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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages 2
Datum: 18. Februar 2011 um 16:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Jens Berger
Heute unter anderem zu folgenden Themen: Guttenbergs Dissertation; Banken schreiben Griechen ab; Bruttoinlandsprodukt im 4. Quartal 2010 moderat gestiegen; Ungerechtigkeit mit System: Warum weder Kassen- noch Privatpatenten optimal behandelt werden; Im Würgegriff der Heuschrecken: Warum ganzen Wohnvierteln in Deutschland der Verfall droht; Vollbremsung auf der Datenautobahn; Strategiewechsel im Auswärtigen Amt gerät unter Druck; Dubiose Parteispenden aus Glücksspielkonzern; Unruhen in der arabischen Welt; Auf welcher Seite saßen hier die Pöbler?; Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung der Neubaustrecke Ulm-Wendlingen und Stuttgart 21; Weltbank warnt vor Hungerkrise; Italiens moderner Tyrann; Johannes Kahrs: Der Herr hat’s gegeben …; Das Trauma von Hamburg; Noch ein Gebührenmodell; Bertelsmann verzehnfacht Gewinn; Die Verantwortung von Unternehmen bei Ressourcen-Konflikten; Mitternachsspitzen; zu gut(t)er Letzt: Demnächst bei zu Guttenberg. (JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung Jens Berger: Wenn man das Streichen der Urheberinitialen als Vorsatz wertet, hat zu Guttenberg auch bei seiner heutigen Presserklärung gelogen, in der erklärte, er habe „zu keinem Moment bewusst getäuscht“.
Anmerkung Orlando Pascheit: Die NDS hatten bereits auf die abgeschriebene Einleitung von Karl-Theodor zu Guttenbergs Dissertation hingewiesen. Dazu eine kleine Nachreichung:
Guttenberg hat in seiner heutigen Erklärung versichert, “zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht” zu haben. Nur ist dieser Text eben nicht einfach so in die Arbeit hineingerutscht, wie eine Veränderung an entscheidender Stelle zeigt. Der Originaltext von Barbara Zehnpfennig beginnt wie folgt:
“„E pluribus unum“, „Aus vielem eines“ – so lautete das Motto, unter dem vor rund 200 Jahren die amerikanischen Staaten zur Union zusammenfanden. …”
Die Einleitung von Guttenberg:
„E pluribus unum“, „Aus vielem eines“ – so lautete das Motto, unter dem vor über 215 Jahren die amerikanischen Staaten zur Union zusammenfanden. … ”
Guttenberg hat also realisiert, dass die Datierung “vor rund 200 Jahren” für den Zeitpunkt des Zeitungsartikels 1997 galt, aber nicht mehr für den Zeitpunkt der Veröffentlichung seiner Schrift. Er hat bewusst korrigiert: “vor über 215 Jahren” und ansonsten alles weitere ohne Hinweis oder Zitatkennzeichnung übernommen. Hätte er den Text so belassen, wie er ursprünglich war, könnte man vielleicht sagen, er habe keine Übersicht mehr über seine Exzerpte gehabt, aber so liegt eine bewusste Täuschung nahe.
Anmerkung WL: Einen solchen ziemlich alten kommunikativen Trick, wendet man an, wenn man in die Defensive gerät und sich wieder herauswinden möchte: Man weist mit allem Nachdruck einen Vorwurf zurück, den gar niemand erhoben hat. Der Vorhalt lautet nicht, dass die von zu Guttenberg verfasste Dissertation ein „Plagiat“ sei, sondern dass er nicht unwesentliche Passagen (z.B. in der Einleitung) plagiiert, also ohne Quellenangabe in längeren Passagen einfach abgeschrieben hat oder, dass diese Passagen – von wem auch immer – abgeschrieben worden sind.
Auch die Frage, ob die Dissertation Fehler enthält, ist nach meiner Kenntnis von niemand gestellt worden. Insofern liegt die Beteuerung, dass er über Fehler „am unglücklichsten“ sei gleichfalls neben der Sache und betrifft nicht den eigentlichen Vorhalt. Ein Fehler ist ja eine Frage des Inhalts und die Plagiate müssen ja nicht inhaltlich falsch sein.
Wenn zu Guttenberg erklärt „es“ wurde „zu keinem Zeitpunkt“ (?) „bewusst“ getäuscht, dann wirft diese Passivkonstruktion die Frage auf, wer oder was sich hinter diesem „es“ verbirgt. Hat zu Guttenberg also nur schlampig gearbeitet oder hat er nur schlampig arbeiten lassen und deshalb gar nichts von den Plagiaten gewusst.
Bei der Vielzahl und teilweise vor allem der Länge der wörtlich von anderen übernommenen und nicht mit Quelle kenntlich gemachten Passagen ist es – gelinde gesagt – ungewöhnlich, dass man sich daran nicht erinnern kann und einem das überhaupt nicht „bewusst“ ist. Der Verdacht rückt damit immer näher, dass zu Guttenberg jemand damit beauftragt hat, zumindest einige Teile seiner Dissertation mit „Stoff“ aufzufüllen und dass der oder die Betreffende sich mit den Standards wissenschaftlicher Arbeiten eben nicht so gut auskannte.
Ich gehe einmal davon aus, dass ein Doktorand auch in Bayreuth die übliche Erklärung abgeben muss, dass die vorliegende Arbeit sein eigenes Werk ist und dafür keine fremde Hilfe in Anspruch genommen wurde. Zumindest diese Erklärung wäre dann falsch.
Und noch etwas ist merkwürdig in der Aussage von zu Guttenberg zu diesem Vorgang:
„Sollte sich jemand hierdurch oder durch unkorrektes Setzen und Zitieren oder versäumtes Setzen von Fussnoten bei insgesamt 1300 Fussnoten und 475 Seiten verletzt fühlen, so tut mir das aufrichtig leid.“
Dieser Satz, der sicherlich gut bedacht wurde, ist ziemlich mehrdeutig. Er lässt in mehrfacher Hinsicht eine Ablenkungsabsicht erkennen: Bisher jedenfalls hat sich niemand gemeldet, der sich durch die Plagiate „verletzt“ fühlt. Eine Entschuldigung gegenüber den geistigen Urhebern wäre also – in erster Linie – gar nicht gefordert, es geht doch darum, dass zu Guttenberg gegen die Standards wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen hat. Nur darum geht es auch bei der Bewertung einer Dissertation.
Hinzukommt, dass zu Guttenberg erkennbar die Angelegenheit sozusagen zu einer „Fußnote“ herunterspielen möchte. Er hebt vor allem auf die unkorrekten Fußnoten ab und eben nicht auf die Plagiate in seinem Text. Er tut darüber hinaus so, als könnten halt bei 1300 Fußnoten schon mal ein paar Fehler passieren. Dazu ist zu sagen, dass diese Anzahl von Verweisen auf verwendete Quellen bei einer Dissertation nun wirklich nichts Besonderes ist. Sicher kann da immer wieder mal ein Fehler passieren. Die Überprüfung von Fußnoten ist lästig und zeitraubend. Aber dass so viele Fehler gemacht wurden, ist schon ungewöhnlich.
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Man fragt sich unwillkürlich, für welche “fraglosen Fehler” sich Guttenberg nun entschuldigt hat. Denn er versucht den Eindruck zu erwecken, seine Doktorarbeit sei in weiten Teilen kein Plagiat. Und dies, obwohl von Wiki-Community bis 13.50 Uhr des heutigen Tages bereits 87 auffällige Textbausteine in Guttenbergs Doktorarbeit identifiziert wurden. Zudem möchte Guttenberg der Öffentlichkeit Sand in die Augen streuen: Die “Tätigkeit als Politiker” und die “Verpflichtungen als junger Familienvater” werden als Vorwand für die Guttenbergschen “Fehler” ins Feld geführt. Mit beruflichen und familiären Verpflichtungen müssen andere Doktoranden jedoch ebenfalls zur Rande kommen. Sollte Guttenberg sich arbeitsmäßig überlastet gefühlt haben, dann hätte er auf die Doktorarbeit verzichten oder diese auf einen späteren Zeitpunkt verschieben sollen. Guttenberg, der sich ansonsten von jeder Kamera und jedem Mikrofon geradezu magisch anziehen lässt, vollzieht in Sachen Informationspolitik plötzlich einen Schwenk um 180 Grad. Nur die treuesten der treuen Journalisten scheinen im Verteidigungsministerium Einlass gefunden zu haben.
Anmerkung Jens Berger: Wie sieht so ein „vorübergehendes Verzichten“ auf den Doktortitel eigentlich konkret aus? Müssen die Sekretärinnen aus dem Verteidigungsministerium nun jeden Brief des Dienstherren mit Tipp-Ex depromovieren? Oder nennt er sich jetzt Dr. jur. a. D. Freiherr zu Guttenberg? Man weiß so wenig.
Anmerkung Orlando Pascheit: Irgendwie wäre es ärgerlich, wenn Karl-Theodor zu Guttenberg über seine Promotionsarbeit stolpern würde. Klar, dass die Opposition süffisant über ihn herzieht, so Jürgen Trittin: “Egal ob vorsätzliches Plagiat oder einfache Schlamperei: Guttenberg hat zum ersten Mal das Problem, dass er die Verantwortung auf keinen anderen abschieben kann.” Natürlich wäre es nicht schlecht, wenn das Wahlvolk bei seinem Liebling einmal realisieren würde, dass da viel Blendwerk an dem Mann ist bzw. an dem Bild, das er aber auch manche Medien zu vermitteln versuchten. Natürlich sollte Guttenberg für sein Fehlverhalten einstehen, allein schon um denen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die sich über Jahre an ihrer Dissertation die Finger wund geschrieben haben bzw. das gerade tun. Aber das Ganze sagt doch relativ wenig über den Politiker Guttenberg aus, höchstens dass ein Spitzenpolitiker eigentlich mit mehr Cleverness gesegnet werden sollte. Es ist ziemlich dämlich, die ersten Absätze der Einleitung seiner Arbeit glatt abzukupfern.
Wenn nicht die ganze Arbeit, den Anfang einer Einleitung liest doch jeder. – Nur, es sollten sich alle einmal an die eigene Nase fassen, die in ihrem Leben geschummelt, abgeschrieben oder sich mit fremden Federn geschmückt haben und dann urteilen. Und was unsere Politkaste betrifft, den Drang sich mit Titeln zu schmücken, ist wahrlich weit verbreitet. Wahrscheinlich ist bei vielen Politikern, die neben ihren politischen Ämtern eine Promotion betreiben, ein Fragezeichen hinter ihre Eigenleistung zu setzen. Letztes prominentes Beispiel: Auch unsere Familienministerin ist unter recht fragwürdigen Umständen zu ihren Titel gekommen.
Der Politiker Guttenberg muss auch anders zu packen sein. Das wäre sonst irgendwie so, wie wenn Berlusconi letztlich über eine Sexaffäre stolpern würde oder Al Capone wegen Steuerhinterziehung im Kittchen landet. Ein Politiker sollte an seinen politische Leistungen bzw. seinem politischen Versagen bewertet werden. Seine generelle Haltung zum Afghanistaneinsatz, sein Umgang mit der Kunduz- oder der Gorch Fock-Affäre, seine durch nichts Substanzielles begründete Schrumpfung der Bundeswehr – selbst die Einsparung ist inzwischen in Frage gestellt – oder seine Neigung, persönliche PR an die Stelle politischer Inhalte zu setzten, bieten genügend Raum für Kritik. Oder gehen wir noch weiter zurück: Viel gravierender als solches Plagiieren ist die glatte Übernahme von extern erstellten Gesetzesentwürfen, für die der damaligen Wirtschaftsminister Guttenberg ein besonders dreistes Beispiel lieferte.
Der Aufgabe von Gesetzgebungskompetenz durch Parlament, Regierung und Ministerialbürokratie durch die Übernahme von externen, oft nicht lobbyfreien Gutachten ist eine wirkliche Gefährdung unserer Demokratie – Regen wir uns doch bitte über die wirklich wichtigen Dinge auf – warum zu Guttenberg, aber nicht nur er, unsere jungen Soldaten in den Tod schickt, in einem vergeblichen Krieg.
Afghanistan- Bundeswehrsoldat getötet
Bei einer Schießerei in der afghanischen Provinz Baghlan ist am Freitagmorgen ein deutscher Soldat getötet worden. Zugleich wurde ein weiterer Fall geöffneter Feldpostbriefe bekannt sowie das Scheitern eines Strafprozesses gegen Oberst Klein.
Quelle: FR
Anmerkung unseres Lesers V.H.: Erinnert sich noch jemand an die Falschmeldung zu Beginn von Guttenbergs Amtsantritt als Bundeswirtschaftsminister, er sei Chef eines mittelständischen Unternehmens (Fachgroßhandel für Isolierstoffe), obwohl er doch nur das Familienvermögen verwaltet hatte? Bemerkenswert insbesonders Guttenbergs eigene Beschreibung der Tätigkeit:
„Ein teilwirtschaftliches Fundament durfte ich mir in der Zeit vor der Politik bereits aneignen durch die Verantwortung, die ich im Familienunternehmen getragen habe.”
Hier die Links:
Der Mann hatte wohl immer schon eine Tendenz zur Hochstapelei und einen Charakter wie seine Schädelkappe: schmierig. Schön zu sehen, dass das jetzt auch die Mainstreamjournaille so sieht.
dazu: Moody’s stuft massenhaft deutsche Banken-Anleihen herunter
Die Ratingagentur Moody’s rechnet nicht mehr mit weiteren großen staatlichen Rettungsaktionen für deutsche Banken. Das neue Restrukturierungsgesetz der Bundesregierung ziehe die Inhaber von Banken-Schuldpapieren im Krisenfall weitaus stärker zur Verantwortung als bisher. “Die Ratingagentur glaubt, dass die staatliche Unterstützung (…) für nachrangige Verbindlichkeiten weit weniger sicher ist als in der Vergangenheit”, sagte Moody’s-Analyst Mathias Külpmann in Frankfurt. Bisher hätten sie nur bei einer Bankenpleite um ihre Nachranganleihen bangen müssen, weil sie darauf vertrauen durften, dass im Notfall der Staat einspringen würde. Das habe sich geändert. Als Konsequenz stufte Moody’s in einer großangelegten Aktion die Bonitätsnoten für die nachrangigen Verbindlichkeiten von 23 Banken um bis zu sieben Stufen herab. Insgesamt gehe es um ein Volumen von rund 24 Mrd. Euro, hieß es in der Mitteilung. Die Agentur hatte bereits angekündigt, ihre Ratings für solche Papiere künftig fast ausschließlich an der eigenen Finanzstärke der Bank auszurichten und nicht an der Wahrscheinlichkeit einer Rettung durch den Steuerzahler. – Die Nachrangratings für die Deutsche Bank und die DZ Bank fallen um zwei Stufen auf “A3” von “A1”. Die Commerzbank rutscht um vier Stufen auf “Baa2”.
Quelle: FTD
Anmerkung Orlando Pascheit: Wenn man bedenkt, was das zweite Quartal mit 2,2 Prozent für Jubelmeldungen und Erwartungen bei Politik, Medien und Wirtschaftsexperten auslöste, so sorgte die weitere Entwicklung für reichlich Ernüchterung, wozu die Formulierungen des Statistisches Bundesamt allerdings wenig beitrugen. Auch dieses Mal wird von der Fortsetzung des Aufschwungs gefaselt und gar ein Vorjahresvergleich bemüht, um positiven Eindruck zu schinden: “Im letzten Vierteljahr 2010 stieg das preisbereinigte BIP gegenüber dem vierten Quartal 2009 um 4,0%.” Toll, wirklich aussagefähig, dieser Vergleich mit dem absoluten Krisenjahr 2009. Halten wir doch fest, wir haben gerade einmal das Niveau der Wirtschaftsleistung von 2007 erreicht.
Dass die Erwartungen im letzten Quartal nicht erfüllt wurden, schiebt das StaBu auf “den witterungsbedingten Rückgang der Bauinvestitionen”. Woraus die FAZ dann machte: “Winterwetter bremst Wachstum zum Jahresende“. Kein Sommerwetter im Winter, welche Überraschung.
Wie die in der FAZ zitierten Finanzfachleute dazu kommen, die Zukunft immer noch rosig zu sehen, bleibt ein Rätsel. Das Wachstum des letzten Quartals blieb im gesamten Euroraum mit 3 Prozent hinter den Erwartungen zurück. Frankreich, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, ist im vierten Quartal 0,3 Prozent statt 0,6 Prozent gewachsen. Italien stagniert praktisch mit 0,1 Prozent (erwartet 0,2 Prozent). Und außerhalb der Eurozone: England fährt im letzten Quartal ein Minus von 0,5 Prozent ein, auch Japan schrumpfte, die USA kam immerhin auf 0,8 Prozent – wenn man den US-Zahlen trauen darf. Goldige Zeiten für den deutschen Export, immer noch wichtigster Wachstumsfaktor? Man halte sich nur die Sparprogramme in Europa, aber auch in den USA vor Augen.
Anmerkung AM: Das war vorhersehbar und ist ein wichtiger Teilerfolg der Kritiker von Arvato und Bertelsmann.
Anmerkung unseres Leser M.F.: Vor einigen Jahren (beginnend mit 2002) hat das AA damit begonnen Teile seiner IT Infrastruktur von proprietärer, d.h. „unfreier“ Software (wie z.B. Produkte aus dem Haus Microsoft) auf quelloffene Software umzustellen.
Letztere hat abgesehen von der Tatsache keine Lizenzkosten nach sich zu ziehen den entscheidenden Vorteil mit offenem Quellcode ausgeliefert zu werden, der für jedermann einsehbar ist, modifiziert und in seiner ursprünglichen oder modifizierten Form weitergegeben werden darf. Außerdem zielt die Verwendung freier Software darauf ab, digitale Barrieren nicht zur zu schließen sondern diese überhaupt nicht erst aufzubauen (z.B. durch die Verwendung eines Formats, das für alle lesbar ist). Freie Software lebt sowohl von einer weltweiten Entwicklergemeinschaft als auch von kleineren und größeren Unternehmen.
Trotz der Tatsache, daß sich dieser Wechsel auch finanziell lohnte, gibt es jetzt Überlegungen diesen Wechsel rückgängig zu machen, angeblich ohne zusätzliche Kosten (z.B. für Lizenzgebühren). Trotz der Tatsache, daß in diesem Artikel nicht auf das Thema Lobbyarbeit eingegangen wird, ist davon auszugehen, daß im Hintergrund diejenigen, die von einer „Kehrtwende“ profitieren würden eifrig am Werke sind.
Anmerkung Orlando Pascheit: Die Weltbank definiert Menschen als ärmste (extreme poverty), die über weniger als 1,25 US-Dollar (rund 90 Euro-Cent) pro Tag verfügen. Dabei geben diese mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus. Die Zahl von 44 Mio. Ärmsten ist ein Saldo, genaugenommen sind 68 Millionen Menschen durch die Preissteigerungen unter diese Armutsgrenze gefallen, während 24 Millionen Menschen diese Schwelle anderweitig wieder überschritten. Weltbank-Präsident Robert Zoellick warnt nicht nur davor, dass generell durch die hohen Lebensmittelpreise vor Ort Unruhen ausbrechen können, sondern verweist auch auf eine Gefährdung der politischen Reformprozess in Ägypten, Tunesien und anderen Ländern.
Anmerkung Orlando Pascheit: Und wann erheben sich die Deutschen? Nein, wir haben keinen Pharao, keinen Caesar. In Demokratien wie der unsrigen sind wir nicht mehr auf einen ‘Leader Massimo’ angewiesen, der die Interessen des Kapitals durchsetzt. Fest geknüpft ist das Netzwerk von Politik und Kapital, tief verankert ist in den Medien und der Mainstreamökonomie das Bild vom Besserverdienenden als wahren Leistungsträger, die Überzeugung, dass privater Reichtum einiger Weniger Wohlstand bei allen generieren würde, dass Vollbeschäftigung möglich sei, sofern wir den Preis der Arbeit niedrig genug setzen würden, kurzum wir müssten uns eben anstrengen. Vielleicht brauchen wir doch einen Pharao oder einen Caesar, damit wir all unser Unbehagen konzentrieren können. Doch wenn sein Kopf rollt, muss noch lange nicht das System kippen. Die Revolte kommt bestimmt, aber so spät, dass wir wahrscheinlich über die bitteren Begleitumstände keine Macht mehr haben werden. – Im Übrigen stehe ich fest auf dem Boden der FdGO
dazu: Berlusconi will vor Sondergericht für Politiker aussagen
Die Rechtsanwälte des italienischen Premierministers Silvio Berlusconi arbeiten an einer Verteidigungsstrategie, um ihrem Mandanten eine Verurteilung bei dem am 6. April beginnenden Prozess wegen Amtsmissbrauchs und Sex mit einer minderjährigen Prostituierten zu ersparen. Die Rechtsanwälte des Premierministers überlegen, beim Verfassungsgericht in Rom die Zuständigkeit des Mailänder Gerichts über den Fall “Ruby” anzufechten. Ihr Ziel ist, dass der Prozess vor einem Sondergericht für Regierungsmitglieder stattfindet.
Quelle: derStandard
Anmerkung Orlando Pascheit: Das ist kein Ruhmesblatt für die SPD. Da sitzt sie zwar nicht an den Schalthebeln der Macht, aber ihr Abgeordneter Kahrs missbraucht den kläglichen Rest an realer Macht um seine, höchsteigenen Interessen durchzusetzen. Sicherlich ist die Kürzung um 500.000 Euro ein gemeinsamer Beschluss von CDU, FDP und SPD, aber der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin kann genüsslich verkünden: “Treibende Kraft” war “der Kollege Kahrs”. Der Oberstleutnant der Reserve, Johannes Kahrs, steht schon lange der Rüstungsindustrie nahe, erhält er doch großzügige Wahlkampfspenden aus der Rüstungsindustrie, wie Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann. Wie praktisch, wenn man dann als SPD-Berichterstatter zuständig für den Verteidigungsetat sich für den Schützenpanzer Puma der beiden Firmen stark machen kann.
Ebenso unrühmlich, Menschenleben gefährdend, sein Einsatz für die Verzögerung der Anschaffung des in Afghanistan dringend benötigten “Schweizer” Panzerwagens Eagle IV.
Nur weil Kahrs seinen Rüstungsexperten nicht durchdrücken konnte, wird die Stiftung, deren Wert sich gerade jetzt in ihrer Nahostkompetenz einmal mehr erweist, dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche des Herrn Kahrs ausgesetzt. Was heißt hier der Direktor der SWP, Volker Perthes, habe eine feste Vereinbarung gebrochen? Seit wann entscheidet ein Lobbyist über die Befähigung eines Wissenschaftlers.
Die Machenschaften von Kahrs sind der SPD schon lange bekannt. Denn Johannes Kahrs hat sich bereits zu Beginn seiner Karriere für jedes politische Amt, geschweige denn für die verantwortungsvolle Position eines Bundestagsabgeordneten disqualifiziert. Es geht es nicht darum, dass Kahrs sein Mäntelchen in den jeweils neuesten Wind hängt, da steht er nicht alleine, sondern um gravierendes Fehlverhalten. Der damals 30-jährige Kahrs ist 1992 gerichtskundig überführt worden, eine linke Kontrahentin im Juso-Landesvorstand mit anonymen nächtlichen Anrufen monatelang terrorisiert zu haben. Diese hatte eine Fangschaltung legen lassen, in der sich Kahrs verfing. Das Strafverfahren gegen Kahrs, in dem ihn pikanterweise Ole von Beust vertrat, wurde gegen Zahlung eines Bußgeldes von 800 DM eingestellt.
Und jetzt beginnt der Einzelfall eine Dimension anzunehmen, welche über die Person hinausweist. Warum wurde Kahrs nicht auf die Strafbank gesetzt? Warum hat die darauf folgende Aufforderung von 50 Hamburger Sozialdemokraten, von “sämtlichen Ämtern und Mandaten” zurückzutreten und “zu prüfen, ob er einen weiteren Verbleib in der SPD (…) für sinnvoll hält”, keine Wirkung gezeigt? Warum konnte Kahrs ungehindert an seiner Karriere weiterbasteln? Im Umkehrschluss zum offenen Brief der 50 Hamburger Sozialdemokraten heißt das doch, dass die Mehrheit der Hamburger Sozialdemokraten diesen Vorgang für unerheblich hielt und hält. Es mag vorstellbar sein, dass Kahrs den Kreisverband Hamburg-Mitte so vereinnahmt hat, das er dort mit überwältigender Mehrheit immer wieder zum Kreisvorsitzenden gewählt wird, aber wie kommt der Mann in den Landesvorstand, in den Bundestag? Vielleicht ist das ja naiv, aber eigentlich ist das doch ein Typ von Karrieristen, der in keiner Partei, geschweige in der SPD etwas zu suchen hat. Aber nein, auf Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion wird Kahrs das Bundesverdienstkreuz verliehen. Dabei hat die SPD durch die Umtriebe eines Kahrs-Zöglings den eigentlich sicheren Wahlkreis 021, Hamburg-Eimsbüttel, verloren.
Oh SPD, wie lange noch …
Anmerkung Martin Betzwieser: Danach kommt die Wiederholung des aktuellen Satiregipfels. Also erst Trüffel und dann Schimmelpilze …
dazu: Das Netz lacht über “Dr.” Karl-Theodor zu Guttenberg: Die besten Witze
Quelle: Frankfurter Magazin
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Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=8385