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Titel: Leserbriefe zu „Privatisierungsgewinne? Privatisierungsfolgen!“

Datum: 1. August 2022 um 11:00 Uhr
Rubrik: Leserbriefe
Verantwortlich:

In diesem Beitrag hinterfragt Albrecht Müller den Fortschritt der Privatisierungen von öffentlichen Monopolbetrieben, die seit den 1990er Jahren „unter dem Einfluss der neoliberalen Ideologen und ihrer Propaganda“ vorgenommen worden seien. Bei Post und Telekom fühle er sich nun „um vieles schlechter bedient“. Die Lufthansa werde zur „Bodenhansa“, worauf das Handelsblatt hinweise, das zu den Medien gehöre, „die in der Privatisierung das Gelbe vom Ei entdeckt zu haben glaubten“. Bei der Gewöhnung, Pakete an Packstationen abzuholen, würden die Kosten der Nutzer „nicht kalkuliert und nicht eingerechnet in das Gesamtkalkül der angeblichen Vorteile der Privatisierung“. Das sei „typisch“ für die „Fehlberechnungen der Vorteile der Privatisierung“. Außerdem sei nun die Beherrschung von Elektronik und Technik notwendig für etwas, „was schon vor über 100 Jahren an ihrer Tür abgeliefert wurde“. Danke für die Leserbriefe, in denen interessante Eindrücke und Erfahrungen mitgeteilt worden sind. Hier ist eine Auswahl. Zusammengestellt von Christian Reimann.


1. Leserbrief

Guten Tag Herr Müller,
 
willkommen im Club. Auch hier in Bruchsal war die Post geschlossen:
 
bnn.de/kraichgau/bruchsal/darum-war-die-bruchsaler-hauptpost-zwei-tage-geschlossen
 
Die Bruchsaler Hauptpost ist ein Finanzcenter der Postbank, welche ja aus Gründen der Privatisierung an die Deutsche Bank verkauft wurde. Grund für die Schließung in Bruchsal: Personalmangel durch Corona.
 
Ärgerlich ist das Verhakten des Management der Deutschen Bahn, die sich nicht ihren Aufgaben widmet, sondern sich wieder einmal im Ausland engagiert. Die Spedition Schenker sollte veräußert werden und die Auslandsbeteiligung aufgegeben werden. Das ist meine Meinung.
 
Ich möchte sie um Unterstützung bitten hinsichtlich einer weiteren Privatisierung der Rente. Im kommenden Jahr steht der Gewerkschaftstag der IG Metall ins Haus. wir vom Seniorenkreis der IG Metall Bruchsal-Bretten wollen einen Antrag einbringen, der eine weiter Kürzung der Rente verhindert. Aus der Zentrale in Frankfurt ist nur ein Herr Urban auf unserer Seite. Herr Zizelsberger Chef der IG Metall in Baden-Württemberg verfolgt die Hofmann-Linie. Wie können wir weiteren Einfluß gewinnen und uns besser vernetzen?
 
Freundliche Grüße
Helmut Lang


2. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für die persönliche Schilderung, die wir alle auch wohl irgendwie in ähnlicher Art und Weise dieser Tage immer wieder erlebt haben.

Sehr gerne möchte ich auf meinen Leserbrief Nr. 4 zum Thema ” Amtseid ” hinweisen, und vor allem auf den Anhang, hier nachzusehen:

nachdenkseiten.de/?p=86171

Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Bundesrepublik Deutschland als Firma gelistet ist und das Bundesministerium für Verteidigung wiederum eine 100%ige Tochter der BRD  ist, sollte klar werden, um welchen Focus es in diesem Lande geht oder gar gehen muss.

Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als der übergewichtige (beamtete) Postbote sich die Treppen zu meinen Großeltern in den 3.Stock hochschleppte um dann mit einem Schnäpschen gefeiert zu werden, weil die Rente von diesem bar ausbezahlt wurde.

Die Verantwortlichen haben heute einfach keinen Stil mehr.

Wie sehr würde man sich freuen, den Ärger vor der verschlossenen Tür bei der Post zu stehen, mit einem kleine Gratis-Schnäpschen ( Solange der Vorrat reicht ! ) herunterspülen zu können.
Doof nur, dass man dann nicht mehr Auto fahren dürfte !

Herr Müller, ich denke, dass Ihr Aussage, “die Privatisierung der Bahn wurde gerade noch vereitelt” wurde, nicht richtig ist. Die Deutsche Bahn ist eine Aktiengesellschaft und zu 100% im Besitz des Bundes ( wer auch immer das sein soll ) und insofern eine 100ige Tochter der Bundesrepublik Deutschland, die wiederum – siehe oben/ Link – ein staatlich geführtes Unternehmen ist.

Freundliche Grüße
Michael Krater.


3. Leserbrief

Lieber Herr Müller,
 
ich habe eben Ihre „Frust-Artikel“ über den Zustand von Post/DHL überflogen und möchte Ihnen gerne von meinen heutigen Erfahrungen zur Post berichten – siehe unten in der weitergeleiteten E-Mail an den „Kundenservice“ der Post…. .

Ja, es ist eine Zumutung für alle, Mitarbeiter & Kunden – vermutlich aber nicht für die Aktionäre und das Management. Halt das übliche Ergebnis der vergangenen Jahrzehnte – wie Sie immer wieder treffend anprangern.
 
Einen schönen Abend in die Pfalz aus Bayern wünscht
Max Glogger

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
vor ca. 30 Minuten hatte ich ein Telefonat mit einer Kundenservice-Mitarbeiterin wegen o.g. Briefsendung.
 
Zu dieser Sendung fand ich heute Mittag eine Benachrichtigung im Briefkasten, dass die Zustellung heute, 27.7. um 7:49 Uhr nicht möglich gewesen wäre.
Zu dieser Zeit waren ich selbst und ein weiteres Familienmitglied allerdings zu Hause (ich in unmittelbarer Nähe der Haustüre), so dass wir es sicherlich gehört hätten, wenn jemand geklingelt hätte.
Im Telefonat mit dem Service habe ich mich a) beschwert und b) gebeten mir die Sendung noch einmal zuzustellen, weil ich nicht für die Nicht-Zustellung verantwortlich war.
 
Nach Auskunft der Mitarbeiterin würde aber leider die Deutsche Post keine erneute Zustellung „anbieten“, auch wenn es bekannt wäre, dass ab und an Zusteller nicht an der Türe klingeln würden, vermutlich um Zeit zu sparen.
 
Ich empfinde es als Zumutung und ein Ärgernis, dass die Deutsche Post nicht fähig oder/und willens ist, Sendungen unter diesen Umständen nicht noch einmal zuzustellen und erwarte dazu eine Stellungnahme.
Darüber hinaus sollten Sie sich m.E. auch ernsthafte Gedanken machen, warum Zusteller offensichtlich immer wieder den „faulen“ Weg der Zustellung wählen… . Ich vermute dahinter ein Sparen am falschen Ende, vermutlich zum Wohle Ihrer Aktionäre, nicht Ihrer Kunden.
 
Mit freundlichen, aber auch verärgerten Grüßen
Max Glogger


4. Leserbrief

Sehr geschätzter Herr Albrecht Müller,

ich schätze die NDS sehr – und fand heute auch wieder einen Beitrag, der mich inhaltlich sehr beeindruckte: Das Thema “Privatisierung der Post”.

Es gibt dazu einen Offenen Brief von mir – zwei Jahre alt – aber leider grundsätzlich immer noch aktuell.

Vielleicht ist er für die diesbezüglichen Leserbriefseiten in den NDS interessant:

Offener Brief an den Kundenservice der Post (15. Februar 2020)

Guten Tag Frau ….,wie wir dem Kundenservice bereits (2 mal) mitteilten, ist es uns nicht gelungen, die an meine Frau Frau adressierte Sendung an der Packstation 123 in Hochheim abzuholen; wegen technischer Probleme – und wir sind diesbezüglich wohl kein singulärer Fall! Wir baten Sie um eine Neuzusendung an unsere Wohnadresse: Fehlanzeige! Desweiteren baten wir um eine Lieferung an eine Postfiliale in Hochheim: Fehlanzeige! Wir baten auch darum, künftig keine Lieferung mehr – falls wir nicht zuhause sind – in der Packstation zu deponieren: keine Antwort! Nach nahezu 2 Wochen (gescheiterter Anlieferungsversuch: am 4.2.) verdichtet sich bei uns der Eindruck, dass die Privatisierung der Post vor 25 Jahren für die Kunden*innen ein Fehlschlag war; der Service schlechter wurde und nur die Aktionäre bzw. das Spitzenpersonal davon profitierte. „Privatisierungsforscher sagen, die Aufspaltung der Bundespost ab 1989 markierte den Beginn einer viel größer angelegten Umwandlung der öffentlichen Infrastruktur. Dass „Private“ mit ihrer Gewinnorientierung effizienter seien als der Staat, wurde in jener Zeit zum Gemeinplatz. (…) Die Einkommensschere klaffte zunehmend auseinander. Hatte der Postminister früher etwa 15-mal so viel wie ein Briefträger auf dem Gehaltszettel, sind es beim Chef der privatisierten Post, Frank Appel, 268-mal so viel. Das passt ziemlich genau in das Bild des jüngsten Berichts über die zunehmende weltweite soziale Ungleichheit. Seit etwa 1980 wurde in fast allen Ländern der Welt öffentliches Vermögen in gewaltigem Ausmaß in private Hände transferiert.Dort konzentriert es sich. Privatisierung ist eine Umverteilungsmaschine.” (Quelle:Deutschlandfunk Kultur, 31.1.2020) Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung drückt diese Problematik wie folgt (am 15. Dezember 2020) aus: “Vom Posthorn zum Füllhorn – das war die Idee: Vor 25 Jahren wurde die Deutsche Bundespost privatisiert. Der Postdienst, genannt die gelbe Post, die Postbank, genannt die blaue Post, und der Fernmeldedienst, genannt die graue Post, wurden in Aktiengesellschaften umgewandelt; am 20. Dezember 1994 wurden die Gründungsurkunden für die drei neuen Gesellschaften unterzeichnet: Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG und die Deutsche Telekom AG. Seit November 1996 kann jeder T-Aktien kaufen, die Post folgte vier Jahre später an die Börse. Weniger Filialen, weniger Briefkästen, weniger Service. Was ist die Bilanz nach 25 Jahren? Die Post AG hat viel weniger Filialen, viel weniger Briefkästen, viel weniger Service. Dafür aber hat sie ein gutes Logistik-Geschäft in den USA.“

Wir bitten Sie also um eine zeitnahe Rückmeldung, wann wir mit der Lieferung in eine Postfiliale in Hochheim rechnen können.

Mit freundlichen Grüßen
Erich Becker

Mit besten Grüßen
Erich Becker


5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

es gibt ja nicht mal mehr einen Kundenservice den mal als solches bezeichnen kann.

Ich würde mich zu den “Internetaffinen” bezeichnen und selbst ich habe oft bei den Anbietern von Internet, Post,/ DHL, Bahn usw. Probleme auf Anhieb eine Kontaktmöglichkeit zu finden.

Erst mal muss man sich heutzutage durch vorgefertigte Fragen und Antworten in Form von “FAQs” (Frequently Asked Questions/ häufig gestellte Fragen) kämpfen.

Irgendwann kommt man dann doch zu irgendeiner oder zu mehreren Nummern wo man dann in einer ellenlangen Warteschlange festhängt oder vorher durch das Frage-und-Antwort-Spiel (,,Tippen Sie 1, wenn Sie folgendes Problem haben”) hinausgefiltert wird, weil das Problem nicht von der entsprechenden Nummer behandelt wird.

Es gibt kaum noch direkte E-Mail-Adressen, sondern wenn man Glück hat nur noch Kontaktformulare und auch diese werden durch Bots “virtuelle Assistenten” ersetzt, wo man sich minutenlang durchkämpfen muss bis man zu einem Menschen weitergeleitet wird oder zumindest direkte Kontaktmöglichkeiten bekommt.

Postfilialen werden an gut zugänglichen Stellen geschlossen und stattdessen etwas weiter wiedereröffnet. Mit neuem Personal, kleinere Filiale, keine Parkplatzmöglichkeiten und keine Möglichkeit in der Nähe Fahrräder sicher abzustellen.

Zusätzlich habe ich bemerkt, dass seit Corona die Reaktion auf Anfragen miserabel ist. Entweder wird gar nicht erst reagiert, oder Wochen später.

All das zieht sich neuerdings durch alle Bereiche.

Von der privaten Versicherungsfirma, die sich bei Problemen nicht zurückmeldet bis hin zu den üblichen Verdächtigen: Internet- und Postkonzerne.

Man kann sich auch nirgends melden oder sich an irgendwelche Stellen wenden, wenn die Leistung von den (im Vergleich zu den 90ern) nur noch wenigen Internetanbietern schlecht ist.

In meiner Nachbarschaft hat jeder Probleme mit einem bestimmten Internetanbieter, der sich Stück für Stück die vom Steuerzahler finanzierte Infrastruktur und Konkurrenten einverleibt hat.

Es scheint so als ob Deutschland sich in allen Bereichen zurückentwickelt.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas K.


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