Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Leserbriefe zu „Ist Gendern links?“
Datum: 2. September 2022 um 14:30 Uhr
Rubrik: Leserbriefe
Verantwortlich: Redaktion
Ralf Vogel hat in diesem Beitrag einige Gedanken zum Themenkomplex des Genderns formuliert. Gendern sei „eine sprachpolitische Maßnahme und somit auch völlig zu Recht Gegenstand eines politischen Diskurses“. Freiheit sei immer die Freiheit des Anderssprechenden („Rosa-Prinzip“). Ob eine sprachpolitische Maßnahme links sei, könne daran gemessen werden, ob sie dem Rosa-Prinzip gerecht werde: „also Vielfalt achten, keine Selbstüberhöhung, Einfühlung“. Beim Gendern versuche eine Minderheit, der Mehrheit ihr Sprachgefühl aufzuzwingen. Das Problem des Genderns liege darin, „dass wir es hier mit einer sprachpolitischen Maßnahme zu tun haben, die gegen das Rosa-Prinzip verstößt, weil sie alternative Ausdrucksweisen und ihre Verwender diskriminiert“. Danke für die interessanten E-Mails. Hier nun die Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief
Liebe Nachdenkende.
Dass Sprache gern verwendet wird, um anderen zu zeigen: “Wir sind anders. Wir sind besser.” ist ja bekannt. Dass sie oft politischen Zwecken dienen soll, ist auch sehr oft erkennbar.
Geben Sie einfach mal einen längeren Satz in Google Translate ein und übersetzen ihn dann ins Serbische, Kroatische und Bosnische. Es ist dieselbe Sprache. Wird aber dort als drei verschiedene Sprachen geführt.
Gleiches kann man auch mit Indonesisch und Malaysisch machen – dieselbe Sprache. Sie wird auch von manchen Menschen auf den Philippinen und in Singapur gesprochen und dort “Bahasa” genannt.
Schwyzerdütsch dagegen, das ich als Norddeutscher gar nicht verstehe, wird nicht als eigene Sprache angesehen.
Geradezu verrückt muten neuerdings einige Versuche spanischer Behörden, z.B. des Finanzamtes (Agencia Estatal de Administración Tributaria) an. Dort kann man im Onlineformular wählen zwischen Español, Galego, Català, Valencià und English.
Katalanisch und Valenzianisch, kann man sehen, ist exakt dieselbe Sprache. Es ist eine rein politische Motivation, nach dem Motto “Teile und herrsche” Katalanen und Valenzianer auseinanderzudividieren, vermutlich, um Unabhängigkeitsbestrebungen entgegenzuwirken.
Ich wäre gern ein Fan des Genderns, wenn das sinnvoll wäre. Denken wir bei “die Atombombe” oder “die Antarktisexpedition” an Frauen? Bei “der Minirock” und “der Lippenstift” an Männer? Nein, dann müssten wir ja konsequenterweise das Geschlecht solcher Wörter ändern. Aber wo fängt man an, wo hört man auf?
Ich bin und bleibe links, aber das Gendern verwende auch ich, wie Prof. Vogel, nur dann, wenn es mir hilft. Nicht als Parteiabzeichen.
Viele Grüße
Jürgen Warschhun
2. Leserbrief
Liebes NDS-Team,
das war mal wieder perfekt auf den Punkt gebracht und herzlichen Dank, daß die NDS mit dem Widerstand gegen die stattfindende Verballhornung unserer Sprache weiter aktiv bleiben.
Man sollte vielleicht auch mal die Frage stellen, ob das was die identitäre Minderheit da mit all Ihren dummen und aller dümmsten Argumenten dem zivilisierten Bildungsbürger meint antun und überstülpen zu dürfen und im Hinblick auf diese brutale Radikalität mit der es betrieben wird, nicht auch als eine Form von Faschismus angesehen werden muß, und da haben wir ja im Lande eine gewisse Tradition. Insbesondere wenn man in Betracht zieht, dass sie es bereits schon so weit getrieben und gebracht haben, dass es existenzbedrohend sein kann, wenn der zivilisierte Bürger, der seinen gesunden Menschenverstand behalten hat und auch behalten will, sich diesem Blödsinnn verweigert. À priori ist eigentlich bereits für dieses Dschändern die Verwendung eines Anglizismus eine Verhunzung der Mutter(!)-, nicht Vatersprache. Und es gibt da ja sogar Spinner*:#innen – warum eigentlich immer §_%innen und nicht auch mal ^°!außen? – welche die Weltliteratur umschreiben wollen, wie einst mal eine Dame bei Plasberg, die Svenja Flaßpöhler, die das nicht wollte, als rechtsextrem beschimpfte. Soweit man das selbst einschätzt, kommt dieses Dschändern in dieser extremen Absurdität auch überhaupt nur in Deutschland vor, oder?
Interessant ist vielleicht mal ein Blick auf eine andere Sprache, z. B. Spanisch. Da gibt es kein Wort für Eltern und man sagt dazu nun nicht etwa mi madre y mi padre sondern mis padres. Ebenso ist es bei den abuelos für Großeltern. Wenn man von einer Gruppe von 10 Mädchen spricht, sind dies 10 niñas. Sind es aber 9 Mädchen und ein Junge, dann heißt es 10 niños. Eine Gruppe von 4 Frauen wird mit Señoras angeredet. Sind es aber 3 Frauen und ein Mann, dann ist die Anrede: Señores. Welchen Stellenwert nichts desto trotz die Frau in der Gesellschaft hat, läßt sich beispiesweise daran erkennen, dass im Restaurant die Rechnung grundsätzlich der Frau vergelegt und auch von dieser bezahlt wird. Eine praktizierte Dominanz läßt sich vielleicht auch daran erkennen, dass esposa Ehefrau, esposas aber Handschellen bedeutet.
Als ebenfalls nicht besonders helle und das eigene Wohlergehen negierend findet man auch, wenn die Deutschen es sich gefallen lassen, wenn eine verantwortungslose und inkompetente Regierung im Gegensatz zum Amtseid – nämlich dem deutschen Volk in Form eines sehr verspäteten aber nun selbst verordneten Morgenthauplans ins Elend für viele führenden Schaden zufügt anstatt solchen abzuwenden – nun kein russisches Erdgas mehr abnimmt, das bekanntlich bereits seit 52 Jahren preiswert, zuverlässig und in bester Qualität, sowie den Wohlstand der Deutschen stets ganz außerordentlich befördernd geliefert worden war und jetzt z. T. dort abgefackelt werden muß. Welch eine Umweltsauerei wird da von den Grünen, die bekanntlich ja auch begeisterte Dschänderer sind, quasi noch dazu erzwungen.
Ein alter Mann mit 87 nimmt das alles mit ziemlichen Widerwillen wahr, kann sich da aber der Gnade der frühen Geburt erfreuen, weil deswegen das alles nicht mehr lange ertragen werden muß, man sich aber dennoch Sorgen um die Zukunft seines Landes, inbegriffen die Nachkommenschaft, machen muß.
Solch ein Leserbrief ist vermutlich nicht wieder moderat genug um abgedruckt zu werden.
Mit besten Grüßen
Hartmut Wohler
3. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Vogel,
soeben las ich Ihre Gedanken zum Gendern in den Nachdenkseiten, die ich klar und anregend empfinde. Unpassend finde ich jedoch den Versuch, das “Gendern” in Relation zum “Links-Sein” zu setzen. Sie definieren sich selbst als links und unausgesprochen scheint das etwas gutes zu sein. Auch das liberale, von Ihnen so genannte “Rosa-Prinzip” verbinden Sie mit Links-Sein, wonach also jene, die nicht liberal und tolerant sind, entsprechend nicht links sein können.
Da Sie mit Ihren Gedanken zu dem Schluss kommen, dass Gendern als politischer Sprachakt nicht liberal, sondern autoritär und moralisierend sei, kann leicht geschlossen werden, auch wenn Sie die eingangs gestellte Frage nicht explizit beantworten, dass Gendern eben nicht links sei.
Hier zeigt sich, dass das Rechts-Links-Schema nur zu schnellen, aber auch lediglich oberflächlichen Einordnungen taugt, sonst aber keine nützliche Analyse-Kategorie darstellt. Sie haben nicht definiert, was Links als politische Richtung bedeutet – und das war auch nicht nötig. Denn offenbar gilt, dass das, was links ist, gut ist – wie eben das Rosa-Prinzip. Und diejenigen, die nicht gut sind, die können dann auch nicht links sein, wie eben jene, die gendern. Damit wird jedoch letztlich auch nur einem schlichten Dualismus Vorschub geleistet, den es doch mittels Rosa-Prinzip eigentlich zu überwinden gilt. Ein einfacher Schritt in diese Richtung wäre es, das Rechts-Links-Schema für politische Analysen zu verwerfen und stattdessen sachgerechte und weniger globale Kategorien zu finden und zu verwenden.
Mit freundlichen Grüßen
Marius Brauer
4. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren,
abgesehen davon, daß ich das Gendern ausgesprochen lächerlich finde (haben wir derzeit wirklich keine anderen Sorgen???) und mich als Frau mit dem generischen Maskulinum selbstverständlich angesprochen fühle, so fällt mir auf, daß es bestimmte Substantive gibt, die grundsätzlich männlich sind. Als da wären die schon angesprochenen Worte Zwilling, Liebling u.s.w. Mit der Bezeichnung “Liebling” kann sowohl der männliche als auch der weibliche Partner in einer Beziehung angesprochen werden. Auch als Frau fühle ich mich mit “Liebling” angesprochen und wertgeschätzt.
Richtig absurd wird es bei den Worten “Mensch” und “Gast”. Beides ist mit dem männlichen Artikel versehen. Wie weit will die Sprachelite es noch treiben? Im Kaufhaus bin ich Kundin – und im Restaurant bin ich nun was? Die Gästin?
Und was ist mit den “Menschen in diesem Lande”, wie sich manche Politiker auszudrücken pflegen? Wird demnächst von den “Mensch*Innen” die Rede sein?
Jemand hat einmal gesagt, daß die deutsche Sprache eine gute Sprache ist, weil die Worte “Mann” und “Mensch” nicht dieselben sind. Lassen wir es dabei bewenden. Wir haben derzeit genug andere Probleme.
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Staß
5. Leserbrief
Liebe Nachdenkseiten-Redaktion,
Linguistik-Professor Ralf Vogel formuliert in diesem Beitrag Gedanken, die ich aus meiner Lebenserfahrung nur bestätigen kann. Als Dialektsprecher mache ich intensiv von der Plastizität des alltäglichen Sprache Gebrauch. So verwende ich nach ein bis zwei Tagen „Akklimation“ etwa im Rheinland beim Bäcker das dort geläufige „Brötchen“ mit derselben Selbstverständlichkeit, wie die gewohnte „Semmel“.
Was mir bei gendernden Sprechern unangenehm auffällt, ist die Beobachtung, dass inhaltliche Aspekte oft unscharf oder unpräzise formuliert sind. Professor Vogel zieht in seinem Artikel ja die Parallele zu neoliberalen Reformen. Ich vermisse hier die eigentlich notwendige Sprachsensibilität bei den Verfechtern des Genderns. Aber das ist vielleicht auch eine zwangsläufige Folge, wenn man beim Sprechen das Übergewicht auf die Form legt und dabei den Inhalt vernachlässigt.
Beste Grüße,
Gerhard Rinnberger
6. Leserbrief
Liebes Nachdenkseiteteam,
*Zitat* “Sogenanntes Gendern ist aktuell zum Gegenstand des öffentlichen Diskurses geworden. Es ist eine sprachpolitische Maßnahme und somit auch völlig zurecht Gegenstand eines politischen Diskurses, für den die Linguistik keine Deutungshoheit beanspruchen kann.” *zitatende*
Hierzu möchte ich einmal auf die Differenzen in der Verwendung des Begriffes “Gender” gerade auch in der zeitlichen Entwicklung eingehen.
War im Kontext der feministischen Bewegung und der Hinterfragung, wie sieht es mit der sozialen Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern (damals noch Frau – Mann ) aus?, das Hauptaugenmerk auf die sozialen Aspekte der Geschlechtszugehörigkeit (ohne Hinterfragung der Geschlechtskörperlichkeit) gerichtet, so sieht dies in der heutigen Verwendung des Begriffes ganz anders aus! Im “Gender Mainstream” ging es darum die soziale Ungleichheit von Frauen gegenüber Männern auf zu zeigen, sie zu Verdeutlichen.
Ursprünglich wurde der Begriff “Gender” als Begriff für die sozialen Aspekte der Geschlechtszugehörigkeit entwickelt, jedoch wurde im angeblichen Kontext mit “Transsexualität” dann zunächst der Begriff “Transgender” geprägt und aus diesem “Trans- Gender” wurde letztlich die heutige Verwendung “Gender = Geschlecht”.
Dabei ist Geschlecht etwas, das in sich aus mehreren Aspekten besteht – Gender ist eigentlich nur einer von mehreren Aspekten des Geschlechts.
Genderbefürworter wollen dabei diesen Aspekt von Geschlecht zum eigentlichen Bestimmenden Aspekt und somit zu “dem Geschlecht” an sich festlegen.
Vergessen wird dabei gern, dass “Gendern (sprachlich)” zur Verleugnung von Frau bzw. Mann als anerkannte Geschlechtsbezeichnung führt – ein Aspekt der spätestens wenn einem Menschen wichtig ist als Frau oder Mann angesprochen zu werden, weil man dies genau so als “Stimmig erlebt”, eine hohe Relevanz bekommt.
Gerade Menschen mit Transsexualität (Neuro-Genitales-Syndrom, kurz NGS) egal ob überwunden oder akut erleben dieses “sprachliche Gendern” als “Absprache ihre Leidens” bzw. als “Aberkennung ihres Frau/Mann seins” – weshalb wir als Verein uns diesem sprachlichen Gendern auch verweigern.
Mehr zu diesen oben angeführten Veränderungen läßt sich herauslesen, wenn es um das aktuell geplante “Selbstbestimmungsgesetz” zur geschlechtlichen Selbstbestimmung geht.
Soviel in Kurzform, bevor mein Leserbrief zu lang und ausführlich wird.
Liebe Grüße,
Frank
7. Leserbrief
Sehr geehrte Redaktion der nds,
vielen Dank für diesen aufklärerischen Beitrag des Professors Vogel! Das Gendern in immer mehr Publikationen nervt mich schon lange, ich empfinde es als hirnerweichende Sprachverhunzung. Kürzlich lud ein Künstlerverein hier in Dachau zum Jubiläum einer “Künstler:Innenfreundschaft” mit einer Partnerstadt ein, ja wirklich.
Die jetzige Mode des Genderns erinnert etwas an die Aktionen der Sprachreiniger von vor über hundert Jahren, nacherzählt in dem Buch von Karl-Heinz Göttert “Die Sprachreiniger – Der Kampf gegen Fremdwörter und der deutsche Nationalismus”, erschienen bei Propyläen, Berlin, 2019. Damals gab es die Redensart “Deutsch ist die beste Sprache der Welt: man versteht jedes Wort” – aber nur, weil der Sprachverein nicht gesiegt hat, meinte der Schriftsteller Peter Köhler in der Buchbesprechung. Ich hoffe nur, dass die oft grün durchglühten Propagandisten der Genderei wieder verschwinden werden und dann alle Texte wieder flüssig gelesen werden können.
Eigentlich hilft hier nur die Flucht in die Absurdität: Ich fordere, wenn man die Genderei tierisch ernst nehmen will, die sprachlich korrekte Ansprache für Tiere. “Hunde an die Leine”, auf tausenden Schildern in unseren Parks und Stadtwäldern zu sehen, war gestern. Ab sofort muss es heißen “Hunde und Hündinnen an die Leine”. Andernfalls dürften ja Hündinnen trotz Verbot frei in den Wäldern herumstreunen, nur Hunde nicht. Ist selbstverständlich Quatsch.
Im Übrigen ist unsere deutsche Sprache bei den üblichen Haustieren eh schon sehr genau und gendergerecht: das Pferd, aber der Hengst, die Stute; das Rind, aber der Stier, die Kuh; das Schwein, aber der Eber, die Sau; das Huhn, aber der Hahn, die Henne. Danach wird es unregelmäßig: der Kater, die Katze, kein Neutrum; der Bock, die Ziege, kein Neutrum; das Schaf, der Bock, keine weibliche Form, usw.,usw. Wilde Tiere sind dann nach Belieben männlich, weiblich, sächlich: der Hirsch, der Biber, die Hornissse, die Schlange, das Reh, das Gnu.
Warum aber gibt es bei uns immer noch “das Weib”? Haben die Gender-Puristen da etwas verschlafen?
Freundliche Grüße
Emmo Frey
8. Leserbrief
Werte NDS-Redaktion,
Jetzt hat’s mir aber kräftig die/der Sprache*r verschlagen und das am Sonntagabend*in. Ob mich nachher der/die Tatort*in nach interessieren wird? Wohl mitnichten&Mitneffen, hat da jemals einer/eine von Mörder*Innen, von Verbrecher*Innen, von Kriminell*Innen gekündet? Dass der/die Autor*in Vogel*In am Ende sich outet und zugibt, dass wenn es ihm beruflich nützen könnte, er – und falls er sich demnächst Geschlecht umzuwandeln gedenkt, sie – sich hemmungslos dem Gendern alias Genderinnen hingibt hat, mich mehr als enttäuscht.
Ist Gendern links? Schon die/der Frage*r nervt! Als ob es heute noch wahre Linke und Linkinnen geben würde. Die/der Frage*r, ob es jemals so was gegeben hätte, führt in die Irre*r. Spätestens nach Eintreten der Zeitenwende – oder muß es nicht doch Zeitenwendin heißen – hat es ein Ende mit „Linkssein, -denken und -fühlen“. Herr Vogel verweist berechtigterweise auf vergleichbare Maschen, wie wir sie „aus neoliberalen Formen“ übergestülpt bekommen und die sind bestimmt nie links angedacht. Will allerdings nicht begreifen, dass das „Gendern“ geradezu die Paradeform ist, dem Volk, der Gesellschaft oder wem auch immer ihre gelernte Sprache mit dem/der „Deibel*in“ auszutreiben.“
Klar, die heute zum Linkssein verdammten, die links Eingenordeten ebenso wie diejenigen, die die Vorgenannten am Nasenring zu indoktrinieren haben, haben natürlich alle ein gewaltiges Problem. Das Vakuum da, wo früher vielleicht mal ein Marx sein Unwesen trieb – selten durfte, bei den (Seeheimer*Innen-)Sozen vielleicht man sich evtl. gerade noch mal zum Gewerkschaftsgedanken hingezogen zu fühlen glaubte, muß ja mit irgendwas gefüllt bzw. aufgeblasen werden. Und da kommt das „Gendern“ gerade recht als „die“ Beschäftigungstherapie. Den ganzen lieben langen Tag kommt es einem unter, beim Frühstück im Regionalblättchen, bei den sich zur Elite Fühlenden in der FAZ*in oder SZ*In, untertags in den gut Leitlinien angepassten Mails und Schriftsätzen am Arbeitsplatz*In oder im Home-Office und abends natürlich in der ersten oder zweiten Reihe des ÖRR. Wer – bitte – soll da – free on board – linkes Gedankengut bereitstellen bzw. hegen?
Zwischenruf: mein angestrengtes Gendern hier ging mir jetzt gehörig auf den Geist – versprochen – ich lasse es jetzt ab sofort sein.
Aber es ist ja nicht nur die immer öfters geforderte Pflicht zum „Gendern“. Der Gessler-Hüte gibt’s schließlich zwischenzeitlich gar viele. Der „Neescher“, der „Zigeuner“ nebst Schnitzel und -Soße z.B.! Wer wagt es sich noch, sich Gedanken zu machen, wenn aus den USA mal wieder von einem Sheriff berichtet wird, der seinen eigenen OK-Corral mit einem „Nigger oder einer Niggerin“ nachgestellt hat. Anderthalb Tausend sollen es sein jedes Jahr, das hilft denen schon, in „good old Germany“ nicht mehr als Neger verunglimpft zu werden. Gleiches gilt wohl auch für die paar Millionen Rothäute, die seit dem 4.7.1779 seither bei der Flurbereinigung abhanden kamen. Indianer gibt fast nicht mehr. Und bei den paar Versprengten, die z.B. in Kanada noch dahin darben unter der ihnen großspurig gespendeten Überschrift „First Nations“ , die sich bisher entgegen allen Anfeindungen erfolgreich um ihre Umwelt und ihr Überleben sorgten, will ja jetzt unser Kanzler Olaf Scholz – wohl auf Vize-Kanzlers Geheiß – ihnen ihre völlig abstrusen Vorbehalte gegen Fracking austreiben, damit vielleicht im Winter hierzulande pro Woche doch noch eine zweiminütige 19°- Dusche (offiziell Habeck-shower) möglich werden kann und auf den Waschlappen wenigstens noch einmal verzichten werden kann. Pro Gasanschluss versteht sich. Es wird eng werden!
Wo ist das Problem, es gibt ja für sie einen fairen Ausgleich. Winnetou muß sterben, Schluss mit diesem üblen Rassismus. Außerdem wurde ja längst ein Ersatz gefunden, mit dem „Russen“ nämlich. Sollte es möglich werden, mit dem größten Land der Erde gleiches zu treiben was erfolgreich beispielsweise mit Jugoslawien möglich war, die Stämme dort gegeneinander zu treiben. Dann, ja dann können wir evtl. wieder auf längere Duschen spekulieren. Noch aber hat der Bär den wertewestlichen Plan geschnallt und erst einmal gewaltig Tatzen und Krallen ausgefahren. Da muß noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Und sind da noch die Kurznasen – Schlitzaugen darf man ja auch nicht mehr sagen, stimmts Herr Öttinger – und die Taiwanesen, jener frisch entdeckte Menschenschlag, nachdem es die Uiguren einfach nicht hinbekommen wollen.
Drüben, bei den „Bösen“ also – da feiert Rassismus Tag für Tag fröhliche Urständ. Da hätte es eines Banderistans gar nicht bedurft. Aber immerhin wissen wir jetzt wohin wir unsere Päckchen – nicht nur zu Weihnachten – zu schicken haben. Reichlich gefüllt mit allerlei Spezereien, vornehmlich mit Kartätschen, Haubitzen, Raketen zuhauf, kostet ja alles nüscht. Kommt gut an. Damit Nordstrom II nicht zum Einsatz kommt, dürfen wir frieren, so heißt es jedenfalls, nur ein Pullover mehr. Was das alles mit „Gendern“ zu tun hat? Gar ville! So kann die „Zeitenwende“ viel besser von uns angenommen werden. Es könnte auch sein, dass das was da gerade so abgeht in der Ukraine und bei uns in Sachen Absturz des Lebensstandards – alles auf vielfachen Wunsch eines eizelen Gleichen von overseas – lt. Drehbuch beim Volk eher früher als später eben „uns (ehemaligen) Linken“ in die Schuhe geschoben werden wird. Wohl bekomm’s!
Mit besten sonntagabendlichen Grüßen
Michael Kohle
9. Leserbrief
Hallo und guten Tag, sehr geehrter Herr Vogel,
mit der nachfolgenden Passage aus Ihrem Text ist eigentlich die wesentliche Aussage zu diesem Thema getroffen worden:
Das Problem liegt also nicht in den sprachlichen Mitteln des Genderns an sich (jeder darf sich so ausdrücken, wie er möchte), sondern darin, dass wir es hier mit einer sprachpolitischen Maßnahme zu tun haben, die gegen das Rosa-Prinzip verstößt, weil sie alternative Ausdrucksweisen und ihre Verwender diskriminiert.
Diskriminierung durch Sprache zu versuchen, hat schon immer stattgefunden, egal aus welcher unsäglichen Ecke des sogenannten Links-Rechts-Spektrum die Idee dazu gekommen ist.
Unabhängig davon, dass ich es für wenig hilfreich erachte, das Spielchen mit der Spaltung auch auf diesem Terrain aufrecht zu erhalten, möchte ich eine Hilfestellung leisten darüber nachzudenken, was denn der Auslöser grundsätzlich für eine Gender-Sprache gewesen sein könnte.
Sie äußern sich in Ihrem Beitrag wie folgt:
Ist der Antrieb der Akteure bei den neoliberalen Sozialreformen materieller Art, so ist für mich nicht offensichtlich, was hier der Antrieb ist, abgesehen davon, dass die Akteure, die das Gendern offensiv betreiben, sich als Teil einer Art sprachrevolutionärer Bewegung zu sehen scheinen und ihre Befriedigung darin finden mögen, dass sie ach so viel Gutes tun.
Ich finde, ob absichtlich oder nicht, dass sie mit der Erwähnung ” neoliberaler Sozialreformen ” einen Punkt gemacht haben.
Ganz offensichtlich ist das ” Gendern ” der Sprache eine Konsequenz aus dem Phänomenbereich des ” Feminismus “.
Folgt man dem Eintrag ” Feminismus ” auf der ” Wikipedia “, ist die Gender-Sprache eine folgerichtige Entwicklung der Anfänge der feministischen Bewegung von vor ca. 150 Jahren.
So gut, richtig und wichtig – dass betone ich gerne – das Ziel der ” Gleichberechtigung ” von Mann und Frau ist, so entlarvend ist doch, welche Dynamik diese Bewegung Anfang der 1970er Jahre aufgenommen hat.
Hierzu empfehle ich die Ausarbeitung von Günter Ickler, Bevölkerung im Wandel.
Selbstverständlich war Anfang der 1970er Jahre klar, wie sich die Bevölkerung und damit auch die Anzahl der Erwerbstätigen in Zukunft entwickeln werden würden.
Mächtige ” alte weiße Männer ” haben nicht aus altruistischen Gründen, sondern aus reinem ökonomischem (Selbst-) Zweck den Feminismus befördert, weil der Zeitgeist der 1970er Jahre ” die Frau ” perspektivisch nicht ausreichend an den Herd und zum Kinder gebären motivieren konnte.
Während in den 1970er und 1980er Jahren noch ” der ” Mann imstande war, seine Familie zu ernähren, bedarf es heute unbedingt der Mithilfe der Arbeitskraft der Ehefrau um dieses Ziel zu erreichen. Sonstige dazu gehörende politische Maßnahmen müssen in dieser kurzen Betrachtung außen vor bleiben.
Ich denke, dass sich die Betroffenen Frauen und Männer inzwischen mit diesen Umständen arrangiert haben, was letztlich nur zeigt, dass der ” gemeine ” Mann und die ” gemeine ” Frau tendenziell eine gegenseitige Wahrnehmung auf gleicher Augenhöhe entwickelt haben.
Nun haben sich die Zeiten gravierend geändert und der konventionelle ” Neo-Liberalismus “, gar der Kapitalismus insgesamt, scheint aufgrund der massiven Überschuldung der Staaten kurz vor dem Exodus zu stehen.
Arbeitsplätze werden auch in Zukunft für ” typische Frauen- Berufe ” weniger werden.
Die künstliche Intelligenz wird wohl für einen erheblichen Arbeitsplatz-Abbau sorgen und dennoch ist das Problem der Überbevölkerung weltweit für die ” Entscheider ” nicht ohne weiteres in den Griff zu bekommen.
Jeder NDS-Leser mag sich im Hinblick auf die Erfahrungen der letzten zwei Jahre sein Teil dazu denken können.
Frauen haben aber noch und hoffentlich immer ein Alleinstellungsmerkmal, dass es gilt zu attackieren, wenn man eine neue Welt backen möchte.
Wer heute über Gender-Sprache fabuliert, der muss aus meiner Sicht einen engen ( politischen ) Zusammenhang zur propagierten Transsexualität und auch zur gleichgeschlechtlichen Ehe diskutieren können.
Ich für meinen Teil bin ich der Beziehung ” Rechts ” , weil ich zu diesem Thema eine liberal- konservative Haltung habe. Gleichwohl werde ich mich immer für Minderheiten einsetzen, gegen den Krieg und Lügen und für meine Freiheit auf die Straße gehen.
Wir müssen uns als Gesellschaft auch aus dieser Spaltung der klassischen politischen Verortung in Einzelfragen lösen wollen und uns ständig die Frage stellen :
Cui bono ?
Freundliche Grüße
Michael Krater
10. Leserbrief
Danke Danke
Dieser Text hilft mir beim Umgang mit den Sprachpolizisten sehr!!
H.K.
Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten
Die NachDenkSeiten freuen sich über Ihre Zuschriften, am besten in einer angemessenen Länge und mit einem eindeutigen Betreff.
Es gibt die folgenden E-Mail-Adressen:
Weitere Details zu diesem Thema finden Sie in unserer „Gebrauchsanleitung“.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=87576