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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 2. Juni 2022 um 8:11 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Lindners Haushalt ist eine tickende Zeitbombe
  2. »Eine Schutzzone für Islamisten«
  3. Frieden schaffen mit modernen Waffen: Biden definiert die US-Kriegsziele mit einem Paukenschlag
  4. Ukraine, Deutschland und die EU: Der Sachstand
  5. Folgen des Ukraine-Kriegs: Wie sehr Öl- und Gaskonzerne vom Krieg profitieren
  6. Der Erdgaspoker der EU (IV)
  7. Krieg im Krieg: Der Kampf um Land und gentechnisch veränderte Landwirtschaft
  8. Versorgungsengpässe: “Die Lage an Kinderkliniken ist dramatisch”
  9. Neue Zahlen zum real existierenden Pflegenotstand: Bis zu 50.000 Pflegekräfte sollen auf den Intensivstationen fehlen, so eine neue Studie
  10. Vonovia kriegt Hals nicht voll
  11. Ampel-Streit ums Klimageld: Die große Preisfrage
  12. Internet-Kontrolle: Medienaufsicht promotet Überwachungs-KI in der EU
  13. »Klare Ziele. Da müssen wir wieder hin«
  14. Das Letzte: Kalte Dusche für Schüler und Sportler: Lahn-Dill-Kreis stellt in Schulen und Hallen das warme Wasser ab

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Lindners Haushalt ist eine tickende Zeitbombe
    Für dieses Jahr plant Finanzminister Lindner eine massive Neuverschuldung. Doch für die kommenden Jahre sieht er einen harten Sparkurs vor. Das muss schief gehen.
    Christian Lindner macht Schulden. Dieses Jahr sind im Haushalt rund 140 Milliarden Euro Schulden geplant sowie weitere 100 Milliarden für die Bundeswehr, die über einen Extrahaushalt finanziert werden sollen. Angesichts dessen scheint Lindner das Finanzministerium tatsächlich als »Ermöglichungsministerium« zu begreifen, wie er am Anfang der Legislatur versprach. Progressive bis konservative Politiker, Wissenschaftlerinnen und Medien haben Lindner daraufhin zum neuen Schuldenkönig auserkoren. Diese Darstellung ist genauso falsch wie Lindners Fiskalpolitik.
    Natürlich stimmt es, dass unter Lindner Schulden gemacht werden. Das hat allerdings wenig mit Lindner selbst zu tun. Von den rund 140 Milliarden Schulden im Bundeshaushalt wurden 100 Milliarden schon von der Vorgängerregierung zur Bewältigung der Folgen der Coronapandemie eingeplant. Die restlichen 40 Milliarden sind für die soziale Abfederung der Folgen des Ukrainekriegs vorgesehen. Die 100 Milliarden Sondervermögen für die Aufrüstung sind wiederum Ergebnis der sicherheitspolitischen Zeitenwende. Christian Lindner hat also – abgesehen von dem Zweck des Sondervermögens – gute Argumente auf seiner Seite, die seine Erzählung stützen können. Wer in einer Krise, wie wir sie jetzt erleben, auf Sparkurs setzt, wäre wahnsinnig. Daher hat die FDP-Fraktion auch im Jahr 2020 für die Aussetzung der Schuldenbremse gestimmt.
    Schon vor ihm haben Konservative und Wirtschaftsliberale in Krisenzeiten Schulden gemacht – und das werden sie auch in der Zukunft tun. An sich ist das nichts Besonderes und leuchtet jedem ein, der ein Mindestmaß an ökonomischem Grundverständnis mitbringt. Daher ist es völlig verkürzt, in Christian Linder einen Schuldenkönig zu sehen, bloß weil er in einem Krisenjahr Schulden macht – vor allem weil klar ist, dass Lindner zur Austerität zurück möchte.
    Quelle: Lucas Scholle auf Jacobin
  2. »Eine Schutzzone für Islamisten«
    Türkischer Präsident plant Invasion in Nordsyrien, falls Schweden und Finnland der NATO-Beitritt gewährt werden sollte. Ein Gespräch mit Khaled Davrisch
    Khaled Davrisch ist Vertreter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in der Bundesrepublik
    Letzte Woche hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt, in Nordsyrien eine 30 Kilometer tief ins Land reichende sogenannte Schutzzone besetzen zu wollen. Wie ernst nehmen Sie diese Drohungen eines erneuten Einmarsches in das Selbstverwaltungsgebiet?
    Erstens möchte ich klarstellen: Schutzzone für wen? Eine Schutzzone für Dschihadisten oder Islamisten? Erdogan plant die Schutzzone nicht für die Zivilbevölkerung, sondern für seine Gruppierungen, um dort eine Art Truppe zur Hand zu haben, die er überall im Nahen und Mittleren Osten bewegen kann. Wir sehen ja, wie in Libyen, im Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan, aber auch im Nordirak islamistische Kämpfer eingesetzt werden. Die Einmarschdrohungen nehmen wir sehr ernst. Deshalb haben sowohl die Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien als auch die Syrischen Demokratischen Kräfte Gespräche mit der Internationalen Allianz gegen den »Islamischen Staat«, IS, geführt. Ein Einmarsch hätte eine Stärkung des IS zur Folge.
    Quelle: junge Welt

    dazu: Erdogan setzt NATO unter Druck
    Erdogan stellt die NATO unter Druck: Der türkische Präsident fordert Finnland und Schweden auf, die Kurden auf dem Altar der Geopolitik zu opfern. Und die Norderweiterung der NATO muss einstimmig beschlossen werden. Es wird klar: Mit der vielbeschworenen “Wertegemeinschaft” ist es nicht weit her.
    Quelle: Hintergrund

    dazu auch: Türkei bricht Kontakt zu Griechenland ab
    Ist die Nato schon wieder hirntot? Wenn nein, dann sollte sie schleunigst reagieren. Denn die Türkei bricht den diplomatischen Kontakt mit Nato-Partner Griechenland ab – und droht.
    Quelle: Lost in Europe

  3. Frieden schaffen mit modernen Waffen: Biden definiert die US-Kriegsziele mit einem Paukenschlag
    Das überrascht: Der US-Präsident kündigt weitere Waffenlieferungen an die Ukraine an – aber vor allem, um deren Verhandlungsposition zu stärken. Eine Analyse. […]
    Der Paukenschlag besteht in der Ankündigung Bidens, der Ukraine eine Vielzahl modernster Waffen liefern zu wollen. Dazu zählen Raketenwerfer, Stinger-Raketen, Hubschrauber, Panzerabwehrwaffen, Artillerie, Radarsysteme. Die Waffen sind Teil eines Pakets im Wert von 700 Millionen US-Dollar (652 Millionen Euro).
    Als Ziel dieser Waffenlieferungen – und damit zur Melodie der Triangel – definiert Biden indes nicht den Sieg der Ukraine, sondern deren möglichst starke Position am Verhandlungstisch („be in the strongest possible position at the negotiating table“).
    Zustimmend bezieht sich der US-Präsident auf eine Aussage Selenskyjs, den er mit dem Satz zitiert, dass der Krieg nur durch Diplomatie beendet werden könne („will only definitively end through diplomacy“). Gleich im nächsten Satz Bidens heißt es, dass in jeder Verhandlung die am Boden geschaffenen Fakten berücksichtigt werden müssten („Every negotiation reflects the facts on the ground“).
    Das lässt aufhorchen. Biden nennt ausdrücklich keine Bedingungen für eine Verhandlungslösung, die er als einzige Möglichkeit, den Krieg zu beenden, charakterisiert.
    Quelle: Tagesspiegel

    dazu auch: Das große Umdenken
    Im Prinzip sind die Vereinigten Staaten der Ukraine verpflichtet. Sie können es sich nur nicht leisten, in einen Krieg zu ziehen – um keinen Aufstand zu provozieren.
    Im Mai hat US-Präsident Joe Biden den »Ukraine Democracy Defense Lend-Lease-Akt« gezeichnet, Militärhilfe für die Ukraine. Mit Lend-Lease hatte Amerika schon die Alliierten im Zweiten Weltkrieg vor dem eigenen Kriegseintritt unterstützt. 50 Milliarden Dollar hatte der U.S. Kongress damals auf Wunsch von Franklin D. Roosevelt zur Verfügung gestellt, gestreckt auf mehrere Jahre, was heute ungefähr das Zwanzigfache darstellt. Die Sowjetunion bekam elf Milliarden, den größten Brocken erhielt Großbritannien mit 31,4 Milliarden Dollar (den Rest teilten sich zwei dutzend andere Alliierte), nicht nur in Cash, auch in der Form von Kriegsschiffen, Panzern oder Hubschraubern, die von amerikanischen Rüstungsfirmen produziert wurden. Ohne die Lend-Lease aus den USA, räumte Stalin ein, hätte die Sowjetunion den Zweiten Weltkrieg nicht gewinnen können.
    Organisiert wurde Lend-Lease von Harry Hopkins, Roosevelts Verbindungsmann zu Stalin, der Uncle Joe sehr nahestand und dessen oberstes Ziel es war, eine Verständigung zwischen Stalin und Hitler zu verhindern. Lend-Lease war für Roosevelt zunächst ein Kompromiss, denn viele Amerikaner wollten nach dem Ersten Weltkrieg, der mehr als hunderttausend Soldatenleben gekostet hatte und in eine Depression mündete, keine Truppen schicken. Erst nach Pearl Harbor änderte sich das dramatisch.
    Quelle: Overton Magazin

  4. Ukraine, Deutschland und die EU: Der Sachstand
    Es läuft nicht rund in der Ukraine. Kiew droht den militärischen, die EU den wirtschaftlichen Teil des Krieges zu verlieren. An der medialen Heimatfront bröckelt das Narrativ. Doch die deutsche Politik bleibt weiter auf Kriegskurs. Von Diplomatie keine Spur.
    Es läuft nicht gut für den Westen in der Ukraine. Der deutsche Medienkonsument merkt das vor allem daran, dass die Nachrichten von den Kämpfen in der Ukraine weniger werden und in den Hintergrund rücken. Das Thema Wirtschaftskrieg ist stärker im Fokus. Der militärische Teil scheint sich seinem Ende zuzuneigen. Im Internet kursieren immer mehr Dokumente einer völlig demoralisierten, sich in Auflösung befindlichen ukrainischen Armee. Schlecht ausgerüstet und ausgebildet, verweigern immer mehr Einheiten den Dienst. In der vergangenen Woche verdeutlichte ein Vorschlag einer Abgeordneten des ukrainischen Parlaments der Selenskij-Partei “Diener des Volkes”, wie brisant die Lage sein muss. Sie schlug vor, Soldaten, die die Waffen niederlegen wollen, vor Ort zu erschießen. Dieser Vorschlag wurde zwar nicht angenommen, aber er verdeutlicht, wie verzweifelt man in Kiew offenbar ist.
    Angesichts der Bilder schlecht ausgerüsteter ukrainischer Soldaten stellt sich zudem die Frage, was mit all den Waffen passiert ist, welche der Westen geliefert hat. Wurden die auf dem Hinweg vom russischen Militär zerstört? Wurden die auf die Schwarzmärkte umgeleitet und zu Geld gemacht, das in die Kassen ukrainischer Politiker und Oligarchen floss? Die zweite Erklärung wäre keine gute Nachricht für die Sicherheit in Europa.
    Quelle: Gert Ewen Ungar auf RT DE

    dazu auch: Freiwilliger der ukrainischen Territorialverteidigung: “Wir werden in den sicheren Tod geschickt”
    Im Donbass scheint Russland auf dem Vormarsch zu sein. Über Propaganda und Wirklichkeit des Krieges
    Die ukrainische Propagandamaschine hat bislang überragend funktioniert, während die russische dank Zensur im eigenen Land vielleicht das Bild einer angeblich erfolgreichen “Sonderoperation” mit großen Verlusten der Ukraine aufrechterhalten konnte. Die ukrainische Führung konnte bislang überzeugen, wozu auch die Schließung von oppositionellen Medien und die verordnete staatliche Propaganda in den verbliebenen Fernsehsendern beigetragen hat, dass der heldenhafte Widerstand der ukrainischen Truppen der russischen Armee große Verluste zugefügt, ihren Vormarsch gestoppt und teilweise zurückgeschlagen hat.
    Seit Anfang April herrschte der Tenor vor, dass die Ukraine siegen und die Russen zurückschlagen wird, wozu nur ausreichend Waffen aus dem Westen und schärfere Sanktionen gegen Russland notwendig seien. Ob das den Westen überzeugt hat oder die von ihm ausgehende Devise war, ist noch nicht wirklich zu klären. Die Verluste der Ukraine werden verschwiegen, wie das auch Russland macht.
    Seit der Verlagerung der Front in den Donbass und den Versuchen, ukrainische Truppenverbände einzuschließen, beginnt das ausgegebene Bild aber Risse zu erhalten. Dort haben die russischen Truppen Luftüberlegenheit. Ihre Angriffe nehmen die seit 2014 von der Ukraine ausgebauten Verteidigungsanlagen in den Städten vermehrt unter Artilleriebeschuss.
    Offenbar gibt es unter den ukrainischen Streitkräften große Verluste, sodass nun seit Mai verstärkt Einheiten der Territorialverteidigung an die Front kommen, die eigentlich als eine Art Bürgerwehr ihre Gemeinden sichern sollten, aber nicht für den Kampf an der Front ausgebildet und auch nicht mit entsprechenden Waffen ausgerüstet wurden.
    Es sollen viele sterben, sich weigern zu kämpfen oder sich ergeben.
    Quelle: Telepolis

    dazu auch: Ukraine Fires Own Human Rights Chief For Perpetuating Russian Troop ‘Systematic Rape’ Stories
    But recently, within the last couple of weeks, as investigators began to dig deeper into the allegations, it seems the media stories started to dry up. The geopolitical analysis blog Moon of Alabama details what happened in the following:
    However, a bunch of eager NGOs in Ukraine, hoping for fresh ‘western’ money for new ‘rape consultation and recovery’ projects, tried to find real rape cases. They were disappointed when they found that there was no evidence that any rape had taken place.
    Quelle: ZeroHedge

    und: Swiss veto Danish request to send armoured vehicles to Ukraine
    The Swiss government has vetoed Denmark’s request to send Swiss-made armoured personnel carriers to Ukraine, citing its neutrality policy of not supplying arms to conflict zones. The State Secretariat for Economic Affairs (SECO) rejected Denmark’s bid to provide Piranha III infantry fighting vehicles to Ukraine, it said, confirming a report by broadcaster SRF. Neutral Switzerland requires foreign countries that buy Swiss arms to seek permission to re-export them.
    Quelle: Reuters

  5. Folgen des Ukraine-Kriegs: Wie sehr Öl- und Gaskonzerne vom Krieg profitieren
    Die Unternehmen verdienen prächtig dank der hohen Preise. Das heizt die Debatte über Sondersteuern an. Doch da gibt es ein kleines Problem.
    Wer den Krieg in der Ukraine gewinnt, ist offen. Klar ist aber schon, dass die größten wirtschaftlichen Gewinner die Öl- und Gaskonzerne weltweit sein werden. Die Notierungen für die Rohstoffe sind kräftig gestiegen, und das schlägt sich in höheren Gewinnen nieder. Eine neue Studie von Wissenschaftlern des Netzwerks Steuergerechtigkeit, einer Organisation, die für faire Besteuerung kämpft, beziffert die zusätzlichen Profite der Branche in diesem Jahr auf global bis zu 1600 Milliarden Euro. Diese enorme Summe entspricht ungefähr der Wirtschaftsleistung Russlands im vorigen Jahr.
    Quelle: Süddeutsche
  6. Der Erdgaspoker der EU (IV)
    Die Erdgasversorgung Deutschlands und der EU gerät durch den Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland weiter unter Druck. Gazprom hat gestern seine Erdgaslieferungen an den dänischen Versorger Ørsted und an Shell Energy Europe eingestellt, da sie die von Moskau geforderten Zahlungsmodalitäten nicht einhalten. Bereits zuvor hatte der russische Konzern seine Exporte nach Polen, Bulgarien und Finnland wie auch in die Niederlande aus demselben Grund gestoppt. Damit nimmt die Erdgasmenge, die in der EU fehlt, weiter zu. Spürbare Schwierigkeiten zeichnen sich auch bei der Befüllung großer Erdgasspeicher ab, die dringend nötig ist, um sicher über den Winter zu kommen; im Sanktionskonflikt hat Moskau Strafmaßnahmen gegen ihre Betreiber verhängt, die ihre Belieferung mit russischem Erdgas verbieten. Gestern ist das Bundeswirtschaftsministerium dazu übergegangen, per Ministerverordnung die Befüllung des Speichers in Rehden zu erzwingen. Erste zusätzliche Frackinggaslieferungen sind in Aussicht, jedoch erst in einigen Jahren. In Kanada wird ein Flüssiggasprojekt zur Belieferung Deutschlands neu diskutiert, das 2021 gestoppt worden war – aus Klimaschutzgründen.
    Quelle: German Foreign Policy
  7. Krieg im Krieg: Der Kampf um Land und gentechnisch veränderte Landwirtschaft
    Zehn Monate bevor russische Truppen in die Ukraine strömten, unterzeichnete der Präsident des Landes, Wolodymyr Selenskyj, ein Gesetz, das den privaten Verkauf von Ackerland genehmigte und ein seit 2001 geltendes Moratorium rückgängig machte.
    Eine frühere Regierung in der Ukraine hatte das Moratorium eingeführt, um die weitere Privatisierung der Commons und kleiner Farmen zu stoppen, die von Oligarchen aufgekauft und in immer weniger Händen konzentriert wurden. Wie in einer Reihe kritischer Berichte über zehn Jahre von der dokumentiert Oakland-Institut mit Sitz in Kalifornien, Das Moratorium für Landverkäufe in der Ukraine zielte darauf ab, den Erwerb und die Konsolidierung von Ackerland in den Händen der einheimischen Oligarchenklasse und ausländischer Unternehmen zu verhindern.
    Die Vermarktung von Ackerland ist Teil einer Reihe von politischen „Reformen“, die der Internationale Währungsfonds als Vorbedingung festgelegt hat, damit die Ukraine Kredite in Höhe von 8 Milliarden Dollar vom IWF erhalten kann.
    Selbst inmitten der Pandemie gab es „weitreichenden Widerstand der ukrainischen Öffentlichkeit gegen die Aufhebung dieses Verbots, wobei laut einer Umfrage vom April 64 über 2021 Prozent der Menschen gegen die Schaffung eines Grundstücksmarktes sind“.
    Darüber hinaus erforderten die IWF-Darlehensbedingungen, dass die Ukraine auch ihr Verbot gentechnisch veränderter Pflanzen aufheben und privaten Unternehmen wie Monsanto ermöglichen musste, ihr GVO-Saatgut anzubauen und die Felder mit Monsantos Roundup zu besprühen. Auf diese Weise hofft Monsanto, den Boykott von gentechnisch verändertem Mais und Soja durch eine Reihe von Ländern in Europa zu brechen.
    Die These dieses Essays ist, dass die landwirtschaftliche Konkurrenz um die Landnutzung zwischen den USA und Russland – zwei gigantischen kapitalistischen Ländern mit den mächtigsten Nukleararsenalen der Welt – eine vernachlässigte, aber wichtige Kraft ist, die den Krieg in der Ukraine antreibt.
    Quelle: ConvertAction Magazin

    dazu auch: Wie Krieg, Sanktionen und Klimawandel den Hunger in der Welt schüren
    Im Westen werden immer neue Strafmaßnahmen gegen Russland gefordert. Dabei sind die Gefahren absehbar, eine differenzierte Debatte steht aus
    Russland hat nach Angaben der Nachrichtenagentur Tass 25 Millionen Tonnen Getreideexporte für August bis Dezember 2022 angekündigt. Das ist einiges mehr als im vergangenen Jahr mit 23 Millionen Tonnen, aber weniger als in den Jahren davor, so der US-Finanzdienstleister S&P Global.
    Zwischen Juni und Dezember 2022 sollen außerdem 22 Millionen Tonnen Dünger exportiert werden. Ägypten hat seine Weizenbestellungen in Russland schon aufgestockt, war in der Wochenzeitung Al Ahram zu lesen.
    Wenn Russland nun also vom Westen fordert, dass er seine Sanktionen anpasst, die den Export russischer Düngemittel und Getreidelieferungen behindern, ist dies keine politische Forderung im engeren Sinn, wie ein Beitrag auf n-tv es auf Agenturbasis darzustellen versucht.
    Vielmehr ist ein Export anderenfalls nicht möglich, weil “internationale Transportunternehmen sich weigern, die Häfen Russlands anzulaufen”. Dafür haben sie gute Gründe.
    Es braucht also ein klares Signal, dass Nahrungs- und Düngemittel aus russischer Produktion im völker- und handelsrechtlichen Verständnis westlicher Staaten rechtskonform sind, also keine extraterritorialen Strafaktionen nach sich ziehen und – rein technisch gesehen – auch bezahlt werden können.
    Entsprechende Forderungen werden schon länger auch aus der Wissenschaft erhoben.
    Quelle: Telepolis

  8. Versorgungsengpässe: “Die Lage an Kinderkliniken ist dramatisch”
    Ärzteverbände prangern dramatische Versorgungsengpässe in Kinderkliniken an. Grund sei vor allem Personalmangel – viele Betten könnten nicht belegt werden. Mit den im Herbst üblichen Infektionswellen drohe eine komplette Überlastung.
    Mediziner haben vor Engpässen bei der klinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen gewarnt. “Die Lage der Kinderkliniken ist dramatisch und wird sich eher noch verschärfen”, sagte der Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Florian Hoffmann, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
    “In vielen deutschen Kinderkliniken können auf den Kinderintensivstationen im Schnitt ein Drittel der Betten wegen Personalmangels nicht genutzt werden. In manchen Kliniken ist sogar die Hälfte nicht mehr belegbar.”
    Quelle: tagesschau
  9. Neue Zahlen zum real existierenden Pflegenotstand: Bis zu 50.000 Pflegekräfte sollen auf den Intensivstationen fehlen, so eine neue Studie
    Da war doch vor einiger Zeit was jeden Tag in den Medien? Irgendwas mit diesen Intensivstationen, die – für eine Zeit lang – sichtbarste Speersitze der Corona-Pandemie. Parallel zu den Corona-Wellen wurde täglich über die Belegungszahlen der Intensivstationen berichtet. Und immer wieder wurde auch auf das Problem hingewiesen, dass vorne und hinten Personal fehlt. Dass (nicht nur) viele Pflegekräfte nach Monaten außergewöhnlicher Zusatzbelastungen am Ende ihrer Kräfte waren und sind.
    Aber zwischenzeitlich ist das alles schon Geschichte, die Sorgen der Nation haben sich verschoben auf die Realisierung des anstehenden Sommerurlaubs oder der Frage, ob die Mineralölkonzerne nun auch wirklich die Steuersenkung der Bundesregierung für Benzin und Diesel weitergeben an die tankenden Kunden. Und ob die Züge der Deutschen Bahn nicht unter dem Massenansturm der mit 9-Euro-Monatstickets gedopten Bundesbürger auseinanderbrechen werden.
    Da ist es mehr als passend, wenn mal wieder das Augenmerk auf die Intensivstationen und den dort anzutreffenden real existierenden Pflegenotstand geworfen wird.
    Genau das leistet Michael Simon, der bis Anfang 2016 an der Hochschule Hannover mit den Arbeitsschwerpunkten Gesundheitssystem und Gesundheitspolitik gelehrt hat, mit einer neuen Studie:
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik

    dazu: Neue Studie berechnet Personallücke: Auf deutschen Intensivstationen fehlen bis zu 50.000 Pflegekräfte
    Bundesweit fehlen bis zu 50.000 Vollzeitkräfte in der Intensivpflege der Krankenhäuser. Eine einfache Lösung des Problems ist nicht in Sicht. Gerade deshalb muss die Politik in Bund und Ländern endlich handeln. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie des Gesundheitssystemforschers Prof. Dr. Michael Simon.
    Die Lage auf den Intensivstationen deutscher Krankenhäuser ist besonders angespannt: Pflegekräfte sind chronisch überlastet. Es gibt zu wenig Personal. Die seit langem bestehenden Probleme wurden durch die Corona-Pandemie noch verschärft – und gerieten in den Blick einer breiteren Öffentlichkeit. Wie groß der Personalmangel tatsächlich ist, wo die Ursachen des Problems liegen, und welche Schritte Politik und Krankenhausbetreiber zu einer Lösung machen müssen, zeigt Simons neue Untersuchung. Darin hat er den bundesweiten Bedarf an Pflegepersonal auf Intensivstationen anhand von Daten der Krankenhausstatistik, die bis zum Jahr 2020 vorliegen, sowie des Intensivregisters berechnet. „Es besteht dringender Handlungsbedarf“, lautet sein Urteil. Unterbesetzung und Arbeitsüberlastung seien „eine Gefahr für die Gesundheit der Patienten und auch für die Gesundheit des Pflegepersonals auf Intensivstationen“.
    In deutschen Krankenhäusern gab es 2020 knapp 28.000 Intensivbetten, von denen durchschnittlich circa 21.000 belegt waren. Die Zahl der Pflegekräfte in diesem Bereich entsprach etwa 28.000 Vollzeitäquivalenten. Unter Fachleuten und in der medialen Berichterstattung hält sich die Einschätzung, dass bundesweit ungefähr 3000 bis 4000 Pflegefachkräfte in Vollzeit fehlen. Diese Zahlen sind allerdings abgeleitet von den Stellenplänen der Krankenhäuser, die wiederum von der wirtschaftlichen Situation abhängen. Ein Krankenhaus, das gezwungen ist, Kosten zu sparen, kürzt den Stellenplan. Das wahre Ausmaß des Personalmangels wird dadurch gar nicht sichtbar. Folgt man nicht nur wirtschaftlichen Kriterien bei der Berechnung, gehe die Unterbesetzung „weit über die bisher diskutierte Zahl“ hinaus, schreibt Simon.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

  10. Ampel-Streit ums Klimageld: Die große Preisfrage
    Arbeitsminister Heil will der Inflation mit einem „sozialen Klimageld“ begegnen. Finanzminister Lindner hat da eine ganz andere Idee. Und nun?
    Die Inflation im Mai beträgt 7,9 Prozent. Ein erstaunlich hoher Wert – viele Produkte des Grundbedarfs wie etwa Butter werden dadurch deutlich teurer. Schwierigkeiten damit haben vor allem Leute, die sowieso knapp bei Kasse sind, etwa Beschäftigte mit niedrigen Löhnen, Se­nio­r:in­nen mit kleinen Renten oder Privathaushalte, die nur eine Grundsicherung erhalten. Um die höheren Kosten aufzufangen, hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nun ein Vorhaben konkretisiert, das bereits im Koalitionsvertrag der Ampel steht – das Klimageld.
    Ursprünglich war dies dazu gedacht, die steigenden CO2-Kosten für alle Bür­ge­r:in­nen teilweise oder komplett auszugleichen. Nun kommt als zusätzliche Begründung die hohe Inflation bei den Energiepreisen hinzu. Wobei die Koalition aus SPD, Grünen und FDP bereits eine Reihe von Entlastungen auf den Weg gebracht hat. Energiepauschale, Tankrabatt, Heizkostenzuschuss, Abschaffung der Ökostrom-Umlage: Manche Privathaushalte kommen zusammengerechnet auf 500 oder 600 Euro Vergünstigung in diesem Jahr.
    Quelle: taz
  11. Vonovia kriegt Hals nicht voll
    Wohnungsmarkt: Konzernboss Rolf Buch will Mieterhöhungen an Inflationsrate koppeln. Aktivisten laufen Sturm. Linke für Vergesellschaftung
    Rolf Buch kann ziemlich pampig werden. Der Vonovia-Boss forderte im Handelsblatt (Mittwoch), Mieterhöhungen künftig an die Inflationsrate zu koppeln. Steigen Lebenshaltungskosten, steigen Wohnraumkosten – im gleichen Takt. Denn: »Wir können nicht so tun, als wenn die Inflation an den Mieten vorbeigeht«, lamentierte Buch. Das klappe nicht. Schlimmer noch: Zahlreiche Vermieter gerieten sonst »in ernsthafte Schwierigkeiten«. Seinen Konzern, Europas größten Immobilienhai mit rund 550.000 Wohnungen, dürfte er kaum gemeint haben. Fakt ist: Vonovia profitiert ungeniert, auch in der Coronakrise. Die Bochumer Firmenzentrale verbuchte 2021 einen Gewinn von fast 1,7 Milliarden Euro. Zur Freude der Anteilseigner, die 1,66 Euro je Aktie bekamen. Übrigens die höchste Dividende in der Konzerngeschichte. Die Aussichten bleiben rosig, die Chefetage erwartet für das laufende Jahr ein Plus von etwa zwei Milliarden Euro.
    Reaktionen auf Buchs Vorstoß folgten prompt. »Unglaublich, große börsennotierte Konzerne wie Vonovia verlangen einen ›Inflationsausgleich‹ durch Mieterhöhungen, um die Höhe der Dividenden zu sichern«, ärgerte sich Monika Schmid-Balzert, Sprecherin der »Kampagne Mietenstopp«, am Mittwoch im jW-Gespräch. Ähnlich äußerte sich Lukas Siebenkotten: Mieter sollten nun für den eingebrochenen Vonovia-Aktienkurs und höhere Zinsen am Kapitalmarkt herhalten, sagte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB) gleichentags zu jW.
    Quelle: junge Welt
  12. Internet-Kontrolle: Medienaufsicht promotet Überwachungs-KI in der EU
    Die deutsche Medienaufsicht durchforstet das Internet automatisch nach frei zugänglicher Pornografie und Extremismus. Andere EU-Länder regt sie jetzt zum Mitmachen an – Österreich und Belgien sind interessiert.
    Die Medienaufsicht soll Jugendliche auch im Netz vor schädlichen Inhalten schützen, und dafür möchte sie ihre Augen am liebsten überall haben. Inzwischen nutzen die deutschen Landesmedienanstalten ein Online-Werkzeug namens KIVI, das automatisch Websites und soziale Netzwerke durchsuchen soll. Der Name setzt sich zusammen aus der Abkürzung für Künstliche Intelligenz, KI, und den ersten Buchstaben des lateinischen Wortes „vigilare“, überwachen.
    Menschen sichten die automatisch generierten Treffer der Software und informieren teilweise die Polizei. Bei einer Pressekonferenz im April sagte eine Vertreterin der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen (NRW), man reiche 30 Strafanzeigen pro Monat ein. NRW war aber nur der Anfang. Inzwischen arbeitet die Medienaufsicht deutschlandweit mit KIVI – und hofft darauf, dass bald ganz Europa das öffentliche Internet mit diesem Tool überwacht.
    Quelle: netzpolitik.org
  13. »Klare Ziele. Da müssen wir wieder hin«
    Für Sozialismus und Friedenspolitik: Mit einem Aufruf wollen Politiker von Die Linke das Ruder herumreißen. Ein Gespräch mit Willi van Ooyen
    Am Dienstag wurde der »Aufruf für eine populäre Linke« veröffentlicht. Darin warnen Politiker von Die Linke, auch Sie als einer der Erstunterzeichner, vor dem Bedeutungsverlust der Partei. Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt, dieses Signal zu senden?
    Angesichts verschiedener Debatten in der Linken war es an der Zeit, ein Zeichen für einen Aufbruch zu setzen. 2007 und 2008 hat es durch die Formulierung von klaren Zielen, einer Orientierung auf Sozialismus und Friedenspolitik, eine Aufbruchstimmung gegeben – nicht nur in der Partei, sondern bei allen Linken im Land. Da müssen wir wieder hin.
    Auf welche Ziele orientiert sich Die Linke gegenwärtig, wenn nicht auf Sozialismus und Friedenspolitik?
    Es gibt sehr vielstimmige Positionen, die von diesen Inhalten ablenken. Damit die Ausrichtung der Partei wieder erkennbar wird, müssen wir uns auf die programmatischen Grundsätze, die wir 2011 mit dem Erfurter Programm festgelegt haben, besinnen. Aktuell wird versucht, unter Verweis auf eine »neue Zeit« und den Ukraine-Krieg einen Kurswechsel zu vollziehen.
    Geht es dabei hauptsächlich um eine Annäherung an einen Pro-NATO-Kurs?
    Nein, nicht nur. Wir brauchen klare Positionen für alle gesellschaftlich relevanten Fragen. Wollen wir für kleine Veränderungen werben oder die Probleme grundsätzlich lösen? Janine (Parteivorsitzende Janine Wissler, jW) formuliert es so: Es geht um die gesamte Bäckerei und nicht um die einzelnen Brötchen, die in der Auslage liegen.
    Quelle: junge Welt
  14. Das Letzte: Kalte Dusche für Schüler und Sportler: Lahn-Dill-Kreis stellt in Schulen und Hallen das warme Wasser ab
    Man wolle ein Zeichen setzen und Energiekosten sparen: Also stellt der Lahn-Dill-Kreis seinen Schulen und Turnhallen das warme Wasser ab. 100.000 Euro sollen so gespart werden. Der Landrat findet das zumutbar.
    Quelle: Hessenschau

    Anmerkung unseres Lesers T.S.: Schaut man in die Kommentare, weisen zwar einige darauf hin, dass wieder mal bei den Jüngsten (ohne Wählerstimme) gespart wird, andere fragen, ob denn auch im Landratsamt so gehandelt würde. Nicht wenige finden die Maßnahme aber “gut und nachvollziehbar”, eine Kommentatorin feiert das als “Zeichen der Solidarität mit der Ukraine”. Auf die Frage, wie so etwas überhaupt sein kann im dritt- oder viertreichsten Industrieland der Welt mit einem Privatvermögen von 10 Billionen Euro, kommt niemand. Wie meinte Albrecht Müller jüngst: “Die Verblödung schreitet voran”.


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