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Titel: Leserbriefe zu „Das Propaganda-„Wort des Jahres“ vom Kanzler der Alliierten“

Datum: 3. Januar 2023 um 13:47 Uhr
Rubrik: Leserbriefe
Verantwortlich:

Hier wird der Begriff „Zeitenwende“ aus der Regierungserklärung von Bundeskanzler Scholz am 27. Februar 2022 thematisiert. Albrecht Müller meint, der Begriff sei nicht eingeführt worden, um die Politik der Verständigung und Entspannung neu aufzulegen. Im Gegenteil: Scholz wolle „klarmachen, dass alle früheren Friedensparteien, also seine SPD, die Grünen und die FDP, bitte sehr alles vergessen sollen, was sie in der Zeit der Entspannungspolitik gelernt haben“. In der Rede sei u.a. zu lesen, dass wir wieder einen Feind hätten. Die Rede des deutschen Bundeskanzlers sei „ein Musterbeispiel für eine westliche Propagandarede“. Sie sei höchstwahrscheinlich vorbereitet gewesen und/oder sie komme teilweise aus anderen Quellen. Danke für die interessanten Leserbriefe. Eine Auswahl hat Christian Reimann hier für Sie zusammengestellt.

1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre ebenso zutreffende wie mutige Analyse. Schon die Personalisierung auf einen Herrn “Putin” und die ad hoc bundesweit flächendeckende Durchsetzung der Unisono-Bezeichnung “Angriffskrieg” lassen die Psychologisierung und das irreführende Framing für jeden halbwegs Informierten erkennen. Dieser Propagandamaschinerie ist alles zuzutrauen. Fragen Sie Herrn Steinmeier.

Dass Russland in Wirklichkeit einen Präventionsschlag führen musste – so seine Sicht – weil ihm ein Bündnis von 30 Staaten plus Australien mit der größten Feuerkraft, die man jemals an einer Staatsgrenze und Peripherie zusammengezogen hat, auf Schussweite aufrückte, wo Russland sich doch zurückgezogen und ganze Länder geräumt hatte – diese Einsicht musste von vorne herein propagandistisch unterdrückt werden durch die inoffizielle Sprachpolizei und unsere politisch gesteuerte Justiz (Weisungsrecht der Parteipolitiker an die Staatsanwaltschaften), die sogar die Nutzung einzelner Buchstaben des Alphabets bestrafte..

Der zynische “Friedensausweis” der Nato-Übermacht ist ihre historisch einmalige Feuerwalze über zahlreiche zerstörte Länder mit Millionen Toten. Was sollten die Russen von diesem Aufmarsch anderes erwarten, als Vietnam, Serbien, Libyen, Syrien, Afghanistan, Irak usw. usf. widerfahren ist? Gesteuert von einer Führungsmacht, die Atombomben auf wehrlose Zivilisten abgeworfen hat und über deren kriegerischen Gestus noch heute viele Dresdener und andere Städter Auskunft geben können. Sollte Russland einer dummen deutschen Gans glauben, die die Nato als “vertrauensvoll zusammenarbeiten” wollend illustrierte?

Fazit: Wenn man mit 30 höchst bewaffneten, historisch völkerrechtsbrechenden Staaten eine Atommacht wie Russland an die Wand drückt – und genau das passiert hier – knallt es. Unerfahrene Berliner Politiker geben sich davon überrascht, ältere Leute mit Lebenserfahrung haben das Selbstverständliche erwartet. Die Entwicklung zeigt leider auch, in welch unfähiger, unerfahrener und verbal schlichtweg frecher Hand sich unser Land befindet.

Wohl bekomm’s.

Freundliche Grüße
Alexander G. Roklum


2. Leserbrief

Liebe Nachdenkseiten – Redaktion,

ich habe passend zu Scholzens Zeitenwende – Rede ein sehr schönes Gedicht von Erich Kästner gefunden (Erich Kästner, Ein Dichter gibt Auskunft, dtv 2006), das erstmals 1946 veröffentlicht wurde. Vielleicht ist es bei Euch ja schon mal erschienen und mir ist es entgangen. Mir hat es so gefallen, daß ich es mit meinen Weihnachtsgrüßen verschickt habe.

Große Zeiten

Die Zeit ist viel zu groß, so groß ist sie.
Sie wächst zu rasch. Es wird ihr schlecht bekommen.
Man nimmt ihr täglich Maß und denkt beklommen:
So groß wie heute war die Zeit noch nie.

Sie wuchs. Sie wächst. Schon geht sie aus den Fugen.
Was tut der Mensch dagegen? Er ist gut.
Rings in den Wasserköpfen steigt die Flut.
Und Ebbe wird es im Gehirn der Klugen.

Der Optimistfink schlägt im Blätterwald.
Die guten Leute, die ihm Futter gaben,
sind glücklich, daß sie einen Vogel haben.
Der Zukunft werden sacht die Füße kalt.

Wer warnen will, den straft man mit Verachtung.
Die Dummheit wurde zur Epidemie.
So groß wie heute war die Zeit noch nie.
Ein Volk versinkt in geistiger Umnachtung.

Erich Kästner

Vielen Dank für Eure wirklich wertvolle Arbeit, ich habe Euch in diesem Jahr erst so richtig schätzen gelernt. Macht weiter so und laßt Euch nicht beirren, Spende folgt in 2023.

Kommt gut ins Neue Jahr!

Herzliche Grüße
Helga Mies


3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

als langjährige Leserin der Nachdenkseiten bin ich Ihnen sehr verbunden, dass Sie uns auch in dieser, eigentlich der Erholung zu widmenden Zeit, mit einem Ihrer kritischen, unverzichtbaren Beiträge versorgen.

Seit Ausbruch des Ukraine-Konfliktes (der, wie Sie richtig bemerken, nicht, wie Politik und Medien uns weismachen wollen, erst am 24.02.2022 seinen Anfang nahm, sondern seit 2014 besteht, als das ukrainische Militär samt rechten Milizen begann, die Menschen im Donbass zu beschießen und zu bombardieren), beliefert der Westen und allen voran Deutschland, die Ukraine mit Waffen und bildet auf eigenem Territorium ukrainische Soldaten darin aus. Wer die Nachdenkseiten nicht liest und sich auf die Falschmeldungen verlässt, die die Mainstreammedien verbreiten, weiß nicht, was der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages feststellt, nämlich dass Deutschland durch letzteren Umstand das sichere Terrain der “Non-belligerency” verlässt und de facto zu einer kriegsführenden Partei wird. Das ist m.E. die wahre Zeitenwende1

Ich frage mich schon seit langem, mit welchem Recht ein deutscher Bundeskanzler und die (leider meisten) Abgeordneten des Bundestages Maßnahmen ergreifen dürfen, die die deutsche Bevölkerung zum dritten Mal innerhalb eines Jahrhunderts in einen Krieg mit Russland stürzen. Die Beteiligung Deutschlands an diesem Krieg hätte ganz einfach vermieden werden können, wenn die Bundesregierung mit Verweis auf die zwei im 20. Jahrhundert geführten Angriffskriege gegen Russland, Vasallentum gegenüber den USA hin oder her, diese kategorisch abgelehnt hätte. Leider ein Wunschtraum!

Auch die Ukraine hätte durch eine Verzichtserklärung, wonach sie nicht der NATO beitreten wolle, den Krieg vermeiden können.

Was also ist die Motivation des Herrn Scholz, so zu entscheiden und zu handeln, wie er es tut?
Ich denke, seit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowdon wissen wir, dass es eine Institution namens NSA gibt, die die ganze Welt, und insbesondere die Führungskräfte aller Staaten, lückenlos ausspioniert. Als offenbar wurde, dass Frau Merkels Smartphone abgehört wurde, sagte der damalige amerikanische Präsident, Obama, dass man diese Praxis “aus Gründen der nationalen Sicherheit” auch weiterhin anwenden würde.

Spätestens seit Cum-ex- und Wirecard-Skandalen wissen wir, dass besagter Herr alles andere als eine weiße Weste hat.
Erstaunlich ist aber, dass man um des persönlichen, unbedingten Strebens nach dem Verbleib an der Macht imstande ist, das Volk an den Rand eines Abgrunds zu führen. Für mich ist das die einzig denkbare Motivation für sein Handeln.

Mit besten Grüßen und Wünschen für 2023,
G. Fernekes


4. Leserbrief

Lieber Herr Müller,

Oswald Spengler schrieb in DER UNTERGANG DES ABENDLANDES: “In jeder politischen Zeitenwende können Worte zu Schicksalen, öffentliche Meinungen zu Leidenschaften werden.” Was Spengler hier über die Wirkmächtigkeit aussagt, die in Ausnahmesituationen (“Zeitenwenden”) von gewissen Worten ausgehen kann, gilt nun in unseren Tagen für das Wort ZEITENWENDE selbst. Wer auch immer Herrn Scholz die Rede von der Zeitenwende eingegeben haben mag, könnte damit in der Tat eine kleine Umwertung aller Werte verfolgt haben: Die Logik der Entspannungspolitik sollte fortan nicht mehr gelten und eine gestern noch gängige Politik militärischer Deeskalation und machtpolitischer Zurückhaltung sollte über den Haufen geworfen werden; die Friedensapostel sollten als Ewiggestrige beschimpft werden können. Dafür bedurfte es eines markanten Begriffs. Dass die Wahl auf ZEITENWENDE fiel, ist sicher kein Zufall. Der Begriff deutet an, dass wir es hier gleichsam mit einem Geschick zu tun haben, mit übermenschlichem Schicksal: Dass es etwas Höheres gibt als im Sinne der Bevölkerung rational zu gestaltende Politik. Mit anderen Worten: Die Rede von der ZEITENWENDE ist in ihrem innersten Kern gefährliches rechtskonservatives Geraune. Kein Sozialdemokrat würde ein solches Wort in den Mund nehmen, um sich damit “die Massen” schicksalsergeben zu machen. Es handelt sich hier um ein Vokabular, das im Dienste der Zerstörung der Vernunft und der Gegenaufklärung steht. Nicht im Dienste von Humanismus, Autonomie und Aufklärung.

Dr. Karim Akerma


5. Leserbrief

Lieber Herr Müller,

zuerst einmal ein großes Dankeschön für den Abdruck der Scholz-Rede! Die beginnt ja gleich mit Lügen und Unterstellungen, aber egal.

Zunächst halte ich den Angriff Russlands auf die Ukraine keineswegs für eine Zeitenwende, sondern eher für ein leider “normales” Vorgehen eines mächtigen Staates gegen einen kleineren, schwächeren Staat. Beispiele sind Ihnen und uns allen sattsam bekannt, von Zeitenwende war nie die Rede. Konsequenzen? Ja, für die überfallenen Länder katastrophal, nicht aber für den oder die Aggressoren. Keine Sanktionen, keine Hasspropaganda des Wertewestens gegen die (eigenen) Angreifer – alles lief “normal” weiter. Man zog sich irgendwann zurück, hinterließ eine verwüstete Infrastruktur, hungernde Bevölkerung, einen failed state. Soweit, so schlecht, so “normal”.

Zur Zeitenwende wird die Sache erst, wenn Unerhörtes, nie Dagewesenes passiert: Ein vom Wertewesten gehätschelter Staat, hier die Ukraine, wird von Russland tatsächlich militärisch angegriffen. Das gab’s so noch nie, war schlicht nicht erlaubt, nicht vorgesehen. Ursachen, Hintergründe, Anlass werden konsequent ausgeblendet. Man nahm zähneknirschend die Unterstützung Syriens seitens Russlands hin, es war schließlich keine Aggression, weil von Syrien gewollt und geduldet. Das durfte Russland also gerade noch. Beim Krieg gegen Serbien 1999 durfte (und konnte) sich Russland nicht militärisch einmischen, es war politisch und militärisch zu schwach, musste zusehen, wurde vorgeführt. Russland wurde schlicht ignoriert. Nun hat man einen erstarkten, selbstbewussten Gegner – das nennt man dann sofort Zeitenwende. Letztlich ist das, was der Wertewesten aus dem militärischen Vorgehen Russlands macht, die eigentliche Zeitenwende. Sie könnte tatsächlich zu einer für alle katastrophalen Zeitenwende werden.

Mit freundlichen und besorgten Grüßen
Emmo Frey


6. Leserbrief

Liebe Nachdenkseiten,

Deutschland liefert Waffen – “Auf Putins Aggression konnte es keine andere Antwort geben.” ist Herr Scholz sich mit seinen Helfern einig. Dabei hat uns Gandhi schon vor langer Zeit gelehrt: “Auge um Auge – und die ganze Welt wird blind sein.” Wo sind all diejenigen abgeblieben, die der gewaltfreien Bewegung der 1980er Jahre angehörten? Oder gibt es sie noch, vielleicht sind es sogar mehr als je zuvor, nur die Medien bieten ihnen keine Bühne und gaukeln uns vor, dass die Mehrheit die Waffenlieferungen und Gewalt in Form von Sanktionsorgien befürwortet. Halten wir fest: Die sogenannte “Zeitenwende” ist nur mit Hilfe der Medien möglich. Michael Ende schrieb 1979 in Die unendliche Geschichte: “Wenn es darum geht, Menschen zu kontrollieren, gibt es kein besseres Instrument als Lügen. Denn du siehst, Menschen leben nach Überzeugungen. Aber Überzeugungen kann man manipulieren. Daher ist die Macht, Überzeugungen zu manipulieren, das Einzige, was zählt.” Vielleicht sollten wir mehr Kinderbücher lesen.

In der Weihnachtsmesse erhoben sich alle Christen, um das Vaterunser zu beten. Alle beteten anständig mit. Ich fragte mich, ob Ihnen dabei die Bedeutung der Zeilen “Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.” bewusst ist? Oder beten sie es nur runter, um dann später nach dem Weihnachtsbraten noch mehr schwere Waffen für die Ukraine zu fordern. Sicher gibt es Ausnahmen, aber leider war ich an Weihnachten in solche Gespräche verwickelt, die diesen Tenor hatten. Was ist mit der Feindesliebe, die das neue Testament lehrt? Joe Biden legte bei seinem Amtsantritt sogar die Hand auf die Bibel. Was soll dieser ganze Zirkus?

Der russische Einmarsch in die Ukraine ist durch nichts zu rechtfertigen. Aber nicht deshalb bekämpfen wir ihn, sondern weil Russland uns einen Spiegel vorhält. Und das ist nur schwer zu ertragen. Er Zeigt uns die dunkle Seite, die auch wir in uns tragen und die auch schon viel zu oft in blutigen Kriegen unsererseits zu Tage getreten ist.

“Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt.” Übrigens erhielt der Film über Gandhi 1982 insgesamt 8 Oscars und wurde zum besten Film des Jahres 1982 ernannt. Ich frage mich, ob der Film heute auch so viele Auszeichnungen bekäme…denn diese Art von Auszeichnungen werden ja auch immer ein stückweit vom Zeitgeist beeinflusst.
Liebe Nachdenkseiten, ich hoffe, dass es bald eine friedliche Lösung für diesen Konflikt und für all die anderen Konflikte auf der Welt gibt und wünsche Ihnen auch im nächsten Jahr wieder viel Kraft für Ihre wichtige Aufgabe, uns, die Leserinnen und Leser der Nachdenkseiten, mit wertvollen Hintergrundinformationen zu versorgen. Vielen Dank dafür!

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Nietfeld


7. Leserbrief

Sehr geehrte Damen und Herren

Heute habe ich in NDS die Rede von Scholz durchgelesen, schrecklich schrecklich schrecklich !

Der Herr kommt aus dem kühlen Norden, Hamburg, Leningrad 1942 ist nicht weit weg.

In Deutschland hat schon immer gute dichter und Denker gegeben, die sollen zum Wort kommen !

Diego Stepancich


8. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller und NDS Redaktion,

Leserbrief zu: Das Propaganda Wort des Jahres vom Kanzler der Alliierten

Artikel ist eine gute Analyse, aber es fehlt doch wichtiges das ich hier ergänze:

Wir haben wieder einen Feind: Stimmt so nicht, Russland ist und war immer der Feind:
Krieg Napoleon gegen Russland, I und II Weltkrieg, Expeditionary Force USA und England nach Oktoberrevolution, Red Scare USA, McCarthy Zeit, Kalter Krieg, Bewaffnung Mujahedin Afghanistan nach Russischem Einmarsch dort.

Kriege des Westens Schwamm drüber: zusammengefasst: Geschichtsgedächtnisverlust, dieser ist wichtig wegen:
Kurzzeitgedächtnis der Bevölkerung, wir sind die einzig Guten, Exzeptionalismus des Westens. Dieser Exzeptionalismus geht hunderte Jahre zurück in der Geschichte, Beispiel Kolonialzeit.
Rede Scholz:
Referenz zu II Weltkrieg, ausgeblendet: Wer hat den begonnen, welches Leid hat er anderen verursacht.
Unsere Freiheit unsere Demokratie unser Wohlstand: Waren zusammen mit der Wahrheit die ersten Kriegsopfer im Westen, besondere Beachtung des Wortes unser Wohlstand, der dürfte Scholz und Regierung ziemlich egal sein.
Vetos UN Sicherheitsrat: dazu gebe ich jedem den Rat, sich einmal die liste der Vetos anzuschauen, kleiner Tipp: Die im Zusammenhang mit Israel.
Es wird in der Rede suggeriert, dass sich Sanktionen und Strafmaßnahmen richten gegen Putin und seine nächsten getreuen, tatsächlicherweise richten sie sich aber gegen die Bevölkerung von Russland, man denke an Ausschluss vom Sport, sogar von den Paralympics etc etc.
Siehe: Unsere Richtschnur bleibt die Frage: Was trifft die Verantwortlichen am härtesten? Die, um die es geht, und nicht das russische Volk!
Auf Putins Aggression konnte es keine andere Antwort geben: Hier kommt mal wieder TINA ( There Is No Alternative) / es gibt keine Alternative zum tragen. Ein viel benutzter Trick, um jede Kritik und Alternative abzuwürgen.
Waffenlieferung: Wer Waffen liefert will Krieg, wollte man den nicht würde man Diplomaten statt Waffen schicken.
Putin vom Kriegskurs abbringen: Das dürfte wohl ein Rohrkrepierer sein.

Unser Maßstab: Was für die Sicherung des Friedens in Europa gebraucht wird, das wird getan.
Die tatsächliche Kriegsteilnahme Deutschlands steht im schrillen Widerspruch dazu.
Was wir sehen ist die Schock Doktrin: Benutzung von diesem Krieg, um eine andere Agenda durchzudrücken.
Die ganze Welt steht hinter uns: Wohl kaum.

Mit freundlichem Gruss
Patrick Janssens


9. Leserbrief

Liebe NachDenkSeiten-Redaktion, lieber Albrecht Müller,

danke für die guten Nachdenk-Anregungen über den Begriff Zeitenwende. Wie so oft kann ich Ihrem Artikel nur zustimmen.

Zu diesem wie sie sagt jetzt geradezu inflationär gebrauchten Begriff Zeitenwende sagt Frau Prof. Claudia Weber in Ihren Artikel Folgendes „Der Krieg in der Ukraine wird derzeit geradezu inflationär als eine Zeitenwende (Olaf Scholz) bezeichnet oder als der Beginn einer anderen Welt, in der die Europäer quasi über Nacht erwachten (Annalena Baerbock). Von einer Zeitenwende zu sprechen ist ein großes Wort. Eine Zeitenwende konfiguriert das Identität und Orientierung stiftende Verhältnis von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft neu, wenn im Koselleckschen Sinne Erfahrungsraum und Erwartungshorizont beginnen auseinanderzuklaffen.“ (https://verfassungsblog.de/zeitenwende-zeitenwende/).

Sie legt in ihrem Beitrag offen, ob dies tatsächlich so ist und auch da kann ich mich ihrer Meinung weitestgehend anschließen, nur in letzter Konsequenz rutscht sie dann leider doch wieder in vorgefahrene Gleise ab und bedient damit den Mainstream.

Meines Erachtens kann von einer Zeitenwende nur gesprochen werden, wenn tatsächlich absolut Neues im Verhalten der Protagonisten zu erkennen ist. Dies ist aber nicht der Fall. Auch im Fall der Ukraine fallen die Großmächte und ihre Vasallen (NATO) in altbekanntes und in ihren Augen bewährtes Verhalten zurück. Die Antwort auf Aggression kann auf Dauer niemals Gegenaggression heißen, da sonst bestehende Konflikte historisch geradezu einzementiert werden und auch in hundert Jahren noch nicht gelöst worden sein werden. Gerade die europäische Geschichte hat dies immer wieder gezeigt. Hätte man die Ergebnisse der Friedensforschung der letzten Jahrzehnte ernst genommen, würde man wissen, dass Druck immer Gegendruck erzeugt. Aber vermutlich weiß man das und hat auch die russische Reaktion genüsslich einkalkuliert.

Die Vorgeschichte des Ukrainekrieges ist ja hinlänglich bekannt, leider gehen diese Erklärungen aber nicht in das Bewusstsein der Europäer ein und es ist müßig, sie dauernd zu wiederholen. Vielleicht kann hier der österreichische Verhaltensbiologe Prof. Kurt Kotrschal mit einem anderen Erklärungsmodell helfen, er vergleicht, besonders in seinem Werk Wolf, Hund, Mensch, das Verhalten von Wölfen und Menschen und kommt immer wieder zu dem Schluss, dass, obwohl wir ja nun Primaten sind im Gegensatz zu den Wölfen, die zu den Beutegreifern von überwiegend Großtieren gehören, wir doch sehr ähnliche Verhaltensweisen an den Tag legen. Besonders das territoriale Verhalten kann gut verglichen werden. Wolfsrudel sind, so wie Menschen, durchaus in der Lage mit anderen Rudeln in benachbarten Revieren friedlich zusammen zu leben, vorausgesetzt, die Territorien werden respektiert. Die Grenzen sind, genau wie beim Menschen genau markiert und werden von überwiegend jungen Wölfen regelmäßig kontrolliert. Wenn allerdings ein Wolfsrudel von anderen Rudeln regelrecht eingekreist wird und die Reviergrenzen immer wieder überschritten werden, kann auch der souveränste und gelassenste Rudelführer nervös werden, da dies die Existenz seines Rudels gefährdet. Es wird in Folge davon zu Aggressionen kommen, die in einen regelrechten Krieg bis zur Vernichtung des schwächeren Rudels ausarten können. Erinnert dies nicht an die Vorgehensweise der NATO gegen Russland, obendrein noch mit einem freigelassenen Pitbull, nämlich den rechtsnationalen Kräften der Ukraine? Ist das jetzt Zufall oder kennt sich da einer richtig gut mit dem menschlichen Verhalten aus und plant dieses mit ein? Die Geschichte wird dies zeigen, wenn es dann noch jemanden gibt, der sie interpretieren kann. Papst Franziskus hat so etwas Ähnliches ja schon zum Ausdruck gebracht, indem er von den bellenden Hunden vor den Toren Moskaus gesprochen hat.

Übrigens deutet die Rede unseres „alliierten“ Kanzlers Scholz auch darauf hin, dass diese von langer Hand vorbereitet wurde, wahrscheinlich in einem US Think Tank, die dann nur aktualisiert und übersetzt werden musste. Diese Rede ist völlig unpersönlich und hätte gewissermaßen von jedem Kanzler oder jeder Kanzlerin gehalten werden können, unabhängig von Parteizugehörigkeit und früheren politischen Zielen. Sie ist einfach nur primitive Kriegspropaganda, die der Volksverdummung dient.

Zum Schluss nochmals zu dem Begriff Zeitenwende. Nein, was jetzt passiert ist mit Sicherheit keine Zeitenwende, sondern nur die Wiederholung von ganz einfachen erpresserischen und vernichtenden Aggressionen. Eine Zeitenwende wäre gewesen, wenn die NATO Vasallen, uns inbegriffen, den USA klar und deutlich zu verstehen gegeben hätten, dass sie dieses schmutzige Spiel nicht mehr mitspielen und auf Deeskalation und Friedensverhandlungen setzen. Und zwar so deutlich mit den Worten „fuck you“, wie sie ein Joe Biden benutzen würde!

In diesem Sinne

Mit friedenserhoffenden Grüßen
B. Schmoock


10. Leserbrief

Lieber Herr Müller,
liebes NDS-Team,

ich meide die Hofberichterstattung der Mainstreammedien, wo es nur geht. Die Politikerreden ertrage ich schon lange nicht mehr. Weder sprachlich noch von der Stimmlage noch vom ganzen schauspielerischen Brimborium (ausgerollter „Betroffenheitsflokati“, frei nach Urban Priol).
Diese „Zeitenwende“-Rede beweist, warum. Sie strotzt nur so vor Lügen und Propaganda. So sehr, daß mein Magen kurz vor der Schubumkehr steht!
Wo war Herr Scholz bis zum 24.02.22? Hat er noch nie was von den 14.000 Toten seit 2014 im Donbass gehört? Von der NATO-Osterweiterung? Den mehrfachen, fast flehentlichen Gesuchen Rußlands, eine Garantieerklärung zu erhalten, daß die NATO nicht weiter eskalieren wird? Der Ermordung und Verbrennung von 42 Menschen im Gewerkschaftshaus von Odessa am 02.05.2014? Die Täter brüsteten sich mit selbstgedrehten Videos im Internet, Ermittlungen gegen die Täter – Fehlanzeige, bis heute. Lag er gefesselt und geknebelt in irgendeinem leer stehenden Keller in Hamburg? Oder hat er wirklich alles vergessen, wie er auch die Cum-Ex-Geschäfte vergessen hat?

Im Donbass sind die Opfer Menschen, die demokratisch über ihre Unabhängigkeit abgestimmt haben und die dafür von ihrer eigenen „Regierung“ getötet werden. Hätte diese Abstimmung in China, in Myanmar oder im Irak stattgefunden, hätten sich die Edelfedern nur so überboten in Superlativen für „Mutige Menschen und Märtyrer, die für ihren Freiheitswillen getötet werden“. Stattdessen wurden sie hier nur Separatisten und Rebellen genannt. Sprache ist schon immer verräterisch.

Und es geht weiter mit dem Wegsehen und Schönreden: mit Duldung der „Filtrationen“ durch die ukrainischen Einheiten macht sich die EU der Ermordung weiterer Zivilisten schuldig. Obwohl das ukrainische Regime und die Ausführenden Soldaten in den Asozialen Medien herum posaunen, was Menschen erwartet, bei denen man ein Butterbrotpapier mit russischem Aufdruck findet.

Wenn es nicht so bitter wäre, könnte man herzhaft darüber lachen:

Aus: https://off-guardian.org/2022/11/21/12-memes-to-get-you-through-the-day-part-28/ Stonetoss.com

Die Politiker Deutschlands können froh und dankbar sein, daß ein Mensch wie Wladimir Putin Präsident Russlands ist und nicht ein kriegsgeiler Betonkopf wie Borrell oder Stoltenberg! Dann wären wir alle längst pulverisiert im Namen eines „gerechten, guten, präventiven Verteidigungsschlages des regelbasierten Wertewestens um einem möglichen brutalen russischen Atomangriff zuvor zu kommen, der zwar immer abgestritten wurde, aber man „dem Putin“ ja nicht glauben“. Ich kann das auch mit den wertenden Adjektiven ;-)

Weitere Beispiele der Doppelmoral unseres Regimes finden sich z.B. bei Frank-Walter Steinmeier und seinen Krokodilstränen über die Corona-Maßnahmen der chinesischen Regierung und seiner Bewunderung für die dagegen demonstrierenden Bürger. Die Montagsdemos sind aber „böse“ und demokratiefeindlich.
Man empört sich über die Bestechlichkeit der kleinen EU-Lichter, aber Zensursula darf ungestraft Millionen-Deals mit Pfizer über Whattsapp an allen Ausschreibungsvorgaben vorbei einfädeln.
Man empört sich über chinesische Zensur, plärrt aber lauthals gegen „Verschwörungstheoretiker-Demokratiefeinde-Schwurbler-Rechtsradikale-Antisemiten-Linksaußen“ und daß man denen die Kommunikationsplattformen abdrehen sollte.
Man empört sich über angeblich politische Gefangene wie Nawalny, der wegen Veruntreuung, Betrug und anderer Verbrechen verurteilt einsitzt, in seinen Videos gegen Muslime hetzt und zu Gewalt aufruft, den politischen Gefangenen Julian Assange aber übersieht man geflissentlich. Die jahrelange, völkerrechtswidrige Gefangennahme von Murat Kurnaz in Guantanamo haben Steinmeier und seine Claqueure im Volk schon längst vergessen.

Nach einigem Nachdenken: was würde ich als Zeitenwende bezeichnen?
Wenn tatsächlich Ereignisse eingetreten sind, die den Lauf der Geschichte oder die gesellschaftliche Struktur nachhaltig so verändern, daß der vorherige Zustand nicht mehr hergestellt werden kann.
Als Beispiel: „Die Wende“ 1989 und den Zusammenbruch der Sowjetunion 1991.
Oder: die Kolonisierung und Ausbeutung des amerikanischen Kontinents, einhergehend mit der Auslöschung von Millionen Ureinwohnern durch Seuchen, Mord und Vertreibung
Oder: die Kontrolle über und Nutzung des Feuers durch unsere Vorfahren.
Oder: der Meteoriteneinschlag im heutigen Golf von Mexiko, der das Aussterben der Dinosaurier zur Folge hatte.
Das sind für mich unumkehrbare Zeitenwenden. Allerdings können diese selten an einem Ereignis mit Datum und Uhrzeit festgemacht werden, es sind Zeiträume, die mal kürzer, mal länger dauern. Und deren Konsequenzen unumkehrbar sind.

Zurück zur Scholz’schen Rede:
Der Einmarsch der russischen Truppen in die neuen russischen Gebiete war eine Re-aktion, keine Aktion. Und schon gar keine Zeitenwende. Ob man die militärische Sonderoperation befürwortet oder nicht, ist erst mal egal, ändert aber nichts an der Tatsache. Egal wie viele Adjektive da von unseren Edelfedern und der Hofberichterstattung angeklebt werden (hinterhältig, bösartig, Angriffskrieg, völkerrechtswidrig, brutal etc.) um Russland und Putin die vermeintliche Schuld zuzuweisen.
Fakt ist, wenn das ukrainische Regime oder der US-Hegemon wollten, könnte längst Frieden sein. Genau betrachtet lagen alle Referenden zur Loslösung der südöstlichen Regionen der Ukraine zeitlich weit vor dem 24.02.22. Die Herstellung des Zustands vor dem 24.02.22 (der von Scholz so definierten „Zeitenwende“ als einem Zustand „danach“) wäre nichts anderes als eine Bestätigung der Referenden: diese Regionen gehören weiterhin und wieder zu Russland.

Und was wurde erreicht? Tausende Tote, Zivilisten wie Soldaten; De-Industrialisierung nicht nur der Ukraine, sondern europaweit; eine nie dagewesene Geldverschwendung in die Rüstung statt in Armutsbekämpfung, Infrastruktur und Bildung im eigenen Land; Wiedererrichtung der Blöcke und Wiederaufnahme des Kalten Krieges. Großartig! War es das wert? Herr Steinmeier? Frau Merkel? Herr Scholz? Sie alle haben das Ukraine-Debakel seit Jahren begleitet und befeuert – und jetzt heulen Sie und wollen von nichts gewußt haben? Schämen Sie sich!

Liebes NDS-Team, lassen Sie sich nicht unterkriegen und durch Schikanen wie die Aberkennung der Gemeinnützigkeit entmutigen. Wir brauchen Sie!

Mit freundlichen Grüßen
Ameli Ganz


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