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Titel: Jetzt wird Seymour Hersh’ s aufsehenerregende Reportage herunter gemacht. Jämmerliche Medien (6)

Datum: 9. Februar 2023 um 15:43 Uhr
Rubrik: Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik
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Gerade hat ein Leser der NachDenkSeiten kritisiert, dass wir den Begriff jämmerlich zur Zustandsbeschreibung unserer Medien benutzen. Der Begriff sei „stark beleidigend“ und wirke psychologisch so, dass „man sich nicht wirklich kritisch auseinander setzt mit den entblößten Inhalten“. Der Leser empfahl Begriffe wie „schlecht“, „unpassend“, „unausreichend professionell“, „einseitig“, „unkritisch“. – Tut mir leid, damit kommen wir der inzwischen stattfindenden Gleichschaltung unsere Medien nicht bei. Unten finden Sie die Mail eines NachDenkSeiten-Lesers, der skizziert, wie unsere Medien mit der Reportage von Seymour Hersh umgehen. Das hat wie vieles andere deutlich Kampagnencharakter. Und es ist jämmerlich. Jämmerlich auch deshalb, weil man die Eigenständigkeit dieser Medien bezweifeln muss. Albrecht Müller.

Hier also die Mail eines Lesers der NachDenkSeiten mit weiteren Belegen für den schlimmen Zustand unserer Medien:

Liebes Nachdenkseiten-Team,
die transatlantisch gesteuerten deutschen Staats- und Qualitätsmedien überbieten sich im „heruntermachen“ von Seymour Hersh’ s aufsehenerregender Reportage über  den US-Terroranschlag auf die Gaspipeline in der Ostsee. Es ist abenteuerlich, welche Verrenkungen sie in ihrer Verzweiflung dabei anstellen und mit welchen hanebüchenen Argumenten und miesen Tricks sie ihrem zu manipulierenden und zu verdummenden Publikum daherkommen. 
 
Statt sich selbst journalistisch mit dem hochbrisanten Thema auseinanderzusetzen, und die hochbezahlen Auslandsreporter auf die Sache anzusetzen, macht man Hersh und seine Arbeit nieder, indem man behauptet, er habe für seine „Behauptungen“ nur eine und dazu anonyme Quelle, und schließlich habe kein „renommiertes“ US-Medium die Geschichte veröffentlicht. Das ist immer dann der Gradmesser, wenn eine Investigativ-Story nicht ins Narrativ passt. Man übt sich in völlig unkritischem peinlichem Verlautbarungsjournalismus und verdingt sich als Sprachrohr der CIA, des Nationalen Sicherheitsrates der USA und des norwegischen Außenministeriums. Und die haben den Vorwurf schließlich als „völlig und vollkommen falsch“ zurückgewiesen!!!
Somit ist ja alles wieder in bester Ordnung, die USA haben alle Vorwürfe zurückgewiesen (was hatten denn die Damen und Herren Journalisten*innen, M/W/D erwartet?? Dass der CIA den Anschlag bestätigt???), alles andere ist somit eine „Verschwörungstheorie“.
 
Schade, schade, dass in der Causa Nordstream-Sprengung kein renommierter Journalist eine Täterschaft Russlands nachgewiesen hat. Da wäre aber der Bär der Qualitätsmedien so was von der Kette gewesen. Man hätte sich überschlagen mit Schlagzeilen wie „Was deutsche Staatsanwälte nicht sehen wollten: Berühmter Investigativ-Journalist weist Täterschaft Putins nach!“ Eine Schlagzeile (s.u.) wie „Die russische Förderation stellt klar: Haben eigene Pipeline nicht gesprengt“ , wäre absolut undenkbar, bzw. falls ein Redakteur sich dies erlaubt hätte, wäre es das Ende der Karriere gewesen. Aber so: Da wird Hersh bewusst manipulierend im Nebensatz als „Gewinner des Putlitzer-Preises“ bezeichnet – bewusst assoziierend an „Gewinner des diesjährigen Deutschland-sucht-den-Superstar-Preises“ – seine atemberaubenden Fakten in einem völlig unwichtig klingenden Ton aber konjunktivistisch galoppierend mit „hätte, sollte, könnte, wäre angeblich nicht, aber wenn ja, dann nicht, ansonsten nein“-Geschwurbel präsentiert. Als leidige Pflicht, über einen solchen „Unsinn“ berichten zu müssen, weil man ja angeblich nichts unter den Tisch fallen will, aber umso präziser und gewichtiger präsentieren dann unsere tollen Medien die Reaktionen der im Gegensatz zu Hersh „absolut seriösen“ Quellen wie die CIA oder die US-Administration. Unter dem Strich wird beim unbedarften, den Qualitätsmedien und ARD/ZDF- vertrauenden Konsumenten folgender Eindruck zurückbleiben: ein in die Jahre gekommener, eitler alter Mann, dessen Geschichten kein angesehenes Medium mehr haben will, hat in einem unwichtigen dubiosen InternetBlog mit Berufung auf anonyme Quellen eine absolut abenteuerliche Räuberpistole und Verschwörungstheorie aus dem Hut gezaubert, die sich, das haben CIA und die US-Administration jedoch eindeutig und nachvollziehbar dargelegt, als eben solche herausgestellt. Wenn die Behauptung (laut CIA) völlig UND vollkommen falsch ist, dann kann ja wirklich nichts dran sein.

Das Thema wird abgehakt, wahrscheinlich bekommen unsere Medien schon in den nächsten Tagen ne tolle Story aus dem Selenski-Büro: „Aktivisten dokumentierten abscheuliche russische Kriegsverbrechen in Bachmut“. Die wird dann so hochkekocht, dass niemand mehr etwas über die langweilige Geschichte von irgendwelchen Tauchern hören will, die angeblich im Auftrag von Joe Biden Sprengstoff an der Pipeline angebracht haben sollen (wenn nicht, dann ja, ansonsten nein), die dann tatsächlich Monate später von irgendwelchen norwegischen Geheimdienstlern per Fernbedienung oder auf welche abenteuerliche Art auch immer in die Luft gesprengt worden wären, was sich aber laut ARD-Faktenchecker längst als absolut falsch herausgestellt hat.
 
Die ersten Storys und Schlagzeilen heute haben nicht Hersh’s Story zum Inhalt, sondern die entschiedene Zurückweisung der „mit Sicherheit“ falschen Behauptungen. Das nenne ich Qualitätsjournalismus in Reinkultur.
 
USA stellen klar: Haben Nord-Stream-Pipelines nicht gesprengt
Einem Bericht des Reporters Seymour Hersh zufolge sind US-Marinetaucher für die Sprengung der Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee verantwortlich. “Völlig falsch”, heißt es dazu aus Washington.

Von BR24 Redaktion


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