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Titel: Betriebsverlagerungen ins Ausland und mehr Direktinvestitionen in Deutschland. Wie passt das zusammen?
Datum: 26. März 2004 um 16:33 Uhr
Rubrik: Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Strategien der Meinungsmache, Wettbewerbsfähigkeit
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Der Rat des Präsidenten des DIHK, Ludwig Georg Braun, an die mittelständischen Betriebe „nicht auf eine bessere Politik zu warten“, sondern „die Chancen zu nutzen, die zum Beispiel in der EU-Osterweiterung liegen“, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie der Wirtschaftsstandort Deutschland schlecht geredet wird und damit die Regierung und die Gesellschaft politisch erpresst werden sollen. Die Bilanz der Direktinvestitionen in Deutschland sagt etwas anderes.
Die Methodik ist immer die gleiche: Man vergleicht die Löhne, die Sozialabgaben, die Unternehmenssteuern, den Arbeitsschutz mit Ländern, die niedrigere Werte ausweisen und leitet daraus die Drohung ab Arbeitsplätze dorthin verlagern zu wollen. Man setzt auf Lohn-, Sozial-, Steuer- oder Umwelt- oder Arbeitsschutzdumping als ökonomischem Zwang aus der Globalisierung.
Ministerpräsident Stoiber behauptet, monatlich würden 50.000 Arbeitsplätze verlagert (Kritisches Tagebuch vom 2.3.04). Der DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben macht es etwas niedriger und spricht von einem Verlust von 50.000 innerhalb der nächsten drei Jahre. Hier werden Ängste geschürt, um die Politik vor sich her zu treiben, denn trotz intensiver Recherche haben wir keine exakten Daten über eine Wanderungsbilanz von Arbeitsplätzen bekommen. Zugegeben, das ist auch schwierig und komplex.
Von einer anderen Wanderungsbilanz, die sich mit exakten Zahlen belegen lässt und die sehr viel mit dem Erhalt oder der Verlagerung von Arbeitsplätzen zu tun hat, spricht man allerdings nur am Rande oder versteckt in den Wirtschaftsteilen der Zeitungen. So etwa die Bilanz der Direktinvestitionen (vgl. dazu die FAZ vom 16.3.04 oder den Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom März).
Beim Vergleich der deutschen Direktinvestitionen im Ausland und der ausländischen Direktinvestitionen im Inland hat Deutschland im Jahre 2003 einen positiven Saldo von 9,1 Milliarden Euro (davon Deutsches Beteiligungskapital im Ausland: 11,7 Mrd. Euro; ausländisches Beteiligungskapital im Inland: 22,5 Mrd. Euro). 2002 gab es im Saldo sogar ein Plus von 29,1 Milliarden Euro zugunsten der Beteiligungskapitalströme aus dem Ausland in Richtung Deutschland. Als ausländische Direktinvestitionen, so erläutert die FAZ, gelten z.B., „wenn ein ausländisches Unternehmen eine Fabrik in Deutschland aufbaut oder ein Ausländer in Deutschland Grundbesitz erwirbt“.
Der ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratschef der Deutschen Bank und jetzige Beauftragte für Auslandsinvestitionen, Hilmar Kopper, wird in der Süddeutschen Zeitung (v. 7.2.03) mit der Aussage zitiert, dass Deutschland – verglichen mit anderen Staaten – als Ziel ausländischer Investitionen sogar attraktiver geworden sei, bei allen anderen westlichen Industrieländern seien erhebliche Einbußen zu verzeichnen gewesen. „Potentielle Investoren graben sich in die Details verschiedener Standorte ein. Und sie wissen dann ganz genau, dass unser Land einen tiefen Fundus an Qualität bietet“ wird Kopper zitiert.
Selbst im DIHK hört man gelegentlich andere Stimmen. So meinte der DIHK-Volkswirt Axel Nitschke im letzten Jahr, dass die Auslandsinvestitionen deutscher Betriebe in den vergangenen Jahren sogar rückläufig gewesen sind (SZ v. 26.5.03).
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