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- Sahra Wagenknecht: „Was denn? Die hat doch Recht“
Linkspartei Sahra Wagenknecht stellt im Bundestag Offensichtliches fest und die Russland-Sanktionen in Frage. Wegen dreier Worte schäumen einige Genossen – kurz nach der ersten erfolgreichen Demo seit langem geht es wieder in Richtung Partei-Exitus […]
Wagenknechts Kritikerinnen richten ihren Blick lieber auf anderes als das eklatante sozial- und wirtschaftspolitische Versagen der Ampel-Koalition. Stein des Anstoßes ist folgender Satz Wagenknechts in Richtung Regierungsbank: „Das größte Problem ist Ihre grandiose Idee, einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen.“
Was Bernd Riexinger schreibt
Streitbares findet sich in diesem Satz allemal, aber man muss erst einmal darauf kommen, dieses Streitbare dort zu suchen, wo es der ehemalige Linken-Parteivorsitzende Bernd Riexinger entdeckte. Er schrieb in Reaktion auf Wagenknechts Rede: „Es gibt keinen ,Wirtschaftskrieg gegen Russland’.“ Dass selbst die, die ihn führen, ihn so nennen – etwa Robert Habeck – scheint Riexinger entgangen zu sein. Man kann auch vom „Energiekrieg“ sprechen, wie ihn Le monde diplomatique im Juni äußerst lesenswert analysierte.
Vielleicht interessiert sich Riexinger nicht für die dort beschriebene Verschiebung weltwirtschaftlicher Macht zulasten Europas und zugunsten der USA, wie sie Wagenknecht thematisierte, unter Verweis auf Flüssiggas, an dem die USA mit nur einem in Richtung Europa entsandten Tanker 200 Millionen Euro verdienen („Make America Great Again“). Die Ökologie aber liegt dem Mann eigentlich zurecht sehr am Herzen. Wie kann man da über Umstände wie die folgenden hinwegsehen? „Bei Produktion und Transport von LNG aus den USA entsteht ein doppelt so großer CO₂-Fußabdruck wie beim konventionellen russischen Gas.“ Das sind, neben der Rekord-Inflation und der wachsenden Existenzangst von Menschen und Unternehmen hierzulande, die ganz realen Folgen der Sanktionspolitik gegenüber Russland. Sich eine Bestrafung von dessen brutalem Überfall der Ukraine zu wünschen, ist allzu verständlich. Zu beschweigen aber, dass die moralisch motivierte Art dieser Bestrafung realistisch komplett kontraproduktiv weil völlig undurchdacht, nicht zielführend und zu Lasten der Ärmsten ausfällt, kann keine Option sein – vor allem nicht für eine Oppositionspartei.
Quelle: der Freitag
dazu: Auch wir finden die Rede von Sahra Wagenknecht gut
Unsere Erfahrungen der letzten Tage besagen: Die Rede von Sahra im Bundestag findet die Zustimmung ungezählt vieler Menschen, die aus den bekannten Gründen Angst vor der Zukunft haben. Sie wollen, dass Schluss ist mit den Sanktionen und mit der an Wahnsinn grenzenden Hochrüstung.
Wenn eine linke Politikerin über Sorgen und Nöte der Menschen im Land spricht und Abhilfe durch eine vernünftige Politik fordert, dann entspringt das keinem nationalistischen Denken, sondern sozialem Verantwortungsbewusstsein. Dass die Demagogen der AfD das zu instrumentalisieren versuchen, entspricht deren Interessenlage. Nicht zuletzt Sahra soll so diskreditiert werden. (…) Warum darf Sahra, die den Krieg Russlands in der Ukraine von Anbeginn verurteilte, nicht sagen, was Biden auch äußerte? Es wird niemanden verwundern: Auch wir finden die Rede von Sahra Wagenknecht gut und haben die entsprechende Petition mitgezeichnet. Die Aggressivität, mit der bestimmte Kräfte der Partei auf Spaltung setzen, ist erschreckend. Den Ausschluss von Sahra aus der Bundestagsfraktion zu fordern, ist eine unglaubliche Frechheit, und ebenso unverschämt ist es, den Rücktritt der Fraktionsvorsitzenden zu fordern. (…)
Es geht um viel mehr als um Parteistrafen. Es geht um massenhafte Ausgrenzung.
Quelle: Erklärung des Bundessprecherrates der Kommunistischen Plattform
dazu auch: NATO-Fraktion zieht durch
Der infolge der von der liberal-»progressiven« Strömung in der Partei Die Linke in der vergangenen Woche losgetretenen Kampagne gegen die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht und die Spitze der Bundestagsfraktion eingetretene Flurschaden weitet sich aus. Am Dienstag ist der ehemalige Bundestagsabgeordnete und profilierte Finanzpolitiker Fabio De Masi aus der Partei ausgetreten. Er wolle nicht mehr »für das eklatante Versagen der maßgeblichen Akteure in dieser Partei in Verantwortung genommen werden, die eine große Mehrheit der Bevölkerung im Stich lassen, die eine Partei brauchen, die sich für soziale Gerechtigkeit und Diplomatie überzeugend engagiert«, erklärte De Masi via Twitter.
De Masis Hinweis auf das fehlende Engagement für »soziale Gerechtigkeit und Diplomatie« deutet darauf hin, von wem er sich nun per Austritt absetzt: Derzeit, hieß es am Dienstag aus der Partei gegenüber jW, mache jene Strömung innerhalb und außerhalb der Linkspartei mobil, die im Kontext des Ukraine-Krieges mehr oder weniger verklausuliert die Außenpolitik der Bundesregierung und das Agieren der NATO rechtfertige sowie für Waffenlieferungen an Kiew eintrete.
Ziel sei es, diejenigen aus der Partei zu drängen oder zu marginalisieren, die auch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine weiterhin an den friedenspolitischen Grundsätzen des Erfurter Programms festhalten. Wagenknechts Bundestagsrede vom Donnerstag, in der sie Verhandlungen mit Moskau und ein Ende der Sanktionen gefordert hatte, wirke auf diese Leute wie ein »rotes Tuch«.
Am Montag war Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, aus der Linkspartei ausgetreten. Er begründete diesen Schritt mit der Rede von Wagenknecht. Innerparteilich sei Schneider klar dem Lager zuzurechnen, von dem die Kampagne gegen Wagenknecht ausgehe, sagte ein Parteimitglied gegenüber jW. Am Dienstag unterzeichnete mit Martina Renner die erste Linke-Bundestagsabgeordnete einen am Freitag lancierten offenen Brief, mit dem der Ausschluss von Wagenknecht aus der Fraktion gefordert wird.
Quelle: junge Welt
- Von Preisdeckeln und Selbstbetrug
Der Vorstoß von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, einen Höchstpreis für russisches Erdgas einzuführen, steht vor dem Scheitern. Von der Leyen hatte einen solchen Höchstpreis (Preisdeckel) in der vergangenen Woche angekündigt, um Moskaus Einnahmen aus dem Erdgasverkauf auf ein Minimum zu reduzieren. Die EU-Energieminister haben dem Plan am Freitag – zumindest vorläufig – eine Absage erteilt. Hintergrund ist, dass mit einem kompletten russischen Lieferstopp zu rechnen wäre und die EU ihre Versorgung dann nicht mehr sicherstellen könnte. Zu den Staaten, denen gewaltige Mengen an Erdgas zu fehlen drohen, gehört Polen, dessen ehrgeizige Pläne, sich von russischem Erdgas unabhängig zu machen, nicht aufgegangen sind. Zudem betreibt die EU mit der Behauptung, sie beziehe statt einst 40 Prozent nur noch 9 Prozent ihres Erdgases aus russischen Pipelines, Selbstbetrug: Größere Teile ihres Flüssiggasimports etwa aus China hängen indirekt von russischen Lieferungen ab. Anders als die EU hat sich Japan geweigert, russisches Erdgas in den Wirtschaftskrieg einzubeziehen; es bezieht weiter zuverlässige Lieferungen zu günstigen Konditionen. […]
Bei ihren Planungen ging von der Leyen offenkundig davon aus, Moskau könne sich einen Totalausfall seiner Einkünfte aus dem Erdgasexport nach Europa nicht leisten und werde sich deshalb einem Höchstpreis, bei dem es zwar nicht mehr so viel wie zuletzt, aber doch zumindest etwas verdiene, nicht verweigern. Das hat sich als Fehleinschätzung erwiesen: Russlands Präsident Wladimir Putin hat angekündigt, allen Staaten, die einen Höchstpreis einführen, überhaupt keine Energieträger mehr zu liefern.
Quelle: German Foreign Policy
dazu auch: Not-OP am Energiemarkt
Wenn sich sogar die “New York Times” Sorgen um Europa macht, dann muß es wirklich ernst sein. Und in der Tat: Die Energiekrise ist ernst, sehr ernst. Sie geht bereits in eine schwere Wirtschaftskrise über.
Deshalb sah sich die EU in der vergangenen Woche gezwungen, in aller Eile eine Notoperation am Energiemarkt zu starten. Fast ein Jahr hat man gezögert – nun will Brüssel noch im September liefern.
Doch fast alle Details sind noch heftig umstritten. Kommissionschefin von der Leyen hat nur Stichworte geliefert, keine Lösungen – wie so oft. Sie hat wieder einmal versagt und muß nun nachsitzen.
Immerhin können wir ihren “Non papers” entnehmen, dass nun auch die Kommission erkennt, dass das europäische Marktdesign untauglich ist – und dass es mit ein paar Pflastern nicht getan sein wird.
Quelle: Lost in Europe
- Scholz drängt in Telefonat mit Putin auf Rückzug
In dem 90-minütigen Gespräch habe Scholz am Dienstag darauf gedrungen, dass es so schnell wie möglich zu einer diplomatischen Lösung des russischen Krieges in der Ukraine komme, die auf einem Waffenstillstand, einem vollständigen Rückzug der russischen Truppen und Achtung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine basiere, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit.
In dem Telefonat betonte Scholz zudem die Notwendigkeit, die Sicherheit des Kernkraftwerks Saporischschja in der Ukraine zu gewährleisten. Der Bundeskanzler forderte in diesem Zusammenhang, jegliche Eskalationsschritte zu vermeiden und die im Bericht der Internationalen Atomenergieagentur empfohlenen Maßnahmen umgehend umzusetzen.
Scholz sprach zudem das Thema globale Lebensmittellage an und appellierte an Putin, das von den Vereinten Nationen unterstützte Getreideabkommen weiterhin vollständig umzusetzen, fügte Sprecher Hebestreit hinzu.
Quelle 1: DER SPIEGEL
Quelle 2: Bundesregierung
Anmerkung Christian Reimann: Das Gespräch soll 90 Minuten gedauert haben. Aber “Spiegel” berichtet fast ausschließlich über Äußerungen und Forderungen, die Bundeskanzler Scholz gemacht bzw. gestellt habe. Und Russlands Präsident Putin – hat er lediglich zugehört? Hat er den Forderungen zugestimmt oder sie abgelehnt. Oder hat Putin sogar Forderungen an die deutsche Bundesregierung gerichtet? Dem Artikel nach war das Telefonat sehr einseitig und eben kein Gespräch.
dazu: Telephone conversation with Federal Chancellor of Germany Olaf Scholz
Vladimir Putin had a telephone conversation with Federal Chancellor of the Federal Republic of Germany Olaf Scholz.
The two leaders focused on developments around Ukraine in the context of Russia’s special military operation. In particular, Vladimir Putin directed the attention of the Federal Chancellor to Ukraine’s flagrant violations of international humanitarian law, the continuous shelling of cities in Donbass, which is killing civilians and inflicting deliberate damage on civilian infrastructure.
The security of the Zaporozhye Nuclear Power Plant (ZNPP) was also discussed. The President of Russia described in detail the IAEA-coordinated measures to ensure the physical protection of the ZNPP that Ukraine is subjecting to continuous missile attacks, despite the serious risk of causing a major disaster.
During an exchange of views on the implementation of the grain deal concluded in Istanbul on July 22, Vladimir Putin emphasised its package character and explained his concerns over the geographic imbalance in Ukrainian maritime shipments of grain, only a negligible share of which goes to the neediest countries. Moreover, there has been no progress in removing obstacles to Russian food and fertiliser exports. The President confirmed that Russia is ready to deliver large quantities of grain to external markets and to provide needy countries with the fertiliser blocked in European ports at no charge.
In response to a question from the Federal Chancellor, Vladimir Putin noted that, unlike Kiev, Russia grants the International Committee of the Red Cross access to POWs.
Describing the current energy situation in Europe, Vladimir Putin emphasised that Russia has always been and remains a reliable supplier of energy resources and fulfils all of its contractual obligations, while any interruptions, for example in the operation of Nord Stream 1, are the result of anti-Russia sanctions that interfere with the pipeline’s technical maintenance. Considering that gas supply via Ukraine and Poland was stopped by their governments, as well as the refusal to put Nord Stream 2 into operation, the attempts to shift the blame for Europe’s energy problems onto Russia look very cynical.
The leaders agreed to maintain further contact.
Quelle: President of Russia
- Härte und Kälte
Bei der Beerdigung von Michail Gorbatschow glänzt die Bundesregierung durch Abwesenheit. Ein hochsymbolischer Akt: Diese Regierung setzt auf Militär, Konfrontation. Diplomatie ade.
Es ist ja nicht so, dass Michail Gorbatschow, dem dieses Land hier zu viel verdankt, unwürdig beerdigt worden ist. Dass der erste und einzige Staatspräsident der untergegangenen Sowjetunion vom Putin-Regime kein Staatsbegräbnis bekommen hat, mag man unmöglich finden. Aber selbst einige seiner politischen Gegner, sogar jener Putin rangen sich ein paar fast positive Sätze für den Verstorbenen ab: »Er hat großen Einfluss auf den Lauf der Weltgeschichte gehabt.«
Weltgeschichte, das stimmt. Und daher, aber nicht nur deswegen, ist es ziemlich schäbig, dass kein Minister aus der derzeitigen Bundesregierung nach Moskau zu seiner Beerdigung gefahren ist. […]
Dass kein amtierender Minister, nicht mal ein ehemaliger Bundespräsident es selbstverständlich fand, ein Akt bürgerlichen Anstands, kein europäischer Regierungschef (mit der Ausnahme von Ungarns Ministerpräsident Victor Orbán) am Begräbnis des Friedensnobelpreisträgers zu erscheinen – es ist ein hochsymbolischer Vorgang. Von vermutlich historischer Tragweite.
Er zeigt, dass die mächtigste Nation in Westeuropa kein Interesse an Diplomatie mehr hat. Er zeigt demonstrativ, dass die Europäische Union überhaupt keine Lust mehr auf Versuche hat, seien sie auch noch so mühsam, mit der russischen Seite (und sei es auf niederer Ebene am Rande des Begräbnisses) wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine irgendwie ins Gespräch zu kommen. Das ist fatal.
Es zeigt aber auch, und das ist bedrückend, dass den Regenten in Berlin und Brüssel die russische Zivilgesellschaft egal ist. Für die dortige Opposition wäre ein Erscheinen wenigstens einer Regierungsführungskraft gerade aus Deutschland eine Ermutigung gewesen.
Arroganz, Dummheit, Überheblichkeit
Aber seit dem 27. Februar, als Kanzler Olaf Scholz, die 100-Milliarden-Euro-Überrüstung apodiktisch verkündigt hat, herrscht im Reichstag das militärische Denken. Stärke statt Vernunft.
Quelle: Arno Luik auf Overton
- „Wir sind Führungsmacht“
„Deutschlands Größe, seine geografische Lage, seine Wirtschaftskraft, kurz: sein Gewicht, machen uns zu einer Führungsmacht“: Das erklärt Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. Wie Lambrecht gestern in einer Rede vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) bekräftigte, sei die Bundesrepublik „Führungsmacht … auch im Militärischen“; die Bundeswehr werde künftig „eine wichtigere Rolle in unserem politischen Denken und Handeln spielen“ müssen. Gegenstand von Lambrechts Rede war die neue Nationale Sicherheitsstrategie, die noch im laufenden Jahr von der Regierung verabschiedet werden soll. Die Strategie, die unter Federführung des Auswärtigen Amts verfasst wird, entspricht auf nationaler Ebene dem „Strategischen Kompass“ – einer Art Militärdoktrin – der EU und dem neuen Strategischen Konzept der NATO. Weil die Realisierung der Strategie mit erheblichen Kosten verbunden ist, soll ihr breite Akzeptanz in der Bevölkerung verschafft werden – etwa durch die Einführung eines „Tages der nationalen Sicherheit“. Die ehrgeizigen Pläne kontrastieren auffällig mit dem Scheitern der deutschen Militäreinsätze in den vergangenen Jahren.
Quelle: German Foreign Policy
- Dichtung und Wahrheit
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hat auch Humor. Manchmal sogar außerhalb der legendären Cartoons von Greser & Lenz. So am Dienstag, als sich unten auf der Seite zwei ein Beitrag mit dem Hinguckertitel »Baerbock breitet die Flügel aus« fand. Da stellt man sich die Frau gleich als fleischgewordene Bundesadlerin vor. Dass sie in der Auseinandersetzung mit Russland eine »Falkin« ist, wird sie selbst nicht bestreiten. Das Bild passt also sogar.
Worum geht es in dem Beitrag? Das Referat der Ministerin auf der Jahreskonferenz der deutschen Botschafter. Zentrale Vorgabe Baerbocks an das diplomatische Korps: »selbstbewusster« aufzutreten. »Wir könnten uns überhaupt nicht leisten, unsere Flügel nicht auszubreiten«, wird Baerbock zitiert. Die 50er und 60er Jahre, als die Außenpolitik der BRD noch kleinlaut habe auftreten müssen, seien endgültig vorbei, auch das Werben mit »Ruhe und Verlässlichkeit« als deutscher Kardinaltugend sei heute überholt. Heute müsse Deutschland »mit seinen Partnern die regelbasierte Ordnung bewahren und festigen«, und zwar auf »selbstgewählter Flughöhe«. Vom Platz an der Sonne als Ziel deutscher Diplomatie sprach sie nicht, da hat ja auch schon einmal ein gewisser Wilhelm den Ikarus gespielt und ist dabei abgeschmiert. Statt dessen stellte sie den Diplomaten als Tagesaufgabe, »Gegenkommunikation« gegenüber »irreführenden Meldungen« zu betreiben: »Wenn wir einen Moment nicht laut sind, was bedeutet das für schwächere Länder, die nicht laut sein können?« Ergo: »Wir« können immerhin Krakeel veranstalten. Von Andrij Melnyk lernen heißt siegen lernen.
Quelle: junge Welt
- Das Gespenst von Deutschland geht um
(Eigene Übersetzung)
Um der imaginären russischen Bedrohung für Westeuropa zu begegnen, wird Deutschland eine erweiterte, militarisierte EU anführen.
Die Europäische Union rüstet sich für einen langen Krieg gegen Russland, der den wirtschaftlichen Interessen und der sozialen Stabilität Europas eindeutig zuwiderläuft. Ein Krieg, der scheinbar irrational ist – wie viele andere auch – hat tiefe emotionale Wurzeln und beansprucht eine ideologische Rechtfertigung. Solche Kriege sind schwer zu beenden, weil sie sich außerhalb der Grenzen der Rationalität bewegen. […]
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ist ein farbloser SPD-Politiker, aber seine Rede am 29. August in Prag war von aufrührerischer Bedeutung. Scholz forderte eine erweiterte, militarisierte Europäische Union unter deutscher Führung. Er behauptete, dass die russische Operation in der Ukraine die Frage aufwerfe, “wo in Zukunft die Trennlinie zwischen diesem freien Europa und einer neoimperialen Autokratie verlaufen wird.” Wir können nicht einfach zusehen, wie freie Länder von der Landkarte getilgt werden und hinter Mauern oder eisernen Vorhängen verschwinden.” […]
Um dieser imaginären Bedrohung zu begegnen, wird Deutschland eine erweiterte, militarisierte EU anführen. Ich setze mich für die Erweiterung der Europäischen Union um die Staaten des westlichen Balkans, die Ukraine, Moldawien und langfristig auch Georgien ein”, sagte Scholz vor seinem europäischen Publikum in der tschechischen Hauptstadt. Die Befürchtung, dass Russland die Trennlinie nach Westen verschiebt, ist etwas seltsam, während man gleichzeitig plant, drei ehemalige Sowjetstaaten aufzunehmen, von denen einer (Georgien) geografisch und kulturell sehr weit von Europa entfernt ist, aber vor der Haustür Russlands liegt. […]
Durch die Aufnahme dieser Mitgliedstaaten werde “eine stärkere, souveränere und geopolitischere Europäische Union entstehen”, so Scholz. Ein “geopolitischeres Deutschland” trifft es eher. Während die EU nach Osten wächst, ist Deutschland “in der Mitte” und wird alles tun, um sie alle zusammenzubringen. Neben der Erweiterung fordert Scholz daher “einen schrittweisen Übergang zu Mehrheitsentscheidungen in der gemeinsamen Außenpolitik”, um die heute erforderliche Einstimmigkeit zu ersetzen.
Was das bedeutet, dürfte den Franzosen klar sein. Historisch gesehen haben die Franzosen die Konsensregel verteidigt, um nicht in eine Außenpolitik hineingezogen zu werden, die sie nicht wollen. Die französischen Staats- und Regierungschefs haben das mythische “deutsch-französische Paar” als Garant für die europäische Harmonie hochgehalten, vor allem um die deutschen Ambitionen unter Kontrolle zu halten.
Quelle: Consortium News
- »Die USA betrachten Ramstein als ihr Gebiet«
Ukraine-Krieg: Treffen wie die der »Kontaktgruppe« in Ramstein zielen auch auf deutsch-russische Beziehungen. Gespräch mit Pascal Luig
Eingeladen zu dem Treffen in Ramstein hat US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Ist es nicht bemerkenswert, dass zu einem solchen Treffen auf dem Territorium der Bundesrepublik der Minister eines anderen Landes einlädt?
Selbst wenn die Bundesregierung vorher informiert wurde, entspricht es nicht den Gepflogenheiten, dass der US-Verteidigungsminister Vertreter anderer Staaten nach Deutschland einlädt und nicht zum Beispiel die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Die Tatsache, dass ein US-Verteidigungsminister auf deutschem Boden mehr als 40 Nationen zu einem Bündnistreffen gegen Russland einlädt, ist aber natürlich auch ein Zeichen, wie wichtig die Air Base Ramstein in diesem Krieg ist und wie sehr die USA diese Basis als ihr eigenes Gebiet betrachten….
Quelle: junge Welt
- Jeffrey Sachs: “Gefährliche” US-Politik und “falsches Narrativ des Westens” schüren Spannungen mit Russland und China
AMY GOODMAN: Politico berichtet, dass die Regierung Biden sich darauf vorbereitet, den Kongress zu bitten, einen neuen Waffenverkauf an Taiwan im Wert von 1,1 Milliarden Dollar zu genehmigen. Das Paket umfasst Berichten zufolge 60 Anti-Schiffs-Raketen und 100 Luft-Luft-Raketen. Dies geschieht, nachdem zwei US-Kriegsschiffe am Sonntag zum ersten Mal seit dem Besuch der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan durch die Straße von Taiwan gefahren sind. China hat den Besuch verurteilt und große Militärübungen in der Nähe von Taiwan gestartet.
In der Zwischenzeit kündigte Präsident Biden letzte Woche weitere Militärhilfe in Höhe von 3 Milliarden Dollar für die Ukraine an, darunter Geld für Raketen, Artilleriegeschosse und Drohnen, um die ukrainischen Streitkräfte im Kampf gegen Russland zu unterstützen. […]
Was sollten die Menschen im Westen und auf der ganzen Welt über die aktuellen Konflikte mit Russland, mit Russland und der Ukraine und mit China wissen?
JEFFREY SACHS: Der wichtigste Punkt, Amy, ist, dass wir nicht auf Diplomatie setzen, sondern auf Waffengewalt. Der jetzt angekündigte Verkauf an Taiwan, über den Sie heute Morgen gesprochen haben, ist nur ein weiteres Beispiel dafür. Das macht Taiwan nicht sicherer. Es macht die Welt nicht sicherer. Und die Vereinigten Staaten werden dadurch ganz sicher nicht sicherer. […]
Wir haben nun drei Jahrzehnte der Militarisierung der amerikanischen Außenpolitik hinter uns. Eine neue Datenbank, die Tufts unterhält, hat gerade gezeigt, dass es seit 1991 mehr als 100 militärische Interventionen der Vereinigten Staaten gegeben hat. Das ist wirklich unfassbar. […]
Wir bewaffnen, wen wir wollen. Wir fordern die NATO-Erweiterung, egal was andere Länder sagen, die ihren Sicherheitsinteressen schaden könnten. Wir setzen uns über die Sicherheitsinteressen anderer Länder hinweg. Und wenn sie sich beschweren, liefern wir mehr Waffen an unsere Verbündeten in dieser Region. Wir ziehen in den Krieg, wann und wo wir wollen, sei es in Afghanistan oder im Irak oder in dem verdeckten Krieg gegen Assad in Syrien, der bis heute von der amerikanischen Bevölkerung nicht richtig verstanden wird, oder in dem Krieg in Libyen. Und wir sagen: “Wir sind friedliebend. Was ist denn mit Russland und China los? Sie sind so kriegslüstern. Sie sind darauf aus, die Welt zu untergraben.” Und so enden wir in schrecklichen Konfrontationen. […]
Und wir wenden in Ostasien genau die gleiche Taktik an, die zum Krieg in der Ukraine geführt hat. Wir organisieren Allianzen, rüsten mit Waffen auf, beschimpfen China, lassen Sprecherin Pelosi nach Taiwan fliegen, während die chinesische Regierung sagt: “Bitte, senken Sie die Temperatur, senken Sie die Spannungen.” Wir sagen: “Nein, wir machen, was wir wollen”, und schicken jetzt mehr Waffen. Das ist ein Rezept für einen weiteren Krieg. Und meiner Meinung nach ist das erschreckend.
Quelle: Seniora org
dazu auch: Washington macht IPEF zur Waffe, noch bevor er Gestalt annimmt
(Eigene Übersetzung)
Nach einem langen öffentlichen Hype findet von Donnerstag bis Freitag in Los Angeles das erste Ministertreffen des Indo-Pacific Economic Framework (IPEF) statt, das von den USA geleitet wird und an dem insgesamt 14 Länder teilnehmen. Obwohl Beamte in Washington behaupteten, dass dies nicht bedeute, dass sich die teilnehmenden Länder für eine Seite zwischen China und den USA entscheiden müssten, ist dies nur eine Vertuschung, um die Menschen zu beschwichtigen, und eine unaufrichtige Erklärung – in entsprechenden Berichten in den US-amerikanischen und westlichen Medien taucht in den Schlagzeilen häufig der Begriff “Anti-China” auf, und einige konnten es gar nicht abwarten, zu verkünden, dass das IPEF “der beste Weg für die USA ist, China im Indopazifik zu begegnen”. […]
Noch wichtiger ist jedoch, dass der IPEF, auch wenn er mit “wirtschaftlicher Zusammenarbeit” umschrieben wird, in Wirklichkeit ein “politischer Rahmen” zur Eindämmung Chinas ist. Washingtons eigentliches Ziel ist es, einen kleinen Kreis von Liefer- und Industrieketten in der asiatisch-pazifischen Region zu schaffen, der von China “abgekoppelt” ist. Dies schadet natürlich den vitalen Interessen der asiatisch-pazifischen Länder, und das ist es, was die meisten Länder befürchten und ablehnen. Gleichzeitig waren einige Mitgliedsregierungen nicht in der Lage, ihren Bürgern die “Notwendigkeit” der Teilnahme am IPEF zu erklären. Die meisten von ihnen nahmen an den Verhandlungen mit einer skeptischen Haltung teil, und einige wurden von den USA überredet. […]
Die USA wollen den IPEF nutzen, um die Grundlage des RCEP zu beschädigen und dieses regionale Freihandelsabkommen auszuhöhlen. Im Vergleich zum RCEP, das die regionale Wirtschaftsintegration solide gefördert hat, ist IPEF jedoch nur eine große leere Hülle. Jedes teilnehmende Land hat seine eigenen Interessen, und es ist unmöglich, dass alle Länder den Befehlen der USA wie Japan folgen.
Quelle: Global Times
- Was Nazi-Arzt Josef Mengele nicht geschafft hat, US-Präsident Joe Biden will es realisieren: die Steuerung der Menschen über ihre Gene – zugunsten der USA!
Joe Biden wörtlich: «Damit Biotechnologie und Bioproduktion uns helfen können, unsere gesellschaftlichen Ziele zu erreichen, müssen die Vereinigten Staaten (von Amerika) in grundlegende wissenschaftliche Fähigkeiten investieren. Wir müssen gentechnische Technologien und Techniken entwickeln, um in der Lage zu sein, Schaltkreise für Zellen zu schreiben und die Biologie vorhersehbar zu programmieren, so wie wir Software schreiben und Computer programmieren; wir müssen die Macht biologischer Daten erschließen, auch durch Computerwerkzeuge und künstliche Intelligenz.» […]
Und jetzt ist es also der Präsident der USA Joe Biden persönlich, der die Biotechnologie so weit bringen will, dass die Menschen über die Programmierung ihrer Gene so gesteuert werden können, dass sie den USA nützen. […]
Wundert es da noch jemanden, dass die USA – bisher aus gesetzlichen Gründen in etlichen anderen Ländern – Bio-Laboratorien unterhalten, allein zum Beispiel in der Ukraine über 20? US-Unterstaatssekretärin Victoria Nuland hat die Existenz solcher US-Bio-Laboratorien in der Ukraine eingestanden – und sich sehr besorgt gezeigt, dass diese Labors in die Hände der Russen gelangen könnten.
Das Thema ist mehr als nur brisant.
Quelle: Globalbridge
- Entlastungspaket mit Wumms?
Die Gas-, Strom- und Lebensmittelpreise klettern weiter. Schon bald drohen Millionen Haushalten exorbitant höhere Heizungs- und Stromrechnungen. Auf diese Kostenlawine reagierte die Ampel-Koalition mit einem dritten Entlastungspaket. Das Paket enthält auch gewerkschaftliche Forderungen. Ein politischer Erfolg für ver.di…
Die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze – dann Bürgergeld – um nur 50 Euro im Monat und erst ab 2023 ist unzureichend. Von Lindners Steuerentlastung profitiert der Chefarzt achtmal so stark wie die Kassiererin. Rund 21 Mrd. Euro werden mit der Gießkanne verteilt. Mehr Midi-Jobs lassen die Einnahmen der Sozialkassen schrumpfen. Das droht auch durch abgabenfreie Sonderzahlungen. Sie ersetzen zudem keine tabellenwirksamen Tariflohnzuwächse. Das Entlastungspaket stoppt nicht die Kostenlawine. Die Ampel muss nachbessern. Aktionen im Herbst sind notwendig.
Quelle: ver.di
dazu: »Entlastungspaket«: Es reicht … nicht zum Leben
Gewerkschaften und Bündnisse kündigen weitere Proteste gegen Verarmungspolitik an. Mehrheit der Bevölkerung will Reiche zur Kasse bitten
Die Energiepreise explodieren immer weiter. Doch die Bundesregierung hält an ihrer Gasumlage fest, durch die die Bürger noch mehr Geld hinblättern müssen. Und das, obwohl längst klar ist, dass mit der Maßnahme keineswegs nur »angeschlagenen« Konzernen geholfen wird, sondern Verbraucher damit auch Extraprofite von Energieriesen finanzieren.
Diese von der Bundesregierung orchestrierte Umverteilung von unten nach oben werde durch das diese Woche vorgestellte »dritte Entlastungspaket« in keinster Weise gelindert, kritisierte Christoph Butterwegge am Freitag gegenüber jW. Der Armutsforscher beklagt, das Paket sei ein »Herumdoktern an Symptomen«, löse aber keine Probleme. Für viele Menschen werde es im kommenden Winter daher um die »inhumane Alternative« gehen: hungern oder frieren. Butterwegge prangert an, beim »Entlastungspaket« komme das Matthäus-Prinzip zum Tragen, heißt: »Wer hat, dem wird gegeben.«
Quelle: junge Welt
dazu auch: Scholz verspricht Unternehmen Hilfen – und empfiehlt Sonderzahlungen für Beschäftigte
Arbeitgeberpräsident Dulger sorgt sich um die deutsche Wirtschaft und verlangt mehr Staatshilfen. Kanzler Scholz verspricht, die Unternehmen stärker zu unterstützen. (…)
»Die Bundesregierung hat entschieden, solche zusätzlichen Zahlungen bis zu 3000 Euro von Steuern und Sozialabgaben zu befreien, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften sich darauf verständigen«, sagte Scholz. »Dazu möchte ich Sie ausdrücklich ermutigen.« Hintergrund ist, dass die Regierung mit der sogenannten konzertierten Aktion erreichen möchte, dass auch die Firmen einen Beitrag leisten. (…)
Angesichts der Gaskrise und der hohen Inflation warnt Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger trotz der geplanten Hilfen vor einer Rezession. »Die deutsche Wirtschaft ist angesichts der aktuellen Lage in großer Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland«, sagte er auf dem Arbeitgebertag. (…)
Der Kanzler verwies auf den Bau von Flüssiggasterminals etwa in Stade, Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin, aber auch auf Pipelinelieferungen etwa aus Norwegen und den Niederlanden. Die Regierung werde dafür sorgen, dass der Gaspreis wieder sinken werde, betonte Scholz. Zugleich sagte er, dass der Import an LNG-Gas nichts an der nötigen und schnellen Energiewende ändern werde. »Wasserstoff ist das Gas der Zukunft, wir werden einen großen Boom auslösen.« Für den Ausbau der erneuerbaren Energien werde die Ampelregierung noch 2022 alle nötigen Gesetze etwa zu Planungsbeschleunigung beschließen.
Quelle: DER SPIEGEL
Anmerkung Christian Reimann: Deutlich wird aus diesem Artikel auch, dass die Bundesregierung lediglich Absichten und Pläne gegen die erdrückende Realität der hausgemachten Energiekrise vorweisen kann. Für viele Betriebe und private Haushalte könnte das zu spät und zu wenig sein. Der Bundeskanzler hat am Ausbau der erneuerbaren Energien festgehalten, jedoch “vergessen” zu erwähnen, dass dafür moderne Gaskraftwerke benötigt werden, die so gebaut werden sollen, dass sie auf klimaneutrale Gase (H2-ready) umgestellt werden könnten (Seite 59 des Koalitionsvertrages). Faktisch ist die seit Jahren betriebene Energiewende also gescheitert. Erstaunlich ist, dass die Arbeitgeberseite den Einsatz für bessere Beziehungen mit Russland von der Ampelkoalition offensichtlich nicht fordert. Das ist bedauerlich, denn so schränken auch sie – neben z.B. etlichen Talkshows in zahlreichen “Qualitätsmedien” – den Argumentationsrahmen deutlich ein. Worauf wollen Verbände wie der Arbeitgeberverband eigentlich noch warten?
- Grobe Webfehler: Die Europacity entsteht in der Logik des maximalen Profits
Die Europacity nördlich des Hauptbahnhofs ist Berlins größtes innerstädtisches Investitionsprojekt – und mit Sicherheit eines der umstrittensten. Auf einer Fläche sieben Mal so groß wie der Potsdamer Platz entsteht ein neues Stadtviertel, das nach Auffassung der Bauherren für ein urbanes Lebensgefühl steht. Die Kritiker dagegen sprechen von einfallsloser Architektur und einer verpassten Chance, mitten im Herzen von Berlin ein modernes gemischtes Quartier zu schaffen. Es sei ein Beispiel dafür, dass man Stadtplanung nicht ausschließlich den Investoren überlassen kann.
Quelle: Berliner Mieterverein
- Pandemie schuf mehr „moderne Sklaven“
Rund 50 Millionen Menschen weltweit sind nach Angaben der Vereinten Nationen in Situationen „moderner Sklaverei“ gefangen. Dazu zählen rund 28 Millionen Zwangsarbeiter sowie 22 Millionen Menschen, die zwangsverheiratet wurden. Das Problem besteht in praktisch jedem Land der Welt, die Coronavirus-Pandemie hat es noch verschärft.
Die Zahl der Menschen in „moderner Sklaverei“ ist in den letzten fünf Jahren erheblich gestiegen. 2021 waren zehn Millionen Menschen mehr betroffen als 2016. Frauen und Kinder sind weiterhin unverhältnismäßig stark gefährdet, heißt es in dem Bericht, den die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die Organisation für Migration (IOM) und die Walk-Free-Stiftung, die sich gegen Sklaverei engagiert, am Montag in Genf vorlegten.
Kombiniert mit den Auswirkungen des Klimawandels und bewaffneten Konflikten habe sich die Pandemie vielerorts verheerend auf Beschäftigung und Bildung ausgewirkt, schreiben die Autorinnen und Autoren. Die Konsequenz sei „eine Zunahme extremer Armut und erzwungener und unsicherer Migration“ – und Migranten seien mehr als dreimal so häufig von Zwangsarbeit betroffen wie andere Menschen…
Quelle: ORF
- Karin Prien hat Recht
Die KMK-Präsidentin kritisiert, das im Bundestag beschlossene Infektionsschutzgesetz benachteilige Schüler erneut massiv gegenüber Erwachsenen. Die Bundesregierung muss jetzt nachbessern. Ein Kommentar. […]
Der Protest der Sprecherin aller Kultusministerinnen und Kultusminister in Deutschland ist berechtigt. In seinem jetzigen Wortlaut schränkt das Gesetz die Rechte von Kindern und Jugendlichen in mehrfacher Hinsicht über Gebühr ein.
So dürfen Schulen und Kitas nicht betreten werden, wenn man an COVID-19 erkrankt oder einer Erkrankung “verdächtig” ist. Was aber bedeutet “verdächtig”? Schon ein Schnupfen? Oder schwerere Symptome? Nachgewiesene Infektionsfälle im Umfeld? Und wer entscheidet das?
Klar scheint, dass im Falle einer so schwammig formulierten Regelung fast immer ein Negativ-Test her muss, um den Verdacht auszuräumen. Und häusliche Tests reichen dann laut Gesetz eigentlich nicht, sondern nur vor Ort durchgeführte – auch hier muss die Regelung eindeutiger gefasst werden.
Wer nachweislich infiziert war, darf wiederum laut Gesetz die Schule oder Kita im Gegensatz zu den meisten Lebensbereichen nicht automatisch nach fünf Tagen wieder betreten. Sondern erst, wenn nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch die erkrankte Person nicht mehr zu befürchten ist. Was eine Gesundschreibung durch einen Arzt bedeutet. Oder wie schon bislang alternativ ein bestätigter negativer Corona-Test. Also wieder Testzentrum, was einen zusätzlichen Aufwand bedeutet, weil die Zentren längst nicht mehr überall zu finden sind. Und Geld kostet. Führt das dazu, dass vor allem Kinder aus armen Familien im Zweifel häufiger zu Hause bleiben?
Und was, wenn Schüler oder Lehrkräfte schon längst wieder gesund (=nicht mehr ansteckend) sind, aber der Test noch immer positiv ausfällt? Schülern droht dann weiterer versäumter Unterricht, Lehrkräften eine noch längere Ausfallzeit. Während zum Beispiel andere Arbeitnehmer längst wieder zur Arbeit gehen könnten.
Quelle: Jan-Martin Wiarda
- Grund, die Königin nicht zu feiern
(Eigene Übersetzung)
Die Regierungszeit von Königin Elisabeth II. war von Anfang an eng mit dem britischen Weltreich und dem langen und blutigen Prozess der Entkolonialisierung verbunden.
Tatsächlich wurde sie 1952 während eines königlichen Besuchs in Kenia zur Königin. Nach ihrer Abreise wurde die Kolonie von einem der schlimmsten Konflikte der britischen Kolonialzeit heimgesucht. Im Oktober 1952 riefen die Briten den Ausnahmezustand aus und töteten Zehntausende von Kenianern, bevor der Konflikt zu Ende war. […]
Wie die Königin und ihre Herrschaft in Erinnerung bleiben, hängt davon ab, wo und von wem die Erinnerung an sie gepflegt wird.
Das ist kein neues Phänomen. Unvergesslich ist die königliche Tour durch die Karibik im März 2022, als der Premierminister von Jamaika dem Herzog und der Herzogin von Cambridge unverblümt mitteilte, dass sich die Region von der britischen Monarchie “entfernt”.
Auch andere stellten fest, dass die britische Monarchie eine ständige Erinnerung an die Zeit der Sklaverei ist, und ein Regierungsausschuss auf den Bahamas forderte sie auf, sich “umfassend und formell für ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu entschuldigen” […]
In Indien zum Beispiel wurde erst vor wenigen Tagen der einstige Prachtboulevard des Empires, …in Kartavya Path umbenannt und mit einer riesigen Statue von Subhas Chandra Bose, einem der schärfsten (und umstrittensten) antibritischen Nationalisten Indiens, versehen. […]
Bei der Enthüllung dieser Statue erklärte Indiens nationalistischer Premierminister Narendra Modi, dass “heute ein weiteres Symbol der Sklaverei entfernt worden ist”, und forderte alle Inder auf, die Stätte zu besuchen. […]
Das Thema einer “komplizierten historischen Beziehung” zur Monarchie ist auch in Südafrika präsent, und eine afrikanische Nachrichtenseite erklärte, dass “Südafrikas Beziehung zur britischen Monarchie so kompliziert ist, wie sie nur sein kann” […]
Auch an anderer Stelle wurde die komplizierte Geschichte des Irak mit dem Vereinigten Königreich, die bis in die 1920er Jahre zurückreicht, in lokalen Berichten erwähnt. In jüngerer Zeit wurden Hunderttausende von Irakern während des Krieges getötet, den Großbritannien 2003 an der Seite der Vereinigten Staaten, Australiens und anderer Länder begann.
In Malaysia ist die Rolle der Briten bei Massakern und Massenumsiedlungsprogrammen während des blutigen Malaiischen Notstands (1948-60) und in der Zeit der Entkolonialisierung ebenfalls noch deutlich in Erinnerung. Dieser Konflikt schwelte nicht nur in den ersten Jahren der Regentschaft von Königin Elisabeth II. weiter, sondern alle Versuche einer Untersuchung der Ereignisse in Malaysia wurden von den britischen Regierungen vereitelt. […]
Manch einer könnte meinen, dass die leidvolle Geschichte des untergehenden britischen Weltreichs losgelöst von der Herrschaft und der Person Elisabeths II. betrachtet werden sollte. Sicherlich deutet nichts darauf hin, dass die Königin in ihrem Verhalten besonders kriegerisch war.
Aber wie Thomas Paine einmal bemerkte, mag ein Monarch zwar persönlich freundlich und großzügig sein, aber er bleibt der Monarch, das Oberhaupt des Staates, der seine Kriege führt und (gelegentlich) seine Verbrechen begeht – alles im Namen der Krone.
Quelle: Asia Times
dazu: No 585
“Aber das andere, was ich sagen möchte, ist, dass wir oft von Monarchie als Anachronismus sprechen. Sie kam also in eine Welt, in der die Monarchie normal war, und jetzt ist sie ein Anachronismus. Tatsächlich haben wir immer noch eine Weltordnung, in der es sowohl in Großbritannien als auch in den Kolonien eine enorme Konzentration von Reichtum und Macht in den Händen einiger weniger gibt. Und die Monarchie ist in gewissem Sinne wirklich nicht anachronistisch. Sie repräsentiert genau das, wovon wir auf der ganzen Welt regiert werden, in den USA ebenso wie anderswo: Macht und Privilegien und Reichtum in den Händen einiger weniger, die der Rest von uns dann anbeten und als vollkommen normal betrachten kann. Die Monarchie ist wirklich ein Aspekt der Plutokratie, der Herrschaft der Reichen. Und das hat sich von 1952 bis 2022 nicht wesentlich geändert. Wenn überhaupt, sind wir wieder hier, regiert von einer Handvoll Oligarchen auf der ganzen Welt, während die einfachen Menschen in Großbritannien und darüber hinaus Entbehrungen erleiden. Ich frage mich also ein wenig, ob wir tatsächlich in einer ganz anderen Welt leben als der, die sie geerbt hat.”
Quelle: Maskenfall
dazu auch: Wie uns die deutschen Medien im modernen Europa des 21. Jahrhunderts die englische Monarchie mit gekrönten Häuptern präsentieren
Auf dem Niveau der königstreuen Boulevardzeitungen wurden in Sondersendungen und Sonderseiten Mythen über die Royals mit rührseligen Storys über die adelige Königsfamilie und ihre trauernde Anhängerschaft in geradezu unterwürfigem und ehrerbietigem Ton dargeboten (während zuvor dem Tod der bedeutenden Persönlichkeit Michail Gorbatschow demgegenüber zumeist nur eine kurze Nachricht oder allenfalls ein mitternächtlicher Nachruf als Würdigung im Fernsehen gewidmet wurde). Dabei interessiert sich Umfragen zufolge nur jeder Dritte in Deutschland für europäische Monarchien. […]
Dennoch gibt es im Europa der Gegenwart immer noch 12 Monarchien, weltweit sogar noch 33 Königreiche und ein Kaiserreich sowie Fürstentümer, Scheichtümer und Sultanate. Hierzulande sind aber Umfragen zufolge mehr als 100 Jahre nach dem Ende der Monarchie in Deutschland 72% der Deutschen gegen ein deutsches Königshaus und nur 12% würden das befürworten, also nur jeder achte Deutsche. […]
Schwarz gekleidete Moderatorinnen und Redakteure bekannten sich im Fernsehen plötzlich als Monarchisten oder Royalisten und ergingen sich in tränenunterdrückte tragende Kommentare, auch in mehrmaligen „Brennpunkt“-Sondersendungen. Die ARD zauberte sogar eigens eine „ARD-Expertin für das britische Königshaus“ aus dem Redakteurs-Hut. (Erstaunlich, was wir alle so mit unseren Fernsehgebühren finanzieren. […]
Die Preise und die Armut wachsen in Großbritannien rasant und die Tafeln erleben einen regelrechten Ansturm: 13 Millionen leben unter der Armutsgrenze und müssen sich zwischen Heizung oder Essen entscheiden. Die Hälfte britischer Kinder lebt in Armut. Über 10 Millionen Briten sind in akuter Finanzsorge. Demgegenüber badet die Königsfamilie in milliardenschwerem, mindestens aber 500-Millionen schwerem Reichtum und Luxus. Dennoch fühlen sich die Untertanen wegen der vielgelobten „Liebe und Wärme“ ihrer Queen geborgen, derweil Insider aus dem Königshaus von der Kälte berichten, die ihre Queen dort auch Familienmitgliedern gegenüber ausströmte. […]
Doch das britische Königshaus steht nicht allein mit Skandalen da. Auch der spanische Ex-König Juan Carlos war in Affären verwickelt, und zwar um Schmiergelder, Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung; er wollte sogar seine Geliebte zum Schweigen bringen. Er entging nur knapp einer Verurteilung und ging ins Exil in die Vereinigten Arabischen Emirate. Beim Hantieren mit Waffen in jungen Jahren kam sein jüngerer Bruder ums Leben. In Botswana ließ er sich auf Elefantenjagd ablichten, während sein Land in schwerer Wirtschaftskrise war. Im Jahr 2014 dankte er ab. Der schwedische König Carl Gustav nahm an Sexparties mit Frauen teil. Der belgische König Albert verleugnete jahrelang seine uneheliche Tochter. Und das niederländische Königspaar fuhr zur Empörung seines Volkes mitten in der Corona-Krise in ihr Ferienhaus nach Griechenland.
Quelle: Lokalkompass