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Titel: Drohnen-Absturz als Vorzeichen eines „großen Krieges“ – Und die Bundesregierung führt uns mitten hinein
Datum: 17. März 2023 um 12:33 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast
Verantwortlich: Tobias Riegel
Die Flüge von US-Drohnen in der Nähe der russischen Grenze stellen brandgefährliche Handlungen dar, auf die in der aktuellen Situation unbedingt verzichtet werden sollte. Auch wenn das Vorgehen der USA in diesem Fall juristisch gedeckt sein sollte: Wenn der Krieg endgültig zum Weltkrieg eskaliert, ist es bedeutungslos, ob das durch „berechtigte“ Provokationen ausgelöst wurde. Die Bundesregierung müsste Deutschland, zum Schutz der eigenen Bürger und um das Leid der ukrainischen Zivilisten zu verkürzen, aus dem Stellvertreterkrieg um die Ukraine heraushalten – doch sie tut das Gegenteil. Das ist völlig verantwortungslos, wie der gefährliche Drohnenvorfall einmal mehr belegt. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Die russischen und die US-amerikanischen Militärmaschinen kommen sich mittlerweile so nahe, dass die Gefahr eines „großen Krieges“ (auch „aus Versehen“) immer näher rückt – nach Meinung vieler Beobachter ist der Ukrainekrieg bereits jetzt als ein solcher „großer“ Stellvertreterkrieg zu bezeichnen. Bei dem konkreten, noch dubiosen Vorgang um die US-Drohne im Schwarzen Meer soll hier keine juristische Schuld einer Seite festgestellt werden. Aber als Reaktion auf den Vorgang muss dazu aufgerufen werden, alle Eskalationen in Grenznähe zwischen Russland und den USA unbedingt zu vermeiden – auch die nur potenziellen. Eine Verringerung des Risikos der weiteren Eskalation eines russisch-US-amerikanischen Stellvertreterkrieges scheint aber von US-Seite nicht angestrebt zu sein, wie aktuelle Aussagen nahelegen.
Die (formal möglicherweise korrekte) Argumentation der USA für die Drohnenflüge nahe Russland lautet: Schließlich habe man das Recht dazu, etwa zu defensiven Drohnenflügen in „internationalen Gewässern“. Selbst wenn diese juristische Deutung stimmt, wäre sie aber irrelevant: Wenn der Krieg endgültig zum Weltkrieg eskaliert, ist es bedeutungslos, ob er durch „berechtigte“ Provokationen ausgelöst wurde. Wenn also beim konkreten Vorfall zwar keine „Schuld“ erklärt werden soll (man kann auch die russische Reaktion auf die Drohnen als „Eskalation“ deuten), so liegt aber doch die Verantwortung dafür, dass ein direktes und feindliches Zusammentreffen der beiden großen Militärmaschinen momentan überhaupt eintreten kann, meiner Meinung nach klar bei den USA.
Bundesregierung folgt noch immer der zerstörerischen US-Strategie
Die Aufgabe der Bundesregierung wäre es, die Bevölkerung aus einem Stellvertreterkrieg herauszuhalten und dadurch die große Gefahr möglichst zu verringern, die eine Eskalation des Krieges in der Nachbarschaft für die eigenen Bürger bedeutet: Deutschland müsste sich im Ukrainekrieg neutral verhalten, denn das ist nicht „unser Konflikt“. Eigentlich müsste Deutschland eine Brückenfunktion einnehmen. Eine gute Entwicklung Europas ist ohne eine Verständigung zwischen Russland und Resteuropa undenkbar. All das bedeutet keine „Unterwerfung unter ein russisches System“, sondern eine Bemühung für eine unverzichtbare Entspannung. Gerade, wer sich ein für seine Nachbarn berechenbares Russland wünscht (und ein baldiges Kriegsende), muss endlich die lange Vorgeschichte des Ukrainekrieges wahrnehmen und dann in ernstgemeinte Verhandlungen über realistische Sicherheitsgarantien auch für Russland eintreten.
Doch die Bundesregierung tut das Gegenteil: Immer tiefer lässt sie sich (und damit die Bevölkerung) in eine für Europa und seine Bürger zerstörerische US-Strategie hineinziehen. Inhaltlich ist die „Erzählung“ der USA zur Ukraine längst zusammengebrochen. Dass diese US-Gefolgschaft durch unsere Regierung täglich gefährlicher wird, zeigen unter anderem die aktuellen Vorgänge um die US-Drohne.
Der Drohnen-Vorfall
Nach dem Absturz einer unbemannten US-Militärdrohne über dem Schwarzen Meer hat das US-Militär Bildmaterial von dem Vorfall veröffentlicht, wie Medien berichten. Darauf sei zu sehen, wie ein russisches Kampfflugzeug beim Anflug auf die US-Drohne Treibstoff ablässt und dann extrem nah heranfliege. Bei einem zweiten Anflug habe der russische Su-27-Jet erneut Benzin abgelassen und sei dann laut der US-Kommandozentrale für Europa mit der Drohne zusammengestoßen. Weitere Details hat die „Tagesschau“ in diesem Artikel zusammengefasst.
Der angebliche direkte Zusammenstoß ist laut den Medienberichten in dem Video jedoch nicht zu sehen. Nach US-Angaben fiel die Kamera genau dann rund eine Minute aus. Im Anschluss ist in dem Video der teils beschädigte Propeller der Drohne zu sehen. Die USA beklagten ein „unprofessionelles“, „unsicheres“ und „rücksichtsloses“ Handeln der russischen Piloten. Die Russen hatten jede Verantwortung für den Absturz zurückgewiesen und warfen den Amerikanern Provokation vor.
Brandgefährliche Spionageflüge
Wie auch immer sich der Vorgang konkret abgespielt hat: Der russische Vorwurf der Provokation kann meiner Meinung nach nur schwer entkräftet werden. Die Spionageflüge durch die USA in der Nähe der russischen Grenze sind brandgefährlich – auch wenn sie formal vom Völkerrecht gedeckt sein sollten. Durch die US-Handlungen rückt eine direkte Konfrontation zwischen russischen und US-amerikanischen Streitkräften immer näher. Der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, sagte laut der Nachrichtenagentur TASS, in einer Übersetzung von „Multipolar“:
„‘Wir wissen sehr wohl, für welche Aufgaben solche Aufklärungs- und Kampfdrohnen eingesetzt werden’, wird der Botschafter in einem Kommuniqué zitiert, das im Zusammenhang mit dem Absturz der US-Drohne MQ-9 Reaper im Schwarzen Meer am Dienstag veröffentlicht wurde. Der russische Diplomat zitierte den Koordinator für strategische Kommunikation des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, mit den Worten, dass US-Drohnen täglich derartige Überflüge durchführen. ‚Was machen sie Tausende von Meilen entfernt von den Vereinigten Staaten? Die Antwort liegt auf der Hand: Sie sammeln nachrichtendienstliche Informationen, die später vom Kiewer Regime genutzt werden, um unsere Streitkräfte und unser Territorium anzugreifen‘, so Antonow.“
Der erwähnte US-Politiker John Kirby hatte laut US-Medien (Übersetzung „Multipolar“) gesagt:
„Kirby sagte, er wisse noch nicht genau, was die Absichten der russischen Piloten seien, aber er sagte: ‚Wenn die Botschaft lautet, dass sie uns davon abhalten wollen, im internationalen Luftraum über dem Schwarzen Meer zu fliegen und zu operieren, dann wird diese Botschaft fehlschlagen, denn das wird nicht passieren. Wir werden weiterhin im internationalen Luftraum über internationalen Gewässern fliegen und operieren‘, fügte er hinzu. ‚Das Schwarze Meer gehört keiner Nation, und wir werden weiterhin tun, was wir für unsere eigenen nationalen Sicherheitsinteressen in diesem Teil der Welt tun müssen.‘“
Russlands Verteidigungsministerium erklärte laut Medien, dass es jede Verantwortung für den Absturz von sich weise. Demnach sei die US-Drohne nahe der russischen Grenze in einen von Russland zum Sperrgebiet erklärten Luftraum geflogen. „Die russischen Kampfflugzeuge haben keine Bordwaffen eingesetzt, sind nicht in Kontakt mit dem unbemannten Flugapparat geraten und kehrten sicher zu ihrem Heimatflughafen zurück“, hieß es demnach in einer von der TASS verbreiteten Mitteilung. Russland hat laut den Medienberichten nach der „Annexion“ der Krim 2014 neue Sperrzonen festgelegt und nach eigenen Angaben auch die internationale Gemeinschaft darüber informiert. Allerdings dürfe kein Staat Beschränkungen für internationalen Luft- und Seeraum außerhalb seiner Grenzen verhängen, so die „Tagesschau“.
Potenziell schreckliche Folgen
„Begegnungen“ im internationalen Luftraum sind keine Seltenheit. Der Vorfall vom Dienstag ist laut dem US-Sender CNN aber doch ein besonderer: Demnach ist es das erste Mal seit Februar 2022, dass russische und US-Militärflugzeuge in direkten physischen Kontakt geraten seien. Der Blog „Lost In EU“ schreibt dazu:
„‚Wir waren auf einer rein defensiven Routine-Mission‘, heißt es beschwichtigend in Washington. Das mag sein. Allerdings kann man sich schwerlich vorstellen, dass die USA es zulassen würden, dass russische oder chinesische Drohnen vor der eigenen Küste fliegen. Schon ein paar Ballons haben in Washington Panik ausgelöst! Und es geht ja nicht nur um amerikanische Drohnen. In den letzten Tagen und Wochen haben die USA mehrere Manöver mit B-52-Langstreckenbombern an den Grenzen der Ukraine und Russlands durchgeführt. ‚Show of Force‘ nennt man das bei den Militärs. Rein defensiv ist das nicht, vielmehr wird Russland provoziert.“
Die potenziell schrecklichen Folgen einer weiteren Eskalation des Krieges würden die Bürger Europas viel härter treffen als die der USA. Deutschland und die EU müssen sich schnell aus diesem Stellvertreterkonflikt zurückziehen – aus eigenen Interessen und vor allem, um das schlimme Leid der ukrainischen Zivilisten zu verkürzen.
Titelbild: sibsky2016 / Shutterstock
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