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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Wie 1914: Wir kennen keine Parteien mehr
Datum: 28. Februar 2022 um 13:12 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Aufrüstung, Bundestag, Militäreinsätze/Kriege, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Albrecht Müller
Wegen des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine gab es am gestrigen Sonntag eine Sondersitzung des Deutschen Bundestages. Bundeskanzler Scholz hielt zum Einstieg eine Rede, die man als Kriegsrede bezeichnen kann. Der Applaus war rauschend und die Stimmung gut. Die übergroße Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestags und der Parteien, nämlich SPD, FDP, die Grünen, CDU und CSU, haben sich um Kanzler und Regierung versammelt. Sie befürworten die vorgeschlagene massive Aufrüstung und die angekündigten Waffenlieferungen an die Ukraine, was man ehrlicherweise als Beteiligung am dortigen Krieg interpretieren kann und muss. Der gestrige Tag und die vielen Sendungen und Sondersendungen und Berichte unserer Medien erinnern sehr an Juli und August 1914. Damals unterstützten auch die zuvor in der Sozialistischen Internationale für den Frieden aktiven deutschen Sozialdemokraten die Kriegskredite und bekamen damit auch den Segen von Kaiser Wilhelm II: Ich kenne keine Parteien mehr. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Hier die Links auf die Rede, zunächst auf das Video und hier auf den Text in der Aufbereitung des ZDF.
Ich weise auf ein paar bemerkenswerte Passagen und wiederkehrende Besonderheiten hin:
Die deutsche Außenministerin Baerbock erklärte bei der Ankündigung der Sanktionen: „Das wird Russland ruinieren“. Siehe auch hier als Video bei Minute 0:24. Die britische Außenministerin Liz Truss hat sich ähnlich geäußert. Sie hat erklärt, Ziel der Maßnahmen sei es, „die russische Wirtschaft zu zerstören“.
Diese Absichtserklärungen sind nicht nachgeschoben. Aus meiner Sicht war die westliche Strategie im Umgang mit Russland – ganz auf der Linie des großen westlichen Strategen Brzeziński – von vornherein darauf angelegt, massive Sanktionen verhängen zu können, um auf diese Weise Russland zu ruinieren und einen Regime Change zu erreichen.
Die russische Führung hat diese Absicht offensichtlich durchschaut und meint nun, mit einer militärischen Aktion in der Ukraine dieser Strategie des Westens entkommen zu können. Das Gegenteil wird eintreten. Wie man an den Äußerungen der beiden Außenministerinnen erkennen kann, ist es unter dem Eindruck des Beifalls für die westlichen Führungskräfte möglich, die Ziele Ruin und Zerstörung offen auszusprechen. Und es ist möglich, massive Aufrüstungsprogramme zu verkünden und durchzusetzen. Diese werden zusammen mit dem in der Ukraine zu erwartenden Abnutzungskrieg weiter dazu beitragen, Russlands Ökonomie und Gesellschaft zu ruinieren.
Die Ideologisierung des Konfliktes bis hin zur Neuentdeckung eines „Systemkonflikts“ zwischen dem Westen und Russland hat gleich mehrere wichtige Funktionen und Vorteile für die Vertreter des Westens: das soll zum einen der vernichtenden Kennzeichnung des Gegners dienen, zum anderen aber und vor allem der Beschönigung des Zustands der eigenen „Truppe“. Es soll transportiert werden, dass wir hier im Westen unbestreitbar Demokratien seien, dass es hierzulande sozial zugeht und vor allem eben freiheitlich. Alles, was wir hier und noch mehr in den USA an Bedrohungen und Anfechtungen von Demokratie und Sozialstaat erleben, wird damit vom Tisch gewischt. Das ist ein Riesenfortschritt für die Agitatoren des Westens. Man muss sich nur mal die Demonstration in Berlin von gestern anschauen. 100.000 oder noch mehr Menschen versammeln sich de facto auch hinter dem hier in Ziffer 9 formulierten Anspruch, für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit zu stehen. Diese Demonstranten stehen damit auch für die massive Aufrüstung und Fortsetzung der Konfrontation und die Abkehr von der Entspannungspolitik der sechziger, siebziger und achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Das kann man ja alles gut und richtig finden, was auch für einige NDS-Leserinnen und -Leser gilt, und auch für Freunde, die ansonsten friedenspolitisch unterwegs sind. – Aber man sollte sich dann nicht als Kämpfer für den Frieden verstehen.
Die Stilisierung eines Systemkonfliktes hat innenpolitisch auch den Vorteil, dass Forderungen zur Änderung der sozialen Lage, dass Forderungen zum Beispiel für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen und für mehr Mitbestimmung der Lohnabhängigen leicht beiseitegeschoben werden können. Deshalb ist es besonders apart, dass Gewerkschaften und Gewerkschafter sich bei diesen Demonstrationen wohlfühlen.
„Und schließlich haben wir die Entscheidung getroffen, zwei Flüssiggas-Terminals, LNG-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven schnell zu bauen“.
Er hätte noch hinzufügen sollen: Wir haben mutig entschieden, ihr tragt die Folgen!
27. Februar 2022 Politische Erklärung zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP mit der Drucksache 20/846 zur Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler zur aktuellen Lage.
Stoppt die Eskalation! Sorgt für Frieden in der Ukraine – und mit Russland!
Am 27. Februar 2022 soll der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag eine „historische Rede“ gehalten haben, melden die bundesdeutschen Medien. Das, was ich davon mitbekommen habe, läßt für mich nur das Urteil zu, dass es eine Rede der Schande von historischem Ausmaß war.
…
(Screenshot des Beginns eines Artikels im Tagesspiegel vom 21.7.2014. Siehe hier.)
Die langjährige ARD-Korrespondentin glaubt, dass der Angriffskrieg eine einsame Entscheidung Putins gewesen sei, von dem auch sein Umfeld überrascht wurde…
Na ja, das müssen wir wohl zur Kenntnis nehmen. Wer will, kann auch sagen: Frau Krone-Schmalz ist sehr mutig. Ich halte mich allerdings lieber an die weltpolitischen Erkenntnisse der Kabarettistin Lisa Fitz Zwei weitsichtige Stücke von Lisa Fitz.
Zitat aus Ihrem ZDF-Interview:
“… was in jedem Krieg zuerst stirbt, ist die Wahrheit, und das ist natürlich Blödsinn, was er da an Gründen angibt…”
2014 klang das noch ein wenig anders.
Aber vermutlich haben sich die Banderisten, ihre Milizen und das Regiment Asow in Luft aufgelöst.
Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst. Quod erat demonstrandum
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Scholz
Nachbemerkung Albrecht Müller: Die beiden Interviews entlarven den Opportunismus dieses Politikers. Das aktuelle Interview offenbart auch die – Achtung Ironie! – großartige weltpolitische Leistung des Außenpolitikers Gysi. Er warnt vor der Zusammenarbeit zwischen Russland und China. Das ist nachgeplappertes geopolitisches Zeug.
Das war nun eine lange Sammlung von Texten und Videos. Alles nur für Ihre eigene Meinungsbildung.
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