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- Deutschlands Rolle in Ecuadors Albtraum
Ecuador wurde von Covid-19 hart getroffen. Der Überlastung des Gesundheitssystems gingen IWF-Sparprogramme voran, schreiben Jasper Ziegler und Andrej Hunko von der Linken.
Die Bilder von Leichen auf den Straßen der ecuadorianischen Küstenstadt Guayaquil gingen zu Beginn der Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2020 um die Welt. Hunderte Tote wurden von Sondereinheiten geborgen und begraben. Das Gesundheitssystem war offenbar mit dem großen Ausbruch von Sars-CoV2 überfordert. Dass dies so kam, war nicht allein dem traditionell prekären Zustand der gesundheitlichen Versorgung vieler lateinamerikanischer Staaten geschuldet. Just vor Ausbruch der Pandemie setzte die Regierung von Präsident Lenín Moreno massive Kürzungen im Gesundheitssystem durch, zu denen er sich als Bedingung für Kredite des Internationalen Währungsfonds verpflichtet hatte. 4,5 Prozent aller durch das staatliche Gesundheitsministerium finanzierten Stellen wurden im Zuge dieser „Strukturanpassung“ gestrichen.
Im März 2019, ein Jahr vor dem ersten Höhepunkt der Pandemie, schloss der IWF im Rahmen der „Extended Fund Facility“ ein Übereinkommen mit der US-freundlichen Regierung von Moreno. In diesem Deal wurde ein Kredit in Höhe von 4,2 Milliarden US-Dollar an strukturelle Anpassungen der ecuadorianischen Wirtschaft und der staatlichen Verwaltung gekoppelt. Die vom IWF verschriebene Medizin für das wirtschaftlich angeschlagene Land: Austeritätspolitik mit Kürzungsmaßnahmen und eine weitere Liberalisierung der Märkte. Gestrichen wurde unter anderem bei den staatlichen Subventionen für Kraftstoff. Der darauffolgende Anstieg der Treibstoffpreise traf besonders die ärmere Landbevölkerung. Dort wird Treibstoff nicht nur zur Fortbewegung, sondern auch zur Stromerzeugung mittels Generatoren genutzt. Die Folge waren landesweite Proteste, besonders der indigenen Bevölkerung. Durch die harsche Antwort der Regierung und der staatlichen Sicherheitskräfte wurden mindestens acht Menschen getötet und 1.300 verletzt.
Gekürzt wurde aber auch bei den Beschäftigten im öffentlichen Sektor: Bis zu 140.000 Stellen sollten gestrichen werden. Bei insgesamt rund 600.000 Angestellten im öffentlichen Sektor (Stand 2019) eine enorme Zahl. Dass in diesem Prozess auch die erwähnten 4,5 Prozent aller durch das staatliche Gesundheitsministerium finanzierten Stellen gestrichen wurden, kann einen aus heutiger Perspektive, angesichts der 2020 aufgekommenen Pandemie, nur erschrecken. Denn vielleicht hätten Szenen wie jene in Guayaquil verhindert werden können, wären im Gesundheitssystem nicht systematisch Stellen abgebaut worden; wäre der IWF-Kredit nicht zu dem Preis dieser Sparpolitik vergeben worden. Und, was sich nun durch Nachfrage bei der Bundesregierung ergeben hat: Deutschland trägt für dieses Desaster Mitverantwortung.
Quelle: der Freitag
Anmerkung JK: Nicht nur in Ecuador, auch in Italien und Spanien wurden massive Austeritätsprogramme, hier durch die EU, durchgesetzt, die massiv das Gesundheitssystem betrafen. Deswegen war Italiens Gesundheitssystem auch bereits während diverser Influenzawellen der vergangenen Jahre immer wieder überlastet. Aber über diesen Hintergrund zu berichten, das hätte dann doch nicht zur Panikberichterstattung aus Italien im Frühjahr 2020 gepasst.
- Protestplakate als PDF zum Download, für Wirte und Andere, die widerstrebend 2G oder 3G anwenden
Viele Veranstalter, Gastwirte und andere Gastgeber sehen sich aufgrund von Gesetzen und Verordnungen direkt oder indirekt genötigt, die 2G- oder 3G-Regel anzuwenden und somit den Teil der Bevölkerung auszugrenzen, der eine bestimmte Impfung nicht hat, oder sich nicht täglich testen lassen kann oder will. Für diese Gastgeber haben wir Plakate zum Herunterladen und Ausdrucken entworfen.
Quelle: Norbert Häring
- Spahn sieht Spannungen zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften – dürfen “nicht Spaltungen werden”
Seit Wochen stockt die Impfkampagne der Bundesregierung. Aktuell gelten 62,2 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung als geimpft. Für die Erreichung der Herdenimmunität ist das bei Weitem nicht genug. Die dafür zu erreichende Impfquote liegt mittlerweile bei mindestens 85 Prozent. Nun geht es erneut darum, eine mutmaßliche Überlastung der Intensivstationen zu verhindern, diesmal angesichts der ausgerufenen “vierten Welle”.
Nach der nach eigenem Verständnis nicht ausreichend erfolgreichen PR-Aktion #ÄrmelHoch soll die Impfkampagne nun frischen Wind erhalten. Am Montag startete unter dem Motto #HierWirdGeimpft die angekündigte “Aktionswoche”, um noch nicht geimpfte Menschen von deren Notwendigkeit zu überzeugen. Noch gezielter will man auf die Menschen zugehen, entsprechende Impfangebote sollen noch niedrigschwelliger werden. So will man etwa bei der Impfung verstärkt auf “mobile Teams” setzen. Wie Gesundheitsminister Jens Spahn WDR 5 erklärte, handele es sich bei der Aktion um eine “gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen”.
“Ich bin superdankbar für die vielen kreativen Ansätze.”
An Hunderten alltäglich besuchten Orten können sich die Bürger nun gegen Corona impfen lassen. Ein Termin ist meist unnötig. Die Liste der Woche umfasse an die 700 Aktionen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin: “Die Zahl wächst ständig weiter.” (…)
“Ich rede jeden Tag, ich diskutiere jeden Tag”, erklärte Spahn hinsichtlich eines von Beobachtern kritisierten steigenden Impfdrucks.
“Ich stimme absolut zu. Wir erleben Spannungen, auf Arbeit, in der Nachbarschaft, manchmal sogar in der Familie zwischen Geimpften und Nichtgeimpften. Es ist wichtig, dass aus Spannungen nicht Spaltungen werden, dass wir im Gespräch miteinander sind.”
Er selbst führe zudem so manche kontroverse Diskussion. Dies sogar “mit Pflegekräften, die sich nicht impfen lassen wollen”. Für ihn gehöre die Impfung allerdings zum “Berufsverständnis eigentlich dazu”.
Laut Spahn ist es völlig legitim, sich gegen eine Corona-Impfung zu entscheiden. Es sei die eigene Entscheidung, ob man sich impfen lasse. Sollte man sich jedoch dagegen entscheiden, müsse man “bereit sein, bestimmte Konsequenzen zu tragen”.
“Wir reden hier ja nicht über jemanden, der krank ist. Bei kranken Menschen fragen wir nie, warum jemand krank ist. Und das muss auch so bleiben. Dafür werde ich als Bundesminister für Gesundheit immer kämpfen.”
Es sei allerdings völlig unverständlich, warum andere dafür aufkommen sollten, wenn etwa ein Impfunwilliger in Quarantäne müsse – wenn es sich doch um die eigene und persönliche Entscheidung gehandelt habe, sich nicht impfen zu lassen. Hintergrund ist, dass immer mehr Bundesländer Ungeimpften in Quarantäne die Lohnfortzahlung verweigern.
Quelle: RT DE
Anmerkung Christian Reimann: Ein Pharmalobbyist und Türöffner im Einsatz. Den Begriff der Eigenverantwortung, auf den Neoliberale und Marktradikale sonst so viel Wert legen, haben er und die Exekutive in Bund, Ländern und Kommunen wohl vergessen. Und offensichtlich ist niemand da, der das Stopp-Schild für dieses radikale Produkt-Marketing zeigt.
- Fake News in der Medizin: Relatives Risiko
So wird in dem „bahnbrechenden“ Artikel von Pollack et al.: Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine (NEJM, 10. Dezember 2020) zusammengefasst: „A two-dose regimen of BNT162b2 conferred 95 % protection against Covid-19 in persons 16 years of age or older.“ Vergleichsweise hohe Zahlen zwischen 70 und 90 % folgten auch für die späteren Impfstoffe und geisterten durch alle Medien. Die meisten Menschen, die Prozentrechnung nicht „abgewählt“ haben, würden 95 % wohl so interpretieren, dass von 100 Geimpften 95 Personen einen Impfschutz haben. Das ist aber ein Trugschluss, weil die Wirksamkeit auf die Anzahl der Geimpften bezogen wird. Tatsächlich bezieht sich „efficacy“ aber auf die Zahl der infizierten Personen!
Bei Pollack liest sich das so: Unter Placebo erkrankten 162 von 21 728 Personen (= 0,74 %) und unter dem Impfstoff erkrankten nur 8 von 21 720 Personen (= 0,04 %) an COVID-19. Die absolute Risikoreduktion (ARR) beträgt also nur 0,70 % (0,74 minus 0,04). Dieser winzige Wert ist natürlich nicht medienwirksam. Also wird zu dem alten Trick der Pharmaindustrie gegriffen und die relative Risikoreduktion (RRR) verkündet und die beträgt tatsächlich 95 % (0,70 bezogen auf 0,74). Ohne Kontextinformationen ist die RRR aber nicht valid interpretierbar. Es werden also nicht 95 von 100 Geimpften geschützt, sondern man muss 143 Personen impfen, um einen (1) zusätzlichen Coronafall zu verhindern (100 : 0,70 = 143). Das spricht überhaupt nicht gegen eine Impfung, aber es verhindert „überzogene Erwartungen“ bei Ärzten, Patienten und Politikern.
Quelle: Ärzteblatt
Anmerkung unseres Lesers T.E.: Dieser Leserbrief aus dem aktuellen Deutschen Ärzteblatt verdient Beachtung, zumal dieselbe Aussage von Herrn Marcel Barz zu relativer und absoluter Wirksamkeit erst kürzlich den “Community”-Richtlinien von YouTube widersprochen haben.
- Impfung und Ansteckung
In Deutschland kommt mit der 3G-Regel langsam eine Frage in den Fokus, auf die es beispielsweise in Großbritannien und Israel schon eine Antwort gibt: In welchem Ausmaß können Geimpfte ansteckend sein? […]
Da die Frage, in welchem Maße vollständig Geimpfte die Infektion weitergeben und somit aktiver Teil des Infektionsgeschehens sind, die Kernfrage bildet, an der sich entscheidet, ob Geimpfte Teile der Grundrechte wieder erhalten bzw. im Umkehrschluss zuvor zugestandene Rechte wie der Besuch der Gastronomie nun von 2 bzw. 3 Gs abhängig gemacht werden (denn, so das Argument, Ungeimpfte können schließlich die verlorenen Grundrechte durch die Impfung wieder zurückgewinnen), kommt der wissenschaftlichen Einschätzung hier natürlich eine ganz besondere Bedeutung zu.
Da verschiedene Länder nicht nur deutlich früher mit der Impfung begonnen haben und zudem früher von der Delta-Variante betroffen waren, wie beispielsweise Israel oder Großbritannien, erstaunt es allerdings schon ein wenig, dass die Diskussion in Deutschland kaum mit Blick auf die Erfahrungen in eben diese Länder geführt wird. Insbesondere wenn der sogenannte Impf-Weltmeister Israel wieder zum Hochrisikogebiet erklärt wird. […]
Tatsächlich stützen Untersuchungen und Ergebnisse mehrerer Studien der letzten Woche nicht die offizielle Einschätzung des RKI und der Regierung, sondern geben Kekulé recht: In Großbritannien betrug unter der Delta-Variante die Rate der Ansteckung von Geimpften 44 Prozent. Eine Studie in den USA kam zu dem Schluss, dass sich unter den Infizierten sogar drei Viertel doppelt Geimpfte befanden. In Israel sind unter den Menschen, die sich im Krankenhaus im kritischen Zustand befinden, knapp 60 Prozent geimpft (Letzteres lässt zwar keinen genauen Aufschluss über das Ausmaß der sogenannten Impfdurchbrüche zu, offenbart aber durchaus, dass das Problem kaum vernachlässigenswerter Natur ist).
Auch für Deutschland gibt es Zahlen. Diese stehen im deutlichen Widerspruch zur Einschätzung des Gesundheitsministers.
Quelle: Telepolis
- Personal kündigt wegen Impfpflicht: Geburtsstation in den USA muss schließen
Zur Eindämmung der Corona-Pandemie setzt US-Präsident Joe Biden auf Anordnungen zur Impfpflicht und zunehmenden Druck auf ungeimpfte Amerikaner. Neue Vorschriften zur Impfung sollen für fast 100 Millionen Beschäftigte der Privatwirtschaft und des Gesundheitswesens gelten, was etwa zwei Drittel aller Beschäftigten in den USA entspricht. Der Demokrat Biden kündigte zudem eine Verschärfung der Impfpflicht für Angestellte des Bundes sowie für alle Auftragnehmer der Regierung an.
“Wir werden geimpfte Mitarbeiter vor ungeimpften Kollegen schützen”, sagte Biden am Donnerstag im Weißen Haus. “Wir werden die Verbreitung von Covid-19 eindämmen, indem wir in Unternehmen überall in Amerika den Anteil der geimpften Beschäftigten erhöhen”, sagte er bei der Vorlage eines Aktionsplans zur Bekämpfung der Pandemie. […]
Sein Aktionsplan sieht außerdem vor, dass Firmen mit mehr als 100 Angestellten vorgeschrieben werden soll, dass alle Mitarbeiter geimpft sein oder sich mindestens ein Mal pro Woche auf eine Infektion mit dem Coronavirus testen lassen müssen. Die Regelung werde derzeit unter Führung des Arbeitsministeriums entwickelt und für rund 80 Millionen Beschäftigte der Privatwirtschaft gelten, erklärte das Weiße Haus.
Zudem sollen künftig alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenhäusern und Einrichtungen des Gesundheitswesens, die Zahlungen der staatlichen Krankenversicherungen annehmen, gegen Corona geimpft sein müssen. Die Regelung werde für rund 17 Millionen Beschäftigte gelten, hieß es. Mehrere Mitarbeiter des Lewis County General Krankenhauses in New York haben wegen der Impfpflicht gekündigt – mindestens sechs davon auf der Entbindungsstation. Sieben weitere seien zudem unentschlossen, wie der Geschäftsführer des Krankenhauses Gerald Cayer auf einer Pressekonferenz mitteilte. Ein sicherer Ablauf könne deshalb nicht mehr gewährleistet werden, wodurch ab dem 24. September keine Babys mehr auf die Welt gebracht werden können. Die Suche nach geimpftem Personal habe derweil bereits begonnen.
Quelle: Nordbayern
Anmerkung JK: Der reale Corona-Irrsinn. Auch in Deutschland gibt es ja Stimmen die eine Impfpflicht mindestens im medizinischen Bereich mit den entsprechenden Konsequenzen befürworten. Hier zeigt sich mit aller Deutlichkeit, dass die Pandemiepolitik jeden realen Bezugsrahmen verloren hat und in ein repressives Hygieneregime umgeschlagen ist. Welchen Effekt sollen denn Entlassungsdrohungen in einem Bereich haben, der sowieso schon unter eklatanten Personalmangel leidet?
- Eine Nacht im Partyviertel von Kopenhagen: So feiert Dänemark nach Aufhebung aller Coronaregeln
Tausende Menschen, die dicht aneinander gedrängt tanzen, Intensivstationen ohne Maskenpflicht – Dänemark hat zum Wochenende auch Sperrstunde und 3-G-Regel verabschiedet. Eine Krisenreportage aus der Normalität.
Quelle: DER SPIEGEL
Anmerkung JK: Vor dem Hintergrund dieser Reportage erkennt man, dass es in Deutschland längst nicht mehr um das Corona-Virus geht. Es geht darum zu testen, wie weit es gelingt das ganze Land einem autoritären Regime zu unterwerfen. Leider muss man festhalten, dass es wieder einmal gelungen ist. Es hat sich gezeigt, dass unter dem dünnen Firnis der Demokratie der Autoritarismus weiter existierte und die politische Elite in Deutschland bei erster Gelegenheit die demokratische Maske hat fallen lassen.
- Die neue Working Class – Wenn Arbeit in die Armut führt
Was haben eine Supermarktverkäuferin, ein Lieferbote und eine Friseurin gemeinsam? Sie sind unentbehrlich in unserer Gesellschaft – aber ihr Lohn ist gering. Das wurde durch die Pandemie deutlich sichtbar. Was die sogenannte Working Class in ihren Jobs verdient, reicht gerade zum Leben. Spätestens im Alter rutschen die Beschäftigten in die Altersarmut.
Quelle: BR
- Gesetzliche Aktienrente: Die Börse soll das Rentenproblem lösen
Die FDP will eine gesetzliche Aktienrente wie in Schweden einführen. Wie realistisch ist die Idee, die Versorgungslücke mit Börsengewinnen zu schließen?
Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Die gesetzliche Rente wäre wieder sicher, das Rentenniveau würde sogar auf mehr als 50 Prozent steigen, die Beiträge würden stabil bleiben. Möglich soll das alles mit einer gesetzlichen Aktienrente werden, wie sie die FDP vorschlägt. Rentenlücke? Die schließt die Börse.
Der Reformbedarf der gesetzlichen Rente ist riesig, und auch das jüngste Rentenpaket aus dem Jahr 2018 macht das bisherige gesetzliche System über das Jahr 2030 hinaus nicht krisenfest. Das Grundproblem – immer weniger Beitragszahlende und immer mehr Leistungsbeziehende – lässt sich kaum lösen.
Schon heute liegt daher das Rentenniveau vor Steuern bei nur noch 49,4 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns. Die meisten Fachleute sind sich einig, dass es ab 2030 dramatisch sinken wird, möglicherweise sogar auf 36 Prozent im Jahr 2060. Zugleich müsste die Höhe der Steuerzuschüsse in die gesetzliche Rentenversicherung weiter steigen. Dabei liegen diese heute schon bei mehr als 100 Milliarden Euro pro Jahr, schon in zwei Jahren müssen es wohl 120 Milliarden Euro sein.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Was von den sogenannten “Qualitätszeitungen” als “ernsthafter Journalismus” verkauft wird, geht teilweise auf keine Kuhhaut – hier wieder mal besonders schlimm. Dass das ganze Konzept der “Aktienrente” von vorneherein nicht funktionieren kann, sieht man doch in weniger als 5 Minuten – warum sieht es die Autorin nicht??? Wenn das Konzept mit der Aktienrente/-rendite so toll und sicher funktionierte, dann doch für alle. Alle würden nur noch ihr Geld an der Börse “arbeiten lassen”, wo es sich ganz von alleine – um 6-8 Prozent pro Jahr!!! – vermehrte, und niemand müsste mehr arbeiten. Insbesondere der Staat als idealer Schuldner könnte jedes Jahr 1 Billion zusätzliche Schulden zu 0% Zinsen aufnehmen und das Geld an der Börse investieren und hätte am Jahresende 70 Milliarden Euro mehr; nicht einmal die FDP hätte Bedenken bei dieser Form der Staatsfinanzierung. Nach 20 Jahren wäre die gesamte Staatsschuld getilgt, und ab da lebten alle Deutsche im Schlaraffenland des börsenfinanzierten Nichtstuns. Wie dumm muss man sein? Ganz am Ende wird dann versteckt erwähnt, dass für die 2 Prozentpunkte vom Rentenbeitrag, den die FDP für die Spekulationsblase abzweigen will, der Staat einspringen muss (irgendjemand muss die Renten zahlen) und dass die Aktienrente in Schweden und die kapitalmarktgedeckte Betriebsrente in den Niederlanden – was für ein zynischer Witz – mehrfach (!!!) vom Staat gerettet wurde und die Überlegungen dort zurück zur Umlage gehen. Keinen Gedanken verschwendet die Autorin daran, dass die Rente durch höhere Rentenbeiträge erhöht werden kann, kein Hinweis auf das sehr gute österreichische System. Das I-Tüpfelchen auf dem Artikel ist die übliche Falschbehauptung, die gesetzliche Rente würde aus Steuermitteln subventioniert, wenn doch in Wahrheit der Staat die zusätzlichen Lasten, die der Umlagerente aufgebürdet wurden, nur teilweise erstattet. Zum Haareraufen.
dazu auch: Video – in Sachen Renten von Österreich oder von Schweden lernen?
Quelle: Seniorenaufstand
und: Eine Rente ohne Armut
Sicherheit für alle im Alter, das wünschen sich vor dieser Wahl viele. Möglich ist das durchaus – mit einem Systemwechsel
Was soll nach dieser Wahl angegangen werden? In einer der vielen Umfragen nannten Befragte jüngst „die“ Rente als oberste Priorität, mit Abstand. Die Leute haben ein Gespür für die wirklich großen Baustellen des Landes. Aber die meisten Parteien machen keine konkreten Vorschläge, was denn nun anders werden soll.
Quelle: Stefan Sell in der Freitag
- Von einem Kellner mit Leistungskürzung, weil er eine kostenlose Mahlzeit bei der Arbeit hätte essen können, zu den „Aufstockern“ im Hartz IV-System allgemein
Aus dem ganz eigenen Hartz IV-Universum, in dem sich Millionen Menschen bewegen müssen, kommen tonnenweise Urteile der Sozialgerichtsbarkeit. Entscheidungen wie diese: »Einem als Hartz-IV-Aufstocker staatlich unterstützten Berliner Kellner darf die Unterstützung gekürzt werden, weil ihn sein Arbeitgeber an jedem Arbeitstag mit Essen versorgt.« Das hat das Bundessozialgericht in Kassel entschieden und wies damit die Revision gegen eine entsprechende Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zurück. »Demnach stellt das im Arbeitsvertrag zugesicherte Essen des Kellners ein Einkommen dar. Dieses dürfe folglich bei der Berechnung der Hartz-IV-Leistungen mit berücksichtigt werden. Der sogenannte geldwerte Vorteil liegt demnach auch dann vor, wenn der Hartz-IV-Bezieher das bereitgestellte Essen gar nicht in Anspruch nimmt.«
Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
- Gerichtsurteil: Uber muss Fahrer in den Niederlanden fest anstellen
Der Fahrdienst muss eine weitere Niederlage einstecken. Die Richter urteilten, die Selbstständigkeit der Fahrer bestehe „nur auf dem Papier“. Durch die Algorithmen der App habe Uber eine „moderne Arbeitgeber-Autorität“.
Der Mobilitätsdienst Uber muss in den Niederlanden nach einem Gerichtsurteil seine Fahrer fest anstellen. Die Selbstständigkeit der Fahrer bestehe „nur auf dem Papier“, daher fielen sie unter den Tarifvertrag für Taxifahrer, urteilte ein Gericht in Amsterdam am Montag und gab damit dem Gewerkschaftsbund FNV recht. „Die rechtliche Beziehung zwischen Uber und den Fahrern erfüllt alle Merkmale eines Arbeitsvertrages.“
Das Gericht sah deutliche Beweise für eine „moderne Arbeitgeber-Autorität“. Die Fahrer seien abhängig von den Algorithmen der App, er dürfe auch nur wenige Fahrten ablehnen, und das Unternehmen entscheide über den Fahrpreis.
Der FNV hatte Uber verklagt und von einer Scheinselbstständigkeit gesprochen. Das Urteil ist nach Auffassung des FNV ein „wichtiges Signal gegen die Scheinselbstständigkeit“. Das Unternehmen hatte aber erklärt, dass die Fahrer, die die App nutzen, selbstständige Unternehmer seien. Uber kündigte Berufung gegen das Urteil an.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Eigentlich ein logisches Urteil: die Fahrer arbeiten im Wesentlichen weisungsgebunden und unter den Arbeitsbedingungen, die Uber vorgibt – das damit der Arbeitgeber ist. Damit wird Uber einfach zu einer weiteren Mietwagen- oder Taxifirma neben vielen anderen, halt (noch) ein bisschen ausbeuterischer als die anderen. Aber der Nimbus der hippen, modernen Tech-Firma aus dem Silicon Valley ist (hoffentlich) endlich dahin: Taxis gibt es seit über 100 Jahren.
- Besatzungsökonomie ohne Besatzer
Nach dem Abzug des Westens aus Afghanistan suchen die Vereinten Nationen die Bevölkerung des Landes mit dem Nötigsten zu versorgen. Eine UN-Geberkonferenz in Genf konnte am gestrigen Montag Hilfszusagen von mehr als einer Milliarde US-Dollar einwerben; die Bundesrepublik stellte 100 Millionen Euro in Aussicht. Hintergrund ist, dass es dem Westen während der 20-jährigen Besatzungszeit nicht gelungen ist, die afghanische Wirtschaft aufzubauen: Sie blieb von umfangreichen Zahlungen aus dem Ausland abhängig, die bestimmte Sektoren aufblähten – etwa Dienstleistungen für westliches und Regierungspersonal -, aber nicht für den Aufbau einer auch nur annähernd eigenständigen Produktion sorgten. Während korrupte Regierungsfunktionäre unter den Augen des Westens Milliardensummen nach Dubai schleusten, verarmte die Bevölkerung zusehends; bereits vor dem Abzug des Westens war gut die Hälfte der Afghanen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Dass die Hilfsgelder nach der Machtübernahme der Taliban nicht mehr fließen und die USA Sanktionen in Kraft gesetzt haben, versetzt der afghanischen Wirtschaft den Todesstoß.
Quelle: German Foreign Policy
- Fruchtbarer Boden für Jihadisten
20 Jahre nach dem 11. September 2001 bleibt die Rolle Saudi-Arabiens, eines der engsten Verbündeten Deutschlands am Persischen Golf, bei der Vorbereitung der damaligen Anschläge ungeklärt. Unter wachsendem Druck von Angehörigen der Opfer, die sich gerichtlich um Aufklärung bemühen, hat US-Präsident Joe Biden angekündigt, eine Reihe von Dokumenten zu veröffentlichen, die Aufschlüsse geben sollen, ob und inwieweit saudische Stellen die Attentäter unterstützten. Das erste, am Wochenende publizierte Papier liefert keine entscheidenden Informationen. Die US-Regierung behindert die Aufklärung seit Jahren. Inzwischen liegen jedoch Hinweise vor, denen zufolge ein Mitarbeiter der saudischen Botschaft in Washington weitere saudische Staatsangestellte mit der Betreuung zweier Attentäter beauftragte. In den 1980er Jahren förderten Riad und Washington gemeinsam Jihadisten in Afghanistan, darunter Usama bin Ladin; beteiligt war auch Bonn. Nach Recherchen der US-Opferanwälte hat auch die Botschaft Saudi-Arabiens in Bonn bzw. Berlin bis 2001 Al Qaida-Strukturen unterstützt.
Quelle: German Foreign Policy
- Koalitionsbildung: Warum nicht eine Minderheitsregierung?
Lieber zwei Parteien plus X als ein zurechtgebogenes Dreierbündnis: Minderheitsregierungen haben einen schlechten Ruf. Dabei würden sie perfekt in die Zeit passen.
Erstmals in der deutschen Geschichte könnte es sein, dass keine zwei Parteien nach der Bundestagswahl zusammen eine Mehrheit haben. Wie sollte die Politik damit umgehen? Der Politikwissenschaftler Michael Koß schlägt eine Minderheitsregierung vor.
Im Wahlkampf ist jetzt wohl die Zeit der Ausschlussforderungen angebrochen. Als Faustregel gilt: Je schlechter eine Partei dasteht, desto energischer fordert sie ihre Mitbewerber auf, bestimmte Koalitionen auszuschließen. Die abgestürzte Union verlangt so nicht nur von der SPD, der Linken eine Absage zu erteilen, sondern auch von der FDP, ein Bündnis mit der SPD auszuschließen. Noch eine Woche sinkender Umfragewerte und Armin Laschet fordert ultimativ die Selbstauflösung der Grünen. Man könnte dies im kalauernden Tonfall verhandeln, wenn hinter den Ausschlussforderungen nicht politische Dynamiken lägen, die dem Land nach der Wahl am 26. September noch gehörig zu schaffen machen werden.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Diskussion ist wenig originell; die Idee einer Minderheitsregierung wurde schon nach der BTW 2013 aufgebracht, als die Union knapp unter der Hälfte der Mandate errungen hatte, die SPD sich (angeblich) gegen eine neue GroKo sträubte und Grüne und Linke für die Union nicht in Frage kamen. Und der Autor stellt schon die richtigen Fragen zur Praktikabilität: “Wie soll man gleichzeitig mit der FDP sparen und mit der Linken umverteilen?” Vor allem, wo die FDP gerade nicht sparen, sondern den Staat durch noch mehr Steuergeschenke plündern und noch härter von unten nach oben umverteilen will…. Und warum sollten beispielsweise die FDP und die Linke so dumm sein, sich jeweils in ihrem Feld als Mehrheitsbeschaffer missbrauchen zu lassen, wenn gleichzeitig am anderen Ende die gegenteilige Politik gemacht werden würde… Im Übrigen wäre die Beschlussfassung über den Haushalt der Lackmustest: die FDP mag Steuersenkungen für Reiche, die Linke mehr Geld für Soziales; aber keine von beiden Parteien wird dem jeweils anderen Plan zustimmen. Dann bliebe die Union als de facto dritter Koalitionspartner.
- Laschets Sofortprogramm: Höheres Kindergeld und mehr Überwachungskameras
Endspurt im Wahlkampf: Armin Laschet bekommt Unterstützung von Angela Merkel. Er konkretisiert sein Wahlprogramm – und attackiert seinen Konkurrenten Olaf Scholz.
Angesichts eines nach wir vor hohen Umfragevorsprungs der SPD vor der Union nur zwei Wochen vor der Bundestagswahl will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich noch mehr als bislang in den Wahlkampf einschalten. Der Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitzende Armin Laschet teilte am Montag nach einer Präsidiumssitzung der CDU in Berlin mit, es werde sowohl in Merkels Wahlkreis in Stralsund als auch in seinem Wahlkreis in Aachen einen gemeinsamen Auftritt geben. „Die Bundeskanzlerin greift in den Wahlkampf ein, das ist ein gutes Signal“, äußerte Laschet. Zudem kündigte er an, er werde in Bayern auftreten, die Abschlusskundgebung des Wahlkampfes ist ohnehin schon seit längerem dort geplant.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Also ein Patchwork mit den Schwerpunkten Soziales (Familien), Sicherheit, Klimaschutz, “Entbürokratisierung”, erkennbar ein Last-Minute-Verzweiflungspapier. Nur: warum veröffentlicht die Union, die seit 16 Jahren immer die stärkste Fraktion im Bundestag und die Regierungschefin gestellt hat, ein “Sofortprogramm”? Wenn die aufgezählten Dinge der Union wichtig sind, warum sind sie dann nicht in 16 langen Jahren oder wenigstens in der letzten Legislaturperiode schon längst umgesetzt worden? Der Koalitionspartner SPD hätte sicher nichts gegen mehr Soziales oder mehr Umweltschutz gehabt, und die SPD ist auch immer gerne behilflich, wenn durch mehr Überwachungskameras Datenschutz und Privatsphäre wieder etwas mehr ausgehöhlt werden. Sofortprogramme können von der Opposition kommen, wenn sie die schlimmsten Fehler der alten Regierung korrigieren will (jeweils in der eigenen Wahrnehmung); aber was soll ein Sofortprogramm der Dauerregierungspartei???
- Vernebelte Glaskugel
Wahlumfragen haben ein verheimlichtes Genauigkeitsproblem. Ein Plädoyer für mehr Transparenz
SPD im Aufwind, CDU verliert an Boden? Kurz vor der Wahl alarmieren Umfragen wieder einmal Politik und Wahlvolk. Gewiss sprechen solche Zahlen für etwas. Doch sollte die Kirche im Dorf bleiben: Anteilswerte sind in Umfragen mit freiwilliger Teilnahme fast nie verlässlich zu ermitteln. Und auch auf die angegebenen Unsicherheitsbereiche ist kaum Verlass.
Zwar lässt sich in Methoden-Berichten der Wahlforschung Kleingedrucktes zu den Prozenten lesen. Doch eine Schlüsselfrage bleibt offen: Wie groß ist der Anteil der Personen in einer Stichprobe, die tatsächlich ein Interview beantworten? Diese „Ausschöpfungsquote“ wird heute von allen Instituten unter Verschluss gehalten. Das renommierte US-Institut Pew berichtet für 2018 einen drastischen Rückgang dieser Quote auf nur noch sechs Prozent. Und auch hierzulande dürften weit mehr als 90 Prozent der ausgelosten Personen einer Stichprobe dann nicht an den Befragungen teilnehmen.
Quelle: der Freitag