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- So humanitär endet die Intervention
Die Prioritäten beim Rückzug aus Kabul machen offensichtlich, was jeder ahnen konnte: Bei der Militärintervention ging es nie um die Rechte der Menschen in Afghanistan. Der Westen hat seine Verbündeten verraten.
(…) Lokale Verbündete sind den westlichen Regierungen und Militärs in diesem Moment vollkommen egal – es gilt auch heute, was die letzten Jahrzehnte immer galt: Menschliches Leben in Afghanistan ist für sie wertlos und entbehrlich.
Wer unter diesen Umständen versucht, aus dem Land zu fliehen, tut dies nicht aus Kalkül und nicht aus vielschichtigen Motiven: Die Ortskräfte, die es jetzt nicht aus dem Land schaffen, erwarten Folter und Tod, weil ihre Assoziation mit den westlichen Besatzern entweder allgemein bekannt ist oder schnell auffliegen wird. Auch jene Menschen, die nicht aktiv mit dem Westen kooperiert, sondern sich lediglich offen dem Islamismus entgegengestellt haben, etwa Feministinnen, müssen um ihr Leben fürchten. Es gibt für sie kein Versteck und keine Anonymität.
Wenn diesen politisch Verfolgten in Deutschland und Europa kein Recht auf Asyl gewährt wird, kann man sich das Feigenblatt des Asylrechts auch ganz sparen…
Über die Zeit der langen Besatzung kam man in Washington zu dem Schluss, dass eine Militärpräsenz in Afghanistan nicht mehr notwendig sei. Luftschläge gegen Terrorgruppen, die in den Verdacht geraten, der westlichen Welt gefährlich zu werden, lassen sich heute per Drohne und Fernüberwachung aus tausenden Kilometern Distanz durchführen. Davon abgesehen sei es die Sache einfach nicht mehr wert: Öl und seltene Erden findet man anderswo billiger.
Niemand weiß, was ohne die Destabilisierungskampagne der USA in den 1980er Jahren aus Afghanistan geworden wäre. Doch der Westen entschied sich zur Einmischung und trägt nun die Verantwortung für die vielen Opfer der Terrorgruppen, die das Land seither beherrschen. Und er trägt sie auch noch in Zukunft, nachdem er sich nun unter so schändlichen Umständen aus dem Staub gemacht hat und das Land wieder der Herrschaft reaktionärer Islamisten überlässt.
(…) Die einzige Hoffnung für Afghanistan selbst besteht jetzt darin, dass die Menschen dort der Taliban irgendwann so überdrüssig werden, dass sie sich revolutionär gegen sie erheben. Aber das ist eine reine Wunschvorstellung – es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass dies in noch so ferner Zukunft passieren könnte. Wahrscheinlicher wird dieses Wunder nur durch Internationalismus und Solidarität, nicht durch die Präsenz westlicher Truppen…
Wir sollten nicht der Versuchung des liberalen Interventionismus erliegen und die eine moralisch korrekte Antwort auf alle Probleme Afghanistans suchen. Eine solche Lösung gibt es nicht. Afghanistan war nicht von vornherein dazu verdammt, von islamistischen Terrorgruppen regiert zu werden. Die Politik des Westens hat nun aber zu einer Situation geführt, in der es außer unserer Macht steht, dies zu verhindern. Doch den fliehenden Menschen können wir helfen und für Afghanistan endlich das offensichtlich Richtige tun und dabei das offensichtlich Falsche lassen. Es wäre ein bescheidener Anfang.
Quelle: Jacobin
Dazu: Borrell, von der Leyen, Maas: So falsch lagen die EU-Politiker in Afghanistan
Das Debakel in Afghanistan fällt vor allem auf die USA und die Nato zurück. Doch auch EU-Politiker haben sich blamiert. Außenvertreter Borrell, Ex-Verteidigungsministerin von der Leyen und Außenminister Maas lagen mit ihren Einschätzungen immer wieder falsch – bis zuletzt.
Hier einige markante Zitate. Sie sprechen für sich…
“Die Lage hat sich insofern verbessert, als es heute die afghanischen Sicherheitskräfte sind, die selbstständig für den Schutz der Bevölkerung hier sorgen müssen.” Von der Leyen am 18.12.2018 (damals noch deutsche Verteidigungsministerin)
“Seit 2001 hat Deutschland für humanitäre Hilfe, für wirtschaftliche Entwicklung und für den Wiederaufbau dieses Landes über vier Milliarden Euro eingesetzt. Wir sind der festen Überzeugung, das ist gut eingesetztes Geld.” Von der Leyen am 21. Februar 2019 im Bundestag
„Mit Blick auf die Zukunft setzen wir darauf, dass die Taliban verstanden haben, dass die Konflikte in Afghanistan politisch gelöst werden müssen und es nie eine militärische Lösung geben wird.“ Außenminister Maas Ende April 2021
„All diese Fragen haben ja zur Grundlage, dass in wenigen Wochen die Taliban das Zepter in Afghanistan in der Hand haben werden. Das ist nicht die Grundlage meiner Annahmen.“ Außenminister Maas am 9.6.2021 im Bundestag
Die interessante Frage ist nun, ob diese Fehleinschätzungen irgendwelche Konsequenzen haben. Werden unsere EU-Politiker ihre Fehler eingestehen und ihre allzu Amerika- und Nato-treue Politik ändern? Werden sie ihren Rücktritt anbieten?
Oder werden sie sich weiter als tatkräftige Krisenmanager präsentieren und “den Westen” preisen – wie immer?…
Quelle: Lost in europe
Dazu: Flucht aus Kabul und Deutschlands „Verantwortung“
Seit Sonntag, dem 15. August 2021, spielen sich auf dem Flughafen von Kabul dramatische Szenen ab. Das NATO-Militär hat den zivilen Luftverkehr eingestellt und setzt die oberste Priorität auf die Evakuierung der eigenen Botschaftsangehörigen. Davon, dass die US-Streitkräfte die „Kontrolle“ übernommen hätten, kann aber eigentlich keine Rede sein. Menschengruppen rennen über die Start- und Landebahn und werden von US-Kampfhubschraubern im Tiefflug vertrieben, Einzelne klammern sich verzweifelt an abhebenden Maschinen fest. Auch aus Deutschland wurden Militärtransporter auf den Weg nach Kabul geschickt, um Angehörige der deutschen Botschaft, anderer Ministerien und von NGOs zu evakuieren. Abgesichert werden soll das durch Fallschirmjäger der Division Schnelle Kräfte und Feldjäger der Bundeswehr. Es ist davon auszugehen, dass auch Angehörige des Kommandos Spezialkräfte nach Kabul verlegt werden oder bereits vor Ort sind. Die deutschen Militärs werden kaum umhin kommen, mitzuentscheiden und womöglich auch mit Waffengewalt durchzusetzen, wer mitfliegen darf und wer nicht. Auf anderer Ebene geschieht dies bereits durch die Sperrung des Luftraums für den zivilen Luftverkehr, weshalb alle Linienflüge vorerst ausgesetzt sind bzw. umgeleitet werden. Wer jetzt noch aus Kabul raus will, muss an Bord eines NATO-Militärflugzeuges gelassen werden. Auf Twitter finden sich Videos von Menschen, die sich auf der Gangway des vorerst letzten Flugzeuges drängen, das Kabul nach Indien verlassen sollte…
Quelle: IMI
- Soziologe El-Mafaalani bezeichnet Verhalten der afghanischen Soldaten als „hochrational“
[…] Der Professor von der Universität Osnabrück argumentierte, die afghanische Armee habe die Taliban auch gemeinsam mit der Nato nicht beherrschen können. Niemals hätten beide zusammen mehr als die Hälfte des Landes kontrolliert, führte er in den Sozialen Medien aus. Zugleich hätten Militär und Polizei in Afghanistan Zehntausende Todesopfer im Kampf gegen die islamistischen Milizen zu verzeichnen. Vor diesem Hintergrund sei dann der plötzliche Abzug der Nato erfolgt – „nachts, ohne Plan und Übergabe“. Dazu erkläre die Nato offen, dass das afghanische Militär schwach sei und allenfalls einige Monate gegen die Taliban standhalte. Angesichts dieser Ausgangslage stelle sich die Frage, was vernünftiger als aufzugeben sei?
Quelle: Deutschlandfunk
- “Wir werden mit ihnen reden müssen”
Nach einem Krisentreffen der EU-Außenminister zur Situation in Afghanistan steht fest: Die EU will Gespräche mit den Taliban führen. Dafür nannte sie allerdings Bedingungen – etwa die Wahrung von Grundrechten.
Quelle: Tagesschau.de
Anmerkung Jens Berger: Seit wann nennt der Verlierer eines Krieges Vorbedingungen für Gespräche mit dem Gewinner?
- Merkel muß gehen. Sofort.
In Afghanistan hat Merkel ihr wahres Gesicht gezeigt. Was diese Bundeskanzlerin in Kabul zu verantworten hat, verlangt das Maximum an Verkommenheit, zu dem ein Mensch nur fähig sein kann: andere aus persönlicher Eitelkeit dem sicheren Tod zu überlassen. Afghanen, die als sogenannte „Ortskräfte“ über Jahre hinweg für unsere Soldaten ihr Leben riskierten, wurden von Merkel und ihren Mittätern aus keinen anderen als wahltaktischen Erwägungen verraten. Seit langem wussten die Kanzlerin und ihre Mittäter am Kabinettstisch, was ihre Pflicht gegenüber diesen Menschen gewesen wäre, die zuvor das Leben vieler unserer Soldaten retteten. Ihrer Pflicht, Menschenleben zu schützen, sind unsere Entscheider wissentlich und willentlich nicht nachgekommen. Aller Wahrscheinlichkeit nach, um ihre Chancen bei der Bundestagswahl im September nicht mit der voraussichtlich unpopulären Aufnahme „afghanischer Flüchtlinge“ zu belasten. Dieses Verbrechen muss Konsequenzen haben. Sofort. […]
Quelle: Paul Brandenburg
- „DB und EVG versuchen mit allen Mitteln, den Aufstieg der GDL zu verhindern“
Der führende deutsche Bahn-Experte Professor Christian Böttger (HTW Berlin) nimmt im krass & konkret-Interview die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) und ihren Streik gegen überzogene Kritik in Schutz…
Die EVG, die Konkurrenz-Gewerkschaft der GDL, behauptet, es gehe im aktuellen Streik gar nicht um Tarifforderungen, sondern nur um einen Machtkampf. Ist der Streik deshalb unberechtigt? Geht es nicht in gesellschaftlichen Verteilungskämpfen immer um Macht?
Christian Böttger: In erster Linie ist es ein „regulärer“ Tarifkonflikt nach Auslaufen des alten Tarifvertrages. Aber vor dem Hintergrund des Tarifeinheitsgesetzes hat dieser Arbeitskampf eine besondere Bedeutung: Mit dem Tarifeinheitsgesetz wollten Politik und DGB-Gewerkschaften den Einfluss kleiner Gewerkschaften beschneiden, das hat im Fall der DB AG nicht funktioniert. Aufgrund der handwerklichen Schwächen des Gesetzes führen jetzt die EVG und die GDL einen noch härteren Kampf um Macht und Einfluss.
Auch kam am Donnerstag der etwas kuriose Vorwurf der EVG, es gehe um einen „politischen Arbeitskampf”. Ist aber nicht die Bahn an sich ein Politikum? Und auch zehn Euro mehr oder weniger für einen Arbeitnehmer können sehr politisch sein …
Christian Böttger: In der Tat sind die Forderungen der GDL keineswegs besonders hoch oder würden die DB AG unangemessen belasten. Die politische Dimension ergibt sich für die DB AG und die EVG. Nach der Bundestagswahl stehen Reformen bei der Bahn an. Das DB Management möchte solche Reformen verhindern, die EVG ist in dem Kampf gegen Reformen ein wichtiger Verbündeter und wird entsprechend gehätschelt. Wenn die DB AG jetzt mit der GDL einen für die Mitarbeiter günstigeren Tarifvertrag abschließt, wird die EVG weiter geschwächt und die reformfreudige GDL, wäre gestärkt. Deshalb will die DB AG der GDL nicht entgegenkommen.
Wird hier indirekt durch die EVG und den DGB versucht, das Streikrecht zu untergraben?
Christian Böttger: Einerseits ist Deutschland in den letzten Jahrzehnten mit den Einheitsgewerkschaften, vor allem in der Industrie, gut gefahren… Die GDL ist aber inzwischen keine Sparten-Gewerkschaft mehr, sondern vertritt in etlichen der großen operativen DB-Gesellschaften die Mehrheit der Beschäftigten. Ich sehe nicht, daß das Streikrecht untergraben wird, aber DB AG und EVG versuchen mit allen Mitteln, den Aufstieg der GDL zu stoppen.
Wie bewerten Sie denn generell die Stellung der EVG? Die GDL wirft ihr große Nähe zum DB-Management vor …
Christian Böttger: In der Tat pflegt die EVG ein sehr gutes Verhältnis zum DB–Management. Viele EVG-Funktionäre wechseln im lukrative Managementpositionen. Die EVG unterstützt in politischen Debatten weitgehend die Positionen des DB Managements und hat gute Drähte in die Politik. In den aktuellen Debatten zu Reformen im DB Konzern steht die EVG fest an der Seite des DB Managements. Insofern ist der Vorwurf der GDL gut nachvollziehbar…
Quelle: Buchkomplizen
Dazu: „Zug fällt heute aus“: ARD hetzt gegen Gewerkschaft
Hamburg 12.8.21, 20:00 Uhr. Die Tagesschau Hauptausgabe sagt uns höflich ‚Guten Abend‘, aber der Sprecher wird überstrahlt von dreimal „Zug fällt heute aus“ neben ihm. Der Tenor der ARD-Streikberichterstattung: Die Menschen leiden unter kriminellen Gewerkschaftern, deren perverse Machtpolitik nichts mit Tarifpolitik zu tun hat. Sogenannte „politische Streiks“ sind hierzulande verboten (ein Nachhall aus dem Nazi-Reich) und die ARD feuert aus allen Propagandarohren, um den Bahnstreik als verboten hinzustellen. Die Leiden der Bahnkunden unter vollen Zugabteilen wurden herausgestrichen. Einen Tag später folgte der staatsnahe Rundfunk der Propagandalinie des Bahn-Managements: Der Streik sei gescheitert, zu wenige Lokführer hätten mitgemacht, hört man im DLF. Staatssender ARD dackelte treu hinter seiner Regierung her: Merkels Bahnbeauftragter Ferlemann (CDU) hat unisono mit der Kapitalseite die GDL bezichtigt, einen „illegalen politischen Streik“ zu führen (jw). Die bei den Bahnchefs beliebtere, weil lahme Gegen-Gewerkschaft EVG fällt den Kollegen von der GDL in den Rücken und bläst ins selbe Horn.
(…) Fazit: Antigewerkschaftliches Framing durch Tendenzberichte
Es war eine zutiefst tendenziöse Darstellung, geeignet, Hass auf die Gewerkschaft zu schüren. Wichtige Fakten über den skandalösen Missbrauch der Ideologie des „verbotenen politischen Streiks“ und ihre faschistoiden Hintergründe wurden verschwiegen, die wahren Anliegen der Streikenden vertuscht: Ihre Betriebsrente zu verteidigen gegen ein trotz Minus-Rekorden raffgierig Boni scheffelndes Bahnmanagement. Die ARD stellt sich mit aller Propagandamacht vor die in Geld schwimmenden Bosse der Bahn -man hätte ja auch einen detaillierten Bericht über die Einkommensstruktur von Bahnvorstand und Aufsichtsrat bringen können. Die Ideologie vom verbotenen politischen Streik wird als Propagandafigur ausgereizt und mit der tarifrechtlich bedingten Konkurrenz der Gewerkschaften auf absurde Weise vermengt…
Quelle: Gewerkschaftsforum
- Nicht alles, was nicht verboten ist, ist erlaubt
Der Drahtzieher der Cum-Ex-Geschäfte, Hanno Berger, sitzt in Untersuchungshaft. Vorwurf in der BRD: kriminelle Steuerhinterziehung…
(…) Der Cum-Ex-Skandal beschädigt den Ruf der Banken. Die Berufung auf Steuerlücken tönt hohl. Die Schlaumeier übersehen: Wer die gleiche Forderung zweimal geltend macht, wohlwissend, dass die Gegenseite dies nicht realisiert, handelt nicht wie ein ehrbarer Kaufmann. Wer darüber hinaus sogar ein raffiniertes Geschäftsmodell entwickelt, um Vater Staat übers Ohr zu hauen, gehört erst recht nicht zu einer ehrbaren Zunft…
Die Abzockerei geht weiter – trotz Minder- Abstimmung
Die Schere zwischen Arm und Reich war weltweit noch nie so weit offen. Da könnte man sagen: Ja und, was soll’s? Aber leider steht die Finanzwelt im Verbund mit Kräften, die aus reiner Geldgier gezielt und planmässig den Fiskus hintergehen, was nicht nur die Klimajugend auf die Palmen treiben sollte. Es geht nicht darum, ob ein Land ein paar «Fränkli» mehr oder weniger im Staatssäckel hat, sondern um planmässiges unanständiges Verhalten.
In der Finanzwelt hat sich in den letzten Jahren, wie ein enger Kenner behauptet, unanständiges Verhalten «systemisch» eingenistet. Das heisst, es wird als solches nicht einmal erkannt und wahrgenommen. Dieses Verhalten beschränkt sich nicht nur auf die Finanzwelt. Social Media, Big Tech, auch unser Bundesparlament scheinen in einer Sackgasse zu stehen. Sonst wären die Absichten von Ständerat Thomas Minder mit seiner erfolgreichen Volksinitiative gegen «Abzockerei» nicht ins Gegenteil verkehrt worden. Die »Abzockerei» geht fröhlich weiter.
Damit kommen wir zurück auf Hanno Berger. Er behauptet, im liberalen Rechtsstaat sei alles erlaubt, was nicht verboten ist. Der Bürger müsse nicht in vorauseilendem Gehorsam antizipieren, was der Gesetzgeber hätte regeln sollen.
Mit dieser extremen These macht Berger den Liberalismus zum Komplizen jeglichen unanständigen Verhaltens. Vorschriften und Gesetze können nicht alle Fälle unanständigen Verhaltens abdecken. Das schweizerische Zivilgesetzbuch weist auf den Grundsatz von Treu und Glauben hin. Dieser Grundsatz bedarf einer moralischen Richtschnur…
Quelle: infosperber
- “Wir haben nur eine Chance”
Corona: Ein Mann infiziert sich, ein Land geht in den Lockdown
WELLINGTON – Eine Person infiziert sich mit Corona. Das passiert in Deutschland, rechnet man mit der Fallzahl vom 17. August 2020, durchschnittlich alle 19,4 Sekunden – und in Neuseeland, zumindest was die einheimischen Ansteckungen angeht, zum ersten Mal seit einem halben Jahr. Für die Coronastrategie der Kiwis genügt der Fall als Auslöser eines Lockdowns für das gesamte Land…
Ein ungeimpfter 58-Jähriger aus einem Vorort von Auckland wurde positiv getestet. Er gilt seit dem 12. August als ansteckend und hat sich in diesem Zeitraum laut den Behörden an 23 Orten in Neuseeland aufgehalten. Das zuständige Amt gehe bei der Infektion des Mannes von der Delta-Variante aus, teilte Premierministerin Jacinda Ardern mit.
Entsprechend zog die Politikerin der New Zealand Labour Party scharfe Konsequenzen: Der komplette Inselstaat geht für drei Tage, Auckland und die benachbarte Region Coromandel gar für sieben Tage in den harten Lockdown. Für die rund fünf Millionen Einwohner, die mit einer Warn-SMS über die Lage informiert wurden, bedeutet das konkret: Nur Spaziergänge, Einkaufen, Sport wie Joggen und Arztbesuche sind vorübergehend erlaubt. Jeder ist angehalten, zuhause zu bleiben. Schulen, Büros und die meisten Geschäfte müssen laut der Nachrichtenagentur Reuters schließen….
Quelle: Nordbayern
Anmerkung Jens Berger: Absurd. Will Neuseeland sich jetzt für den Rest der Geschichte vom Rest der Welt isolieren? Auch China verfolgt immer noch seine desströse No-Covid-Strategie und gefährdet damit mittlerweile sogar die Weltwirtschaft …
China: Die Kosten einer virusfreien Zone
[…] In der Nacht auf Mittwoch fiel der Covid-Test eines Hafenarbeiters in Ningbo überraschend positiv aus. Gesundheitlich bestand für den 34-Jährigen zu keinem Zeitpunkt ernsthafte Gefahr: Der Mann war bereits doppelt mit dem chinesischen Sinovac-Vakzin geimpft und zeigte zudem keinerlei Symptome. Doch für die rigide „Zero Covid“-Strategie der chinesischen Regierung löste er eine existenzielle Krise aus: Noch vor dem Morgengrauen, um 3:30 Ortszeit, schlossen die Behörden den gesamten Meishan-Terminal inklusive angeschlossenem Zolllager auf unbestimmte Zeit. […]
Die absolute Zahl an Ansteckungen ist mit etwas mehr als 1300 Fällen immer noch verschwindend gering, doch jeder einzelne von ihnen löst in China unweigerlich einen extrem kostspieligen Lockdown aus: Im Pekinger Bezirk Wangjing siegelten die Behörden aufgrund eines einzigen Infizierten eine gesamte Wohnsiedlung mit 26 Apartmenttürmen ab. Und im Containerhafen von Ningbo – immerhin der weltweit größte seiner Art – wurde ein ganzer Terminal geschlossen.
Das ökonomisch kostspielige Katz-und-Maus-Spiel gegen das Virus wird auf absehbare Zeit weitergehen: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die nächsten Häfen, Fabriken und möglicherweise erneut ganze Städte dichtmachen müssen.
Quelle: RND
- “Am härtesten trifft Covid-19 die Immun- und die Finanzschwächsten”
Der Politikwissenschaftler und Ungleichheitsforscher Christoph Butterwegge über die sozialen Folgen der Corona-Pandemie, den Neoliberalismus und Inzidenzzahlen in Villenvierteln
Herr Butterwegge, ist Sars-CoV-2 ein “Ungleichheitsvirus”, wie mitunter zu lesen war?
Christoph Butterwegge: Ganz und gar nicht. Bei diesem Begriff handelt es sich um eine biologistische Fehlinterpretation, die kritisch hinterfragt werden sollte. Sars-CoV-2 behandelt nämlich prinzipiell alle Menschen gleich, ist aber weder der “Große Gleichmacher” (Andrew Cuomo, Ex-Gouverneur von New York) noch ein “Ungleichheitsvirus”, von dem selbst die internationale Hilfs- und Entwicklungsorganisation (Oxfam) spricht…
Christoph Butterwegge: CDU, CSU und SPD haben sich bei der Mittelvergabe am Leistungsprinzip, nicht am Bedarfsprinzip orientiert. Es wurde kaum gefragt, wie hart die Pandemie selbst, die staatlichen Infektionsschutzmaßnahmen und die dadurch mitbedingte Rezession eine Bevölkerungsgruppe trafen oder wie viel diese zum (Über-)Leben brauchte, sondern eher, was sie für den “Wirtschaftsstandort” leistet.
Und da gemäß der neoliberalen Standortlogik erfolgreiche Unternehmer als die Hauptleistungsträger und Arme als Faulenzer, Drückeberger oder Sozialschmarotzer gelten, war klar, wer durch Finanzhilfen, Kredite und Bürgschaften unterstützt wurde und wer noch nicht einmal einen Ernährungszuschlag auf seine Transferleistung erhielt, obwohl die Lebensmitteltafeln im Lockdown geschlossen, die Regale mit preiswerten Lebensmitteln leergekauft und Masken ebenso wie Desinfektionsmittel teuer waren….
Wird die Corona-Krise zur nachhaltigen Sozialkrise?
Christoph Butterwegge: Das hängt im Wesentlichen davon ab, wer die Kosten der Pandemie und der Staatshilfen trägt oder präziser ausgedrückt: wem man sie aufbürdet. Es gibt im Wesentlichen drei Finanzierungsmöglichkeiten: Erstens kann sich der Staat höher verschulden und die unsinnige Schuldenbremse dauerhaft aussetzen.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Sozialstaat zur Ader zu lassen. Das würde in erster Linie die Armen und solche Kommunen treffen, die bereits überschuldet sind. Sie erleiden Ausfälle bei der Gewerbesteuer und müssen zugleich höhere Ausgaben im sozialen Bereich schultern.
Schließlich kann man Spitzenverdiener, Kapitaleigentümer und Hochvermögende wieder stärker zur Kasse bitten, wofür ich plädiere.
Wenn ich mir die Wahlprogramme der bürgerlichen Parteien anschaue, graust es mich allerdings. CDU, CSU und FDP erinnern an den Baron von Münchhausen, weil sie sich am eigenen Schopf aus dem Schuldensumpf ziehen wollen: Da sollen Bürger und Unternehmen steuerlich entlastet, die Ausgaben für Rüstung, Forschung und Entwicklung, aber auch den Klimaschutz erhöht sowie neuerlich die “schwarze Null” als Ziel für den Staatshaushalt in Kraft gesetzt werden.
Das ist wahrlich ein absurdes Konzept, das der finanzpolitischen Quadratur des Kreises ähnelt….
Quelle: telepolis
- Streiktermin ist gesetzt
Weiterhin keine konkreten Vorschläge der Klinikleitungen von Charité und Vivantes. In der kommenden Woche legen Beschäftigte die Arbeit nieder
An diesem Freitag läuft das 100-Tage-Ultimatum ab. Weder von den Kliniken Charité und Vivantes noch vom Berliner Senat gibt es einen konkreten Vorschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Die gewerkschaftlichen Tarifkommissionen für die beiden Kliniken und der Vivantes-Tochterunternehmen haben deshalb entschieden: Vom 23. bis 25. August wird gestreikt. Aufgerufen sind die nichtärztlichen Beschäftigten an allen Standorten. Auf einigen Stationen soll die angekündigte Streikbereitschaft so hoch sein, dass sie an den Warnstreiktagen womöglich geschlossen werden müssen. Tim Graumann, der die Notdienstverhandlungen mit den Klinikleitungen führt, sprach in der Verdi-Pressekonferenz am Dienstag von zwölf Teams bei Vivantes und sieben Teams an der Charité, die geschlossen die Arbeit niederlegen wollen…
Quelle: junge Welt
- Deutscher Klassenkrampf – oder das Sozialstaats-Córdoba
Während Österreich bei seinem Sozialstaat für klare Verhältnisse sorgt, kämpft der deutsche mit Ausnahmen und Sonderregelungen. Die Folge sind Zwei-Klassen-Systeme und Zukunftssorgen. Ein Vergleich der Nachbarländer…
Beide Demokratien unterhalten einen konservativen Wohlfahrtsstaat (siehe Kasten) und geben laut Eurostat rund 30 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für den Sozialschutz aus (für Sozialleistungen und Verwaltung). Hier beginnen die Unterschiede. Denn Österreicher*innen bekommen für den gleichen Betrag erstaunlich viel mehr Leistungen.
Gesundheitssystem
Am deutlichsten sind die Unterschiede bei der Krankenversicherung. In Österreich sind alle Beschäftigten in der Pflichtversicherung. „In Deutschland gibt es bei der Krankenkasse ein Zwei-Klassen-System…
Bei der Pensionsversicherung hat Deutschland zwei Fehler gemacht. Der erste war, die Beamt*innen nicht in die gemeinsame Kasse einzahlen zu lassen. In Österreich zahlt diese (gut verdienende) Berufsgruppe in die gemeinsame Pensionskasse ein. Das vergrößere die Versichertenbasis enorm, erklärt Wixforth.
Die Arbeitnehmer*innen, die noch einzahlen, würden außerdem immer geringere Beiträge leisten. Das ist der zweite Fehler: „In Deutschland nimmt die prekäre oder atypische Beschäftigung zu. Das ist in Österreich nicht so stark der Fall. In Deutschland ist das seit den Hartz-IV-Reformen so. Die waren insofern ein Erfolg, als dass man sehr viele Leute in den Arbeitsmarkt gebracht hat. Der Nachteil ist, dass es viele atypische Arbeitsverhältnisse sind.“ Wer aber nur auf Stundenbasis für den Mindestlohn arbeitet, der zahlt wenig bis nichts in die Sozialsysteme ein. Und weiter: „Daraus ergibt sich die weit geringere Nettoersatzrate in Deutschland. Die beträgt derzeit 48 Prozent. In Österreich sind es 78 Prozent. In Deutschland ist deswegen Altersarmut ein sehr großes Thema.“
Eine mangelnde Organisation der Arbeiter*innen in Deutschland hat diesen Trend verstärkt. „In Österreich gibt es 98 Prozent Kollektivvertragsabdeckung. In Deutschland nur 49 Prozent. Durch diese beinahe allumfassende Tarifvertragsabdeckung ist in Österreich dafür gesorgt, dass die Löhne nicht so runtergehen wie in Deutschland“, bringt Wixforth das Problem auf den Punkt.
In Österreich verhandeln Wirtschaftskammer und Gewerkschaftsbund Löhne und Arbeitsbedingungen. Das Ergebnis gilt auch für Arbeitnehmer*innen, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind – das nennt sich Außenseiterwirkung. Die gibt es in Deutschland nicht. Wer nicht organisiert ist, profitiert auch nicht von Tarifverträgen. Das System kippte so stark zugunsten der Arbeitgeber, dass sich die deutsche Bundesregierung 2015 genötigt sah, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Der liegt unter der Armutsschwelle, aber immerhin über den drei Euro pro Stunde, die vor seiner Einführung in der Fleischzerteilungsindustrie gezahlt wurden.
Was muss sich ändern?
… „Auf europäischer Ebene gibt es die Ansicht, dass die dritte Säule gestärkt werden muss. Also die Eigenvorsorge. Vor allem für die Pensionsversicherung“, erklärt Wixforth und verweist erneut auf das große Nachbarland. „Das gab es in Deutschland schon einmal. Das war die Riester-Rente. Ein ziemlicher Flop.“ Geld sicher und gleichzeitig rentabel anzulegen sei auf unabsehbare Zeit unmöglich geworden…
Das zweite große europäische Thema ist der Ruf nach Mindeststandards für Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherungen. Von denen könnte Österreich als Land mit starkem Sozialstaat profitieren. „Was wir in Europa sehen, ist ein Wettbewerb der Mitgliedsstaaten darum, wer den Unternehmen die niedrigsten Sozialabgaben bieten kann. Das heißt, dass der Druck nach unten steigt und damit die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme gefährdet ist“, erklärt Wixforth….
Quelle: Arbeit & wirtschaft
- Gesamtmetall-Präsident bringt Rente mit 70 ins Gespräch
Wird aus der Rente mit 67 bald eine Rente mit 70? Geht es nach dem Gesamtmetall-Präsidenten Wolf, muss man dazu stehen, dass Menschen künftig noch länger arbeiten werden. Arbeitsminister Heil ist anderer Meinung.
Quelle: SPIEGEL
dazu: Härter arbeiten, weniger Rente, kürzer leben
In Deutschland gibt es große Unterschiede, wer wieviel von seinem Ruhestand hat. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie im Auftrag des Sozialverbands VdK. Beamte sind gleich mehrfach im Vorteil. […]
Beamte leben länger. Und das nach einem Arbeitsleben, in dem sie weniger stark belastet sind als andere Bevölkerungsgruppen. Das sei zumindest im Durchschnitt so, befindet eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Sozialverbands VdK. Demnach haben Beamte aktuell eine Lebenserwartung von 87,2 Jahren – mehr als Angestellte, Selbstständige und vor allem Arbeiter, die mit 83,1 Jahren am schlechtesten abschneiden. Dieses Element enthält Daten von 23degrees.io. Sie können die Einbettung solcher Inhalte auf unserer Datenschutzseite blockieren.
Weniger Leben, weniger Rente
Hinzu kommt, dass Arbeiter – aufgrund eines geringeren Einkommens – im Durchschnitt auch mit weniger Geld in ihrem kürzeren Ruhestand auskommen müssen. Das sei “doppelt ungerecht”, findet der VdK. Der Verband fordert daher ein flexibles Renteneintrittsalter, gestaffelt nach Schwere der Tätigkeit und der Höhe der Rente. Einen festen Zeitpunkt für den Renteneintritt mit 67 Jahren lehnt der VdK ab.
Die Studie zeige eines sehr deutlich, sagt die Verbandspräsidentin Verena Bentele: “Gerade wer in körperlich oder psychisch herausfordernden Berufen arbeitet, schafft es nicht, noch länger zu arbeiten, und muss Abschläge in Kauf nehmen. Da lässt sich die Schraube nicht noch fester anziehen.”
Viele Arbeitnehmer die in Berufen arbeiten, die als besonders belastend eingestuft wurden, verdienen weniger Geld, erhalten weniger Rente und haben eine kürzere Lebenserwartung. Die unterste Einkommensgruppe lebt dabei im Durchschnitt fast fünf Jahre weniger als die höchste: 82,6 statt 87,5 Jahre.
Quelle: Tagesschau.de
- Nicht ich, nicht jetzt, nicht so, zu spät
Vier Argumentationsmuster verzögern wirksame Klimaschutz-Maßnahmen. Psychologinnen erklären, wie sie funktionieren und was man gegen sie tun kann.
(…) Christiane Schulzki-Haddouti: Wie funktioniert die Verzögerungsargumentation „Nicht ich“?
Anita Habel: Es wird Verantwortung abgeschoben, beispielsweise indem man sagt, Verbraucher:innen sollen andere Konsumentscheidungen treffen und es liege in der Eigenverantwortung, sich klima- und umweltfreundlicher zu verhalten. Das lenkt den Fokus weg von den strukturellen Veränderungen, die so dringend notwendig sind.
Und das Argument „Nicht jetzt“?
Anita Habel: Auch hier werden nicht-transformative Lösungen forciert. Die Aufmerksamkeit wird auf Maßnahmen gerichtet, die unzulänglich sind. Gleichzeitig wird der Eindruck erzeugt, dass sie ausreichend seien und dass deshalb größere Veränderungen nicht notwendig seien. Ganz zentral ist hier der Fokus auf technische Lösungen: Wir müssten nur die richtigen Technologien entwickeln und effizienter werden – und dann sei alles super. Dem ist nicht so. Diese Verzögerungsargumentation ist bei vielen Politiker:innen zu beobachten.
Aber die Klimaziele werden doch immer höhergesteckt?
Anita Habel: Ständiges Reden über Ziele anstelle von tatsächlichen Maßnahmen kann wirksames Handeln ebenfalls verzögern. Das zeigte ja auch kürzlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die unzureichenden Maßnahmen hinter den großen Ziel-Formulierungen aufzeigte. Verzögernd wirken übrigens auch Debatten um Anreize und Freiwilligkeit, statt um Standards und Limits.
Und was steht hinter dem Argument, man solle es „Nicht so“ machen?
Anita Habel: Damit werden die Nachteile wirksamer Maßnahmen betont. Angeblich seien nur perfekte Lösungen, denen alle Beteiligten zustimmen könnten, umsetzbar. Oder die Kosten und der Aufwand zur Umsetzung von Maßnahmen seien zu groß. Dabei wird ausgeklammert, welche Kosten und welcher Aufwand auf uns zukommen, wenn sich die ökologischen Krisen weiter verschärfen.
Oft wird ja auch die soziale Gerechtigkeit von Klimamaßnahmen thematisiert.
Anita Habel: Es ist wichtig, soziale Gerechtigkeit bei allen Maßnahmen zu berücksichtigen. Doch wenn etwa die CDU, die sonst kaum soziale Ungleichheiten thematisiert, in der Debatte um die CO2-Bepreisung sich Sorgen macht, dass die Bepreisung ärmere Haushalte zu stark belasten könne, dann zeigt sich hier die Verzögerungsdynamik deutlich. Zumal die CDU auch das Modell zur Ausgleichszahlung, das ärmere Haushalte entlasten könnte, ablehnt.
Schließlich wird gesagt, es sei jetzt „Zu spät“. Warum ist dieses Argument so oft zu sehen?
Anita Habel: Es ist eine Kapitulation zu sagen, es sei nicht oder nicht mehr möglich, Maßnahmen gegen die ökologischen Krisen zu ergreifen und wir müssten uns damit abfinden. Oder wir müssten uns nur noch auf die Anpassung an die Veränderungen durch die Klimakrise konzentrieren. Dieses Argument wird möglicherweise noch häufiger zu hören sein, wenn erste Kipppunkte im globalen Klima- und Ökosystem eintreten, wie es sich beispielsweise aktuell bereits im Amazonas-Gebiet und beim Golfstrom abzeichnet.
Quelle: Riffreporter
- Die Zukunft der Automobilbranche
Das Klima dominiert den Wahlkampf und dies zurecht. Das sehen die in der Autobranche Beschäftigten so. Sie erteilen der IG Metall ein überzeugendes Mandat, mit einer Politik fortzufahren, die Arbeitsplätze sichert und den ökologischen Umbau vorantreibt. Es reicht allerdings nicht aus, nur aufs E-Auto zu setzen.
Die Schätzungen schwanken. Doch es geht um die Größenordnung von 100.000 Menschen. So viele könnten beim Wechsel vom konventionellen zum elektrisch betriebenen Automobil ihren Arbeitsplatz verlieren. Der Strukturwandel und die noch immer unbeherrschte Pandemie überlagern sich, und dann kommt noch der aktuelle Mangel an den unverzichtbaren Microchips dazu. Wer in der Automobilindustrie sein Geld verdient, durchlebt eine Phase höchster Anspannung.
Auch die Beschäftigten sind für den Umbau der Automobilindustrie
Die erste Welle der Entlassungen traf die befristetet Beschäftigten und die in Leiharbeit oder mit Werkvertrag Beschäftigten, darunter von sogenannten Ingenieurs-Dienstleistern zur Verfügung gestellte Fachleute. Es ist dem Instrument der Kurzarbeit zu verdanken, dass größere Entlassungswellen bisher zu verhindern waren. Zeitweilig wurden zwei Drittel der Belegschaft von Audi, BMW & Co nach Hause geschickt und vom Arbeitsamt alimentiert. Die Sorge um den Arbeitsplatz steckt seither tief in den Knochen: Ein Drittel der Stammbelegschaft und über 40 Prozent der in der Produktion Arbeitenden sieht den eigenen Arbeitsplatz gefährdet. Das ergab Umfrage der IG Metall
(…) Unternehmen drohen mit Stellenabbau, um Löhne zu drücken
Die 240.000 von der IG Metall Befragten – darunter 85.000 aus dem Fahrzeugbau – erteilen der IG Metall ein überzeugendes Mandat, mit einer Politik fortzufahren, die beides will: Arbeitsplätze sichern und den ökologischen Umbau mittragen. Die IG Metall kann es nicht dabei belassen, sich programmatisch der Nachhaltigkeit zu verschreiben; sie muss Vorschläge machen und durchsetzen, die dem hehren Begriff Realitätsgehalt verschaffen…
Trotz staatlicher Liquiditätshilfen bleiben die Unternehmen der Branche ihrer Haltung treu. Sie drohen, Produktion zu verlagern und Stellen abzubauen. Ihre Drohung soll zum Verzicht auf Teile des Gehalts und tariflicher Leistungen führen. Sie machen das Gegenteil dessen, was gegenwärtig nottäte: Vertrauen zu schaffen in das Gelingen des Umbruchs…
Es ist nicht verwunderlich, wenn ein Drittel der Befragten des Automobilsektors seinen Arbeitsplatz als gefährdet sieht. Die IG Metall will ihnen neue Arbeitsplätze erstreiten. Verlagerte Tätigkeiten sollen rückverlagert, die Batteriezellen inhouse gefertigt und nicht zugekauft werden. Das Potential des auf Wasserstoff basierenden Motors für den Lkw-Verkehr soll weiter erforscht werden. Wichtig ist der Gewerkschaft der Erhalt des hohen Fachkräfteniveaus. Regionale Qualifizierungsverbünde erscheinen dafür hilfreich. Und neue Jobs sollen auch außerhalb der Autobranche entstehen. Ein effizientes Nahverkehrsnetz braucht Loks, Waggons und S-Bahnen, ein eng geknüpftes Energienetz erfordert einen Schub neuer Windräder…
Quelle: Gegenblende
- Nicht mehr gegen Engeland
Die strategische Zielstellung kann eigentlich nur darin bestehen, dass die Chinesen sich totlachen. Und am besten natürlich – alle. Denn wie sollte ein einzelnes Kriegsschiff wie die altgediente Fregatte „Bayern“ der Bundesmarine, seit 2. August unterwegs in Richtung Indo-Pazifik, wo sie mehrere Monate kreuzen und unter anderem an Manövern teilnehmen wird, einer Großmacht wie China eine abschreckende, also strafandrohende Botschaft übermitteln?
China nennt die zahlenmäßig größte Kriegsmarine der Welt sein eigen, und die ist auch rüstungstechnologisch nicht hinter dem Mond…
Aber wenn der Trip der „Bayern“ und die sie begleitenden aufgeblasenen Phrasen von Militärs und Politikern, die von diversen einheimischen Qualitätsmedien unhinterfragt unters Volk gestreut werden, für sich genommen auch eine karnevaleske Lachnummer sind, so muss man doch den Blick auf den größeren Zusammenhang richten. Und der besteht vor allem darin, dass die USA unter Präsident Donald Trump auf einen aggressiven Konfrontationskurs gegen China eingeschwenkt sind und dass Trump-Nachfolger Joseph Biden diesen Kurs nicht nur beibehalten, sondern noch eins draufgesetzt hat, indem er sagte, dass eine militärische Auseinandersetzung mit einer „Großmacht“ denkbar wäre, etwa nach einem Cyber-Angriff. Da Russland seit Trump-Vorgänger Barack Obama von Washington nur noch als „Regionalmacht“ gehandelt wird, kann damit bloß China gemeint sein. Und die Bundesrepublik dient sich mit der „Bayern“-Mission dem antichinesischen Kurs der USA an – wenn nicht volens, dann nolens. Fakten schaffen Fakten.
Allerdings ist China eine Macht, die gegen US-amerikanische Flugzeugträger-Kampfgruppen atomar bestückbare Mittelstreckenraketen bereit hält, weil sie denen außer vielleicht Jagd-U-Booten nichts Effektives entgegenzusetzen hat, und China ist eine Macht, gegen die die USA demnächst ballistische Mittelstreckenraketen mit mehr als 500 Kilometern Reichweite auf pazifischen Inseln in Stellung bringen wollen. Was übrigens durch die einseitige Aufkündigung des INF-Vertrages über das globale Verbot solcher Systeme mit Russland überhaupt erst möglich geworden ist. Die Stationierungsabsicht geht aus einer „Abschreckungsinitiative“ für den Pazifik hervor, die vom United States Indo-Pacific Command (INDOPACOM) im März 2021 mit einem Umfang von 27 Milliarden US-Dollar beantragt worden ist.
Sollte es zu dem von Biden antizipierten militärischen Konflikt zwischen der alten und der neuen Supermacht kommen, dann bestehen somit bereits jetzt „optimale“ Voraussetzungen dafür, dass der Krieg rasch auf die nukleare Ebene eskalieren könnte…
Das Auswärtige Amt, also das Haus unseres obersten Maßanzugträgers, formulierte im Zusammenhang mit der „Bayern“-Mission vollmundig: Die Marine wolle mit ihrem „Indo-Pacific Deployment (IPD)“ unter Beweis stellen, „dass sie für Deutschland ein verlässliches, weltweit einsetzbares politisches Instrument ist“.
Wie bitte? Ein verlässliches Instrument? Weltweit einsetzbar?…
Quelle: Das blättchen
- Widerstand gegen Macron mutiert zur RN-Variante
Das vierte Wochenende in Folge sind in Frankreich an die 237.000 Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen den mittlerweile vom Parlament und den Verfassungsrat (Verfassungsgericht) abgesegneten Gesundheitspass zu protestieren…
Das neue Gesetz sieht die Einführung eines Gesundheitspasses vor, der eine Impfung, den Nachweis einer Genesung oder einen negativen Test mit einem EU-weit gültigen QR-Code bescheinigt. Dieser wird nun für den Zutritt zu Restaurants, Bars, Fitnesszentren, Museen, Theatern oder Kinos benötigt sowie für längere Bahn- und Flugreisen. Besonders umstritten sind die Passkontrollen, die – außer in medizinischen Notfällen – auch für den Zugang zu Krankenhäusern, Kliniken und Pflegeheimen verlangt werden. Für Krankenhauspersonal gilt vom 15. September an zudem eine Impfpflicht…
Die Menschen auf den Demonstrationen haben ihr Urteil schon längst und unabhängig von wissenschaftlichen Erkenntnissen gefällt. Libération zitiert einen Rentner: »Artikel 2 der Verfassung macht uns zu freien und gleichberechtigten Bürgern. Und wenn wir uns die Rechte nehmen, sind wir nicht mehr gleich. … Es ist nicht gegen den Impfstoff. … Ich protestiere gegen alles, was Macronien repräsentiert. Meine Anwesenheit ist Teil eines ziemlich tiefgreifenden Protestes seit 20 oder 30 Jahren gegen die Zerstörung der Nation, also eine Anfechtung der Europäischen Union und der Globalisierung…
Die Regierung und der Präsident sehen sich einem permanenten Volkszorn gegenüber, der sich diesmal am Gesundheitspass entzündet hat, aber die gesamte Amtszeit Macrons durchzieht…
Die politische Linke ist unfähig, dieses Misstrauen für sich zu mobilisieren… »Die linken Parteien sind orientierungslos, gespalten und sehr geschwächt. Ein großer Teil der Arbeiterklasse geht nicht mehr wählen – außer jene, die zum Rassemblement national übergelaufen sind. Diese hat es in den letzten 20, 30 Jahren geschafft, die nationale Frage aufzubringen und zu einem dominanten Thema zu machen. Die Spaltung verläuft nun weniger zwischen rechts und links, sondern zwischen den neoliberalen Europafreunden und den nationalistischen Identitären. In der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen 2017 wurden diese Pole von Emmanuel Macron und Marine Le Pen verkörpert.
Nach wie vor ist eine Mehrheit der Franzosen eher links und gegen den Kapitalismus. Aber viele von diesen gehen nicht mehr wählen, weil sie nicht daran glauben, dass die Wahl etwas nützt. Die französische Linke befindet sich seit 30 Jahren auf dem Abstieg. Sie basierte einst auf einer starken kommunistischen Partei und der Gewerkschaft CGT. Heute hat die CGT aber weniger Mitglieder als 1914, und die Kommunisten kommen gerade noch auf 2% der Stimmen. Der Parti socialiste (PS) ist seit der Ära Mitterrand eine Verwalterpartei geworden und keine wirklich linke Partei mehr, weil sie den Kapitalismus akzeptiert hat. Die linken Wähler haben die Orientierung verloren.«…
Quelle: Sozialismus.de
Dazu: Frankreich: “Gesundheitspass” als Demütigung
Philosoph warnt vor “schwelendem Bürgerkrieg”
„In Frankreich schwelt ein Bürgerkrieg” – so drastisch schätzt der französische Philosoph Gaspard Koenig die Lage in seinem Land ein. “Noch wird debattiert und protestiert.” Koenig sagt das in einem Interview mit der Schweizer Wochenzeitschrift Die Weltwoche, das in der aktuellen Ausgabe vom 12. August veröffentlicht wurde. Er geht darin auf die Situation in Frankreich angesichts der zunehmenden Proteste gegen die Pariser Corona-Politik ein.
(…) Eine Herdenimmunität sei erreichbar, “indem man das Virus zirkulieren lässt”. Aus Sicht des Philosophen stellt der französische “Gesundheitspass” eine “Demütigung” dar.
“Er verweist auf eine totalitäre Zukunft und Gesellschaftsordnung, die ich ablehne. Ich will nicht meinen Pass zücken müssen, um ein Bier zu trinken.”
Koenig widerspricht jenen, die darauf hoffen, dass die Maßnahmen nur vorübergehend für die Dauer der Pandemie seien: “Solche Maßnahmen werden nie rückgängig gemacht. Auch das juristische Arsenal der Terrorbekämpfung ist weiterhin in Kraft.”
Zugleich meint er, dass “die Leidenschaft der Franzosen für die Freiheit lebt. Die Kundgebungen beweisen es”. An diesen haben sich Berichten zufolge Hunderttausende beteiligt. Koenig macht darauf aufmerksam, dass Franzosen zumeist für mehr Geld und gegen Reformen protestieren – aber in der Regel nicht in den Sommerferien.
“Es geht um die Frage der Würde”…
Quelle: RT
- Viel Geld für heiße Luft
Nun sollte man glauben, das Corona-Thema würde als übergreifendes Thema auch den Plakat-Wahlkampf bestimmen. Weit gefehlt. Das Wort Corona ist auf keinem einzigen Plakat der üblichen Parteien zu finden. Als wäre bereits das Wort ansteckend, meiden die Parteien das Thema. Selbst verwandte Themen wie Impfen oder Pharma haben keinen Platz auf den Manipulations-Flächen. (…)
Die CDU wirbt mit dem Slogan „Erfolgreich für Deutschland“. Wer das Foto der aufgedunsenen Angela Merkel sieht, mag an den Erfolg nicht so recht glauben. Ehrlicher wäre: Erfolgreich bei der Liquidierung der Demokratie. Oder, unter das Merkel-Foto: „Impfen macht fette Gewinne“. (…)
Die SPD lässt Olaf Scholz energisch aus dem Plakat gucken und sagen: „Respekt für Dich“. Besser wäre: „Wir respektieren die Pharma-Industrie“. Aber so viel Ehrlichkeit will Scholz nicht. Schließlich hat seine Partei schon mit der Agenda 20/10 ein Höchstmaß an Ehrlichkeit geleistet: „Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern“, hieß der Slogan und seitdem geht es mit der SPD abwärts. (…)
Für die GRÜNEN läßt Cem Özdemir diesen Spruch ab: „Zwischen Umwelt und Wirtschaft gehört kein oder“. Dass die GRÜNEN ihren Wahlkampf mit einer 500.000 Euro-Spende aus der Pharma-Industrie finanzieren, gehört zu jener gesellschaftlichen Umwelt, die von den GRÜNEN lieber nicht auf Plakate gedruckt wird. (…)
Die FDP lässt ihren Spitzenmann Lindner „Aus Liebe zur Freiheit“ vom Plakat runter erzählen. Das ist derselbe Lindner, der eine „Krisenproduktion“ der Corona-Impfstoffe gefordert hat und auch behauptet: “Das ist eine Frage von Leben und Tod, eine Frage unserer Freiheit und es ist eine Überlebensfrage auch für unsere Wirtschaft“. Impfen ist für die FDP Freiheit. (…)
Die Partei dieBasis druckt auf eines ihrer Plakate den Satz „Miteinander Füreinander“ und beweist mit diesem belanglosen Slogan, dass auch eine Partei aus der Bewegung gegen das Corona-Regime Banalitäten ablassen kann. Nachdrücklich weisen der Wahlkampf und seine Corona-Enthaltung darauf hin, dass der Parlamentarismus ohne den ausserparlamentarischen Kampf nur zur allgemeinen Augenwischerei führt.
Quelle: Rationalgalerie
- Kampagne gegen den linken Flügel
In Großbritannien will Labour-Vorsitzender Keir Starmer seine Partei zurück in die politische Mitte führen
»Die Labour-Führung hat schließlich entschieden, dass ich nicht tauge, ein Parteimitglied zu sein«, schrieb Ken Loach am Samstag auf Twitter, als er seinen Rausschmiss aus der britischen Labour-Partei bekanntgab. Der 85-jährige Regisseur, der zu den bekanntesten Filmemachern Großbritanniens zählt, ist der bislang namhafteste Parteigänger, der vom Vorsitzenden Keir Starmer geschasst worden ist. Die Partei äußerte sich nicht zum Fall; Loach selbst sagte, der Grund liege darin, dass er sich nicht von jenen Leuten distanziert habe, die bereits aus der Partei verbannt worden sind. Kein Zweifel besteht hingegen über das Signal, das Starmer und sein Führungsteam mit dem Ausschluss des preisgekrönten Filmemachers senden: Ihr Ziel, den linken Flügel kaltzustellen und die fünf Jahre unter Jeremy Corbyn vergessen zu machen, werden sie mit unvermindertem Eifer weiterverfolgen.
Loach ist seit Jahrzehnten ein selbsterklärter Sozialist. Seine Filme dienen ihm oft dazu, auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen…
Keir Starmer, der im April 2020 das Ruder übernahm, empfindet solche Leute offensichtlich als ein Hindernis bei seinem Versuch, die Partei zurück in die politische Mitte zu führen…
Nach dem Rauswurf von Loach meldeten sich in den sozialen Medien unzählige Basismitglieder, die ihren eigenen Austritt aus der Partei bekannt gaben. Seit Starmers Amtsantritt hat man unzählige solcher Posts gelesen – laut internen Zahlen ist die Labour-Partei in den vergangenen 16 Monaten um über 100 000 Mitglieder ärmer geworden.
Aber manche sagen auch, dass gerade dies das Ziel Starmers sei: »Loachs Ausschluss zielt darauf ab, die Linke zu demoralisieren und [aus der Partei] zu spülen«, twitterte Gaya Sriskanthan, Co-Vorsitzende der linken Labour-Organisation Momentum. Sie fordert progressive Mitglieder auf, unbedingt in der Partei zu bleiben. Denn obwohl die Linke derzeit schwach aussieht, hat sie dank ihrer zahlenmäßigen Stärke viele interne Wahlen gewonnen, etwa im Parteiführungsgremium NEC. Dies ist ein Problem für Starmer, denn an der Parteikonferenz hat die Basis ein großes Mitspracherecht und kann selbst Vorschläge präsentieren. Wenn die Basis insgesamt eher links bleibt, wird sie stets versuchen, sich dem Mittekurs der Parteiführung zu widersetzen.
Quelle: nd
- Wie Konzerne die Lebensmittelproduktion kapern
Konzerne bestimmen immer mehr, wie Nahrungsmittel produziert werden. Gleichzeitig nimmt der Hunger weltweit wieder zu. Jetzt sollen Firmen noch mehr Einfluss erhalten. Aus Protest boykottieren NGOs wie „Brot für die Welt“ den Welternährungsgipfel…
…das Welt-Ernährungswesen ist völlig aus dem Tritt geraten. Deshalb rufen die UN für Mitte September zu einem Ernährungsgipfel nach New York. Dieser Gipfel jedoch ist umstritten. Er solle die Dominanz der Agrar- und Ernährungskonzerne im Welternährungswesen zementieren, meint der italienische Agrarökologe Stefano Prato. Er leitet die Gesellschaft für internationale Entwicklung – ein in Rom ansässiges Netzwerk von 80 NGOs.
„In den vergangenen Jahren hat der Einfluss transnationaler Konzerne auf die internationalen Ernährungsorganisationen stark zugenommen. Der Grund, dass nach wie vor Menschen hungern, liege auf der Hand, behaupten die Konzerne. Die Welt müsse nur mehr Nahrung produzieren. ‚Nein‘, sagen wir als Zivilgesellschaft. Tatsächlich hungern Menschen auch deshalb, weil weltweit umweltfreundlich arbeitende Kleinbauern benachteiligt werden, obwohl vor allem sie die Menschheit ernähren.“
„In welche Richtung soll sich globale Landwirtschaft entwickeln?“, lautet die Kernfrage der Auseinandersetzung. Und: Welchen Themen soll sich folglich die Agrar- und Ernährungsforschung widmen? An den Entscheidungen dazu hängen viel Geld und die Zukunft von Milliarden Menschen…
…Die Pestizidkonzerne beeinflussen, mithilfe der Wissenschaft, Politik, sie profitieren von öffentlich finanzierter Spitzenforschung; und sie beeinflussen wissenschaftliche Fragestellungen so, wie es ihren Interessen entspricht. Die Folgen tragen seit Jahrzehnten Menschen und die Umwelt weltweit….
Landwirtschaft ganzheitlich betrachten
„Ein Bauer braucht nicht nur eine gute Ernte. Er braucht auch Zugang zum Markt und muss wissen, wie er seine Produkte optimal lagert. Und kommen neue Technologien auf dem Markt, braucht er Zugang zu Krediten und das nötige Wissen, verantwortungsbewusst zu investieren. Wir Wissenschaftler und die Bauern müssen also Landwirtschaft ganzheitlich betrachten – als ein komplexes System. Wir müssen verstehen, welche Funktionen die einzelnen Elemente haben und wie sie zusammenspielen.“…
Quelle: deutschlandfunk