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Titel: Neuer Verteilungsbericht des WSI: Lohnkaufkraft in Deutschland weiter auf Tiefststand. Deutschland gerät noch tiefer in eine „Verteilungsfalle“
Datum: 24. November 2005 um 17:09 Uhr
Rubrik: Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Ungleichheit, Armut, Reichtum
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Der langjährige Rückgang beim Kaufkraftpotential von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist 2004 und 2005 durch die letzten Stufen der rot-grünen Steuerreform kurzfristig aufgehalten worden. Doch die Beschlüsse der großen Koalition werden die ungleiche Entwicklung zwischen den Arbeitseinkommen einerseits sowie den Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen andererseits wieder forcieren. Dies ist eine Schlussfolgerung aus dem neuen Verteilungsbericht 2005 des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung. „Damit wächst die Gefahr, dass Deutschland noch tiefer in die Verteilungsfalle gerät, die seit langem auch für die Schwäche von Wirtschaftswachstum und Arbeitsmarkt verantwortlich ist“, sagt Dr. Claus Schäfer, Autor des WSI-Verteilungsberichts.
Mit dem Begriff der Verteilungsfalle beschreibt die WSI-Analyse das Auseinanderklaffen von guter Auslandsnachfrage und schlechter Binnennachfrage sowie deren Hintergrund: eine ungleiche Einkommensentwicklung und eine Fiskalpolitik, die diese Ungleichheit noch verstärkt. Beide Entwicklungen stellen Langfrist-Trends dar. Das machen Eckdaten des Berichts deutlich, der in der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen erscheint*:
Die ungleiche Einkommensverteilung hat negative Konsequenzen für die binnenwirtschaftliche Nachfrage, so WSI-Experte Dr. Claus Schäfer: „Die konsumnahen privaten Einkommen wurden erheblich geschwächt, die konsumfernen gestärkt.“ Zudem wurde die öffentliche Nachfrage durch die Steuerentlastungen von hohen Einkommen (z.B. Senkung des Spitzensteuersatzes), Gewinnen (Senkung der Körperschaftsteuer) und Vermögen (Aussetzung der Vermögensteuer) zunehmend belastet.
Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Mehrwertsteuererhöhung und die Sparvorhaben im Bundeshaushalt entzögen insbesondere konsumnahen privaten Einkommen weiteres Nachfragepotential, analysiert der WSI-Verteilungsbericht. Lediglich die so genannte Reichensteuer weise zu einem alternativen Politikansatz. Sie bringe jedoch nur ein eher symbolisches Mehraufkommen. Auch das geplante Investitionsprogramm kehre die zunehmende Polarisierung der Einkommensverteilung angesichts seiner geringen Dimension nicht um.
Aus verteilungspolitischer und wachstumspolitischer Sicht sei eine entgegen gesetzte Akzentsetzung der Politik sinnvoll, so Schäfer: Eine deutliche Wiedererhöhung des privaten Spitzensteuersatzes oder eine Wiedereinführung der Vermögensteuer könnten der öffentlichen Hand konjunkturunschädlich den notwendigen Spielraum verschaffen. Angesichts einer im EU-Vergleich unterdurchschnittlichen Abgabenquote und der ungleichen deutschen Einkommensverteilung lasse sich auf diese Weise ein Einbruch bei der öffentlichen Nachfrage vermeiden, ohne die private Nachfrage zu belasten. Die private Nachfrage werde sogar gestärkt, wenn Teile der Steuererhöhungen genutzt würden, um die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen zu senken.
*Claus Schäfer, Weiter in der Verteilungsfalle – Die Entwicklung der Einkommensverteilung in 2004 und den Vorjahren, in: WSI-Mitteilungen 11/2005
Quelle 1: Grafiken zum Download im Böckler Impuls 19/2005
Quelle 2: Böckler Impuls 19/2005
Ansprechpartner in der Hans-Böckler-Stiftung
Dr. Claus Schäfer
WSI
Tel.: 0211-7778-205
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Rainer Jung
Leiter Pressestelle
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