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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 21. März 2022 um 8:45 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Russland löscht mit Ukraine-Krieg einstige Erfolge der Entspannungspolitik aus. Und nun?
  2. Die Ukraine, die Russen und die Ratte in uns
  3. Der neue Propaganda-Trick: Fake-Factcheck
  4. Biden Is Not Fully In Charge
  5. “Unsere Perspektive muss ein Europa mit weniger Waffen bleiben”
  6. Eine kleine Sensation aus Den Haag: Der Ukraine-Krieg vor dem Internationalen Gerichtshof
  7. Energiepreisbelastung bremsen, Energiearmut verhindern!
  8. Jetzt bloß nicht sparen
  9. Langzeitskandal Kinderarmut – Gastbeitrag von Christoph Butterwegge
  10. Extreme Ausreißer: Große Vermögen in der Corona-Krise
  11. Gut 600 Erbschaften über zehn Millionen Euro
  12. (Fast) ganz Europa ist maßnahmenfrei
  13. Die Linke und Corona: Ein postideologischer Totalitarismus?
  14. Stuttgart 21 verteuert sich um 950 Millionen Euro
  15. Zu guter Letzt: Allgemeine Corona-Impfpflicht nicht umsetzbar – Verband führt Papiermangel an

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Russland löscht mit Ukraine-Krieg einstige Erfolge der Entspannungspolitik aus. Und nun?
    Lange Zeit hat die Entspannungspolitik der SPD das Verhältnis zu Russland geprägt. Heute stellt sich die Frage, ob die an Entspannung Interessierten zu viel auf Willy Brandt und seinen Berater Egon Bahr gehört haben, oder eher zu wenig (…)
    Wird sich die SPD unter all den Umständen zum Erbe der Ostpolitik von Willy Brandt und Egon Bahr bekennen? Immerhin hat sie jahrzehntelang funktioniert und war die Voraussetzung der deutschen Einheit. Für diese Politik bestand daher ein klarer demokratischer Auftrag: Noch im April 2018 ermittelte eine Forsa-Umfrage, dass 94 Prozent der Deutschen gute Beziehungen zu Russland für wichtig halten. Wie schnell das geht. Erst wird man zum Feindbild, dann tatsächlich zum Feind. Die 100 Milliarden Euro Sonderfonds für die Bundeswehr, die Kanzler Olaf Scholz im Deutschen Bundestag proklamiert hat, werden schon deshalb nicht mehr Sicherheit bringen, weil sie den drohenden Klimakollaps beschleunigen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich beklagte zu Recht, die Jungen werden uns dafür verurteilen, das wir ihnen keine bessere Welt übergeben. Eine Schuld, die wir abtragen müssten.
    Quelle: Daniela Dahn in der Freitag

    dazu auch: Konfliktforscherin: »Man darf nichts unversucht lassen«
    Die Konfliktforscherin Martina Fischer spricht über die Möglichkeiten, den Ukraine-Krieg über Verhandlungen zu stoppen
    Sie sind langjährige Expertin für Friedens- und Konfliktforschung, arbeiten seit 2016 bei Brot für die Welt. Was für Hilfsprojekte führt Brot für die Welt in der Ukraine durch?
    Wir haben eine Reihe von Partnern, die schon seit 2014 in der Ostukraine mit kriegstraumatisierten Menschen gearbeitet haben, also mit Kriegsversehrten oder auch Binnenflüchtlingen. Aber von denen kann im Moment niemand mehr seiner gewohnten Arbeit nachgehen. Die meisten sind geflüchtet, in den Westen des Landes, wo sich jetzt auch wieder bedroht sind, oder in die Nachbarländer oder nach Deutschland. Manche sind an Orte gegangen, wo sie selber auch humanitäre Hilfe leisten. Wir versuchen zusammen mit unserer Schwesterorganisation, der Diakonie Katastrophenhilfe, diese Leute zu unterstützen und irgendwie die humanitäre Versorgung zu verbessern und sicherzustellen. Aber vor allen Dingen setzen wir uns dafür ein, dass Geflüchtete aus der Ukraine in Europa und in Deutschland unbürokratisch aufgenommen werden. Das ist ja ein Stück weit von der EU zugesagt worden mit der Zusage eines vorübergehenden Schutzes von bis zu drei Jahren.
    Das begrüßen wir sehr, aber wir wünschen uns, dass dieser Schutzstatus auch Menschen aus Drittstaaten zugesichert wird, zum Beispiel den vielen Studierenden aus afrikanischen Ländern. Deutschland hat angekündigt, diese Menschen genauso zu behandeln wie jene mit ukrainischem Pass, aber ich bin nicht sicher, ob das in allen EU-Ländern so gehandhabt wird, zum Beispiel in Polen und Ungarn. Wichtig ist uns auch, dass die Türen offen bleiben für Menschen aus der ganzen Region, die sich nicht aktiv an dem Krieg beteiligen wollen.
    Quelle: nd

  2. Die Ukraine, die Russen und die Ratte in uns
    “Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg? Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen. In Ton, in Stein eingraben, überliefern. Was stände da? Da stände, unter anderen Sätzen: Lasst euch nicht von den Eigenen täuschen.”
    (Christa Wolf: “Kassandra”, 1983)
    Kampf dem Hass, heißt es seit langem. In Deutschland wurde sogar ein Gesetz erlassen, was darunterfällt und strafbewehrt ist. Die sozialen Medien wurden aufgefordert, auf ihren Plattformen mit eisernem Besen dagegen vorzugehen. Und der Spiegel erklärte, woher dieser anschwellende Hass kommt – wegen der „Ratte“ in uns, die nach Aufmerksamkeit und Selbsterhöhung lechzt.
    spiegel.de/wissenschaft/mensch/psychologie-woher-der-hass-kommt-kolumne-a-1122055.html
    Damals schrieb der Spiegel allerdings nicht, dass Verunsicherungen und Kränkungen diese Ratte befeuern, denn keiner ist verdammt, niederen animalischen Reflexen nachzugeben. Der Mensch hat ja schließlich evolutionär auch jede Menge Mitgefühl und ein angeborenes Bewusstsein für Gut und Böse mit ins Gepäck bekommen. Jeder weiß, wann er sich falsch verhält, jeder kennt den eigenen inneren Schweinehund, der sich manchmal einfach nicht bändigen lassen will. Nur Soziopathen fühlen dann keine Scham.
    Was aber, wenn selektiver Hass plötzlich legitim wird, gesellschaftlich gewollt? Wenn Meinungsführer unsere innere Ratte regelrecht füttern? Wenn man das „Richtige“ hassen darf?
    Julian Assange beispielsweise wurde über Jahre zu einem “legitimen” Hassobjekt gemacht. Über die Medien erfuhr jeder, der es hören wollte, scheinbar alles über diesen Mann, diesen mutmaßlichen Vergewaltiger und Narzissten, diesen paranoiden Scheinasylanten, diesen mit Russen paktierenden Möchtegernjournalisten, der mittels seiner Plattform die US-Wahlen manipulierte.
    Als Assange sowohl der Laptop als auch der Zugang zum Internet entzogen wurden, mit der aberwitzigen Begründung, als Gast des Landes Ecuador müsse er seine Zunge im Zaume halten, hat es die Wenigsten gestört. Alles was danach geschah, auch nicht. Das ist bis heute so geblieben. Die breite Öffentlichkeit schreit nicht auf, dass dieser Mann ein Opfer derer ist, deren Verbrechen und Doppelzüngigkeit er bloßstellte.
    Soviel Macht hat gezielte Rattenfütterung über uns.
    Die russische Aggression gegen die Ukraine, die falsch ist, völkerrechtswidrig und zutiefst verurteilt werden muss, lässt nun die Rattenfütterer zu neuer Höchstform auflaufen. Die haben schon immer gewusst, wo das Böse haust und seit Jahren in allem die gemeinen Absichten des Kremls gesehen. Die russische Aggression erschreckt sie nicht, sie fühlen sich in ihrer Weltsicht bestätigt. Ab sofort darf Putin offiziell gehasst werden, ihm darf der Tod an den Hals gewünscht werden – das wird von sozialen Medien nicht mehr als Hassrede angesehen.
    Es geht allerdings weit darüber hinaus. Es scheint nicht zu reichen, diesen Krieg „nur“ zu verdammen. Während die westliche Politik Sanktion auf Sanktion häuft, arbeiten kleine und große Rattenfütterer an unserer Wut, so als gäbe es kein Morgen, keine Einsicht, dass die Menschheit sich auch weiterhin diesen Planeten teilen wird und für seine Zukunft zu sorgen hat.
    Quelle: Petra Erler
  3. Der neue Propaganda-Trick: Fake-Factcheck
    Im Ukraine-Krieg kommt eine weitere Manipulationstechnik zum Einsatz: die fingierte Faktenprüfung. (…)
    Das Fact Checking ist in jüngster Zeit eine beliebte journalistische Form geworden, um Informationsbeiträge auf ihren Tatsachengehalt hin zu prüfen – auch im Krieg gegen die Ukraine. Unabhängig davon, dass diese Praxis im Einzelfall nicht über alle Zweifel erhaben ist und dass zuweilen Zweifel an der Voreingenommenheit der Prüfer bestehen bleiben, geht es hier doch um den gutgemeinten Versuch, auf transparente Weise Licht in den Informationsdschungel zu bringen. Doch auch dieses Verfahren kann man gezielt pervertieren, wie «Pro Publica» darlegt. Das spendenfinanzierte Organ hat mehr als ein Dutzend Videos identifiziert, welche eine Faktenprüfung vortäuschen. So werden in einem Clip zwei Aufnahmen von einer gewaltigen Explosion in einer städtischen Umgebung nebeneinandergestellt. In russischer Sprache wird behauptet, es handle sich um Filmmaterial, das einen Angriff auf die Stadt Charkiw zeige und das von ukrainischen Propagandisten in Umlauf gebracht worden sei. In Wahrheit handle es sich indessen um eine Explosion eines Waffenlagers im Jahr 2017.
    In Kriegszeiten stehen alle Parteien unter Verdacht, Informationen zu ihren Gunsten zu manipulieren und zu verfälschen. In den von «Pro Publica» erwähnten Fällen konnten die Rechercheure jedoch – unter anderem durch Analyse der Bild-Metadaten – darlegen, dass die angeblichen ukrainischen Propagandabilder so gar nie verbreitet worden waren. Vielmehr war dies eine blosse Behauptung der angeblichen Faktenprüfer, um beim Publikum Misstrauen zu säen – Misstrauen gegenüber allen Videos von ukrainischer Seite, welche zerstörtes russisches Militärgerät oder Schäden durch russische Angriffe dokumentieren sollen.
    Das erspart den Aufwand, beweisen zu müssen, dass etwas einer Tatsache entspricht. Es genügt, den Glauben des Publikums zu erschüttern. Das mache diese Methode so wirksam, sagt Professor Patrick Warren, der sich an der Clemson University mit Desinformation befasst. Er habe sie hier zum ersten Mal beobachtet. Es sei so, wie wenn Russen sich als Ukrainer ausgäben, welche Falschinformationen verbreiteten. «Pro Publica» hat bei den Recherchen mit Forensikern dieser Universität zusammengearbeitet. Gemäss den Rechercheuren hat auch die russische Vertretung in Genf jüngst eines dieser gefälschten Faktenprüfungs-Videos per Tweet verbreitet.
    Quelle: Infosperber

    dazu auch: Welche Rolle das Asow-Regiment spielt
    Rund 2000 Kämpfer soll das Asow-Regiment Schätzungen zufolge stark sein, angesichts Hunderttausender Soldaten und Reservisten in der Ukraine eine geringe Zahl. Dennoch hat Asow in der Region Mariupol seit der Belagerung von 2014 einen gewissen Stellenwert, der aus ukrainischer Sicht auch ihren Einsatz legitimiert. Dazu kommt die militärische Not. “Die Ukraine ist existenziell bedroht. Deswegen lässt man alle kämpfen, die kämpfen können”, erläutert Ritzmann. Der Fokus liege nicht auf der Motivation der Kämpfer, sondern auf ihren Fähigkeiten.
    Zumindest nach außen tritt das Asow-Regiment seit der Eingliederung in das Innenministerium gemäßigter auf, Nazi-Insignien wie die “Schwarze Sonne” verschwanden aus der öffentlichen Darstellung. Ob es sich tatsächlich deradikalisiert hat, sei von außerhalb schwer zu betrachten, so Ritzmann. “Vielleicht gab es auch eine Anweisung von oben, wo gesagt wurde: Das ist schlecht für das Image.” Natürlich seien bei Asow noch immer Neonazis und Rechtsextreme aktiv, sagt der Experte. “Das Asow-Regiment kann meinem Verständnis nach aber gar nicht mehr viel machen, ohne dass das vom Innenministerium angeordnet ist.” Eben diese Eingliederung erlaube es Asow jedoch auch, als Teil der Heimatverteidigung Zivilisten auszubilden oder, wie auf den Bildern von Nexta zu sehen, Waffenlieferungen zu empfangen.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung JK: Inzwischen ist alles möglich auch die Verharmlosung von Neo-Nazis. Diese müssen nur auf der „richtigen Seite“ stehen. Während man in Deutschland bereits als „Nazi“ gilt, wenn man die Corona-Politik der Bundesregierung kritisiert, sind 2000 schwerbewaffnete Rechtsextremisten in der Ukraine kein Problem. Und in Russland ist alles natürlich viel schlimmer. Auch hier gilt jetzt, dass es jetzt gute und schlechte Neo-Faschisten gibt.

    und: „Besser als dieses Framing Gut gegen Böse wäre eine friedensjournalistische Perspektive“
    Kriegsparteien wollen Nachrichten „managen“, sagt Florian Zollmann. Der Medien- und Kommunikationswissenschaftler kritisiert, dass die Berichterstattung über Kriege und Konflikte oft einseitig ist – und je nach Perspektive gnädiger oder strenger mit denen, die Krieg anzetteln. Welche Fehler machen Journalist:innen, vielleicht auch unbewusst? Wie können sie mit ihrer Arbeit zum Frieden beitragen? Und welche Rolle spielen Soziale Medien?
    Herr Zollmann, Sie haben viel zu Konflikten und Kriegen geforscht: Kosovo, Irak, Syrien. Welche Parallelen sehen Sie zum Krieg in der Ukraine und was hat sich in der Berichterstattung verändert?
    Die Berichterstattung schaut gerade sehr genau hin, wie sich die Invasion auf die Bevölkerung in der Ukraine auswirkt und was für schreckliche Folgen das für die Menschen hat. Diese Empörung ist wichtig und angemessen. Denn es ist auch eine Aufgabe der Berichterstattung, das enorme Leid der Menschen in der Ukraine in seiner ganzen Tragweite zu repräsentieren.
    Der Irak-Krieg im Jahr 2003 war ebenfalls ein illegaler Angriffskrieg, ausgeführt von den USA. Medien waren damals aber bei Weitem nicht so empört. Der Irak-Krieg wurde auch kritisch verfolgt, aber eher auf einer taktischen Ebene. Wichtige Details darüber, wie verheerend sich die Invasion auf die Zivilisten im Irak ausgewirkt hat, haben Medien damals weitaus weniger beachtet. Was damit zu tun hat, dass die Invasion von den USA ausging, also von Alliierten Deutschlands. Völkerrechtswidrige Aspekte und die Tatsache, dass wir es auch beim Irak-Krieg mit einer Aggression zu tun haben, wurden deshalb nicht so betont wie das im Ukraine-Krieg der Fall ist.
    Aus wissenschaftlicher Perspektive findet da oft eine Verzerrung statt:
    Quelle: Übermedien

  4. Biden Is Not Fully In Charge
    Who’s running the show in Washington on Ukraine? Why was Zelensky invited before Congress to appeal for the kind of help President Joe Biden had already ruled out, lest it lead to war with Russia? And why was Biden told to tell that reporter Putin is a “war criminal”?
    Are the neocons getting desperate? The outlines of a deal to stop the fighting are already visible, including neutrality for Ukraine and no NATO membership. These need to be put down in writing. Other hurdles (Crimea, Donets, Lugansk) are not insuperable. First and foremost, a ceasefire is needed.
    Instead of encouraging Zelensky to make a deal, the Victoria Nulands of this world (and her proteges like Gilbert and Sullivan — sorry, I mean Blinken (who writes the script) and Sullivan (who composes the music) are taking advantage of Zelensky’s formidable acting abilities, with the inevitable result that thousands more Ukrainians will die/be wounded unless a ceasefire comes soon.
    The U.S. learned a bitter lesson from the Hungarian revolution in 1956, when Radio Free Europe encouraged unarmed Hungarians to fight off Soviet tanks (hinting that the U.S. would help) — in other words, encouraged them to fight till the last Hungarian. When the Soviets invaded Czechoslovakia in August 1968, my duties in Germany included liaison with Radio Free Europe to which I passed along guidance from Washington.
    RFE management, although highly sympathetic to the Czechs and Slovaks, carefully avoided the kind of incendiary rhetoric used in 1956, thus sparing countless Czechs and Slovaks from becoming dead Davids before the tanks of the Goliath named Brezhnev.
    Quelle: Ray McGovern

    dazu auch: China: USA sollen ihre Rolle in der Ukraine-Krise überdenken
    Die US-Seite soll sich gewissenhaft mit ihrer Rolle in der Ukraine-Krise auseinandersetzen, ihre eigene Verantwortung wirklich übernehmen und tatsächlich zur Entspannung der aktuellen Lage und zur Lösung der Ukraine-Frage beitragen. Dies sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, am Freitag zu einer Äußerung von US-Außenminister Antony Blinken, wonach China für jegliche Unterstützung für Russland Verantwortung tragen werde.
    Vor der Presse betonte Zhao auch, China lehne es entschieden ab, dass die USA durch Verbreitung von Falschinformationen China verleumdeten und unter Druck setzten.
    Quelle: German.China.org.cn

    Anmerkung Christian Reimann: Die Nachteile des Konflikts in der Ukraine trägt neben der ukrainischen Bevölkerung vor allem die EU-Bevölkerung – nicht lediglich bei der Frage der Flüchtlinge, sondern auch energiepolitisch und ökonomisch. Bitte lesen Sie dazu auch Ukraine-Krieg – Was ist eigentlich das Ziel des Westens? und „Kriege beginnen selten an einem Mittwoch“. Daraus zitiert:

    „Zahlreiche kritische Stimmen sehen das eigentliche Ziel der Medienkampagne weniger in Russland oder der Ukraine, sondern ganz im Gegenteil in Deutschland. Die deutsche Öffentlichkeit soll durch das Bedrohungsszenario gefügig gemacht und die Bundesregierung noch stärker in die Eskalationspolitik der USA eingebunden werden. (…)
    Und wenn Europa die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland herunterfährt, künftig mehr teures Fracking-Gas und Rüstungsgüter aus den USA kauft, ist das für das Imperium natürlich auch nicht gerade von Nachteil.“

  5. “Unsere Perspektive muss ein Europa mit weniger Waffen bleiben”
    Interview — Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke zum Krieg in der Ukraine und die Folgen für Deutschland und Europa (…)
    Die Bundesregierung plant die Schaffung eines Sondervermögens für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro, langfristig sollen jährlich mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts militärischen Zwecken dienen. Wie bewertest du das?
    Der derzeitige Verteidigungshaushalt beträgt jährlich 50 Milliarden Euro, bei der Erreichung des sogenannten 2-Prozent-Ziels würde er Stand jetzt auf 70 Milliarden Euro steigen. ver.di hat viele Tausend Mitglieder bei der Bundeswehr – überwiegend Zivilbeschäftigte. Richtig ist, dass der Zustand der Bundeswehr in Teilen wirklich schlecht ist, trotz der vielen Milliarden, die jetzt schon im System sind. Das betrifft die Ausrüstung, den Zustand von Kasernen, aber auch die Attraktivität als Arbeitgeber. Tarifflucht ist in Einrichtungen der Bundeswehr leider an der Tagesordnung. Geld ist für teure Auslandeinsätze ausgegeben worden, horrende Beraterhonorare und Waffensysteme, die am Ende nichts taugen. Ich will eine Bundeswehr, die funktioniert als Verteidigungsarmee und die auch ein guter Arbeitgeber ist. Auf dem Weg dahin gibt es viel zu tun. Eine Rechtfertigung für einen dauerhaft höheren Militärhaushalt ergibt sich daraus für mich nicht. Das 2-Prozent-Ziel im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt ist zudem eine ideologisch getriebene Festlegung. Sie würde dazu führen, dass mehr Wachstum und Wohlstand in Deutschland immer automatisch zu mehr Militär führt. Das ist sinnentleert und freut lediglich die Waffenindustrie.
    Also auch kein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro?
    Doch, ich bin absolut dafür, jetzt ein Sondervermögen zu schaffen. Übersetzt heißt das nichts anderes, als dass der Staat zusätzliche Kredite aufnimmt, um Reserven angesichts des Krieges in der Ukraine zu bilden. Das ist notwendig und 100 Milliarden Euro werden da vermutlich bei weitem nicht reichen.
    Quelle: ver.di publik

    Anmerkung Christian Reimann: Die Position des ver.di-Vorsitzenden ist widersprüchlich. Einerseits wird das sogenannte 2-Prozent-Ziel als „ideologisch getriebene Festlegung“ abgelehnt, andererseits jedoch das 100 Milliarden „Sondervermögen“ als vermutlich nicht ausreichend bezeichnet.

  6. Eine kleine Sensation aus Den Haag: Der Ukraine-Krieg vor dem Internationalen Gerichtshof
    Bemerkenswert ist, dass der Gerichtshof seine Anordnung zur unverzüglichen Einstellung der Feindseligkeiten uneingeschränkt ausgesprochen hat, obwohl Russland sich im Nachhinein darauf berufen hat, der Angriff auf die Ukraine erfolge in Wahrheit in Ausübung des Selbstverteidigungsrechts (Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen) und nicht zur Durchsetzung der Völkermordkonvention. Die Feindseligkeiten sind nach dem Tenor der Anordnung unabhängig von ihrer Begründung unverzüglich einzustellen. Wie lässt sich dies begründen, wenn man davon ausgeht, dass sich die Zuständigkeit des IGH auf Fragen der Völkermordkonvention beschränkt? Die einfache Antwort hierauf könnte sein, dass der IGH Russlands Berufung auf das Selbstverteidigungsrecht schlicht für substanzlos hielt.
    Dennoch erscheint es schon fast paradox. Hätte Russland sich im Vorfeld des Angriffs nicht berühmt, einen Völkermord verhindern zu wollen, wäre der Antrag der Ukraine wohl chancenlos gewesen. Vielleicht enthält die Entscheidung daher auch die folgende Botschaft: Ein Staat, der meint, einen bewaffneten Angriff mit der Verhinderung eines (vermeintlichen) Völkermords rechtfertigen zu können, akzeptiert, dass der IGH mit von der Partie ist. Er unterwirft den Konflikt auf diese Weise gleichsam konkludent der Zuständigkeit des IGH – und zwar unabhängig davon, welche anderen Begründungen er noch in petto hat.
    Quelle: Christian Johann auf Verfassungsblog
  7. Energiepreisbelastung bremsen, Energiearmut verhindern!
    Während Prominente einen sofortigen Importstopp von russischem Öl, Gas und Kohle fordern, weisen Ökonomen auf die drohende Versorgungsunsicherheit hin. Zudem ist strittig, ob Russland zur Finanzierung seines Militärs überhaupt auf Devisen angewiesen sein dürfte. Auf die kaum noch zu kalkulierende Energiepreisentwicklung müssen schnelle Maßnahmen folgen, die vor allem Geringverdiener*innen entlasten. (…)
    Bereits vor dem Ukraine-Krieg waren die Energiepreise stark gestiegen (siehe Grafik). Seit dem russischen Angriff haben sie eine kaum kalkulierbare Entwicklung eingeschlagen. Deutschland bezieht 55 Prozent aller Erdgasimporte aus Russland, bei der Steinkohle sind es 50 Prozent, bei Öl 35 Prozent. Diese Mengen sind nicht kurzfristig zu ersetzen. Ein Importstopp wäre für viele Unternehmen nicht zu stemmen, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Wirtschaftskrise führen – inklusive sozialer Probleme, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. (…)
    Hinzu kommen die direkten sozialen Folgen von Energieknappheit und -preissteigerungen. Wenn Ex-Bundespräsident Joachim Gauck betont, wir könnten „auch mal frieren für die Freiheit“, ist das bestimmt als Geste der Solidarität gemeint. Tatsächlich dürften Top-Verdiener wie er aber die letzten sein, die aufgrund von Energieknappheit frieren müssen. Tatsächlich trifft es Geringverdienende am härtesten und oft existenziell, wenn Strom- und Gaspreise steigen. In diesen Gruppen gehört Energiearmut heute schon zur Realität. Im Jahr 2020 wurden 4,2 Millionen Mal Stromsperren angedroht, weil Haushalte in Zahlungsverzug gerieten. In 230.000 Fällen wurde die Stromversorgung tatsächlich eingestellt. Sperrungen bei der Gasversorgung gab es in 24.000 Fällen. (…)
    Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen muss schnell durch zusätzliche Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien reduziert werden. Kurzfristig handelt die Bundesregierung aber richtig, wenn sie einen kurzfristigen Energie-Importstopp abwenden will und Maßnahmen zur Abfederung der Energiepreis-Belastung einführt. Weitere müssen allerdings folgen: Kartellrecht und Regulierung müssen verhindern, dass die Situation für ungerechtfertigte weitere Preissteigerungen missbraucht wird, um Extragewinne zu generieren. Eine befristete Mehrwertsteuersenkung bei Gas und Strom, höhere Heizkostenzuschüsse und ein Mobilitätsgeld, das alle Beschäftigten unabhängig von Einkommen und genutztem Verkehrsmittel erhalten, können kleinere und mittlere Einkommen gezielt entlasten.
    Quelle: DGB
  8. Jetzt bloß nicht sparen
    Berlins Schulen müssen jetzt schnell Strukturen für die Integration ukrainischer Kinder schaffen – auch wenn Vieles unklar ist. (…)
    Die ukrainische Generalkonsulin Iryna Tybinka hatte in der zurückliegenden Woche für Diskussionen gesorgt, weil sie erklärt hatte, Integrationsklassen seien nicht das Richtige. Salopp gesprochen sagte Tybinka dieses: Da lernen die Kinder nix, und außerdem bleiben sie eh nicht lange in Deutschland, wenn der Krieg vorbei ist.
    Mit letzterem könnte sie Unrecht haben, mit ersterem vielleicht gar nicht so sehr. Nun ist es nicht so, dass sich die Bildungspolitik mit dem Hinweis aus der Verantwortung entlassen könnte, irgendwie Schule ist besser als gar keine Schule. Es ist aber auch nicht so schlimm, wenn die Willkommensklassenlehrerin das kyrillische Alphabet nicht beherrscht – so man die Integrationsklassen als einen Zwischenschritt begreift in ein Schulsystem, das deutlich besser ausgestattet werden muss, wenn man es wirklich ernst meint mit der Integration der ukrainischen Flüchtlingskinder.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Forderung nach genügend Geld für die Bildung der ukrainischen Schüler*innen ist völlig berechtigt. Nur fragt man sich, warum denn bisher der Bildungshaushalt so eng und nicht einmal “auf Kante” genäht war, dass die schon hier lebenden Kinder “eklatanten Raum- und vor allem Personalmangel[…] in den Schulen” erdulden mussten, und das auch noch bei einer Rot-Rot-Grünen Regierung, der doch angeblich das Soziale und die Bildung so sehr am Herzen liegt. Ist das alles nur wohlfeiles Sonntagsreden-Geschwätz wie so oft?

  9. Langzeitskandal Kinderarmut – Gastbeitrag von Christoph Butterwegge
    Seit fast 20 Jahren sind in unserem wohlhabenden, wenn nicht reichen Land nach EU-Maßstäben etwa 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet oder armutsbetroffen; knapp 2 Millionen leben sogar von staatlichen Transferleistungen. Wie dramatisch sich unsere Gesellschaft in dieser Beziehung verändert hat, zeigt folgender Vergleich: 1965, auf dem Gipfelpunkt des sog. Wirtschaftswunders der „alten“ Bundesrepublik, bezog jedes 75. Kind Sozialhilfe; heute ist mehr als jedes 7. Kind auf Sozial- bzw. Arbeitslosengeld II angewiesen, im Volksmund „Hartz IV“ genannt. Wenn man das offizielle Kriterium der Europäischen Union zugrunde legt, in einem Haushalt zu leben, dessen Nettoeinkommen bedarfsgewichtet weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt, ist in Deutschland sogar mehr als jedes 5. Kind armutsgefährdet bzw. einkommensarm. (…)
    Dass die jungen Menschen eine sozial zerrissene Generation bilden, ist nicht zuletzt Fehlentscheidungen von Parlamenten, Regierungen und Verwaltungen geschuldet. Einerseits haben sie dafür gesorgt, dass Reichtum in der Familie bleibt und man als Kind oder Jugendlicher einen ganzen Konzern in Besitz nehmen kann, ohne einen einzigen Cent betriebliche Erbschaft- oder Schenkungsteuer zahlen zu müssen. Andererseits haben die politischen Entscheidungsträger besonders die Kinderregelsätze bei Hartz IV so niedrig angesetzt, dass aufgrund eines Bundesverfassungsgerichtsurteils mit einem Bildungs- und Teilhabepaket halbherzig nachgebessert werden musste.
    Warum bekommt ein Chefarzt durch Inanspruchnahme des Kinderfreibetrages bei der Einkommensteuer über 1.000 Euro pro Jahr mehr für sein Kind als eine Krankenschwester an Kindergeld für ihren Nachwuchs? Und warum geht kein Aufschrei durchs Land, wenn CDU, CSU und AfD ein Familiensplitting fordern, das kinderreichen Chefärzten zehntausende Euro an Steuerersparnis einbringen würde, der alleinerziehenden Mutter im Hartz-IV-Bezug aber keinen Cent? (…)
    Mittlerweile wird Kinderarmut hierzulande zwar allenthalben beklagt, aber weiterhin nicht energisch bekämpft, obwohl man bedürftige Minderjährige schwerlich für ihre Misere selbst verantwortlich machen kann, wie das bei Erwachsenen geschieht, wenn man sie als „Drückeberger“, „Faulenzer“ und „Sozialschmarotzer“ diffamiert. Trotzdem wurde politisch kaum etwas gegen die Kinderarmut getan, wenn man von dem allerdings selbst nach der Anhebung auf 12 Euro brutto pro Stunde ab 1. Oktober 2022 immer noch zu niedrigen Mindestlohn absieht.
    Fazit: Armutsbekämpfung wird von SPD, Bündnisgrünen und FDP zwar mit einem Tunnelblick auf die betroffenen Kinder proklamiert, dürfte in der Regierungspraxis aber weiterhin sehr halbherzig praktiziert werden; Reichtumsbegrenzung wurde in den Koalitionsverhandlungen gar nicht erst diskutiert, sondern von der FDP generell blockiert. Deshalb wird es am Ende dieser Legislaturperiode eher mehr als weniger Ungleichheit auch der Kinder geben, die zu verringern SPD und Bündnisgrüne ihren Wähler(inne)n jedoch versprochen hatten.
    Quelle: Christoph Butterwegge in Blog der Republik
  10. Extreme Ausreißer: Große Vermögen in der Corona-Krise
    Elon Musks Vermögenszuwachs: 851 Prozent binnen zwei Jahren. Für eine US-Website für Steuergerechtigkeit ist dies “schwer zu begreifen”
    Das Ausmaß des Reichtums der US-Milliardäre und des Vermögenszuwachses während der Pandemie sei “schwer zu begreifen”, berichtet die Webseite “Amerikaner für Steuergerechtigkeit”. Dort rangiert Elon Musk mit einem Vermögenszuwachs von 851 Prozent auf Platz eins auf einer Liste von 15 Milliardären. Die einzige Frau, Alice Walton, eine Walmart-Erbin, findet sich dort auf Platz zwölf mit einem derzeit geschätzten Nettovermögen von 64,3 Milliarden US-Dollar.
    Elon Musks Nettovermögen wird zwei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie, der von der Webseite auf 18. März 2020 datiert wird, auf 234 Milliarden US-Dollar beziffert. Vor zwei Jahren wurde sein Nettovermögen auf 24,2 Milliarden US-Dollar geschätzt, daher die immense Steigerungsrate.
    Demnach hat sich Musks Reichtum um mehr als das achteinhalbfache vergrößert. Das ist auch innerhalb der außergewöhnlichen Szene, früher “Happy Few” genannt, beispiellos. Der zweitplatzierte Jeff Bezos liegt im Nachbarschaftsvergleich weit zurück: Gerade mal 165 Milliarden US-Dollar stecken hinter ihm. Da man am 18. März 2020 seinen Reichtum schon auf 113 Milliarden netto schätzte, fällt der Zugewinn mit 46 Prozent relativ moderat aus.
    Die Vermögens-Speicher der Google-Dagoberts Larry Page und Sergey Brin füllten sich in den vergangenen zwei Jahren um 123 Prozent auf jeweils rund 100 Milliarden US-Dollar. Auch Dell-Gründer Michael Dell konnte sein Vermögen um über 100 Prozent (143 Prozent) vermehren – von 22,9 Milliarden auf 55,8 Milliarden.
    Das sind Zahlen, die von krass unterschiedlichen Realitäten unserer Gegenwart erzählen, wie sie genau ermittelt werden, bzw. wie solide sie überhaupt veranschlagt werden können, ist eine eigene Debatte, ganz sicher kann man davon ausgehen, dass sie für abgehobene Möglichkeitsräume stehen, die Fragen danach aufwerfen, wie es um den Fortschritt bestellt ist – gemeint ist der zivilisatorische Fortschritt, das Zusammenleben, die Verantwortung für die Gemeinschaft, die während der Corona-Pandemie dringender als zuvor eingefordert wurde.
    Quelle: Telepolis
  11. Gut 600 Erbschaften über zehn Millionen Euro
    Die Steuerbehörden haben 2020 hierzulande 602 Erbschaften oder Schenkungen von mehr als zehn Millionen Euro registriert. Zusammen sind das 14,2 Milliarden Euro. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Politikers Dietmar Bartsch hervor. In knapp 60 Prozent dieser Fälle – nämlich 356 – sei demnach Erbschafts- oder Schenkungssteuer festgesetzt worden, und zwar insgesamt knapp 1,4 Milliarden Euro.
    In den Zahlen erfasst sind nur jene Fälle, die über die hohen Freibeträge für Hinterlassenschaften in der Familie hinausgingen und damit für die Schenkungs- oder Erbschaftssteuer relevant waren. Insgesamt waren dies laut Antwort des Finanzministeriums 224.047 Fälle mit Vermögenswerten in Höhe von 84,4 Milliarden Euro. Für 163.422 dieser Fälle wurde Erbschafts- oder Schenkungssteuer mit einem Gesamtvolumen von 8,5 Milliarden Euro festgesetzt
    Quelle: t-online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Dass ausgerechnet Menschen, die das Glück einer Multimillionen-Erbschaft haben, noch durch Steuererleichterungen zusätzlich vom Staat beschenkt werden, ist an sich unfassbar. Noch viel schlimmer wird die Betrachtung, wenn man sich anschaut, wie gleichzeitig bei ganz armen Menschen um jeden Euro für einen Kinderzuschuss oder Hilfen bei den hohen Strom- und Heizkosten gestritten wird. Auf der einen Seite – bei denen, die schon zu viel haben – wirft der Staat das Geld mit vollen Händen zum Fenster raus, und auf der anderen Seite wird geknausert, dass es kracht – unerträglich.

    dazu: Zum Welttag des Glücks – Erben ist Glücksache
    Ein großer Teil des Vermögens in Deutschland wurde nicht mit eigenen Händen erarbeitet, sondern durch Erbschaft und Schenkung weitergereicht. Davon profitieren aber nur wenige, denn gerade einmal 30 Prozent der Menschen in Deutschland erben einmal im Leben ein nennenswertes Vermögen. Ein Millionenerbe erhält nur ein sehr kleiner Personenkreis und häufig der, der ohnehin schon finanziell gut gestellt ist. Die übrigen 70 Prozent gehen praktisch leer aus. Lebenschancen entscheiden sich damit zunehmend in der Geburtenlotterie.
    Am 20. März 2022 ist der Welttag des Glücks. Ein Anlass für uns zusammen mit der Bürgerbewegung Finanzwende und der Initiative #taxmenow darauf aufmerksam zu machen, dass das Erben vor allem eines ist: Glück, dass nur wenigen zuteilwird. Und auch über die Umverteilungswirkung der Erbschaftssteuer wird das leistungslose Erbe der Wenigen nicht zum Glück der anderen: Erbschaften und Schenkungen von mehr als 20 Millionen Euro wurden in den vergangenen zehn Jahren im Durchschnitt mit nur 2,87 Prozent besteuert. Die Erben oder Beschenkten, die weniger als 20 Mio. Euro erhielten, mussten darauf im Schnitt immerhin 9,3 Prozent Steuern zahlen.
    Laut Steuerstatistik der Jahre 2011-2020 wurden in Deutschland rund 86 Milliarden Euro jährlich vererbt und verschenkt. Den Daten ist auch zu entnehmen: etwa 350 Menschen erhalten jedes Jahr ein Geschenk oder Erbe von über 20 Millionen Euro. Auf ein Leben von 75 Jahren hochgerechnet, entspricht das 0,03 Prozent der Bevölkerung. Dieser kleine Personenkreis erhielt aber rund 34 Prozent des gesamten amtlich erfassten weitergereichten Vermögens.
    Quelle: Netzwerk Steuergerechtigkeit

    dazu auch: Erbschaft erhöht absolute Ungleichheit
    So ungerecht kann erben sein
    Ein kürzlich erschienener FAZ-Blog erklärt angeblich „warum die Weitergabe von Vermögen die soziale Ungleichheit sogar verringert“. Dafür zitiert er zwei neue Erbschaftsteuer-Studien aus Australien und Norwegen. Beide Studien zeigen aber: Erbschaften und Schenkungen sind zwar relativ zum vorherigen Vermögen progressiv, die absolute Ungleichheit erhöhen sie trotzdem. Das zeigt auch eine ganz ähnliche Studie des DIW für Deutschland.
    Die Forscher aus Australien setzen für ihre Untersuchungen die Erbschaften und Schenkungen ins Verhältnis zu den sonstigen Vermögen. Dabei zeigt sich, dass die Weitergabe von Vermögen die relative Ungleichheit leicht senkt. Der Grund dafür: weniger wohlhabende Australier erzielten durch Erbschaften, gemessen an der Höhe des bereits vorhandenen Vermögens, im Schnitt einen größeren Vermögenszuwachs. Allerdings unterschlägt der FAZ-Beitrag das viel bedeutendere Ergebnis der Studie: Erbschaften erhöhen auch in Australien die absolute Ungleichheit. Und die ist für das tägliche Leben das aussagekräftigere Maß. Denn hier werden die Vermögensdifferenzen zwischen den Menschen, die eine Erbschaft oder Schenkung erhalten und denen, die leer ausgehen ersichtlich.
    Quelle: Netzwerk Steuergerechtigkeit

  12. (Fast) ganz Europa ist maßnahmenfrei
    Österreich hat seine europaweit einzigartige Corona-Politik angesichts der Omikron-Welle völlig über den Haufen geworfen und plant trotz Rekord-Infektionszahlen weitere Lockerungen. Der Lockdown für Ungeimpfte ist Geschichte, die geplante allgemeine Impfpflicht wurde jüngst ausgesetzt. Bereits Anfang März wurden fast alle Beschränkungen aufgehoben. Seitdem darf wieder in Lokalen gefeiert werden. Gesundheitsminister Johannes Rauch kündigte an, dass schon bald Gratis-Massentests eingeschränkt und Quarantäneregeln gelockert werden. (…)
    In Frankreich hört man seit Montag oft: „Endlich können wir unsere Gesichter wieder sehen!“ Mit einem Großteil der Corona-Beschränkungen fiel zu Wochenbeginn für viele Beschäftigte die Maskenpflicht am Arbeitsplatz. Wer erst während der Pandemie eingestellt wurde, wusste oft gar nicht, wie die Kolleginnen und Kollegen ohne Maske aussehen. Das öffentliche Leben normalisiert sich weitgehend, auch wenn manche beim Einkaufen die Maske lieber noch auflassen – auch ohne Pflicht. Vorbei ist auch der Griff zum Handy am Eingang zu Café, Kino oder Restaurant oder vor einer Zugfahrt mit dem TGV. Der in einer App gespeicherte Impfnachweis muss nicht mehr ständig vorgezeigt werden. (…)
    Italien beendet am 31. März den Corona-Ausnahmezustand und schafft die meisten Restriktionen ab. Von April an werden etwa in Hotels, im öffentlichen Personennahverkehr und in Geschäften keine Nachweise von Impfung, Genesung oder Tests mehr verlangt. Zum 1. Mai wird das in Italien „Greenpass“ genannte Zertifikat komplett abgeschafft. Die Quarantäne-Vorschriften werden fast vollständig aufgehoben: Künftig müssen sich nur noch Infizierte isolieren, Kontaktpersonen dürfen ihre Wohnung jederzeit verlassen. Mit Auslaufen des Notstandes wird auch das Expertengremium der Regierung aufgelöst, das in den Monaten der Pandemie an den wichtigsten Maßnahmen gearbeitet hatte.
    Quelle: Cicero

    Anmerkung Christian Reimann: Der deutsche „Sonderweg“ (Lauterbach) ist also nicht alternativlos. Die politische Entscheidungsträgerschaft hat u.a. Omikron nicht als goldene Gelegenheit für einen Exit genutzt, sondern engstirnig am Ausnahmezustand festgehalten. Das ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass u.a. der SPD-Parteitag von Pfizer und Microsoft gesponsert und die derzeitige grüne Bundesaußenministerin vom WEF promotet werden.

  13. Die Linke und Corona: Ein postideologischer Totalitarismus?
    Das Frappanteste ist, wie weitgehend sich die Linke seit Beginn der Coronakrise aus ihren angestammten Kritikfeldern, allen voran der Kritik an den internationalen Organisationen der Globalisierung verabschiedet hat, sodass ihre Haltung in weiten Teilen etwa von derjenigen des World Economic Forums und seines Begründers Klaus Schwab kaum mehr zu unterscheiden ist. Dass durch die Maßnahmen, nicht durch das Virus, weltweit mit 20 Millionen mehr Hungertoten zu rechnen ist, wie Oxfam schon im letzten Sommer warnte; dass die Impfallianz Gavi, von der auch die jetzige Impfkampagne ausgeht, in ihrer Vergangenheit immer wieder negative Schlagzeilen machte – unter anderem, weil sie in Indien und Afrika Impfungen mit der Massensterilisierung von Frauen verbanden; ja, dass die von der WHO instrumentierte Corona-Politik, wie Toby Green in seinem Buch »The Covid Consensus. The New Politics of Global Inequality« darlegt, global gesehen, zu einer massiven Verschärfung der eh schon skandalös großen sozialen Ungleichheit führt: Dass all dies kein Thema für die Linke mehr sein soll, hat etwas Unfassbares.
    Weil es um den Schutz der Bevölkerung geht? Aber um was für einen Schutz kann es sich dabei handeln, wenn weltweit ein Großteil der Bevölkerung seiner Existenzgrundlage beraubt wird, wenn, wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen berechnet, dadurch weltweit 70 bis 161 Millionen mehr Menschen hungern und, wie die Uno berechnet, 140 Millionen Kinder zusätzlich in Armut gestürzt werden? Um welches Leben also geht es, wenn vom »Leben retten« die Rede ist? Nur um westliches, weißes? Ist das kein Rassismus? Und ist es sozialdarwinistisch oder gar rechts, solche Fragen zu stellen – und nicht vielmehr links?
    Angesichts dieser weltweiten Umverteilung von unten nach oben lässt sich jedenfalls nicht sagen, dass die westlichen Staaten mit ihrer Corona-Politik den Kapitalinteressen in die Quere gerieten. Ja, es ist umgekehrt nicht von der Hand zu weisen, dass viele der Maßnahmen – ob bewusst dafür eingesetzt oder nicht, sei einmal dahingestellt – der Durchsetzung eines neuen Akkumulationsregimes dienen. Umso erstaunlicher ist es, dass die immer autoritärer werdende Staatsform kein Thema mehr sein soll.
    Denn diese setzt etwas fort oder fügt sich jedenfalls problemlos in das ein, was schon seit längerem als autoritärer Neoliberalismus bezeichnet wird: Eine illiberale Version des Neoliberalismus – falls dies nicht überhaupt seine Grundform ist -, die sehr gut, wenn nicht sogar noch besser ohne das auskommt, was wir gemeinhin als bürgerliche Freiheit bezeichnen.
    Quelle: nd

    Anmerkung JK: Ein erstaunlich hellsichtiger Beitrag im Neuen Deutschland.

  14. Stuttgart 21 verteuert sich um 950 Millionen Euro
    Das Großbauprojekt Stuttgart 21 wird sich wie erwartet voraussichtlich um weitere 950 Millionen Euro verteuern – und wird nach aktuellen Annahmen insgesamt rund 9,15 Milliarden Euro kosten.
    Darüber habe die Bahn auf einer Sondersitzung den Aufsichtsrat informiert, teilte der Konzern am Abend mit. Hinzu komme ein Vorsorgepuffer von 640 Millionen Euro, der im Bedarfsfall aktiviert werden könne. (…)
    Das geht aus einem Prüfbericht hervor, den der Konzern dem Gremium auf der Sitzung präsentierte. Bislang gingen die Verantwortlichen bei der Planung von Gesamtkosten in Höhe von 8,2 Milliarden Euro aus. «Gründe für die aktuelle Entwicklung sind zum einen erhebliche Preissteigerungen bei Baufirmen, Lieferanten und Rohstoffen», teilte die Deutsche Bahn weiter mit. «Zum anderen schlägt der geologisch anspruchsvolle Untergrund im Stadtgebiet negativ zu Buche».
    Den geplanten Termin für die Inbetriebnahme zum Fahrplanwechsel Ende 2025 bestätige der Prüfbericht. (…)
    Nicht eingepreist seien in den aktuellen Kalkulationen aus Hommels Sicht allerdings die Lage in der Ukraine und die damit verbundenen steigenden Energie- und Baukosten. Weitere Kostensteigerungen im weiteren Verlauf seien deshalb denkbar. «Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass wir bei den Kosten noch die Zehn-Milliarden-Euro-Marke reißen», betonte er. Der Bau des unterirdischen Durchgangsbahnhofs in Stuttgart und die Verbindung nach Ulm waren über die Jahre immer teurer geworden.
    Quelle: Zeit Online

    dazu: PM Der nächste Versuch, Stuttgart 21 vor dem Abgrund zu retten
    Obwohl die Anzeichen eines grandiosen Scheiterns von Stuttgart21 nicht mehr zu übersehen sind, versucht der DB-Vorstand mit der altbewährten Strategie des Faktenleugnens und Irreführens, das Projekt auch diesmal wieder über die Runden zu bringen, so Bündnissprecher Dieter Reicherter. Anlass sind jüngste Berichte, es gäbe im DB-Aufsichtsrat trotz erneuter Kostenexplosion weiterhin keine Stimme für den Abbruch des Projekts.
    Mit einer Mixtur manipulativer Angaben wird die Unumkehrbarkeit des Projekts suggeriert – wie jedesmal, wenn es auf der Kippe steht. Tradition hat schon die Untertreibung der Kosten. Mit knapp 10 Mrd.€ wird jetzt eingeräumt, was der Bundesrechnungshof und bahnunabhängige Gutachten schon für 2015 bzw. 2016 mit nachvollziehbaren Zahlen belegt hatten. In den letzten 6 bzw. 7 Jahren ist es aber zu unzähligen Umplanungen gekommen, so dass allein deswegen das bisher Vorgesehene (Stuttgart21 I) weit über 10 Mrd.€ liegt. Hinzu kommen die im grün-schwarzen Koalitionsvertrag verabredeten sog. Ergänzungsprojekte (Stuttgart21 II), die den Kapazitätsproblemen abhelfen und den Deutschlandtakt bei S21 ermöglichen sollen. Mit den hier geplanten 47km zusätzlicher Tunnel verteuert sich das Projekt nach dem empirisch basierten Gutachten des Verkehrsexperten Karlheinz Rößler um weitere 5,3 Mrd.€, die in den Rechnungen der DB nicht auftauchen. Die aktuellen Warnungen der Bauwirtschaft, es stünden nicht mehr ausreichend Rohstoffe zum Weiterbau begonnener Projekte zur Verfügung, werden weitere Turbulenzen auslösen.
    Quelle: K21

  15. Zu guter Letzt: Allgemeine Corona-Impfpflicht nicht umsetzbar – Verband führt Papiermangel an
    Derzeit herrsche in Europa ein akuter Papiermangel und somit fehle Material für die rund 120 Millionen Schreiben, die zur Information vorgesehen seien, heißt es in einer Stellungnahme der GKV. Zudem wehrt sich der Verband nach eigenem Bekunden dagegen, dass die Krankenkassen die Impfpflicht überwachen sollen. Dies sei eine staatliche Aufgabe. Die Meldung der Ungeimpften an Bußgeldstellen würde das Vertrauensverhältnis zwischen Versicherten und Krankenkassen stark belasten. – In der Debatte über eine allgemeine Corona-Impfpflicht in Deutschland werden die verschiedenen Vorschläge heute in einer Expertenanhörung des Bundestags erörtert.
    Quelle: Deutschlandfunk


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