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- Christoph Butterwegge über Sozialstatistik: „Armut wird stark verharmlost“
- Kopflos in die Rezession: Warum sind wir so vernagelt?
- Gashändler und Reizfigur: Über den Umgang mit Gerhard Schröder
- Deutschland muss mehr sparen als alle anderen
- Offener Brief an Bundesminister Habeck zur aktuellen Energienotlage
- Wie die Gaslieferung zum Glückspiel wurde
- Russland und das Gas – Panikmache durch Desinformation
- Karl Lauterbach beweist bei der Erhöhung der Krankenkassen-Beiträge schlechtes Timing
- Lauterbachs Corona-Plan: Streeck befürchtet Überbietungswettbewerb der Länder
- Das deutsche Streikrecht ist affig: Das zeigt sich nicht nur am Beispiel Gorillas
- „Der Bitcoin ist ein reines Luftprodukt“
- Der Rhein könnte bald unbefahrbar für den Gütertransport sein
- „Seit sechs Wochen keine Post“: Berliner warten verzweifelt auf Briefe
- „Zivilisten gefährdet“: Amnesty wirft Ukraine Völkerrechtsbrüche vor
- Zu guter Letzt: “Irgendjemand muss ja seriöse Opposition betreiben”
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Christoph Butterwegge über Sozialstatistik: „Armut wird stark verharmlost“
Die offiziellen Zahlen des statistischen Bundesamts seien geschönt, sagt der Armutsforscher Christoph Butterwegge. Von der Politik fordert er höhere Entlastungen für Arme.
taz: Herr Butterwegge, das Statistische Bundesamt hat Zahlen zu Armut in Deutschland 2021 veröffentlicht. Wie schätzen Sie diese ein?
Christoph Butterwegge: Die Zahlen stellen die Armut eher verharmlosend dar. So wird nur die relative Einkommensarmut berücksichtigt und nicht die absolute Armut. Besonders finanzschwache Gruppen sind in der Statistik gar nicht enthalten, denn es geht bloß um Armut im Haushaltskontext. Obdachlose oder Menschen, die in Notunterkünften leben, bleiben zum Beispiel außen vor.
Anhand der vorliegenden Zahlen sollen 13 Millionen Menschen in Deutschland, also 15,8 Prozent der Bevölkerung, im Jahr 2020 armutsgefährdet gewesen sein, auf die sich die Erhebung bezieht, das heißt 200.000 Menschen weniger als vor der Pandemie.
Quelle: taz
dazu: Fast jeder Sechste von Armut bedroht
Bei etwa 13 Millionen Menschen in Deutschland hat im vergangenen Jahr das Risiko bestanden, in Armut abzurutschen. Wie das Statistische Bundesamt weiter bekannt gab, sind vor allem Alleinerziehende und Alleinlebende betroffen.
Quelle: tagesschau
dazu auch: Akzeptiertes Elend
Ideologen der »Wohlstandsgesellschaft« kritisieren den Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands
Auf der einen Seite sind die Medien voll von Warnungen aus Politik, Verbänden und Expertenkreisen vor wachsender Armut der Massen dank Inflation und nachhinkender Lohnentwicklung, auf der anderen Seite wird der aktuelle Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands (siehe Bericht und Kommentar in: junge Welt, 30.6.2022) ganz forsch mit halbseidenen Argumenten zurückgewiesen. Das soll jemand verstehen!
Inzwischen wird man bereits über »Wärmehallen« informiert, die einzelne Kommunen für den Winter vorbereiten – Bild erinnert sogar schon an die »Wärmestuben« aus der Great Depression 1929/30. Die Verantwortlichen gehen nämlich fest davon aus, dass sich viele Menschen demnächst die steigenden Heizkosten nicht mehr leisten können. Und dass es haufenweise Armut im Lande bei wachsendem Reichtum gibt, ist eigentlich nicht zu übersehen. Dafür bräuchte es keine besondere Forschung. Der Armutsbericht, den der Paritätische alle zwei Jahre erstellt, wurde ja auch in der Regel als Pflichtübung zur Kenntnis genommen, die keine große Debatte erforderte. Da ist das Echo in diesem Jahr um so erstaunlicher.
Quelle: junge Welt
und: Armut und kein Ende
Millionen Menschen in BRD müssen mit geringen Einkommen über die Runden kommen. Industrie droht bei steigenden Energiepreisen mit Massenentlassungen
Nachdem die Lohnabhängigen hierzulande bereits darauf eingestimmt worden sind, im kommenden Winter zu frieren und Strom zu sparen, sollen sie sich auch noch darauf einstellen, ihren Job zu verlieren und zu verarmen.
Schon vor dem Ukraine-Krieg, rasanter Inflation und Energiekrise galten viele Menschen in der Bundesrepublik als »armutsgefährdet«: Nach am Donnerstag veröffentlichten Angaben des Statistischen Bundesamtes waren das 2021 rund 13 Millionen Menschen, was einem Anteil von 15,8 Prozent der Bürger entspricht. Frauen, Rentner und Familien mit mehreren Kindern sind dabei überdurchschnittlich betroffen. Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügt, das im vergangenen Jahr für Alleinstehende auf 15.009 Euro netto jährlich, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern bis 14 Jahren auf 31.520 Euro netto im Jahr beziffert wurde. Im Monat sind das 1.251 bzw. 2.627 Euro. Während sich gegenüber dem Vorjahr kaum etwas an diesen Zahlen geändert hat, warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband nun, dass sich die Armutssituation 2022 angesichts der enormen Preissteigerungen deutlich verschärfen werde.
Quelle: junge Welt
- Kopflos in die Rezession: Warum sind wir so vernagelt?
Wenn es um Sparen und Geldausgeben geht, zeigt sich eine fatale deutsche volkswirtschaftliche Ignoranz.
Stellen Sie sich einmal vor: Ein Arzt entwickelt ein geniales Diagnose-Instrument, mit dem sich bei vielen Krankheiten Fehldiagnosen vermeiden lassen, aber die große Mehrheit seiner Kollegen wollen es nicht anwenden, weil sie der Meinung sind, Fehldiagnosen seien nun einmal Teil des Lebensrisikos der Patienten, die man einfach in Kauf nehmen müsse.
Sie würden sicher sagen, dass diese Position unverantwortlich ist und nach dem Staat rufen, der dafür sorgen müsse, dass die Mehrheit der Mediziner ihre traditionellen Positionen räumt und das neue Instrument benutzt. Sie halten das für unrealistisch? Jeder vernünftige Mediziner, glauben Sie, sei bestrebt, den Patienten so gut wie möglich zu helfen, und er würde sich folglich niemals ohne Grund an traditionelle, aber veraltete Methoden klammern.
Nun erzähle ich ihnen eine Geschichte aus der Volkswirtschaftslehre. Vor nahezu hundert Jahren hat eine Gruppe von Ökonomen entdeckt, dass man die Entscheidung eines Menschen oder einer Regierung, mehr oder weniger Geld auszugeben als zuvor, nicht isoliert betrachten und beurteilen darf, weil jede dieser Entscheidung unweigerlich Rückwirkungen auf andere Menschen und auf Unternehmen hat, die darauf wiederum reagieren.
Geben etwa die privaten Haushalte weniger von ihrem Einkommen aus, legen also mehr auf die hohe Kante, haben die Unternehmen, bei denen sie sonst gekauft hätten, geringere Einnahmen. Jede Einnahme in der Volkswirtschaft ist zugleich eine Ausgabe und umgekehrt.
Das ist ja eine lächerlich einfache Erkenntnis, werden Sie sagen. Das stimmt. Schon in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts machten sich einige kluge Beamte in der Deutschen Bundesbank auf, um einmal auszurechnen, wie es denn um den Saldo der Einnahmen und Ausgaben in den verschiedenen Sektoren der Volkswirtschaft bestellt ist.
Doch genau diese lächerlich einfache Erkenntnis wird in Deutschland seit den oben genannten fast einhundert Jahren von der großen Mehrzahl der Ökonomen, ich rede von geschätzt 95 Prozent, und der Gesamtheit der Politiker, die für Wirtschaftsfragen zuständig sind, einfach ignoriert. Selbst die Spitze der Bundesbank hält diese Erkenntnis seit Jahrzehnten unter der Decke.
Quelle: Heiner Flassbeck auf Telepolis
- Gashändler und Reizfigur: Über den Umgang mit Gerhard Schröder
Es gibt gute Gründe, Gerhard Schröder ob seiner Haltung zu Wladimir Putin unsympathisch zu finden. Die reflexhaften Reaktionen auf den Altkanzler sollten uns allerdings genauso zu denken geben […]
So weit ist nichts einzuwenden gegen die kritische Auseinandersetzung mit dem Kanzler a.D. Wenn es denn eine Auseinandersetzung wäre. Genau die aber findet gerade nicht statt. Es jagen sich die Vorwürfe, er mache sich zum willigen Sprachrohr Putins, sei sowieso nur am eigenen Wohlergehen als Gaslobbyist interessiert und wolle Putin gerade mal so die Ostukraine überlassen. […]
Schröder mag der Falsche sein, um die Debatte in Deutschland und anderswo in diese Richtung zu bereichern. Aber die, die jetzt auf ihn losgehen, setzen sich ebenfalls einem Verdacht aus: Es scheint, als sähen sie ihre politische und weitgehend auch publizistische „Die Ukraine muss den Krieg gewinnen“-Front am Ende als so brüchig an, dass sie lautes Nachdenken über alternative Wege zum Frieden fürchten. Und das schadet einer offenen Debatte über diesen furchtbaren Krieg nicht weniger als die persönliche Unglaubwürdigkeit des Gashändlers Schröder.
Quelle: Stephan Hebel in der Freitag
Anmerkung unseres Lesers C.K.: In der Tat, man kann ja zu Gerhard Schröder stehen, wie man will, aber es ist deshalb noch lange nicht verkehrt über diplomatische Lösungen nachzudenken. Wir täten gut daran das Gespräch zu mit Russland zu suchen. In der Diplomatie geht es eben nicht darum sich nur mit Menschen zu unterhalten die einem gefallen. Auch Otto von Bismarck ist sicherlich nicht in allem was er tat ein Vorbild, aber dieses Zitat gilt, meines Erachtens nach, noch heute: “Ich betrachte auch einen siegreichen Krieg an sich immer als ein Übel, das die Staatskunst den Völkern zu ersparen bemüht sein muss.”
- Deutschland muss mehr sparen als alle anderen
Deutschland muss seinen absoluten Gasverbrauch so stark wie kein anderes EU-Land reduzieren, um das Einsparziel der Europäischen Union von 15 Prozent zu erreichen. Nach einer Berechnung basierend auf Daten der EU-Kommission muss die Bundesrepublik von Anfang August bis März nächsten Jahres gut 10 Milliarden Kubikmeter weniger Gas verbrauchen, um das von den EU-Ländern beschlossene Ziel zu erreichen.
Die in Deutschland zu sparende Gasmenge kommt etwa dem Durchschnittsverbrauch von fünf Millionen vierköpfigen Haushalten im Jahr gleich. Denn 10 Milliarden Kubikmeter Gas entsprechen etwa 100 Milliarden Kilowattstunden, und ein Musterhaushalt mit vier Personen in Deutschland verbraucht im Jahr rund 20.000 Kilowattstunden. Somit muss Europas größte Volkswirtschaft wegen ihres vergleichsweise hohen Gasverbrauchs in absoluten Zahlen mehr sparen als andere.
Quelle: n-tv
Anmerkung Christian Reimann: Es ist nicht überraschend, dass Deutschland “seinen absoluten Gasverbrauch so stark wie kein anderes EU-Land reduzieren (muss), um das Einsparziel der Europäischen Union von 15 Prozent zu erreichen”. Aber wem wird durch die Reduzierung des Gasverbrauchs geholfen? Der Ukraine sicher nicht. Und die Bevölkerungen in den EU-Mitgliedsstaaten erleben auch keine Vorteile durch diesen politisch motivierten Wohlstandsverlust. Besser wäre die Öffnung der teuer gebauten Gas-Route Nord Stream 2. Bitte lesen Sie dazu auch Mehrkosten im mittleren vierstelligen Bereich – das wird ein heißer Winter trotz kalter Wohnungen.
- Offener Brief an Bundesminister Habeck zur aktuellen Energienotlage
mein Newsticker meldet sich seit vielen Wochen im Minutentakt. Die steigenden Energiekosten, die ausbleibenden russischen Gaslieferungen, das Tauziehen um die Lieferung der Turbine oder die ganz grundsätzliche Diskussion um die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland beherrschen seit Wochen, nein Monaten, die Berichterstattung.
Die Sorge vor den Folgen der ausufernden Energiepreisentwicklung treibt uns alle um – mich dabei ganz besonders. Ich sehe mich in der Verantwortung für unsere Kunden und die Versorgungssicherheit in unserer Silberstadt®.
Doch auch für uns als Stadtwerke ist der aktuelle Handlungsspielraum stark eingeschränkt. Wir werden von Verordnungen, Gesetzesentwürfen, Notfallplanungen und Hiobsbotschaften getrieben und sind gleichzeitig zuallererst Ihnen, unseren Kunden, verpflichtet.
Doch die derzeitigen Entscheidungen unserer Bundesregierung sind gerade im Hinblick auf die Energieversorgung und Gaslieferungen für uns, die vom Fach sind, schwierig nachvollziehbar. Deshalb habe ich mich entschlossen, den Weg nach vorn zu gehen.
Heute habe ich ein Schreiben an Herrn Minister Dr. Habeck versandt, indem ich auf die, aus meiner Sicht, aktuellen Missstände und Risiken bei der Art der Bewältigung der Krise eingehe und klare Forderungen formuliere. Diese sind im Einzelnen:
- Nationales Energiewendmoratorium
- Abhängigkeiten reduzieren und Wirtschaft stabilisieren
- Umlagen sofort stoppen
- Nationalen Energienotstand ausrufen – Preise festlegen
- Bundeslastverteiler einsetzen
- Nord Stream 2 freigeben
- Sozialen Frieden sichern
Ich hoffe, mit diesem Schreiben einen Beitrag zu einer konstruktiven und ideologiefreien Diskussion um die Zukunft der Energieversorgung in unserer Stadt leisten zu können. Es geht um pragmatische Lösungen und den Einstieg in einen umsetzbaren und nachhaltigen Transformationsprozess. Für gegenseitige Schuldzuweisungen ist jetzt keine Zeit.
Quelle: Stadtwerke Freiberg
- Wie die Gaslieferung zum Glückspiel wurde
Alle sprechen vom Erdgas. Seit Jahrzehnten fließt es fast unbemerkt von den meisten Deutschen durch die Pipelines. Meist aus dem Osten. Nun liefert Russland nicht mehr so viel wie bisher. Unser Autor schaut sich die Bedeutung der Erdgasversorgung einmal genauer an. Dabei analysiert er auch, welche Alternativen es gibt und welche Folgen der Gasmangel für Verbraucher, Industrie und Energieversorger hat. Und er klärt Grundsätzliches zum Erdgas. […]
Eine der wichtigsten Quellen für LNG liegt im US-Bundesstaat Texas, wo sich inzwischen auch Katar eingekauft und von wo Katar künftig auch die Bundesrepublik versorgen wollte. Katar bestand jedoch, um seine Infrastrukturinvestitionen abzusichern, auf langfristigen Lieferverträgen, die mit der von der deutschen Regierung beabsichtigten Politik „weg von fossilen Energiequellen“ und dem angestrebten Zeitplan nicht in Deckung zu bringen sind. Neben den USA und Katar kommen auch Australien und Kanada3 sowie Nigeria als LNG-Lieferländer infrage. Wobei Nigeria bislang zu 90 Prozent nach China lieferte und jetzt mehr Gas für die heimische Wirtschaft nutzen will4. Inzwischen warnt Shell, einer der größten LNG-Händler der Welt, dass LNG ab 2025 knapp werden könne, weil die Nachfrage das Angebot übersteigt 5. Dann könnten sich die Infrastrukturinvestitionen, welche die EU und Deutschland derzeit tätigen, schnell als Fehlinvestitionen herausstellen.
Deutschland trat nach der Entscheidung, kein Gas mehr aus Russland zu beziehen, als neuer Käufer für LNG am Markt auf. Damit werden Staaten, die mangels Pipeline-Anbindung an Gasquellen nur mit LNG versorgt werden können, vom Markt verdrängt. Dies wird bei Ländern wie Pakistan, die derzeit eine Wirtschaftskrise durchmachen und jetzt 70 Prozent weniger LNG einkaufen können die dortige Wirtschaft weitgehend abwürgen und massiven Druck auf die Regierung auslösen. Die Folgen sind derzeit nicht absehbar. Pakistan ist jedoch mitnichten das einzige Land, dessen wirtschaftliche Entwicklung durch die extrem steigenden Gaspreise abgeschnürt wird. Aufgrund des hohen Preisniveau in Europa, können die Vertragsstrafen wegen Nichtlieferung nach Asien ohne Probleme verkraftet werden und ermöglichen immer noch Gewinne.
Quelle: Hintergrund
- Russland und das Gas – Panikmache durch Desinformation
Nachdem Russland Mitte Juni die Gaslieferungen über Nord Stream 1 reduziert hat, vergeht kaum ein Tag, an dem nicht politische Würdenträger und mutmaßliche Experten mit neuen Albtraumszenarien für den kommenden Winter aufwarten. In all diesen Horrorszenarien steht eines von vornherein fest: Der Schurke ist Putin. Off-Limits ist in der veröffentlichten Meinung die Frage, ob nicht die westliche Sanktionspolitik und das Festhalten an der Vorstellung, dass es in diesem Krieg kein anderes Ergebnis als eine militärische Niederlage Russlands geben darf, ein wichtiger Grund für die sich nun aufschaukelnden Probleme sein könnte.
Teil 1 eines Dreiteilers um den Konflikt um die russischen Gaslieferungen unseres Autoren Paul Michel vom Netzwerk Ökosozialismus.
Am 14. Juni hatte Gazprom erklärt, es müsse den Gasdurchfluss in Nord Stream 1 reduzieren, weil wichtige Komponenten für den Gastransfer nicht zur Verfügung stünden. Daraufhin traten Politiker und Medien in einen Überbietungswettbewerb um die düsterste Prophezeiung. Von CDU bis zu den Grünen, von BILD bis zur Süddeutschen Zeitung – alle waren sich einig: Wir steuern auf eine Megakatastrophe zu. Den Vogel schoss wohl das Handelsblatt ab. „Im schlimmsten Fall drohen Deutschland Katastrophenmonate, wie es sie seit dem sogenannten Hungerwinter 1946/1947 nicht mehr gegeben hat. Damals starben Zehntausende Deutsche an Kälte und Unterernährung.“ Behauptung ist genug Beweis! Zur Wirklichkeit pflegen die Schöpfer dieser alarmistischen Stimmungsmache ein recht kreatives Verhältnis. (…)
In einem Klima, in dem Putin von vorherein die Inkarnation allen Bösen ist, sehen die Verbreiter der Einheitsmeinung offenbar keine Notwendigkeit, Belege und Beweise für ihre Behauptungen zu liefern. Eine Behauptung ist Beweis genug! Alles ist zulässig! Freie Bahn der Phantasie! Der veröffentlichte Diskurs ist davon geprägt, dass man Teilwahrheiten berichtet und Dinge weglässt, die nicht ins gewünschte Bild passen wollen. Im Zweifelsfall wird die Wirklichkeit passend gemacht. Das ist eigentlich eine Provokation für jeden mit Verstand ausgestatteten Menschen. Aber in einer gesellschaftlichen Atmosphäre, in der die Mehrheit der Menschen darauf eingeschworen ist, dass Putin der Böse und die eigenen Herrschenden die Guten sind, nimmt an solch billigen rhetorischen Manövern offenbar kaum jemand Anstoß.
In der Haltung zum Ukrainekrieg ist es den Herrschenden gelungen, ein Ausmaß von Gleichschaltung herzustellen, wie das in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten, nicht der Fall war.
Quelle: Die Freiheitsliebe
- Karl Lauterbach beweist bei der Erhöhung der Krankenkassen-Beiträge schlechtes Timing
Gesundheitssystem Das Gesetz, das die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen stabilisieren soll, greift zu kurz. Lässt sich der Fehler von Gesundheitsminister Karl Lauterbach noch korrigieren? […]
Auch die im stationären Bereich avisierten Einsparungen bergen Sprengstoff. Gerade haben die Pflegekräfte in Nordrhein-Westfalen in einem langen, aufopferungsvollen Streik einen Entlastungstarifvertrag durchgesetzt. Nun kündigt Lauterbach an, Mitarbeiter:innen, die „am Bett“ arbeiten, aber keine klassische pflegerische Ausbildung haben, aus dem Pflegebudget herauszunehmen. Das könnte dazu führen, dass Tausende von Mitarbeiter:innen, so die Deutsche Krankenhausgesellschaft, nicht mehr finanziert werden können. Alle Versprechungen, die dem Pflegepersonal in den vergangenen Monaten gemacht wurden, wären Makulatur. Gepaart mit den zu erwartenden Vorschlägen der Lauterbach-Kommission zur Schließung von Kliniken dürfte es in den kommenden Jahren in den Krankenhäusern noch unruhiger werden als bisher.
Quelle: der Freitag
- Lauterbachs Corona-Plan: Streeck befürchtet Überbietungswettbewerb der Länder
Die Bundesländer sollen im neuen Infektionsschutzgesetz aber auch sehr viel mehr Möglichkeiten haben, weitere Corona-Maßnahmen zu ergreifen. Das allerdings sieht Streeck kritisch: „Wie genau das ausgestaltet werden soll, steht alles noch nicht fest. Und wir müssen aufpassen, dass die Indikatoren dafür auch festgelegt werden – also wann bestimmte Maßnahmen ergriffen werden sollten, weil man sonst in Deutschland in einen Flickenteppich hineinkommt. Die Länder könnten in einen Überbietungswettbewerb kommen und immer mehr Maßnahmen ergreifen, die eigentlich nicht notwendig sind“, kritisiert Streeck. Das sollte unbedingt vermieden werden.
„Es ist sicherlich richtig, dass Maßnahmen für den Herbst und Winter jetzt bereits diskutiert werden und auch das Infektionsschutzgesetz dann mit dem Bund und Ländern und auch im Parlament genau diskutiert wird, um zu sehen, welche Maßnahmen für den Herbst und Winter sinnvoll sind oder nicht. Aber man muss auch bedenken, dass wir, im Vergleich zu den Jahren davor, in einer anderen Phase der Pandemie sind“, betont der Experte. Vor allem mit Blick auf das Comeback der Maskenpflicht im Herbst und Winter kritisiert er das geplante Vorhaben.
Quelle: RTL
- Das deutsche Streikrecht ist affig: Das zeigt sich nicht nur am Beispiel Gorillas
Egal ob man an der Uniklinik, am Flughafen oder für einen Lieferdienst arbeitet: Wenn man streiken will, hat man das deutsche Recht nicht auf seiner Seite
Was können Beschäftigte machen, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht? Wenn der Lohn nicht ausreicht, um Miete, Essen und Nebenkosten zu bezahlen? Wenn die Arbeitsbelastung so groß ist, dass sie nicht mehr weiterwissen? Sie können den Chef oder das Management ansprechen, bitten und verhandeln, Unterschriften sammeln oder sich krankmelden. Wenn das alles nicht hilft, können sie wenig machen, außer zu streiken und ihrerseits den Druck zu erhöhen. Doch Streiks sind Kraftakte, die Mut und Organisation erfordern. Das deutsche Recht haben die Streikenden meist nicht auf ihrer Seite, genauso wie viele Medien. Oft richten sich auch andere Beschäftigte gegen sie.
Quelle: der Freitag
- „Der Bitcoin ist ein reines Luftprodukt“
Ökonom Peter Bofinger gilt als Bitcoin-Kritiker. Im Interview erklärt er, warum die Kryptowährung nicht als Inflationsschutz taugt und warum er von dezentralen Bezahllösungen nichts hält.
WirtschaftsWoche: Herr Bofinger, Sie gelten als Kritiker von Kryptowährungen wie dem Bitcoin. Hat Sie der vergangene Crash, in dem der Bitcoin rund die Hälfte an Wert eingebüßt hat und jetzt nur noch etwas mehr als 20.000 Dollar kostet, gefreut?
Peter Bofinger: Zumindest fühle ich mich da bestätigt. Der Bitcoin hat ja in der aktuellen wirtschaftlichen Krise eindeutig nicht die Vorteile gebracht, die seine Verfechter ihm immer unterstellt haben.
Sie meinen den Schutz vor Inflation aufgrund der natürlichen Knappheit des Bitcoin?
Richtig. Spannenderweise hat er gerade im Umfeld mit hohen Inflationsraten von mehr als neun Prozent noch mehr an Wert verloren als die staatlichen Fiatwährungen wie der Euro oder der Dollar. Das ist also völlig daneben gegangen.
Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Der Bitcoin ist ein reines Luftprodukt – mal mit mehr, mal mit weniger Luft. Aber reale Substanz ist da nicht dahinter. Kryptowährungen sind das einzige private Asset, dessen Inhaber keinen Anspruch auf irgendetwas hat. Warum sollte uns etwas, das keinen inneren Wert hat, gegen Inflation absichern.
Quelle: WirtschaftsWoche
- Der Rhein könnte bald unbefahrbar für den Gütertransport sein
Am Wochenende wird der Pegel des Rheins wohl besonders niedrig sein. Das hätte schwerwiegende Folgen für den Gütertransport, insbesondere für Schiffe, die Benzin, Kohle und Heizöl transportieren. Dabei bräuchte Deutschland gerade jetzt Kraftstoffe in großen Mengen.
Der Wasserstand des Rheins steht kurz vor dem Punkt, an dem der Strom für den Transport großer Gütermengen praktisch ausfällt – inmitten der Versuche Europas, eine massive Wirtschaftskrise abzuwenden.
Der Pegel des Flusses bei Kaub, einem wichtigen Wegpunkt für die Verschiffung von Gütern, soll bis zum Wochenende auf 47 Zentimeter sinken. Damit würde er bis auf 7 Zentimeter an die Grenze der Unbefahrbarkeit herankommen.
Europa sieht sich bereits mit der schlimmsten Energieversorgungskrise seit Jahrzehnten konfrontiert, seit Russland das Erdgas abgedreht hat und die Inflation explodiert. Jetzt kommt der Klimawandel zu den Problemen des Kontinents hinzu. Ein unpassierbarer Fluss könnte den Transport wichtiger Güter zum Stillstand bringen, während die Regierungen gegen eine Rezession ankämpfen.
Quelle: Welt Online
- „Seit sechs Wochen keine Post“: Berliner warten verzweifelt auf Briefe
Rechnungen, Rezepte oder Behördenbriefe kommen nicht an. Seit Ferienbeginn gibt es in einigen Gegenden offenbar echte Zustellprobleme. Die Post will reagieren.
Die einst legendäre deutsche Pünktlichkeit ist auch in der „Post-Universaldienstleistungsverordnung“ festgeschrieben. Dort ist von sogenannten Brieflaufzeiten die Rede. Das sind Zielvorgaben für die Zustellung von Briefen, von denen etliche Berliner derzeit nur träumen können. Jedenfalls erreichten die Redaktion der Berliner Zeitung innerhalb sehr kurzer Zeit gleich mehrere Beschwerden von Lesern mit dem immer gleichen Inhalt: Seit Wochen habe man keine Briefe mehr im Briefkasten. Obwohl man Schreiben erwarte.
Dabei besagt die Post-Norm: Werden Briefe im Inland an einem Werktag in einen Briefkasten gesteckt, dann müssen im Jahresdurchschnitt mindestens 80 Prozent dieser Briefe am nächsten Tag beim Empfänger sein – 95 Prozent aller Briefe am zweiten Tag.
Quelle: Berliner Zeitung
- „Zivilisten gefährdet“: Amnesty wirft Ukraine Völkerrechtsbrüche vor
Mit Angriffen aus Wohngebieten heraus habe die ukrainische Armee wiederholt Zivilisten gefährdet, so Amnesty International. Kiew weist die Vorwürfe entschieden zurück.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erhebt Vorwürfe gegen die ukrainische Armee. Im Zuge der Verteidigung gegen die russische Invasion sei es wiederholt zur Gefährdung von Zivilisten gekommen. Bei einigen der angewandten militärischen Taktiken handele es sich um „eindeutige Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“, hieß es in einem am Donnerstag veröffentlichen Bericht.
Im Zeitraum von April bis Juni hätten Mitarbeiter der Organisation ein „Muster“ ukrainischer Streitkräfte dokumentiert, „Zivilisten in Gefahr bringen und gegen Kriegsgesetze verstoßen, wenn sie in bewohnten Gebieten operieren“, sagte Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International. Die Instrumentalisierung von Zivilisten wird im Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs als Kriegsverbrechen aufgeführt.
Quelle: Berliner Zeitung
dazu: Ukraine: Kampftaktik der ukrainischen Armee gefährdet Zivilpersonen
Ukrainische Truppen haben nach Untersuchungen von Amnesty International Zivilist*innen gefährdet, indem sie Stützpunkte in Wohngebieten errichtet und von dort aus Angriffe durchgeführt haben. Zum Teil bezogen sie in Schulen und Krankenhäusern Position. Bei darauf folgenden russischen Angriffen auf bewohnte Gebiete wurden Zivilist*innen getötet und zivile Infrastruktur zerstört.
Quelle: Amnesty International
- Zu guter Letzt: “Irgendjemand muss ja seriöse Opposition betreiben”
Sommerinterview mit dem PARTEI-Vorsitzenden Martin Sonneborn.
Herr Sonneborn, mit welchem Dienstgrad dürfen wir Sie anreden und welche Verwendung können Sie als Reservist für Ihr Vaterland gegen Mütterchen Russland einbringen?
Martin Sonneborn: Wenn ich mich recht erinnere, verließ ich die Bundeswehr als Oberstgefreiter, das kommt gleich hinter General. Für kriegerische Auseinandersetzungen tauge ich aber wenig. Im Wehrdienst habe ich bei Schießübungen immer auf die Zielscheibe meines Nachbarn gehalten, was bei dem stets zu überraschenden Ergebnissen führte.
Könnten Sie sich einen Trupp mit Ihrem Kollegen, dem Leutnant der Reserve und Einzelkämpfer Georg Schramm vorstellen?
Martin Sonneborn: Jederzeit. Wahrscheinlich würden wir uns bei Schießübungen wieder ausgleichen.
Hätten wir Russland damals über die Flanke angreifen sollen?
Martin Sonneborn: Wichtig ist, dass wir überhaupt angegriffen haben. Ich gehe davon aus, dass in der aktuellen Situation auch Hitler ganz neu bewertet wird, schließlich hat er gegen die Russen gekämpft. Sieht so aus, als wären Teile der Öffentlichkeit gerade dabei, Willy Brandt auf den Platz von Adolf Hitler zu schubsen und umgekehrt.
Quelle: Telepolis