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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 22. Februar 2011 um 9:14 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Hartz-IV-Kompromiss; Pleitebanken treiben Staatsschulden auf zwei Billionen Euro; Zuschüsse für Leiharbeiter drastisch gestiegen; Mythos Fachkräftemangel – Bundesregierung bleibt Beweise schuldig; Schulische und berufliche Qualifikation junger Mütter; Markterkundungsverfahren für das Uniklinikum Schleswig-Holstein; Lobbyisten im Amt; Milliardenstrafe gegen Chevron; Nebenbei eine Razzia im Parteibüro; Revolutionen in der arabischen Welt; Bundeswehr in Afghanistan: Der Freund im Rücken; Das Model Sarah Palin; Islamkritik – Lust an der Herabsetzung; England: Banken zu Kindergärten; Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg entfielen…; Das alte Elend von Haiti; zu guter Letzt: Der Guttenberg-Song (KR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Hartz-IV-Kompromiss
  2. Pleitebanken treiben Staatsschulden auf zwei Billionen Euro
  3. Zuschüsse für Leiharbeiter drastisch gestiegen
  4. Mythos Fachkräftemangel – Bundesregierung bleibt Beweise schuldig
  5. Schulische und berufliche Qualifikation junger Mütter
  6. Markterkundungsverfahren für das Uniklinikum Schleswig-Holstein
  7. Lobbyisten im Amt
  8. Milliardenstrafe gegen Chevron
  9. Nebenbei eine Razzia im Parteibüro
  10. Revolutionen in der arabischen Welt
  11. Bundeswehr in Afghanistan: Der Freund im Rücken
  12. Das Model Sarah Palin
  13. Islamkritik – Lust an der Herabsetzung
  14. England: Banken zu Kindergärten
  15. Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg entfielen…
  16. Das alte Elend von Haiti
  17. zu guter Letzt: Der Guttenberg-Song

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Hartz-IV-Kompromiss
    1. Mickriger Hartz-Kompromiss der Angst
      Was für ein mickriges Ergebnis. Drei Euro mehr als von der Regierung geplant bekommen die Hartz-IV-Empfänger nun. Drei Mindestlöhne mehr werden nun etabliert, die die Branchen bereits vereinbart haben, und gegen die schon lange außer der FDP keiner mehr Einwände hatte. Und ein paar hunderttausend Kinder nehmen an einem Bildungspaket teil, das den Namen noch nie verdient hat. Für dieses Ergebnis haben die teilhabenden Parteien ihren Ruf riskiert, indem sie acht Wochen verhandelt haben. Und das Ganze ist im Zweifelsfall nicht mal verfassungskonform. Es war wohl die pure Angst aller Parteien, den letzten Rest an Anerkennung in der Bevölkerung zu verlieren, wenn man in dieser Nacht nicht zu einem Ergebnis kommt.
      Quelle: FTD

      Politischer Regelsatz vs. Bedarfsermittlung
      Leserin M.M. schreibt uns: „Angesichts der aktuellen “Nacht-und Nebelentscheidung” zum Regelsatz hier ein Widerhaken zur Veröffentlichung „Alternative Berechnungen zu Hartz-IV-Regelsätzen [PDF – 130 KB]

      Vielleicht finden sich Menschen mit ausreichend juristischem Wissen, menschlichem Anstand und innerer Energie angesprochen, beides für diejenigen Menschen einzusetzen, die von diesem verächtlichen “Regelsatz” leben müssen und für diese erneut vor das Bundesverfassungsgericht gehen würden.

      Es wird bei allen Diskussionen vergessen, daß dieser Regelsatz auch der Satz für die Sozialhilfe, die Hilfe zum Lebensunterhalt, die Grundsicherung und die Grundsicherung im Alter ist – und somit für eine viel gößere Gruppe von Menschen relevant ist, als bisher diskutiert wird.

      Damit werden also schwer chronisch Kranke mit zu niedriger Erwerbsunfähigkeitsrente, AltersrentnerInnen mit zu kleiner Rente und Behinderte mit diesem Satz abgespeist und müssen auf ALG II-Niveau leben.

      Sämtliche Schein-“Argumente” der Regierung (wie z.B. ein “Lohnabstandsgebot”) verfangen für diese BezieherInnen nicht.

      Es wird immer von “drohender” Altersarmut gesprochen – und völlig ausgeblendet, daß durch die verdeckten und von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommenen jahrelangen Kürzungen bei den Renten ( z.B. durch Nichtanerkennung von Studienzeiten etc.) jetzt schon reale Armut bei vielen Erwerbsunfähigen herrscht – unabhängig von z.B. akademischer Ausbildung, langer Berufstätigkeit und einst hohem Einkommen.

      Übersehen wird bei dieser Gruppe auch, daß sämtliche Rentenerhöhungen keine Relevanz haben, da um diesen Betrag die Grundsicherung gekürzt wird (“höheres Einkommen). Ein Zuverdienst ist nicht möglich, da eben diese Menschen zu krank sind zum Arbeiten. Ausschlaggebend sind also die Erhöhungen der Grundsicherung – und daraus folgt eine jährliche “Mindereinnahme”, die der Inflation und den Preissteigerungen entspricht. Eine Verarmung per Gesetz.“

    2. SPD knickt wieder ein
      Mit Entrüstung haben Sozialverbände und Vertreter der Linken auf den »Kompromiß« zur künftigen Ausgestaltung der Hartz-IV-Leistungen reagiert, den Vertreter der Regierungsparteien und der SPD in der Nacht zum Montag vereinbarten. Dieser sieht vor, die Regelsätze außer um die bereits beschlossenen fünf um weitere drei Euro zu erhöhen – allerdings erst im kommenden Jahr. Ferner erhalten die Kommunen 1,6 Milliarden Euro für ein »Bildungspaket« sowie weitere Gelder für Schulsozialarbeiter. Mittelfristig sollen die Kommunen auch von den Kosten für die Altersgrundsicherung entlastet werden. Des weiteren wurde für drei Branchen – Zeitarbeit, Sicherheitsgewerbe und Weiterbildung – die Festsetzung von gesetzlichen Mindestlöhnen vereinbart. Die SPD verzichtete in der Schlußrunde allerdings komplett auf ihre Forderung nach Gleichbehandlung von Leiharbeitern und Stammkräften. Der Vorstand der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di bezeichnete dies in einer ersten Reaktion in etwas eigenartiger Farbdefinition als »schwarz-gelben Zynismus«.
      Quelle: Junge Welt
    3. »Da hat ein Kuhhandel stattgefunden«
      Mit der Hartz-IV-Reform wurde das Existenzminimum abgesenkt. Gespräch mit Christoph Butterwegge
      jW: Das Tauziehen um die Hartz-IV-Reform ist seit der Nacht zum Montag beendet – der Regelsatz wird rückwirkend ab Januar 2011 um fünf Euro erhöht, und um drei weitere ab 2012. Hat sich das für die Betroffenen gelohnt?
      Butterwegge: Nein, da hat ein Kuhhandel auf deren Rücken stattgefunden. Am Ende war nur noch parteitaktisches Kalkül im Spiel. Denn in bezug auf die Erhöhung des Regelsatzes ab Januar 2011 auf 364 Euro und ab 2012 auf 367 Euro hat ganz offensichtlich ein fauler Kompromiß stattgefunden. Gerechtigkeit auf Raten gibt es nämlich nicht. Entweder entspricht ein Regelsatz von 364 Euro dem Urteil von 2010 – oder aber ein Regelsatz von 367. Alles andere ist auszuschließen.
      Die Taktik kann man so zusammenfassen: Die Bundesregierung wollte von ihrem Vorschlag von fünf Euro mehr nicht abweichen, die SPD sich nicht ganz geschlagen geben. Das Resultat ist eine Bankrotterklärung der etablierten Politik. Man hat den tragenden Gedanken des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, den Armen ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum einzuräumen, mit Füßen getreten.
      Quelle: Junge Welt
  2. Pleitebanken treiben Staatsschulden auf zwei Billionen Euro
    Es ist eine Zahl mit zwölf Nullen: Der Schuldenstand der Bundesrepublik ist 2010 auf fast zwei Billionen Euro gestiegen. Dass die Verbindlichkeiten so schnell wie nie zuvor stiegen, lag vor allem an der kostspieligen Rettung von Geldinstituten. […]
    Auf jeden Bundesbürger entfielen damit im Durchschnitt Verbindlichkeiten in Höhe von 24.450 Euro. Allein seit dem Krisenjahr 2009 wuchsen die Schulden um 304,4 Milliarden Euro, das sind 18 Prozent. Der wichtigster Faktor waren dabei sogenannte “Bad Banks”, mit denen der Staat kriselnde Institute von Risikopapieren befreite. Allein die Übertragung solcher Papiere der Hypo Real Estate und Ausgaben für die Abwicklung der WestLB ließen den Schuldenstand zum Jahresende um 232,2 Milliarden Euro steigen.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Immerhin wird als Hauptursache die extrem teure Bankenrettung genannt. Respekt. Und dann vergleiche man die Kosten für die Bad Banks, hier mit 232,2 Milliarden Euro angegeben, mit der 1 Milliarde oder so, die durch die Erhöhung der Hartz-IV-Almosen jetzt auf den Staat zukommen, und Merkels Kommentar dazu: “Merkel verwies darauf, dass bei einer stärkeren Anhebung des Regelsatzes alle Steuerzahler zusätzlich belastet würden.”

    Anmerkung Jens Berger: Und das ist längst noch nicht alles, da sich noch gigantische Risiken in den Bad Banks verstecken, die momentan noch in einem Schattenhaushalt geführt werden. Im Oktober letzten Jahres zitierte die FTD Finanzstaatssekretär Asmussen mit den Worten: „In dem Moment, in dem die Bad Bank (der HRE: Anm. d. Red.) konsolidiert ist, steige die deutsche Gesamtverschuldung um 8,5 Prozentpunkte. Die Gesamtverschuldung läge dann bei rund 84 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).“ Bezeichnend ist ferner, dass sämtliche Medien zwar die Verbindlichkeiten pro Kopf genüsslich zitieren, aber die Forderungen pro Kopf verschweigen. Jeder Bundesbürger mag zwar über den Staat statistisch gesehen mit 24.450 Euro verschuldet sein. Jedoch besitzen viele Bundesbürger – direkt oder indirekt über Lebensversicherungen, Fonds etc. – auch Forderungen an den Staat. Durchschnittlich besitzt jeder Bundesbürger ein Bruttogeldvermögen von rund 60.000 Euro – der mediale Schwanengesang über die hohe Pro-Kopf-Verschuldung ist also sachlich falsch. Selbstverständlich sind allerdings sowohl Schulden als auch Forderungen nach wie vor ungleich verteilt.

  3. Zuschüsse für Leiharbeiter drastisch gestiegen
    Dumpinglöhne in der Zeitarbeitsbranche kommen den Steuerzahler teuer zu stehen. Fast 40 Millionen Euro musste der Bund allein im Juni 2010 zuschießen, um die niedrigen Gehälter von Leiharbeitern aufzustocken. Damit stiegen die staatlichen Hilfsleistungen gegenüber dem Vorjahresmonat um mehr als 70 Prozent, wie aus einer Antwort des Arbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Fraktion hervorgeht. Für das gesamte Jahr 2010 liegen demnach noch keine Zahlen vor.
    Der Behörde zufolge lagen zum Jahresende 2009 drei Viertel aller Leiharbeiter unter der bundesweiten Niedriglohnschwelle von monatlich 1.784 Euro. Unter den regulär Beschäftigten sei es nur gut jeder Fünfte gewesen. Im Juni 2010 waren bundesweit rund 700.000 Menschen in der Leiharbeit beschäftigt; inzwischen sind es fast eine Million. “Leiharbeit ist nicht nur ein Problem für die Betroffenen”, so die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Sabine Zimmermann. Die Aufstockung niedriger Gehälter mit Steuergeld sei zugleich auch “Lohndrückerei auf Kosten der Gesellschaft”.
    Quelle: taz
  4. Mythos Fachkräftemangel – Bundesregierung bleibt Beweise schuldig
    Die schwarz-gelbe Koalition hat den Fachkräftemangel zum Schlüsselthema gemacht. Doch eine Anfrage der Linken zeigt: Der Bundesregierung fehlen klare Hinweise für eine Verknappung von Arbeitskräften. […]
    Doch wie es scheint, haben Brüderle und seine Kolleginnen den von den großen Wirtschaftsverbänden proklamierten Mangel an Fachkräften nie hinterfragt – und bleiben deshalb nun eine klare Antwort auf eine Anfrage der Linken im Bundestag schuldig. Die Opposition wollte von der Regierung wissen: Wie sieht es tatsächlich aus mit einer Verknappung von Arbeitskräften in Deutschland? Die Erklärung aus dem Arbeitsministerium, die SPIEGEL ONLINE vorliegt, fällt dünn aus.
    Zunächst ist in dem Papier nur von möglichen Engpässen und “Lücken zwischen Arbeitskräftenachfrage und -angebot”, jedoch nicht explizit von einem Fachkräftemangel die Rede. Auch konkrete Aussagen über Branchen und Berufe mit fehlendem Personal bleibt das Arbeitsministerium in seiner Antwort schuldig.
    Quelle: SPIEGEL Online
  5. Schulische und berufliche Qualifikation junger Mütter
    Rund 57% der jungen Mütter unter 25 Jahren verfügten im Jahr 2009 über einen Hauptschul- oder Realschulabschluss oder über keinen Schulabschluss und hatten auch keinen beruflichen Abschluss. Entsprechend der Internationalen Standard-Klassifikation des Bildungswesens (ISCED) hatten damit fast sechs von zehn jungen Müttern einen niedrigen Bildungsstand. Nach der ISCED wird der höchste erreichte Bildungsstand aus den Merkmalen allgemeiner Schulabschluss und beruflicher Bildungsabschluss kombiniert.
    Quelle: Statistisches Bundesamt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Vorweg versucht das Statistische Bundesamt zu beschönigen: Mütter unter 25 Jahren würden nur zwei Prozent aller Mütter ausmachen. Nur, wenn gleichzeitig von allen Seiten beschworen wird, die Zukunft speziell Deutschlands gehöre der Wissensgesellschaft, dann sind diese 57 Prozent dramatisch. Aber auch der Status, dass 21 Prozent aller Mütter mit Kindern zu Hause einen niedrigen Bildungsstand aufweisen, ist nicht beruhigend.

  6. Markterkundungsverfahren für das Uniklinikum Schleswig-Holstein
    In Schleswig-Holstein wiederholt sich Geschichte. Erneut kommt eine Landesregierung der Verpflichtung nicht nach, die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen. Da man Investitionen in Höhe von 700 Mio. € nicht aufbringen kann, wird über den Verkauf des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) nachgedacht. Asklepios, Helios und die Rhön AG interessieren sich für die Uniklinik.
    Quelle: NotRuf 113
  7. Lobbyisten im Amt
    Aktueller Bericht des Innenministeriums offenbart laxen Umgang mit Regelungen über den Einsatz externer Mitarbeiter in Bundesverwaltung
    Zwischen 1. Januar und 30. Juni 2010 waren 53 externe Personen in der Bundesverwaltung tätig. Dies geht aus dem offiziellen Bericht hervor, der der jW vorliegt. Damit ist die Zahl derjenigen, die im Regierungsapparat tätig waren, ohne offiziell dazuzugehören, gegenüber dem Vorberichtszeitraum um mehr als 15 Prozent angestiegen. Insgesamt zwölf neue Fälle tauchen im Bericht auf. Diese betreffen das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Den Unterlagen zufolge wurden 25 externe Mitarbeiter bereits in vorangegangenen Berichtszeiträumen beschäftigt.
    Quelle: Junge Welt
  8. Milliardenstrafe gegen Chevron – Beständig fließt das Öl
    Der Ölkonzern Chevron wurde nach jahrzehntelanger Verschmutzung des Amazonasgebietes mit 8,6 Milliarden Dollar zur höchsten Umweltstrafe aller Zeiten verurteilt. Und doch stellt sich die Frage, wie viele Katastrophen es noch braucht, bis sich auch die Bevölkerung der Industriestaaten für den Umweltschutz interessiert. Seit der verheerenden Ölkatastrophe im Golf von Mexiko im April 2010 nehmen alle Anteil an den ihrer Existenz beraubten Fischern und den sterbenden ölverschmierten Tieren. Tatsächlich ist dies aber nur die Spitze eines ausgesprochen schmutzigen Eisbergs, der durch Menschenhand verursachten Umweltkatastrophen der letzten Jahre. Und während Barack Obama noch mit seinen Kindern im Golf von Mexiko planscht, um zu beweisen, dass alles nicht so schlimm ist wie es aussieht, hätte Ecuadors Präsident Rafael Correa das im Amazonasgebiet sicherlich nicht gewagt.
    Denn dort verseucht der Ölkonzern Chevron schon seit Jahren das Amazonasgebiet, weil große Mengen Öl aus einer alten Förderstätte in den Boden sickern. Jetzt wurde der Konzern nach einem fast zwanzig Jahre währenden Rechtsstreit zu einer Milliardenstrafe verurteilt. Nach Angaben des „Wall Street Journals“ soll es sich um eine Summe von ca. 8,6 Milliarden Dollar handeln, die für die Reinigung des verseuchten Regenwaldes und den Aufbau eines Gesundheitssystems für die betroffene Bevölkerung aufgewandt werden sollen. Darüber hinaus verfügte der Richter, dass sich der US-Ölmulti innerhalb von 15 Tagen nach der Urteilsverkündung öffentlich entschuldigen muss, andernfalls verdoppele sich die Strafe. Ein kleiner Erfolg für die Umwelt, handelt es sich hierbei doch um die bisher höchste verhängte Umweltstrafe. Und doch leben Mensch und Tier seit Jahrzehnten in einem verseuchten Gebiet, während sich ein arrogantes Unternehmen darauf beruft, dass es mit den Altlasten des von ihm in 2001 übernommenen Konzerns Texaco, der dort bis 1992 Öl förderte, nichts zu tun haben will.
    Quelle: Philbuster
  9. Nebenbei eine Razzia im Parteibüro
    Wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch will die Polizei das Büro eines Jugendhilfe-Vereins durchsuchen – und stürmt gleich das ganze Gebäude inklusive Linken-Parteibüro und einer Anwaltskanzlei. Die Linke ist empört und kündigt juristische Schritte an. […] Am frühen Abend drangen Polizisten in das “Haus der Begegnung” in der Großenhainer Straße ein. In dem Gebäudekomplex hat die Geschäftsstelle des Vereins Roter Baum ihren Sitz – und nur für diese Räume lag ein mündlicher Durchsuchungsbeschluss vor, wie die Staatsanwaltschaft Dresden bestätigte. Durchsucht wurden aber auch etliche weitere Räume. […] “Es war sehr gespenstisch, das Gelände war weiträumig abgeriegelt, davor standen etwa 15 Polizeiwagen mit Blaulicht”, berichtet der Vorsitzendes des Stadtverbands der Linkspartei, Hans-Jürgen Muskulus. Polizisten in “voller Montur” seien dort gewesen, auch ein Sondereinsatzkommando. “Alle Haustüren wurden eingetreten, Türrahmen herausgerissen”, berichtet Muskulus. Seinen Schilderungen zufolge hielten sich in den Räumen seiner Partei acht Menschen auf: Zwei ältere Mitglieder, die dort ehrenamtlich Telefondienst versahen und sechs Mitglieder des Bündnisses Dresden Nazifrei, die von dort aus Pressemitteilungen verschickten. Zu dem Aktionsbündnis gehören neben der Linkspartei unter anderem die Jugendorganisationen von Verdi und DGB, die Jusos sowie der Bundesvorstand der Grünen. Die zwei Linkspartei-Mitglieder wurden gemeinsam mit etwa 14 weiteren Personen “vorübergehend festgenommen”, berichtet Muskulus. Mit Kabelbindern gefesselt seien sie abgeführt worden.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  10. Revolutionen in der arabischen Welt
    1. Bericht aus Libyen: “Niemand spricht von Demokratie”
      Geo-Redakteurin Gabriele Riedle ist gerade aus Libyen zurückgekehrt. Im Gespräch mit der FR erklärt sie, warum es unter Gaddafi zu einer Re-Islamisierung kam, und warum die Vorstellung, es könne bei den Protesten um Demokratie gehen, Wunschdenken à la CNN ist.
      Quelle: FR

      Anmerkung KR: Die Frage ist interessant, ob andere Quellen das bestätigen werden.

    2. Ägypten: Die Masse bricht die Macht
      Beschleunigte Ereignisdichte charakterisiert die Revolutionen, die seit Wochen und Tagen die Mittelmeerwelt und insbesondere Ägypten erschüttern. Prognosen werden formuliert und rasch wieder revidiert, während die Hauptakteure in instabilen Positionen um Macht und Einfluss, letztlich aber um die Zukunft und um ihr Schicksal ringen. Das erstarrte Gestein aus Autorität, Klientelwirtschaft und verpassten Reformen verflüssigt sich mit vulkanischem Effekt, ohne dass die Richtung der überraschenden Dynamik bereits zur Kenntlichkeit gelangte. Selbst ein nachhaltiger Sieg des Volkes über das bisherige System wäre wieder in Strukturen des Politischen einzubringen – ebendies wird auch bei sympathetischer Betrachtung des Geschehens die grösste Herausforderung stellen.
      Die bisher aktuellen Lehren aus den Ereignissen in Kairo lauten: Erstens, indem die Ägypter scheinbar aus dem Nichts und ohne die Regie durch Anführer der Revolution zusammenkamen, konfigurierten sie sich zu einer Spontanmasse, deren Identität die individuellen Profile so effektiv überspielte, dass die Parole «Wir sind das Volk» ohne Einschränkung sowohl in der Innen- wie in der globalisierten Aussenwahrnehmung ihre Geltung beanspruchte. Die Nähe, die als Wir-Gefühl entstand, wurde dadurch politisch. Zweitens gilt: Diesem Aufstand lag zugleich eine Mobilisierung zugrunde, die ihre Energien aus Quellen zog, die keinem atavistischen Triebimpuls entsprachen, sondern ganz im Gegenteil einem reflektierten und planenden Bewusstsein sich verdankten. Kommunikation auf dem vorgerückten Stand der Technik fungierte als Zünder, in Echtzeit blitzschnell an alle gerichtet, die nur hören wollten – immer unter dem Risiko von «trial and error» und ohne Garantie auf Erfolg. Eine spätere Erzählung der Erhebung wird im Detail aufzuzeigen haben, wie der Prozess auf die Bahn gebracht wurde – von den ersten E-Mails und SMS-Adressen bis zum Austausch und Aufruf auf Facebook.
      Walid Rachid, ein Mitstreiter von Wael Ghoneim, hatte es zuversichtlich so formuliert: «What Egypt did will be the form that will push the world.» Das war letztlich und in ehrwürdiger Tradition geschichtsphilosophisch gedacht, dass nichts und niemand dem Fortschritt entrinne. Hegels Diktum, dass die Masse mit der Französischen Revolution ein Bewusstsein eingesetzt bekommen habe, lieferte gleichsam die Vorlage. Derweil wuchert zugleich die Hypothek der politischen Theologie, wie sie der Islam beansprucht, in den Köpfen derer, die Demokratie noch lange nicht mit den Rechten des Individuums im freiheitlichen Rechtsstaat identifizieren. Überdies gilt für jede revolutionäre Volksbewegung, dass sie ihren politischen Ort erst da gefunden hat, wo Repräsentation zustande gekommen ist. Dem alten Europa eröffneten sich dafür zweihundert Jahre. Das Auf und Ab ist bekannt.
      Quelle: NZZ

      Anmerkung Orlando Pascheit: Auch wenn Martin Meyer, wie manche andere auch, entgegen anderen Berichten, vielleicht zu sehr dem Faszinosum der neuen Kommunikationstechnologie erliegt, sein Hinweis darauf, wie lange Europa brauchte, um dem Neuen eine politische Struktur geben, sollte unsere Erwartungen und die zweifellos sich einstellenden Enttäuschungen begrenzen. Ähnlich argumentiert Andre Glucksmann:
      “Von der Revolution und ihren Wiederholungen bis zur demokratischen und laizistischen Republik, brauchte es in Frankreich zweihundert Jahre. In Russland und in China wird die Zeitspanne nicht kürzer sein, wenn die Reise überhaupt an ihr Ende kommt. Auch die Vereinigten Staaten, die glaubten, das Himmelreich in zehn Jahren erreicht zu haben, täuschten sich. Erst kamen noch ein furchtbarer Bürgerkrieg, der Klassenkampf und die Schlacht um Bürgerrechte – lang dauernde zweihundert Jahre des Zorns. Wer Revolution und Freiheit sagt, sagt nicht gleich Demokratie, Respekt für Minderheiten, Gleichberechtigung, gute Nachbarschaft mit anderen Völkern. Das alles bleibt noch zu erringen. Begrüßen wir die arabischen Revolutionen, sie überwinden das angebliche Schicksal. Aber reden wir sie nicht schön: all die Risiken, auch die schlimmsten Gefahren stehen ihnen bevor. Es reicht, auf unsere Geschichte zurückzublicken: Die Zukunft ist ohne Garantie.”

      Auch Glucksmann ist, anscheinend sind gerade Intellektuelle fasziniert, von der modernen Kommunikationstechnologie begeistert :”Facebook und Twitter sind das, was einst der Samisdat war. Die kleine Gruppe der Netzbürger trägt die Fackeln der Dissidenz.” Allerdings sollte er dann vielleicht auch das Diktum von der 200-jährigen Demokratieentwicklung etwas relativieren.

    3. Das Morgenland wacht auf
      Der Westen steht ratlos vor dem Umbruch in der arabischen Welt. Er muss jetzt außenpolitische Interessen und Werte besser in Einklang bringen.
      Es gilt einzugestehen, dass die Demokratie das beste politische System für komplexe moderne Gesellschaften darstellt. Die von Samuel Huntington in seinem Theorem von “Kampf der Kulturen” aufgestellte These und im Westen weit verbreitete Ansicht, außereuropäische Kulturen – insbesondere in der islamischen Welt – seien demokratieresistent, ist Unsinn.
      Die Türkei und Indonesien sind die größten Gegenbeispiele dafür, und Umfragen und Studien aus arabischen Ländern belegen das seit langem. Doch die westliche Angst vor “dem” Islam sitzt so tief, dass sie die westliche Außenpolitik oft davon abhält, das Richtige zu tun.
      Quelle: TAZ
    4. Bloß keine Angst!
      Stabilität ist seit vielen Jahrzehnten das Hauptinteresse des Westens in der arabischen Region. Doch dieses beliebte Geschäftsmodell für Diktatoren ist gescheitert.
      Quelle: FR
  11. Bundeswehr in Afghanistan: Der Freund im Rücken
    Auf vieles sind deutsche Kampftruppen im Norden Afghanistans vorbereitet, aber darauf nicht: Der Partner wird zum Attentäter im eigenen Lager. Aber ohne einheimische Soldaten läuft nichts.
    So sicher, wie noch 2006, als die Deutschen das Regionalkommando übernahmen, ist hier längst nichts mehr. Deswegen operiert eine Brigade amerikanischer Soldaten seit ein paar Monaten im Gebiet der Bundeswehr, weil die alleine mit der Situation nicht mehr fertig wird. 2010 war das verlustreichste Jahr für die Koalitionstruppen am Hindukusch seit Beginn des Krieges vor neun Jahren. 711 Soldaten kamen bei Kämpfen ums Leben. Und auch die Bundeswehr hat in dem Jahr mehr Männer verloren als je zuvor. Alexander Krallmeisters [Oberstabsgefreiter der zweiten Kompanie des Fallschirmjägerbataillons 313] Kompanie war in den vergangenen Monaten in 13 Feuergefechte verwickelt. Ständig werden Fahrzeuge aus Verstecken beschossen, mit Maschinengewehren, Raketen oder Panzerfäusten. Selbst gebaute Sprengfallen sind zur größten Bedrohung für Patrouillen geworden. Kanister gefüllt mit Düngemittel und Diesel gegen deutsches Hightech. Vergangenen April starben sieben deutsche Soldaten innerhalb einer Woche, eine Zäsur – seitdem nehmen deutsche Politiker das Wort Krieg in den Mund und sprechen von Gefallenen. Auch Krallmeisters Zug musste schon vier Verwundete in die Heimat zurückschicken, einen davon mit gebrochenem Wirbel. Ob er, Krallmeister, vorbereitet worden sei auf Kampf und Tod? „Solche Gedanken lasse ich im Einsatz nicht zu“, sagt er. Nur manchmal schleichen sich Bedenken ein – nach einem Angriff auf eine deutsche Patrouille, wenn Kameraden verletzt wurden, die man kennt, Freunde vielleicht. Dann muss der Kommandeur seinen Leuten die Wut ausreden, die sie in sich aufsteigen fühlen. Sonst drückt einer aus Versehen ab, aus Angst und Unsicherheit. Weil jeder Bartträger ein Taliban sein könnte und jeder Benzinkanister eine Sprengfalle.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: So sinnvoll eine Reportage von der “Front” ist, so absurd ist die Behauptung, die Bundeswehr hätte nicht damit rechnen können, dass sich todesbereite Islamisten in die afghanische Armee rekrutieren ließen. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass die Taliban keine Spione in die afghanische Armee eingeschleust haben. Sollte die Bundeswehr tatsächlich überrascht sein, wäre dies ein ungeheuerlicher Dilettantismus. Schließlich haben Vorfälle ähnlicher Art haben gezeigt, wie effektiv eine solche Tarnung ist. Allein schon das Überziehen einer Uniform ist ein bewährtes Mittel der Täuschung. Kurz nach dem Anschlag auf die deutschen Soldaten, haben als Soldaten verkleidete Attentäter in Dschalalabad ein Blutbad angerichtet.

    Geradezu lächerlich ist die Aufmachung des Artikels: “Der Freund im Rücken”. Oder beim Spiegel: “Der Kamerad, der zum Feind wird”. Wir sind in einem Guerillakrieg, Tarnung und Täuschung gehören zum Geschäft. Im Nachhinein erklärt jetzt der Verteidigungsminister zur Zusammenarbeit mit der afghanischen Armee: „Allerdings birgt dieses Miteinander auch Risiken“, aber hat er auch dazu beigetragen diese Risiken zu mindern? Vor allem aber, warum hat er noch nicht realisiert, dass der Afghanistaneinsatz an sich das eigentliche Risiko darstellt? Warum soll, weil die US-Regierung nicht ihr Gesicht verlieren möchte, ein deutscher Verteidigungsminister Leib und Leben deutscher Soldaten riskieren? Wann endlich hat Karl- Theodor zu Guttenberg, der zumindest theoretisch zu Afghanistan bestinformierte Politiker, das Einsehen, dass dieser Krieg aussichtslos ist? Gegenüber diesen großen Versagen, sind Schummeleien in einer Dissertation Peanuts.

  12. Das Modell Sarah Palin
    Die Empörung all der vielen Leute, die in den Attacken auf den Plagiator Guttenberg nur den elitären Versuch sehen, “unseren besten Mann kaputt zu machen”, ist für Guttenberg ein ungeheuer wertvolles politisches Kapital.
    Sarah Palin in den USA macht es vor, welche unglaublichen Erfolge man mit diesem anti-elitären Ticket einfahren kann: Jeder Professor, der ihr Irrtümer und Fehlschlüsse nachweist, jeder Journalist, der sie als ahnungslos und bescheuert und totalen Blindgänger entlarvt, macht sie nur stärker. Je massiver und anspruchsvoller die Kritik, desto klarer liegt für ihre Anhänger auf der Hand: Die da oben wollen sie nur fertig machen. Also halten wir da unten um so mehr zu ihr.
    Dieses anti-elitäre Ticket ist jetzt für Guttenberg reserviert.
    Quelle: Verfassungsblog
  13. Lust an der Herabsetzung
    In seinem Buch “Die Panikmacher” warnt Patrick Bahners vor hysterischem Alarmismus. Ein Gespräch über Staat, Gesellschaft, Glauben und Islam.
    Wenn nicht alles täuscht, dann bildet der Streit um den Islam die wichtigste Kontroverse der Gegenwart. Autoren wie Necla Kelek, Henryk Broder, Thilo Sarrazin oder Ralph Giordano warnen vor der Unterwanderung der Gesellschaft durch einen gut getarnten, nach Vorherrschaft strebenden Islam. Diese Religion sei so kriegerisch, dass ihre Gefährlichkeit in der Öffentlichkeit systematisch verkannt werde. Diese radikale Islamkritik hat prononcierten Widerspruch erfahren, zum Beispiel durch Patrick Bahners, den Feuilletonchef der »FAZ«. »Die Panikmacher. Die deutsche Angst vor dem Islam« heißt sein Buch, das am 19. Februar im Münchner C.H. Beck Verlag erscheint (300 Seiten, 19,95 Euro).
    Quelle: ZEIT
  14. England: Banken zu Kindergärten
    Am Samstag mußten in Großbritannien 35 Filialen der Barclays Bank vorübergehend schließen. Sie wurden zum Ziel eines symbolischen »bail in«. Der Begriff bezeichnet die Beteiligung der Gläubigerseite, also z.B. Kreditinstitute und Investmentfonds, an den Kosten eines Krisenmanagements bei Schuldnern in einer Unternehmenskrise. Bekanntlich erhielten britische Banken ja Milliardensummen staatlicher Gelder, um diese vor dem Ruin zu retten. Nun muß die Bevölkerung dafür zahlen, etwa indem beispielsweise in Manchester alle öffentlichen Toiletten und fast alle öffentlichen Bäder geschlossen werden. Wie das auch von einigen Gewerkschaften unterstützte Netzwerk UK Uncut mitteilte, sollten durch das »bail in« Bankfilialen in Institutionen verwandelt werden, die notwendig sind, derzeit aber wegen sogenannter Sparmaßnahmen geschlossen werden: also Bibliotheken, Gemeindezentren, Sporteinrichtungen und so weiter.
    Barclays wurde als Ziel für diese Besetzungsaktionen ausgesucht, an denen sich im ganzen Land Tausende beteiligten. Die Bank hatte in der vergangenen Woche den Bonuspott für die Manager bekanntgegeben. Er ist 3,4 Milliarden Pfund schwer. Unternehmenschef Bob Diamond erhält zusätzliche neun Millionen Pfund. Derselbe Bob Diamond erklärte unlängst, mit der Hetze gegen Banker müsse endlich Schluß sein, schließlich würden diese wichtige Aufgaben übernehmen. Für diese hätten sie auch eine gute Bezahlung verdient. Keine gute Bezahlung haben nach Auffassung der britischen Regierung Menschen mit Sozialhilfe verdient. Das Sozialhilfebudget für die ärmsten Teile der Bevölkerung soll im Laufe der nächsten vier Jahre um 5,5 Milliarden Pfund gekürzt werden. Dies gab die Regierung am Freitag bekannt. Nach Angaben des Daily Mirror werden 1,7 Millionen Menschen durch diese Maßnahmen ärmer sein als zuvor. Ein wesentlicher Bestandteil der Reform ist es, Menschen zur Erwerbsarbeit zu zwingen. Insbesondere alleinerziehende Eltern sind davon betroffen. Erziehungsurlaub wird quasi abgeschafft. Der Arbeits- und Rentenminister Ian Duncan Smith ist der Auffassung, daß sich durch die Reformen Arbeit wieder lohnt. Sozialhilfe soll auf jeden Fall niedriger als die niedrigsten Löhne sein. Auch Wohnungsbeihilfen werden massiv gekürzt. Gibt es ein freies Schlafzimmer in einer Wohnung, wird es zukünftig weniger Geld geben. Ist also zum Beispiel ein Kind ausgezogen, erhalten die Eltern weniger Hilfsmittel, obwohl die Miete gleich bleibt. Stirbt bei einem alten Ehepaar die Frau oder der Mann, wird entsprechend gekürzt.
    Quelle: junge Welt
  15. Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg entfielen…
    • … 43,0 Prozent aller möglichen Stimmen auf niemanden.
    • … 26,2 Prozent aller möglichen Stimmen auf die SPD.
    • … 11,9 Prozent aller möglichen Stimmen auf die CDU.
    • … 6,1 Prozent aller möglichen Stimmen auf die Grünen/GAL.
    • … 3,6 Prozent aller möglichen Stimmen auf die FDP.
    • … 3,5 Prozent aller möglichen Stimmen auf die LINKE.

    Das größte Lager stellen die Nichtwähler – so groß war dieses Lager in Hamburg noch nie.
    Quelle: Ad sinistram

  16. Das alte Elend von Haiti
    Wiederaufbau, Neuanfang, grundlegende Reformen – all das scheint viel zu hoch gegriffen. Viel wahrscheinlicher ist eine Zukunft als Flickwerk nach alter Manier. Wie soll man einen Staat stärken, dessen Funktionsweise strukturell völlig mangelhaft ist und der dem Land eigentlich eher schadet? Und wie sollen Entwicklungsgelder je zum Ziel führen, wenn sie in den Kanälen einer Klientelpolitik verschwinden, die das Fortbestehen der enormen Spaltung zwischen Arm und Reich garantiert? Wer wissen will, wie es um die haitianische Gesellschaft steht, muss beim Warten im blokus nur einen Blick aus dem Taxifenster werfen: blitzblanke, klimatisierte Allradautos mit getönten Scheiben und Smartphones für einige wenige, barfuß laufen und Schubkarren für alle anderen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ändert sich die Oberschicht des Landes überhaupt nicht. Es ist, als hätte das Erdbeben zwar viele Häuser zerstört, aber die Fundamente der haitianischen Gesellschaft noch nicht einmal erschüttert.
    Quelle: Le monde diplomatique

    dazu: Die Diamantengräber von Mbuji-Mayi – Reise ins Herz des Kongo
    Auf rund eine Million schätzt man heute die Zahl der creuseurs im Kongo. Meistens sind es Männer und Jungen, die in die Schächte und Stollen steigen, sich unter die Erdoberfläche wühlen, wo die weltweit größten Reserven an Kobalt, zehn Prozent der weltweiten Reserven an Kupfer und gigantische Diamantenvorkommen liegen. Frauen und Mädchen schuften über der Erde, auf den wenigen Feldern, die inmitten der verseuchten Minen noch bewirtschaftet werden, oder am Eingang zu den alten Bergwerken, wo sie die Steinbrocken zerstoßen, die die Männer herauswuchten. Dieses Millionenheer erwirtschaftet fast ein Jahrzehnt nach dem offiziellen Kriegsende immer noch den Großteil des kongolesischen Rohstoffexports. Es ernährt mit den wenigen verdienten Dollars gut ein Sechstel der Bevölkerung, zahlt Schürfgebühren und Steuern, wird mit illegalen Abgaben erpresst. Aber es gräbt weiter. Gräbt und gräbt und gräbt. Und träumt vom großen Fund.
    Quelle: Le monde diplomatique

    Anmerkung Orlando Pascheit: „Lasciate ogni speranza, voi ch’ entrate!“ (Lasst jede Hoffnung, wenn ihr eingetreten) lautet die Inschrift auf dem Tor zur Hölle, im dritten Gesang von Dantes “Göttlicher Komödie”. Wer könnte heute Wege benennen, wie wir den Menschen auf Haiti oder im Kongo helfen könnten? Sollte, könnte man Haiti zum Protektorat der UNO erklären – Kosovo und Bosnien lassen grüßen. Die Aufforderung, dass westliche Konzerne und Händler ihre Zulieferer aus dem Kongo benennen sollten, verhallt ungehört. Und selbst wenn der Druck auf einige Profiteure etwas bewirken würde, es sprängen sofort andere ein. Chinesische Unternehmen zeichnen sich auch nicht gerade durch Skrupel aus – in Sambia schossen chinesische Manager auf demonstrierende Minenarbeiter.
    Vielleicht sehe ich die Situation zu trostlos, aber anscheinend gibt es Höllen, aus denen wir, Regierungen, Medien, die Zivilgesellschaft, nur in Einzelfällen unsere Mitmenschen befreien können.

  17. zu guter Letzt: Der Guttenberg-Song – Ich hab alles nur …
    Quelle 1: Yahoo News
    Quelle 2: YouTube


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