche der Konfrontation
- Atlantic Council bestätigt Vermutung, dass im Sudan ein Stellvertreterkrieg tobt
- So zerstört der US-Botschafter in der Schweiz die Kunst der Diplomatie
- Die Grünen und der Krieg
- Nord gegen Süd: Darum droht großer Streit um den Strompreis
- Die F-35 kostet 62 Mio. Dollar, warum zahlt Deutschland 237 Mio.?
- Jordanien ist Gastgeber eines historischen Gipfeltreffens arabischer Ministerpräsidenten zur Bewältigung der Syrienkrise
- »Lasst uns einfach in Ruhe«
- Flagge gezeigt: Feiern und Proteste in Israel.
- Verwirrspiel um Verteilung
- Wenn Gewinne die Inflation treiben, ist Zinspolitik der falsche Ansatz
- Trotz Renten-Erhöhung: 650.000 Bezieher gehen leer aus
- »Macron ist schwach und das System am Ende«
- Patrick Graichen: “Habeck muss erklären, wie es dazu kommen konnte”
- Kai Wegners Wahl zum Regierenden Bürgermeister: Mangelndes Demokratieverständnis
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Eine neue Epoche der Konfrontation
Das deutsch-französische Landkampfsystem MGCS, ein Nachfolgeprojekt für den Kampfpanzer Leopard 2, ist vom Scheitern bedroht. Wie das Bundesverteidigungsministerium in einem vertraulichen Bericht einräumt, haben Differenzen zwischen Berlin und Paris schon heute, kaum sechs Jahre nach dem offiziellen Start des Vorhabens, zu „mehrjährigen Verzögerungen im ursprünglichen Programmplan“ geführt. Die eigentlich für 2035 geplante Fertigstellung sei „nicht mehr realisierbar“; zu rechnen sei mit einer Indienststellung des MGCS frühestens im Jahr 2040. Deutsche Panzerbauer legen inzwischen Alternativen vor – Rheinmetall etwa den Kampfpanzer Panther; darüber hinaus ist inzwischen auch eine weitere Modernisierung des bewährten Leopard 2 zum Leopard 2A8 geplant. Deutsch-französische Streitigkeiten prägen die europäische Rüstungsbranche auch jenseits des MGCS, so etwa beim Kampfjet der nächsten Generation (FCAS) oder bei Berlins Plänen für ein neues europäisches Flugabwehrsystem. In Paris weisen Experten darauf hin, dass sich die Bundesregierung im Ukraine-Krieg nicht Frankreich, sondern vielmehr den USA angenähert hat, und warnen vor einer innereuropäischen „Epoche der Konfrontation“.
Quelle: German Foreign Policy
- Atlantic Council bestätigt Vermutung, dass im Sudan ein Stellvertreterkrieg tobt
Der Atlantic Council, eine Vorfeldorganisation der Nato, hat einen Vorschlag veröffentlicht, wie der Bürgerkrieg im Sudan schnell beendet werden sollte. Da einer der beiden kriegführenden Generäle enge Kontakte mit Russland pflegt und ein Abkommen für eine russische Marinebasis am Roten Meer ausgehandelt hat, während der ander vom US-Alliierten Ägypten gestützt wird, überrascht es nicht sehr, dass sich der Vorschlag vor allem gegen Ersteren richtet.
Interessant ist, was wir, wie schon in den Massenmedien, auch nicht im Beitrag des Atlantic Council erfahren: Dass die sudanesische Armee kurz vor Ausbruch der Kämpfe den Vertrag über eine russische Marinebasis im Gegenzug gegen Waffenlieferungen gutgeheißen hat. Wir erfahren nur, dass General Dagalo, der Kommandant der paramilitärischen Einheit RSF, Kontakte zu (US-Feind) Russland pflegt und dass sein Widersacher al-Burhan, Oberbefehlshaber der regulären Streitkräfte SAF, von (US-Schützling) Ägypten unterstützt wird.
Das ist aber angeblich nicht der Grund für das Vorgehen, das der Autor des Atlantic Council vorschlägt. Nämlich, dass die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, wo die meisten sudanesischen Geschäftsleute – wie Dagalo – ihre Konten haben, alle Vermögenswerte von Dagalo einfrieren, damit er seine Streitkraft nicht mehr bezahlen kann. Die Vermögenswerte seien alle bereits identifiziert – von wem, darf man raten.
Damit soll Druck auf ihn gemacht werden, damit er seine RSF umgehend in der regulären Armee aufgehen lässt, also seinem Kontrahenten al-Burhan, die alleinige Macht überlässt. Dass es dieses Ansinnen al-Burhans war – möglicherweise inspiriert von einem Vorschlag der US-Regierung (?) – das zum Ausbruch des Kriegs zwischen den beiden Generälen geführt hat, wird verschämt verschwiegen.
Quelle: Norbert Häring
dazu auch: US-Fehleinschätzung schürte Sudan-Konflikt
Im Sudan kämpfen seit Mitte April die Generäle der sudanesischen Armee und der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) um die Kontrolle der Hauptstadt Khartum. Eine Mitverantwortung für den Konflikt sieht das US-Politikmagazin „Foreign Policy“ auch bei den USA. Sie sollen die Situation im Land in der Vergangenheit falsch eingeschätzt und den Sudan nach einem Militärputsch 2019 zum Teil sich selbst überlassen haben. Und auch andere Länder hätten eigene Interessen im Sudan verfolgt.
Quelle: ORF
- So zerstört der US-Botschafter in der Schweiz die Kunst der Diplomatie
Patrick Lawrence, ein prominenter Autor und Kolumnist in den USA, erklärt seinen eigenen Landsleuten, wie der US-Botschafter in der Schweiz, Scott Miller, alle diplomatischen Regeln mit Füßen tritt und der Schweiz vorzuschreiben versucht, wie sie sich politisch zu verhalten hat. Und er bezeichnet das die Schweizer und Schweizerinnen beleidigende Auftreten dieses Botschafters als typisch für die gegenwärtige Außenpolitik der USA. Sehr lesenswert! (cm)
Bin ich der einzige Amerikaner, der ins Ausland reist und sich peinlich berührt fühlt vom Verhalten der Diplomaten, die Washington ins Ausland schickt, um für unsere Republik zu sprechen? Es ist schon seltsam, wenn man sich als normaler Bürger für die aufdringlichen, einschmeichelnden, schikanösen, beleidigenden und anderweitig groben Äußerungen dieses oder jenes Botschafters in diesem oder jenem Land entschuldigen muss. Aber so ist der Stand der Dinge, wenn das Imperium in der Spätphase seine Ellbogen ausfahren lässt – ein Begriff, den ich mir von den Schweizern entliehen habe, die igegenwärtig unter uns leiden.
Scott Miller, der seit etwas mehr als einem Jahr Botschafter des Biden-Regimes in Bern ist, ist in der Tat ein Prachtkerl in dieser Branche. Seiner oft geäußerten Ansicht nach ist er in der Schweiz, um den Schweizern zu sagen, was sie tun sollen. Im Moment ist Miller im ganzen Land unterwegs, weil die Schweiz sich nicht an Washingtons Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine beteiligt. Er setzt Minister unter Druck, verunglimpft diejenigen, die die Weisheit des Krieges in Frage stellen, und beleidigt die Schweizer in Reden und Zeitungsinterviews. Es ist ein Ein-Mann-Angriff auf die lange, lange Tradition der Neutralität der Schweiz, der im Stil eines kaiserlichen Prokonsuls geführt wird, der eine abtrünnige Provinz diszipliniert. Schweizer Kommentatoren fragen sich, warum das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) diesen taktlosen Ignoranten noch nicht des Landes verwiesen hat.
Quelle: Globalbridge
- Die Grünen und der Krieg
Die ersten Grünen hatten einen pazifistischen Ursprung. Ihre Friedfertigkeit haben sie nicht erst in der Zeitenwende verloren. Seit mindestens zwanzig Jahren sind sie kriegsbereit.
Stefan Luft und Sandra Kostner haben zusammen das Buch »Ukrainekrieg. Warum Europa eine neue Entspannungspolitik braucht« herausgegeben, in dem Texte verschiedener Autoren zum aktuellen Konflikt in der Ukraine zu finden sind. Unter anderem haben sich darin Wolfgang Streek, Sabine Schiffer und Klaus von Dohnanyi geäußert.
Die Grünen verstanden sich in den 1980er-Jahren als »parlamentarischer Arm der Friedensbewegung«. Die Friedensbewegung gehörte zum Substrat der 1979 gegründeten Partei wie die Anti-Kernkraft- und die Frauenbewegung. Die Proteste gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland zwischen 1979 und 1983 im Rahmen des »NATO-Doppelbeschlusses« gaben den Grünen einen wichtigen »Mobilisierungsschub« auf dem Weg in die Parlamente. Die strikte Ablehnung von Gewalt innerstaatlich wie international, die Auflösung der Militärblöcke und weltweite Abrüstung gehörten zu den zentralen Inhalten grüner Programmatik.
In diesem Kontext steht auch die Forderung nach einem Austritt Deutschlands aus der NATO sowie nach einer Auflösung von NATO und Warschauer Pakt. Für die Grünen war noch 1988 klar, dass »es der NATO weniger um diese Werte [Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, S.L.] als um die Durchsetzung und Aufrechterhaltung der ökonomischen und politischen Ordnung des Kapitalismus geht«.
Quelle: Overton Magazin
- Nord gegen Süd: Darum droht großer Streit um den Strompreis
Strom ist in Deutschland dort am teuersten, wo am meisten davon produziert wird. Das muss sich ändern, meint unser Kolumnist.
In der deutschen Politik droht großer Streit. Und ausnahmsweise mal nicht zwischen Finanzminister Christian Lindner und einem anderen Ampel-Minister.
Erst waren es ja Robert Habeck und Karl Lauterbach, die mit Lindner um Geld stritten, jetzt ist es Familienministerin Lisa Paus, die Milliarden für die Kindergrundsicherung braucht. Der große Streit droht zwischen den Bundesländern, genauer: zwischen denen im Norden und denen im Süden. Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gegen Bayern und Baden-Württemberg.
Streitpunkt: der Strompreis. Im Norden ist Strom nämlich teurer als im Süden, obwohl im Norden viel mehr günstiger Strom aus Erneuerbaren produziert wird. Das liegt an den Netzentgelten. Die sind laut „Verivox“ in Schleswig-Holstein rund 60 Prozent teurer als in Bayern. Für einen Haushalt macht das bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden rund 186 Euro Unterschied im Jahr. Für Betriebe, die deutlich mehr Strom verbrauchen, entsprechend mehr.
Quelle: Maurice Höfgen in der Berliner Zeitung
- Die F-35 kostet 62 Mio. Dollar, warum zahlt Deutschland 237 Mio.?
Die Bundesregierung hat im Dezember den Kauf von 35 US-Kampfflugzeugen vom Typ F-35A für 10 Milliarden Euro verkündet. Das ist ein Stückpreis von 237 Millionen pro Flugzeug, dabei kostet der Flieger “nur” 62 Millionen Dollar.
Im Dezember hat der Anti-Spiegel berichtet, dass die F-35, die die Bundesregierung Ende 2022 bestellt hat, für Deutschland ein Fass ohne Boden werden. Der Grund ist, dass damals gemeldet wurde:
„Die in der Vorlage genannten Preise beruhten »auf konservativen Prognosen und Ableitungen der U.S. Regierung« und stünden »ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Anpassung«, heißt es in dem Schreiben, das als vertraulich (»VS- Nur für den Dienstgebrauch«) gekennzeichnet ist. Es bestünden aber wie bei »allen Verträgen Risiken« – zum Beispiel, weil Standards von Deutschland oder der EU nicht erfüllt oder nötige Nutzungsgenehmigungen nicht erteilt werden könnten.“
Im Klartext: Dass die Preise „auf konservativen Prognosen und Ableitungen der US-Regierung“ beruhen und „ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Anpassung“ stehen, bedeutet, dass die mit ca. 237 Millionen Dollar pro Stück ohnehin überteuerten Flugzeuge noch viel teurer werden. Und das wurde auch gleich im Vorvertrag vereinbart. Was diese Flugzeuge am Ende kosten werden, weiß also niemand.
In der Privatwirtschaft wäre es undenkbar, einen Kaufvertrag zu unterschreiben, in dem der Kaufpreis nicht geregelt ist. Aber wenn es um Steuergelder geht, können Politiker für Verschwendung nicht zur Verantwortung gezogen werden und daher werden wir in den nächsten Jahren immer wieder Medienberichte lesen, in denen wir erfahren, um wie viele Milliarden diese Maschinen mit der Zeit teurer werden.
Quelle: Anti-Spiegel
- Jordanien ist Gastgeber eines historischen Gipfeltreffens arabischer Ministerpräsidenten zur Bewältigung der Syrienkrise
Die Spitzendiplomaten aus Syrien, Saudi-Arabien, Irak und Ägypten werden in Jordanien erwartet, um über eine politische Lösung des vom Westen unterstützten Krieges zu beraten
Die Außenminister Syriens, Saudi-Arabiens, Iraks und Ägyptens werden am 1. Mai in Jordanien eintreffen, um die Gespräche über die Rückkehr Syriens in die Arabische Liga und eine politische Lösung des seit 12 Jahren andauernden Krieges fortzusetzen.
Laut Sinan al-Majali, einem Sprecher des jordanischen Außenministeriums, findet das Treffen in Amman “in Fortsetzung des Konsultationstreffens vom 14. April in Dschidda, Saudi-Arabien” statt.
“Die Gespräche zielen darauf ab, auf den Ergebnissen der Gespräche aufzubauen, die diese Länder mit der syrischen Regierung im Rahmen ihrer Vorschläge und der jordanischen Initiative geführt haben, um eine politische Lösung der syrischen Krise zu erreichen”, fügte er hinzu.
Beamte, die mit Reuters sprachen, sagten, dass die jordanische Initiative einen Schritt-für-Schritt-Fahrplan zur Beendigung des Konflikts aufstelle, einschließlich “der Lösung des Flüchtlingsproblems, des Schicksals tausender vermisster Häftlinge, des Drogenschmuggels zwischen Syrien und dem Golf durch Jordanien und der Präsenz iranischer Milizen in Syrien”.
Quelle: Seniora.org
- »Lasst uns einfach in Ruhe«
Krieg, Sanktionen, Krise: Erdbeben hat mit Syrien schwer geschädigtes Land getroffen.
Etwa 59.000 Menschen haben Anfang Februar beim großen Erdbeben in Vorderasien ihr Leben verloren. Mehr als 8.000 davon in Syrien – in Aleppo, Idlib, Hama und entlang der Mittelmeerküste zwischen Latakia und Tartus. 45.000 syrische Familien, geschätzte 225.000 Personen, wurden obdachlos. In Aleppo-Stadt stürzten nach offiziellen Angaben 54 Häuser vollständig ein, viele davon waren bereits durch den Krieg beschädigt. Nach offiziellen Angaben konnten bislang in Aleppo und Latakia jeweils 16 Häuser wieder instand gesetzt werden. Die Hilfsbereitschaft war groß. Kleider und Hygiene- sowie Lebensmittel wurden gespendet, öffentliche Küchen eingerichtet. Die Industriekammer von Aleppo sammelte Spenden, mit denen 900 Familien – etwa 4.900 Personen – mit genügend Geld versorgt wurden, um für 1,5 Jahre eine neue Wohnung mieten zu können. Syrische Geschäftsleute im Ausland spendeten für Milchpulver, das im Zentrum der Stadt an Hilfsbedürftige verteilt wird. Syrische Industrielle in Ägypten schickten Dialysegeräte für Krankenhäuser. Noch immer ist die Not groß, und nicht alle Betroffenen haben eine Unterkunft.
Quelle: Karin Leukefeld in junge Welt
- Flagge gezeigt: Feiern und Proteste in Israel.
Israel feiert dieses Jahr das 75. Jubiläum seiner Gründung. Zu fragen gilt es diesmal, mehr als jemals zuvor, was genau gefeiert wird. Eine Antwort darauf versuchte der Leitartikel der linksliberalen Tageszeitung Haaretz zum Unabhängigkeitstag zu geben. Nach Jahren melancholischer Mutlosigkeit habe das liberal-demokratische Lager Israels bzw. die aus ihm in den letzten Monaten erwachsene Protestbewegung das Unglaubliche geschafft: »Sie hat den Versuch des Staatsstreichs vorläufig aufgehalten, und nicht nur dies, sondern sie hat es auch fertiggebracht, sich wieder die Staatsfahne anzueignen. Dieses Jahr repräsentiert die Fahne das freie, friedenswillige und normale Israel, und unzählige Menschen, die sich von ihr distanziert und ihr gegenüber eine zunehmende Entfremdung empfunden hatten, werden sie jetzt mit großem Stolz schwingen.« Festtägliches verlangt stets nach Optimismus. Wo jubiliert wird, bedarf es immer auch der Beschönigung. Selbst bei einer renommierten Zeitung wie Haaretz. Und dennoch wundert man sich, was wohl dabei gedacht worden sei, gerade die »Rückeroberung« der Fahne als Paradigma der erfolgreichen Protestbewegung herauszustellen. Nicht von ungefähr distanzierten sich über Jahre linke Israelis von der enthusiasmierten Fahnenschwenkerei, weil sie eben als Kennzeichen von nationalistischen Gegnern wahrgenommen wurde, erst recht, wenn es sich um jene handelte, die die Fahne als herrschaftlichen Anspruch in den besetzten Gebieten hochhielten – das erste, wofür die Siedler bei jedem neuen illegal »eroberten« Hügel im Westjordanland sorgten, war die Aufpflanzung der Israel-Fahne. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Da Israel seit Jahrzehnten für eine menschen- und völkerrechtsfeindliche Besatzungspraxis steht, sind die israelischen Staatsembleme, allen voran die Nationalflagge, damit zwangsläufig assoziert.
Quelle: Moshe Zuckermann in junge Welt
- Verwirrspiel um Verteilung
Warum die Bundesbank zu Unrecht weniger Ungleichheit beim Vermögen sieht, während sich die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vertieft.
»Die Deutschen würden »immer reicher – und auch etwas gleicher« titelte dieser Tage eine große konservative Tageszeitung. Der Verfasser des Artikels berief sich auf die Resultate einer Befragung der Bundesbank zu den Finanzen privater Haushalte in Deutschland, wonach die Vermögensbestände, »insbesondere auch bei Haushalten mit geringem Vermögen«, zwischen 2017 und 2021 »starke Zuwächse« erfahren haben. In diesem Zeitraum sei das Durchschnittsvermögen um 36 Prozent auf 316.500 Euro gestiegen. Auch wenn vermutlich kein Durchschnittsbürger auch nur annähernd so viel Geld besitzt, sondern sich angesichts der Energiepreisexplosion und der Inflation fragt, wie er über die Runden kommt, geht die Bundesbank von einem »leichten Rückgang der Ungleichheit« aus. Sie begründet das mit der Covid-19-Pandemie und von dieser beeinflussten Maßnahmen wie den Lockdowns, Restaurantschließungen und Reisebeschränkungen, welche die Konsummöglichkeiten der Menschen eingeschränkt und sie zu verstärktem Sparen motiviert hätten. Methodisch fragwürdig ist bei solchen Umfragen, dass sich Hochvermögende entweder gar nicht an ihnen beteiligen oder falsche Antworten geben und ihren wahren Reichtum verschleiern. Um auch Hyperreiche zu berücksichtigen, griffen Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auf eine Spezialstichprobe von Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) zurück, nahmen eine Sonderbefragung von Vermögensmillionären vor und bezogen die Reichenliste eines Wirtschaftsmagazins ein. Demnach entfallen heute 67,3 Prozent des Nettogesamtvermögens auf das oberste Zehntel der Verteilung, 35,3 Prozent des Nettogesamtvermögens konzentrieren sich beim reichsten Prozent der Bevölkerung und das reichste Promille kommt immer noch auf 20,4 Prozent des Nettogesamtvermögens. Aufgrund der neuen Untersuchungsmethode zeigte das DIW, wie sich die Verteilungsschieflage zugespitzt hat. Von einer leichten Abnahme der Ungleichheit kann also keine Rede sein.
Quelle: Christoph Butterwegge in junge Welt
- Wenn Gewinne die Inflation treiben, ist Zinspolitik der falsche Ansatz
Die letzten Jahre waren trotz stark steigender Energiepreise, gestörter Lieferketten und Kapazitätsengpässen für viele Konzerne keine Krisenjahre. Nicht nur große Energiekonzerne meldeten zuletzt Rekordgewinne, sondern auch Unternehmen wie BMW, Bosch, Hapag Lloyd, Porsche, Viessmann und viele mehr. Mercedes-Benz konnte etwa seinen Gewinn 2022 auf gut 20 Milliarden Euro steigern, dank „Fokus auf die Spitzenmodelle und disziplinierten Margen- und Kostenmanagements“, wie das Unternehmen mitteilte.
Die Krise spielt sich anderswo ab: bei „Otto Normalverdiener“. Die Inflationsrate betrug laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2022 durchschnittlich 6,4 Prozent. Aktuell liegt sie bei 7,2 Prozent (April vorläufig), bei Nahrungsmitteln sogar bei 22,3 Prozent (März). Die Lohnsteigerungen halten bei Weitem nicht mit.
Krisen, Inflation und Rekordgewinne – wie passt das zusammen? Die in den USA lehrende deutsche Wirtschaftsprofessorin Isabella Weber ist in einer kürzlich veröffentlichten Analyse zusammen mit Co-Autor Evan Wasner der Frage nachgegangen, warum große Unternehmen ausgerechnet in einer Krise Preiserhöhungen zur Gewinnsteigerung durchsetzen können, die vorher nicht möglich waren – und wie sie dadurch einen Inflationsschub verstärken.
Ihre überraschende Antwort lautet kurz gefasst: nicht trotz, sondern wegen der Energiepreissteigerungen, Nachschubprobleme und Kapazitätsengpässe konnten die Konzerne ihre Gewinne kräftig steigern. Webers Erklärungen haben wirtschaftspolitische Folgen. Werden die Preissteigerungen durch die Gewinne der Unternehmen getrieben, kann das andere Instrumente für die Inflationsbekämpfung notwendig machen. Die Ökonomin gehörte der Gaspreiskommission der Bundesregierung an, der im vergangenen Herbst beschlossene Gaspreisdeckel folgt in wesentlichen Teilen einem Vorschlag Webers.
Quelle: Norbert Häring
- Trotz Renten-Erhöhung: 650.000 Bezieher gehen leer aus
Die im Juli anstehende Renten-Erhöhung ist eigentlich eine gute Nachricht. Doch nicht alle Rentnerinnen und Rentner können davon profitieren.
Im Juli dürfen sich Rentnerinnen und Rentner über eine satte Rentenerhöhung freuen. Dann gibt es für Ruheständler im Westen 4,39 Prozent mehr. Rentnerinnen und Rentner im Osten erhalten 5,86 Prozent mehr Geld. Während bei einem Großteil der 21 Millionen Rentner die Freude darüber groß sein dürfte, profitieren rund 650.000 Seniorinnen und Senioren nicht davon. Im Gegenteil – ihnen fehlt am Ende sogar Geld.
Denn für Rentnerinnen und Rentner, die die Grundsicherung beziehen, ist die Rentenerhöhung eine schlechte Nachricht. Wer seinen Lebensunterhalt nicht mit der Rente abdecken kann, kann Grundsicherung erhalten. Die Höhe unterscheidet sich je nach Renten-Höhe. Laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) sollten Rentner mit einem Gesamteinkommen von unter 924 Euro prüfen lassen, ob sie Anspruch haben.
Quelle: Merkur
- »Macron ist schwach und das System am Ende«
Warum die »Rentenreform« in Frankreich noch lange nicht durch ist und die Gewerkschaften ihren Kampf nicht aufgeben. Ein Gespräch mit André Hemmerle.
André Hemmerle arbeitet seit 1977 als Sekretär der französischen Gewerkschaft CGT.
Vor zwei Wochen wurde das Gesetz zur Anhebung des Renteneintrittsalters von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Amtsblatt veröffentlicht, damit ist es offiziell verabschiedet. Ist der Kampf gegen die »Reform« jetzt vorbei?
Nein, der Kampf ist noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil, die Wut ist noch mal größer geworden, und am 1. Mai wird es wieder Massendemonstrationen geben – gut vorstellbar, dass es die größten seit Beginn der Rentenproteste sein werden.
Aber wie geht es nach dem 1. Mai weiter?
Im Detail kann ich das noch nicht sagen, aber es werden einige Dinge passieren. Wir werden nicht lockerlassen. Wahrscheinlich werden sich Vertreter der in der »Intersyndicale« kooperierenden acht großen Gewerkschaften schon am Abend des 1. Mai treffen, um weitere Aktionen zu beschließen. Konkret wird entschieden werden müssen, ob wir die Demonstrationen so fortsetzen, wie wir es heute machen, oder ob wir nicht gezielter und noch stärker bestimmte Branchen lahmlegen.
Es gibt auch noch die Option eines Referendums. Wie stehen die Chancen für einen Erfolg?
Wenn es zu einem Referendum käme, würden die Menschen mehrheitlich gegen die »Rentenreform« stimmen. Doch es ist nicht klar, ob der Verfassungsrat eine solche Abstimmung zulassen wird. Denn die Mitglieder des Verfassungsrats sind so drauf wie die der Regierung. Das sind alles Personen, die schon immer das Volk verraten und sich gegen den sozialen Fortschritt gestellt haben. Sie wissen nicht, was es bedeutet, von seiner Arbeit leben zu müssen.
Die bürgerlichen Medien in Deutschland messen den Protesten und Streiks in Frankreich kaum noch Bedeutung bei. Wie ist die aktuelle Situation?
Es gibt immer noch sehr viele Streiks. Vielleicht ist das in Deutschland nicht bekannt, aber bei den Protesten geht es nicht nur im die »Rentenreform«. Wir kämpfen auch für höhere Löhne, weil immer mehr Menschen wegen der explodierenden Preise nicht über die Runden kommen.
Quelle: junge Welt
- Patrick Graichen: “Habeck muss erklären, wie es dazu kommen konnte”
Wird in Robert Habecks Ministerium geklüngelt? Korruptionsbekämpfer Timo Lange kritisiert die Vorgänge um den Staatssekretär Patrick Graichen.
Protegieren sich Grüne gegenseitig bei der Stellenbesetzung in hochrangigen Behördenpositionen? Der Vorwurf steht im Raum, seitdem Staatssekretär Patrick Graichen einräumen musste, dass er seinen Trauzeugen für einen Topjob bei der Energieagentur mit auswählte. Sowieso arbeiten im Dunstkreis von Vizekanzler Robert Habeck viele Grüne, die sich schon lange kennen. Wann ist das ein Problem, wann nicht? Timo Lange, Kampagnenleiter der Antikorruptionsagentur Lobbycontrol, gibt Antworten.
ZEIT ONLINE: Der grüne Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen war eines von drei Mitgliedern einer Findungskommission für den neuen Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (dena). Am Ende bekam sein Trauzeuge Michael Schäfer den Job. Sollte Graichen zurücktreten, wie die CDU fordert?
Timo Lange: Das Verhalten von Herrn Graichen war sicherlich nicht korrekt. Er hätte seinen Interessenkonflikt frühzeitig transparent machen müssen. Jeder Anschein, dass persönliche oder freundschaftliche Beziehungen einen Vorteil bringen, muss natürlich vermieden werden. Graichen hat den hohen Ansprüchen an Integrität und Unabhängigkeit der Stellenbesetzung bei einer staatlichen Stelle nicht entsprochen.
Quelle: Zeit Online
- Kai Wegners Wahl zum Regierenden Bürgermeister: Mangelndes Demokratieverständnis
Es ist nicht klar, ob Kai Wegner mit Stimmen der AfD zum Regierenden Bürgermeister Berlins gewählt wurde. Die Opposition zeigt sich trotzdem empört und beweist damit vor allem eins: Ihr Demokratieverständnis ist sanierungsbedürftig
Um mal Wasser in den Wein der Empörung über einen erst im dritten Wahlgang gewählten, nach Behauptung der AfD nur durch deren Stimmen möglich gemachten CDU-Bürgermeister der nunmehr schwarz-roten Hauptstadt zu gießen: Das Demokratieverständnis sowohl so mancher Genossen als auch mancher Grüner und Linker scheint ähnlich sanierungsbedürftig wie die Toiletten der Berliner Schulen.
Als Erste springt Ricarda Lang artig übers AfD-Stöckchen. „Die SPD und die CDU in Berlin haben der Stadt, der Demokratie und der politischen Kultur heute großen Schaden zugefügt“, tönt sie auf Twitter – nicht etwa durch politische Entscheidungen, sondern „indem sie ohne sichere Mehrheit in den dritten Wahlgang gegangen sind“. – Skandal! In einer Demokratie gibt es eine Abstimmung, deren Ergebnis nicht vorher feststeht! Da wünscht sich wohl so manche glatt die gute alte DDR zurück. Dort gab es auch nicht dieses lästige Geheime an den Wahlen. Das erleichterte die Gesinnungsprüfung ungemein. Im BRD-Berlin dagegen regt sich die Grünen-Bundesvorsitzende darüber auf, dass Schwarz-Rot „so zugelassen haben, dass die AfD die Wahl Wegners für sich reklamieren kann“. Auch hübsch. Erinnert an die Rhetorik eines Donald Trump, der Wahlen als persönliches Eigentum betrachtet, das man „stehlen“ kann. Oder eben, wie bei den Grünen, „für sich reklamieren“.
Der Linken-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag, Jan Korte, schäumt ähnlich unreflektiert: „Wegner lässt sich ohne Skrupel vereidigen, trotz des Verdachts, Regierender Bürgermeister von Gnaden der AfD-Faschos zu sein.“ Das dreht die demokratieferne Schraube noch etwas weiter, hin zum Gottesgnadentum. Mehr Ehre kann man den – übrigens ebenfalls demokratisch gewählten – Rechtspopulisten kaum machen. In deren Parteizentrale knallen sicherlich die Sektkorken ob des gelungenen Coups: So erfolgreich politischen Inhalt zu verdrängen, gelingt halt nur den Blauen. Wenn man das mal zu Ende denkt, reicht schon der „Verdacht“ aus, um ein Wahlergebnis zum „Fascho“-Sieg zu machen. So einfach machen sie es der AfD.
Quelle: der Freitag