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Titel: Die Infantilisierung der deutschen Außenpolitik: Botschafterin in der Ukraine posiert mit „Kuschel-Leo“
Datum: 24. März 2023 um 9:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, Bundesregierung, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Florian Warweg
Die Redewendung „Wie der Herr, so’s Gescherr“ kommt einem unweigerlich in den Sinn, wenn man sich anschaut, was derzeit Spitzendiplomaten des Auswärtigen Amtes unter Führung von Annalena Baerbock von sich geben. Als wohl eindringlichstes und zugleich aktuellstes Fallbeispiel dient das Agieren der deutschen Botschafterin in der Ukraine. Diese hat seit Monaten jegliche diplomatische Professionalität vermissen lassen. So posierte sie beispielsweise am 22. März 2023 unter dem Motto „Mein neustes Lieblingsspielzeug“ mit einem Leopard-Panzer aus Plüsch. Zuvor gab es ähnliche Peinlichkeiten von anderen Vertretern des Auswärtigen Amtes. Von Florian Warweg.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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„Am Ende eines langen und arbeitsreichen Tages mit meinem neuen Lieblingsspielzeug, das mir heute von einem wunderbaren Bürgermeister einer Stadt geschenkt wurde, die vor einem Jahr unter russischer Besatzung stand. #StandWithUkraine“
Dies twitterte, versehen mit dem entsprechenden Foto, am 22. März die deutsche Botschafterin in der Ukraine, Anka Feldhusen. Wir halten fest: Eine Spitzendiplomatin der Bundesrepublik Deutschland posiert mit dem Plüschmodell eines Kampfpanzers deutscher Produktion, der in naher Zukunft russische Soldaten zerfetzen wird, und nennt dies unverhohlen ihr „Lieblingsspielzeug“. Doch das ist im Falle von Botschafterin Feldhusen beileibe nicht der einzige diplomatische Fehltritt.
Am 26. Februar 2023 twitterte sie beispielsweise Folgendes:
„Ein russischer Panzer in Berlin vor der russischen Botschaft. So sollten alle Panzer aussehen, die in die Freiheit eingreifen. Ich bin den Streitkräften der Ukraine dankbar, dass sie Europa beschützen und die Waffen des Angreifers in den dafür geeigneten Zustand bringen!
@GeneralStaffUA @DefenceU“
Auch in diesem Fall wünscht die deutsche Spitzendiplomatin ohne jede sprachliche und politische Distanz Hunderten russischen Soldaten den Verbrennungstod und verbreitet zudem die völlig unbelegte Verschwörungstheorie, Russland wolle sich nach der Ukraine den Rest Europas einverleiben.
Hier agiert eine Diplomatin ohne jeden Filter als pro-ukrainische Aktivistin, also das genaue Gegenteil von dem, was eigentlich die Aufgabe einer Botschafterin wäre. Man fragt sich auch, was so eine Diplomatin macht, wenn ihre nächste Station Russland oder Belarus heißen sollte. Doch mit diesem infantil-aktivistischen Verhalten steht sie nicht allein da.
Erinnert sei etwa an den Tweet vom offiziellen englischsprachigen Account des Auswärtigen Amtes Ende Januar 2023, in welchem verkündet wurde, dass der russische Außenminister Sergei Lawrow nicht in Afrika sei, um Leoparden zu sehen, sondern um Lügen zu verbreiten. Im weiteren Thread folgte eine alberne GIF.
There is none. 2/3 pic.twitter.com/9yAB6RJbmP
— GermanForeignOffice (@GermanyDiplo) January 24, 2023
Dieser Twitter-Thread sorgte in ganz Afrika für einen Aufschrei der Empörung. So fragte unter anderem die Sprecherin der Afrikanischen Union, Ebba Kalondo, ob für das Auswärtige Amt der afrikanische Kontinent, seine Menschen und seine Tierwelt nur ein Witz seien. Andere hochrangige afrikanische Kommentatoren verwiesen auf den kolonialen Charakter des Tweets. Ein weiterer Nutzer schrieb unter den Tweet des Auswärtigen Amtes:
„Das Niveau im Ministerium hat sich offenbar der neuen Außenministerin angepasst.“
Selbst aus Washington kam Kritik. So erklärte unter anderem die Direktorin des US-amerikanischen Afrika-Carnegie-Programms, Zainab Usman, Deutschland werde keine Freunde in Afrika gewinnen, wenn es „entsetzliche Klischees“ verbreite, um geopolitisch „gegen einen Gegner in einem europäischen Krieg“ zu punkten.
This is not a good look, @GermanyDiplo. Using terrible stereotypes of Africa (“Africa is a vast landscape of wild animals in the bush”) to score a geopolitical upper cut to an adversary in a European war will not win you any African friends. Tone deaf! Do better! https://t.co/YwOZopBg1M
— Zainab Usman (@MssZeeUsman) January 25, 2023
Angesichts der massiven Kritik sah sich das Auswärtige Amt daraufhin gezwungen, sich offiziell zu entschuldigen. Doch die Sprecherin der Afrikanischen Union ließ diese Entschuldigung nicht gelten und gab der bundesdeutschen Diplomatie eine Empfehlung mit auf den Weg, die allerdings bisher offensichtlich kein Gehör fand:
„Respektieren Sie uns, so wie wir Sie respektieren. Außenpolitik ist kein Witz und sollte auch nicht dazu benutzt werden, billige geopolitische Punkte zu machen, indem man einen ganzen Kontinent mit kolonialen Klischees zu irgendeinem Thema illustriert. Niemals.“
Don't apologise. Just be careful. And respect us as we respect you. Foreign policy is not a joke nor should it be used to score cheap geopolitical points by illustrating an entire Continent with colonial tropes on any issue. Ever.
— Ebba Kalondo (@EbbaKalondo) January 26, 2023
Selbst die meist staatstragend berichtende Deutsche Presse-Agentur (dpa) sah sich gezwungen zu titeln:
„Tweet des Auswärtigen Amtes mündet in diplomatischem Fiasko“
Südafrika scheint grundsätzlich kein gutes Pflaster für die Social-Media-Aktivitäten des Auswärtigen Amtes zu sein – zumindest nicht mit dem aktuell verfolgten Kommunikationsansatz. Bereits zuvor, im März 2022, hatte die Deutsche Botschaft in Südafrika in einem Tweet verkündet:
„Was Russland in (sic!) Ukraine tut, ist das Abschlachten unschuldiger Kinder, Frauen und Männer zu seinem eigenen Vorteil.“
Auch dieser Tweet kam nicht gut. Zahlreiche Südafrikaner fragten die Deutsche Botschaft, wieso diese sich nicht ein einziges Mal zu den von NATO-Staaten geführten Angriffen gegen Irak, Libyen, Syrien, dem Saudi-Krieg im Jemen mit Abertausenden getöteten Zivilisten oder dem israelischen Besatzungsregime in Gaza und der Westbank geäußert hatte. Andere betonten die Unterstützung des Apartheid-Regimes durch die Bundesregierung im Gegensatz zur Sowjetunion, die die Anti-Apartheid-Aktivisten des ANC unter Führung von Nelson Mandela sowie allgemein den antikolonialen Befreiungskampf in Afrika unterstützt habe.
Dies sind nur wenige ausgewählte Beispiele für das derzeit höchst unprofessionell und aktivistisch agierende diplomatische Corps der Bundesrepublik. Man findet ähnliche sprachliche Fauxpas bei diplomatischen Vertretern Deutschlands im Nahen Osten und Lateinamerika.
Man kann diese Vorfälle natürlich nicht allein der Führungs- und Personalpolitik von 360-Grad-Annalena zuschreiben. Die eingangs erwähnte deutsche Botschafterin in der Ukraine, Anka Feldhusen, ist eine Karrierediplomatin und seit 1994 im Höheren Auswärtigen Dienst tätig. Ihre Laufbahn steht aber exemplarisch für ein strukturelles Problem, welches das Auswärtige Amt seit seiner Gründung begleitet. Bundesdeutsche Diplomaten wechseln spätestens alle fünf Jahre komplett Funktion und Land. Auf dieser Grundlage kann man weder eine profunde Länder- und Regionsexpertise erwerben noch die jeweiligen Landessprachen adäquat lernen.
Feldhusen begann beispielsweise ihre diplomatische Laufbahn im Kosovo, wechselte dann nach Kuba, und von dort aus ging es nach Berlin als „Leiterin der Fortbildung“. 2010 war sie dann erstmals in der Ukraine tätig. Nach dem Aufenthalt in Kiew (bei dem sie immerhin fließend Ukrainisch gelernt haben soll) wurde sie erneut nach Berlin beordert, um dort ohne jede vorherige Regionalerfahrung als „Referatsleiterin Ostafrika“ zu arbeiten. 2016 wechselte sie dann als Referatsleiterin der Abteilung Grundsatzfragen der Außenpolitik ins Bundespräsidialamt. 2019 erfolgte ihre Ernennung zur Botschafterin.
Im Gegenzug dazu spezialisieren sich beispielsweise russische Diplomaten immer auf eine Region und einen Sprachraum. Bei DDR-Diplomaten war es ähnlich. Der Unterschied ist eklatant. Trifft man auf russische oder auch ehemalige DDR-Diplomaten, so sind diese fast ausnahmslos in der Lage, sich fließend in der jeweiligen Landessprache ihres Einsatzgebietes zu unterhalten – egal ob es sich um Spanisch, Arabisch oder sogar Mandarin handelt. Bei Diplomaten des Auswärtigen Amtes ist dies, von Englisch abgesehen, nur äußerst selten der Fall, mit den entsprechenden Auswirkungen.
Der Autor dieser Zeilen erinnert sich noch gut daran, wie er im Rahmen eines Studien- und Arbeitsaufenthaltes in Chile von 2003 bis 2004 mehrmals auf den damaligen deutschen Botschafter Joachim Schmillen traf. Dieser verfügte noch nicht einmal über Grundkenntnisse im Spanischen und zeigte zumindest in dieser Zeit auch keinerlei Motivation, sich diese anzueignen. Dafür war er in den diplomatischen Kreisen von Santiago als „Party“-Botschafter mit Vorliebe für junge Latinas verschrien. Jetzt ist die Lust eines deutschen Botschafters am Feiern und Flirten nicht per se verwerflich. Problematisch in dem Fall war aber, dass er außer dieser Partylaune nichts mitbrachte: keine Sprachkenntnisse, keine Länderexpertise und, das kam in dem Fall dazu, keinerlei diplomatische Ausbildung. Schmillen wurde nur Botschafter, weil er zuvor Büroleiter des damaligen Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Joschka Fischer, war, bevor dieser unter Gerhard Schröder zum Außenminister avancierte. Die Art und Weise, wie Fischer in seiner Zeit als Außenminister alte Kumpels und Mitarbeiter ohne jede Befähigung für den diplomatischen Dienst in hohen Positionen des Auswärtigen Amts unterbrachte, würde ein ganzes (noch ungeschriebenes) Sachbuch füllen.
Eine ähnliche Tendenz zum Posten-Klientelismus wird auch über die Grünen-Außenministerin Baerbock berichtet. Schon ein Blick auf die von ihr ernannten Staatssekretäre bestätigt dies. Weder Staatsministerin Katja Keul noch Staatsministerin Anna Lührmann, ganz zu schweigen von Staatsminister Tobias Lindner, haben außer ihrem Grünen-Parteibuch eine Qualifikation für ihre aktuellen Führungsposten im Auswärtigen Amt vorzuweisen.
Nach Informationen der NachDenkSeiten sollen das Auftreten der aktuellen Außenministerin und ihre Personalpolitik für massive Spannungen innerhalb der altgedienten Diplomaten im Auswärtigen Amt sorgen. Die NachDenkSeiten konnten mit zwei gut vernetzten Diplomaten a.D. reden, die zu FDP-Zeiten in das Ministerium kamen. Laut diesen hat sich bei vielen Mitarbeitern ein enormes Maß an Frustration und Fremdscham angehäuft. Zudem gäbe es zunehmendes Unverständnis über die Art und Weise der Sanktionspolitik ohne jede Rücksichtnahme auf deutsche Interessen, insbesondere was die Lage des Mittelstandes anginge. Einer der befragten Diplomaten (mit FDP-Parteibuch) erklärte gegenüber den NachDenkSeiten:
„Wenn Baerbock und Habeck so weitermachen, führen die Deutschland in die Subperipherie.“
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