Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Gendern hilft!
Jeden Tag sterben 25.000 Kinder weltweit an Hunger. Ja, liebe Wohlstandsverwahrlosten in Berlin, man kann an Hunger sterben. In den vergangenen 15 Monaten, in denen es „um jedes einzelne Menschenleben ging“ (Söder), starben fünfmal mehr Kinder an Hunger, als weltweit an Cov-19. Und jetzt, da die Pandemie quasi vorbei ist, geht das Kindersterben weiter. 9 Mio in einem Jahr. Laut Welthungerhilfe sind derzeit rund 144 Mio Kinder ausgezehrt, sprich, sie sind Todeskandidaten.
Wir wissen also heute: In drei Stunden, in drei Tagen oder drei Wochen oder drei Monaten geht das Sterben weiter und weiter und weiter. 40 Milliarden kostet es, den Hunger in der Welt abzuschaffen. Der jährliche (!) Verteidigungsetat in Deutschland beträgt derzeit 49 Milliarden Euro, zu Beginn der Ära Merkel lag er bei 27 Milliarden. „Wir“ könnten also locker den Hunger in der Welt tilgen und hätten immer noch 9 Milliarden Euro übrig, um Tötungswaffen zu kaufen und Personal zur Bedienung derselben zu bezahlen.
Deutschland im Alleingang befreit die Welt von einer Plage, wer hätte das gedacht? Fordert nicht eine fortschrittliche Partei, die sich anschickt, eine neue Bundeskanzlerin zu stellen und deren Zentralorgan, eine Tageszeitung aus Berlin, „robuste Mandate der Bundeswehr ohne UN-Mandat“? Weltweit beträgt der jährliche Wehretat, halt Stopp, Verteidigungsetat natürlich, übrigens rund 1 Billiarde Euro. Man könnte also 25 Jahre den Hunger abschaffen, wenn alle ein schlappes Jahr lang kein Geld für Tötungsmaterial ausgeben.
Und: Jedes fünfte Kind lebt an der Armutsgrenze. Nicht weltweit, hier, im „Wirsindinallesweltmeisterdeutschland“. Armut, schon einmal davon gehört, Kebeküsschen? Alleinerziehende Mütter, die aus ihren Wohnungen geschmissen werden sollen (Tatortthema am 6.6.), Kinder mit vielen Talenten, denen aber aufgrund der aktuellen Politik der Zugang zu Bildung, Kunst und Kultur und damit der Weg aus der Armut erschwert, gar unmöglich ist, keine ausreichende ärztliche Versorgung mehr in ländlichen Gebieten, Verfall der Infrastruktur, worunter hauptsächlich einkommensschwache oder einkommenslose Menschen leiden, undsoweiterundsofort.
Quelle: buchkomplizen
- Corona
- Es kommt auf die Rechtsgrundlagen an
Maske auf oder Maske ab. Es steht zu befürchten, dass nun die nächste epische Endlosdiskussion die deutsche Öffentlichkeit erreicht. Die Bundesjustizministerin hat erkannt, dass bei einem stark abflauenden Infektionsgeschehen die Rechtsgrundlage für Anordnungen nicht mehr gegeben sein könnte, die bei Verstößen ein Bußgeld vorsehen. Der Bundesgesundheitsminister sieht es ähnlich, schlägt aber ein stufenweises Vorgehen vor. Auf Nachfrage, wie das konkret aussehen soll, kommt aber nichts. Virologen und Lehrerverbände wollen die Maskenpflicht dagegen beibehalten, da das Virus noch nicht von der Bildfläche verschwunden sei. Nur das wird es nie, womit das Argument dann auch vollkommen sinnlos ist. (…)
Was nützt eine Maskenpflicht, wenn sie nicht mehr durchsetzbar ist? Da hilft es auch nicht, wenn Sozialdemokraten das Tragen von Masken wieder zu einer moralischen Frage der Solidarität verklären.
Es gelten die Rechtsgrundlagen, die ja nicht ausschließen, die bisherigen Vorschriften durch sehr viel kürzere und verständlichere Empfehlungen zu ersetzen. Die Eigenverantwortung die vorher da war, wird auch dann noch vorhanden sein, genauso wie diejenigen, die auf alles pfeifen, aber wegen fehlender Rechtsgrundlage ohnehin nicht mehr belangt werden können. Ja, aber die nächste Welle, hört man dann als Einwand. Die wird kommen, klar, nur ändern die Masken daran nichts. Verstörend bleiben auch Verordnungen, die mit abnehmendem Infektionsgeschehen immer länger werden. Gerade jetzt wäre ja Zeit, eine Korrektur des Pandemiemanagements vorzunehmen und zu erkennen, dass Infektionen nun einmal nicht zu verhindern und damit Teil des allgemeinen Lebensrisikos sind. Es gibt Impfstoffe, die zwar einen schweren Verlauf unwahrscheinlicher machen, was gut ist, aber keine sterile Immunität herstellen können.
Unklar bleibt außerdem, wie lange eine Impfung schützt. „Weil belastbare Daten dazu fehlen, müssen selbst Fachleute derzeit raten“, heißt es in dem Bericht. Damit fällt auch die etwas seltsame Rechtsauffassung weg, die Geimpften mit digitalem oder analogem Nachweis besondere Freiheiten in Abgrenzung zu anderen zugesteht. Die Grundrechte haben für alle wieder zu gelten und zwar ausnahmslos. Das Coronavirus wird wie alle anderen Atemwegsviren weiter zirkulieren, sich verändern und Infektionen bzw. Erkrankungen auslösen. Es wird also weiterhin zu schweren Verläufen und Hospitalisierungen kommen, möglicherweise auch bei jetzt Geimpften. Die Gesellschaft muss daher entscheiden, ob sie im Panikmodus mit einer Maßnahmen-Endlosschleife verharren möchte oder bereit ist, das Coronavirus als Teil der Lebenswirklichkeit zu akzeptieren. Letzteres könnte heilsam sein.
Quelle: TauBlog
- RKI-Schreiben zu Intensivbetten: “Monetäre Anreize” für falsche Angaben
Kliniken könnten die Zahl freier Intensivbetten künstlich herunter rechnen: Das hat der Bundesrechnungshof kürzlich kritisiert. Grundlage hierfür war ein Brief des RKI ans Gesundheitsministerium, der WDR, NDR und SZ nun exklusiv vorliegt. […]
Dass die Politik mit den Freihaltepauschalen womöglich die falschen finanziellen Anreize geschaffen hat, ist allerdings auch unter Intensivmedizinern ein offenes Geheimnis. Namentlich zitieren lassen will sich damit aber keiner. So sagt zum Beispiel der Chefarzt und Leiter der Intensivmedizin eines großen Klinikums in NRW, dass die Priorisierung der Covid-Patienten über die Freihaltepauschalen dafür gesorgt habe, dass andere Patienten zu spät nötige Untersuchungen und Eingriffe bekommen hätten. “Eine gesellschaftliche Debatte über die Priorisierung der Covid- gegenüber den Nicht-Covid-Patienten hat nicht stattgefunden und auch über die legitimen Interessen der solcherart zurückgestellten Patienten spricht kaum jemand.”
Finanziell gesehen war das Corona-Jahr 2020 für die meisten Kliniken ein äußerst gutes Jahr. Stefanie Stoff-Ahnis vom Vorstand des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen spricht sogar vom “goldenen Jahr der Krankenhausfinanzierung”. Während die Behandlungsfälle um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgingen, stiegen die Erlöse für die Kliniken um 15 Prozent, oder in nackten Zahlen: Im Jahr 2020 flossen in die Kliniken 12,2 Milliarden Euro mehr als im Jahr 2019. “Viele Maßnahmen waren effektiv, aber nicht effizient”, sagt Stoff-Ahnis. So hätten in der erste Welle alle möglichen Kliniken große Summen als Freihaltepauschalen erhalten, darunter auch solche spezialisierten Häuser wie reine Augenkliniken, die niemals einen Covid-Patienten behandelt hätten.
Quelle: Tagesschau
dazu: Wachsende Kritik an Kliniken: Corona beschert Krankenhäusern „ein goldenes Jahr“
Die gesetzlichen Krankenkassen bemängeln, die Kliniken hätten in der Pandemie weniger behandelt – und trotzdem mehr erlöst. Ähnliche Zweifel hatte zuvor schon der Bundesrechnungshof geäußert. […]
Es sei der fälschliche Eindruck entstanden, die Krankenhäuser hätten wegen der Covid-19-Welle flächendeckend an ihrer Belastungsgrenze gearbeitet, kritisierte der Verband. Tatsächlich aber seien im Jahresdurchschnitt nur 2 Prozent der Krankenhausfälle Corona-Kranke gewesen. Trotzdem hätten die Krankenhausvertreter in Berlin versucht, die Mindestvorgaben für Pflegepersonal zu verhindern und damit die Versorgungsqualität zu verschlechtern, kritisierte der Spitzenverband: „All das passt nicht zusammen.“
Quelle: FAZ
- abgeordnetenwatch: Biontech hat künftig einen direkten Draht zu Gesundheitsminister
Biontech hat künftig einen direkten Draht zu Gesundheitsminister Jens #Spahn: Neuer “Associate Director Public Affairs” bei Biontech ist Mike Schuster – von 2014 bis 2018 Referent im Bundestagsbüro von Jens Spahn #CDU
Quelle: abgeordnetenwatch.de via Twitter
dazu: Vitamin B wie BioNTech: Ex-Spahn-Mitarbeiter jetzt Impfstoff-Lobbyist
Bei Stellenanzeigen im Bereich Public Affairs verlangen Unternehmen neben Hochschulabschluss, Kommunikationsfähigkeiten und Erfahrung vor allem ein bestehendes und auszubauendes verlässliches Netzwerk zu Vertretern aus Politik, Verbänden und Medien sowie mitunter ein “fundiertes Verständnis der deutschen Politikprozesse” und der institutionellen Akteure sowie politischen Stakeholder. Denn die in dem Bereich tätigen Mitarbeiter vertreten die Unternehmensinteressen gegenüber politischen Ansprechpartnern.
Der im Laufe des vergangenen Jahres zu erweiterter öffentlicher Prominenz gelangte Mainzer Pharmakonzern BioNTech hat den Posten “Associate Director Public Affairs” mit Mike Schuster besetzt – einem jungen Mann, der sehr direkte Verbindungen in das höchste Gesundheitsregierungsamt haben dürfte. Denn Schuster war bis 2018 vier Jahre lang Referent im Bundestagsbüro von Jens Spahn gewesen.
Derartige Karrierewege sind nicht unüblich. Nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de verschaffen sich große Lobbyverbände und Unternehmen aus den verschiedensten Wirtschaftssektoren so direkten Zugang zu Entscheidungsträgern auf Bundes-, Landes- und Europaebene und nehmen gezielt langjährige Büroleiter von Politikern unter Vertrag. Ein Problem bei diesen “Seitenwechseln” ist laut abgeordnetenwatch.de offensichtlich, dass sich die jeweiligen Unternehmen oder Verbände gegenüber anderen Interessengruppen einen unschätzbaren Vorteil verschaffen.
“Zugespitzt gesagt: Am Ende dringt nicht derjenige mit den besten Argumenten zu den Entscheidungsträgern durch, sondern der Lobbyakteur mit der klügsten Personalpolitik.” (…)
Während BioNTech-Gründer Uğur Şahin seit dem COVID-19-Impfstoff-Durchbruch zu den 100 reichsten Deutschen und damit zu der Minderheit der Gewinner der Corona-Krise gehört, hat sich bei der Union gerade im vergangenen Jahr durch eine mittlerweile beinahe unüberschaubare Vielzahl von Skandalen gezeigt, dass bedenkliche Einflussnahme, gerade durch persönliche Verbindungen, mit viel gelobten demokratischen Prozessen oder aber öffentlicher Gesundheit häufig weniger zu tun hat als mit privater Bereicherung auf gesellschaftliche sowie staatliche Kosten.
Quelle: RT DE
Anmerkung Christian Reimann: Der „Drehtür-Effekt“ zwischen Politik und privater Wirtschaft funktioniert immer noch und es sollte nicht überraschen, dass das Umfeld des Pharmalobbyisten im Bundesministerium für Gesundheit vor allem in dieser besonderen Zeitphase prädestiniert zu sein scheint. Die Hinweise auf das Vorhandensein von institutioneller Korruption mehren sich.
- Unternehmen in Österreich und Großbritannien preschen bei Impfpflicht vor
Großbritannien und Kliniken in Österreich planen eine Covid-Impfpflicht in Pflegeberufen. In Deutschland zeigt sich die Branche zurückhaltend – wohl um die politische Sprengkraft wissend. Dabei wäre die Pflicht kein neuer Schritt.
Die britische Regierung plant in den kommenden Tagen, eine Covid-Impfung für Angestellte in der Pflege zur Pflicht zu machen. Vorgesehen ist eine Übergangsfrist von 16 Wochen. Wer bis dahin nicht geimpft ist, dem droht die Kündigung. Rund 1,5 Millionen Beschäftigte sind im Land in der Pflege tätig. Geprüft wird auch eine Ausweitung dieser neuen Regeln auf alle Beschäftigte des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS mit Patientenkontakt, berichten mehrere britische Medien übereinstimmend. Die betroffene Gruppe ist vergleichbar groß.
Die Diskussion um eine verpflichtende Impfung für eine Reihe von Berufsgruppen läuft in Großbritannien wie in vielen anderen Staaten seit Monaten. „No jab, no job“, wird das Modell griffig genannt, „Kein Pieks, keine Arbeit“. Eine Reihe von Arbeitgebern ist auf der Insel bereits vorgeprescht.
Quelle: Welt Online
Anmerkung JK: So wird es auch hier kommen. Das wirksamste Druckmittel ist dabei sicher, die Bürger bei Verweigerung der Impfung mit dem Verlust ihrer Existenzgrundlage zu drohen. Und es fällt schwer, nicht Verschwörungstheorien zu bemühen, wenn man bedenkt, dass die Impfung gegen Covid-19 für die Pharmaindustrie die Lizenz zum Gelddrucken ist. Für die Pharmaindustrie kann die Pandemie somit ewig dauern. Wann gab es das jemals vorher, dass erbgutverändernde Impfstoffe, die sich im Grunde noch in der klinische Erprobungsphase befinden, ohne jede Rücksicht auf mögliche Nebenwirkungen und Langzeitfolgen sofort zum großflächigen Einsatz freigegeben wurden?
dazu: Warum ich zögere, mich impfen zu lassen
Auch Personen, die keine Impfgegner sind, sind unsicher, ob sie sich gegen Corona impfen sollen. Ein Leser schildert seine Gründe.
Viele fragen sich derzeit, weshalb sich gewisse Menschen nicht gegen Corona impfen lassen möchten. Weil die Fragen an Nicht-Impfwillige bald häufiger werden dürften, versuche ich ein paar Antworten vorwegzunehmen. Sie basieren auf meiner persönlichen Meinung und meinen eigenen Einschätzungen.
Das Wichtigste gleich vorweg: Ich bin vielfach geimpft und werde bei Bedarf bewährte Impfungen auffrischen. Ich vertraue aber auch meinem Körper. Ich habe das Privileg, dass ich weder meinen Körper noch meine Psyche ausbeuten muss, um ein gutes und abgesichertes Leben zu führen. Vielmehr ist es mir möglich, auf meinen Körper zu hören. Wenn es nötig ist, gönne ich ihm eine Ruhepause. Mit Bewegung, ausgewogener Ernährung und Hausmitteln sorge ich mich um die Stärkung meines Immunsystems. Ausser ein paar Erkältungen im Jahr bin ich nie krank.
Corona, sagt man, kann jeden treffen. Trotzdem bin ich mir zu sicher, dass Sars-CoV-2 meinem 40-jährigen Körper nichts anhaben kann. Ich vermute zudem, dass Long-Covid mehrheitlich diejenigen Menschen trifft, die ihren Körper ausgebeutet haben, Vorerkrankungen haben oder die durch die alles durchdringenden Pandemiemassnahmen derart belastet sind, dass kaum mehr zwischen einer Massnahmen-Depression und Long-Covid unterschieden werden kann.
Quelle: Infosperber
und: Eva Herzig: „Da wird ein ungeheurer Druck ausgeübt“
Die Schauspielerin Eva Herzig bekam eine Rolle nicht, weil sie sich nicht gegen Corona impfen lassen will. Im Interview erklärt sie, was sie erlebt hat. […]
Haben Sie sich auch über die klassischen Medien informiert?
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Medien so umfassend berichten, wie das meinem Informationsbedürfnis entspricht. Ich fand es merkwürdig, dass immer die gleichen Informationen kamen. Mich hat auch gestört, dass viel mit Angst gearbeitet wird. Ich fand die Informationen nicht angemessen und fühle mich nicht aufgeklärt. Für mich sind die eigenen Beobachtungen und Gespräche wichtiger.
Warum?
Weil ich auf Eigenverantwortung setze. Es wird den Menschen zu wenig zugetraut. Dazu gehört auch, dass ich verpflichtet bin, mich bestmöglich zu informieren. Ich bin auch dafür verantwortlich, was ich weiß. Dann kann ich am Ende zu meiner Meinung stehen und auch die Verantwortung für andere übernehmen. Das ist für mich als Mutter sehr wichtig. Ich habe eine Verantwortung für meine Kinder.
Wie sind Sie bisher durch die Corona-Pandemie gekommen?
Es war eine sehr schwierige Zeit, vor allem für meine Kinder. Vor einem Jahr ist der Vater meiner Kinder gestorben, was für die Jungs eine schwere Belastung ist. Mein Zwölfjähriger war schon vor der Pandemie sehr angeschlagen. Es war eine sehr belastete Situation. Er hatte sehr ernste Symptome. Als ich ihn in der Schule von der Maskenpflicht befreien lassen wollte und ein Attest vorgelegt habe, hat mir der Direktor gesagt: Das kann kein Arzt entscheiden. Ein Befreiung gäbe es nur bei einer schweren Lungenerkrankung. Und darüber entscheide ausschließlich die Schulbehörde. Der Direktor hat aber gesagt, dass er Verständnis für mich habe. Er nimmt sich übrigens jetzt eine Auszeit und geht nach Südafrika.
Quelle: Berliner Zeitung
- „Der Startschuss ist gefallen“
G7-Gipfel beschließt neue Maßnahmen gegen China. USA sehen sich im “Wettbewerb um den Sieg im 21. Jahrhundert” und stärken Kooperation mit Verbündeten – auch militärisch.
Mit einer neuen, die ganze Welt umspannenden Infrastrukturinitiative wollen die führenden westlichen Industriestaaten (G7) gegen Chinas Neue Seidenstraße konkurrieren. Das Vorhaben, auf das sich die G7 auf ihrem gestern zu Ende gegangenen Gipfeltreffen in Cornwall geeinigt haben, trägt das Motto “Build Back Better World” (“B3W”); es soll in den kommenden Jahren “Hunderte von Milliarden Dollar an Infrastrukturinvestitionen” für Entwicklungsländer mobilisieren. Freilich ist die Finanzierung noch vollkommen ungeklärt. Ähnlich ambitionierte Initiativen, die der Neuen Seidenstraße das Wasser abgraben sollten, sind in den vergangenen Jahren von der EU bzw. von Japan und Indien gestartet worden, blieben aber ohne Erfolg. Die aktuelle G7-Initiative ist Teil einer breiten Offensive der Vereinigten Staaten gegen China, die ein gewaltiges High-Tech-Förderprogramm und militärische Maßnahmen inklusive einer Stärkung der Kooperation mit den Verbündeten umfasst. US-Präsident Joe Biden konstatiert: “Wir sind in einem Wettbewerb um den Sieg im 21. Jahrhundert, und der Startschuss ist gefallen.”
Quelle: German Foreign Policy
dazu: Der große Krieg
Vor dem Beginn der Asien-Pazifik-Fahrt der deutschen Fregatte Bayern schwillt unter hochrangigen US-Militärs die Debatte über Form und Zeitpunkt eines möglichen großen Krieges gegen China an. Admiral a.D. James G. Stavridis, Ex-NATO-Oberbefehlshaber und Autor eines aktuellen Romans über einen solchen Krieg, hielt bis vor kurzem den Beginn von Kämpfen im kommenden Jahrzehnt für denkbar. Als mögliche Auslöser gelten die Auseinandersetzungen um Taiwan oder um Inseln im Süd- und im Ostchinesischen Meer. Allerdings verschiebt sich Stavridis zufolge das militärische Kräfteverhältnis zwischen den USA und China rasant, und zwar zugunsten der Volksrepublik, die in Teilbereichen – etwa bei der Anzahl ihrer Kriegsschiffe oder in der Cyberkriegführung – bereits aufgeholt habe. Stavridis warnt mittlerweile, “die Schlacht” zwischen Washington und Beijing könne “viel früher kommen”. Dabei spielten US-Verbündete eine zentrale Rolle; die USA bänden sie gezielt in immer “aggressivere” Operationen etwa im Südchinesischen Meer ein. Zu den erwähnten Verbündeten gehört auch Deutschland.
Quelle: German Foreign Policy
und: Peking über G7-Staaten empört: „Hört auf mit dem Verleumden Chinas“
Chinesische Offizielle äußerten ihren Unmut über das gemeinsame Kommuniqué, das die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten im Anschluss an ihr Treffen im britischen Cornwall beschlossen hatten. In dieser gemeinsamen Erklärung warfen diese westlichen Staaten der Volksrepublik China erneut Menschenrechtsverletzungen vor. Zudem kritisierten sie die Politik Chinas in Bezug auf seine Sonderverwaltungszone Honkong, auf die chinesische Autonome Provinz Xinjiang sowie gegenüber Taiwan, das völkerrechtlich als eine – wenn auch abtrünnige – Provinz Chinas eingestuft wird.
Ein Sprecher der Botschaft der Volksrepublik China im Vereinigten Königreich erklärte am Montag den „starken Widerstand“ Chinas gegenüber den Vorwürfen der westlichen Staaten. Deren Kritik basiere auf „Verzerrung von Tatsachen“. Der Sprecher rief die G7-Staaten dazu auf, dass sie aufhören sollten, sich in Chinas innere Angelegenheiten einzumischen. Westliche Staaten müssten sich mit der Realität abfinden, dass Hongkong vor 24 Jahren an die Volksrepublik China zurückgegeben wurde. Er erklärte:
„Wir fordern die USA und die anderen Mitglieder der G7 auf, die Tatsachen zu respektieren, die Situation anzuerkennen, mit der Verleumdung Chinas aufzuhören, sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen, den Interessen Chinas nicht mehr zu schaden und mehr Dinge zu tun, die der Förderung der internationalen Zusammenarbeit dienen, anstatt künstlich Konfrontationen und Reibereien zu erzeugen.“ (…)
Bereits am Samstag hatte sich die chinesische Botschaft relativierend über das Treffen in Cornwall geäußert:
„Die Zeiten, in denen globale Entscheidungen durch eine kleine Gruppe von Staaten diktiert wurden, sind lange vorbei.“
Alle Staaten, egal ob groß oder klein, stark oder schwach, reich oder arm, seien gleich. Internationale Fragen müssten durch die gemeinsamen Konsultationen aller Staaten gelöst werden.
Es gebe nur eine Ordnung in der Welt, und das sei das internationale System mit den Vereinten Nationen im Zentrum, das auf das Völkerrecht basiere. Die grundlegenden Normen internationaler Beziehungen seien durch die UN-Charta vorgegeben, nicht durch „angebliche Regeln, die von einer kleinen Anzahl von Staaten verfasst werden“ – ein offener Hinweis auf die Ambitionen der G7-Staaten.
Quelle: RT DE
Anmerkung Christian Reimann: Offensichtlich haben Repräsentanten Chinas das Völkerrecht und seine Strukturen besser verstanden als die Entscheidungsträgerschaft der westlichen G7-Staaten.
- China: Besonders üble Ausbeutung, repressiver Staat, Neokolonialismus, Uiguren, Hongkong
Ist damit alles gesagt? Versuch einer Versachlichung gegen die weitgehend geschlossene Meinungsfront im West, dass China ein besonders schlimmes System ist
China ist indiskutabel, ein schlimmer Staat. Darin sind sich viele einig – auch Leute, die einiges am deutschen Staat zu kritisieren und politisch ansonsten eher wenig Schnittmengen haben. Linksliberale, Gewerkschaftler, Anarchisten, Grüne und Antifa-Gruppen – sie alle eint die Vorstellung, dass Chinas Kapitalismus extra-ausbeuterisch ist und der chinesische Staat besonders repressiv auftritt. Fallen dann noch die Stichworte „Uiguren“ bzw. „Hongkong“, weiß jeder – auch auf Basis einer ziemlich dürftigen Informationsgrundlage und ohne weitere Auseinandersetzung – Bescheid. Gegen diese ziemlich geschlossene Meinungsfront hier einige abweichende Überlegungen.
China als besonders ausbeuterischer Kapitalismus
Natürlich werden in China Arbeiter_innen ausgebeutet – und zwar systematisch. Die regierende KP hat schließlich ab 1978 kapitalistisches Wirtschaften durchgesetzt – kopiert hat sie dieses Prinzip übrigens vom Westen, der in diesem Fall kein geistiges Eigentum verletzt sah!
China ist damit sehr spät in einen bereits fix und fertig organisierten Weltmarkt eingestiegen, den die erfolgreichen westlichen Staaten seit mehr als 150 Jahren durch die Ausbeutung ihrer Arbeiter_innen für das Wachstum ihrer Kapitale benutzt hatten (Ausplünderung der Kolonien inbegriffen!). Um westliches Kapital anzulocken, musste der asiatische Neueinsteiger vor allem zu Beginn (solange China selbst noch kein attraktiver Markt darstellte) besondere Angebote machen: Billigkeit seiner Arbeitskräfte, lange Arbeitszeiten, schlechte Arbeitsbedingungen.
Wer diese „Extra-Ausbeutung“ kritisieren will, hat insofern zwei Adressen: 1. den chinesischen Staat, der seine Leute als Sonderangebot für westliche Unternehmen herrichtet und 2. die hiesigen Kapitale und Staaten, die das mit Kusshand wahrgenommen haben. Die letzteren haben sich dann übrigens mit Hinweis auf die von ihnen genutzten chinesischen Billiglöhne erpresserisch gegen das Lohnniveau und die sozialstaatlichen Standards in ihren westlichen Heimatländern gewandt und das Verhältnis von Lohn und Leistung in ihrem Sinne erfolgreich gesenkt. Und im Jahr 2008 haben sich vor allem US-amerikanische Firmen gegen ein chinesisches Arbeitsgesetz gestellt, das allgemeine Arbeitsverträge und Kündigungsschutz auch für die in Joint Ventures eingesetzten Wanderarbeiter vorsah.
An all dem wird vor allem eines klar: Die Vorstellung von „schlimmen“ und „weniger schlimmen“ kapitalistischen Unternehmen oder Staaten führt zu geistigen Irrwegen. Es ist vielmehr das eine und unteilbare Sachgesetz der kapitalistischen Konkurrenz, das bei den verschiedenen nationalen Standorten zu unterschiedlichen Konsequenzen führt. Im Falle Chinas (wie übrigens durchgängig in der sog. Dritten Welt, die darum konkurriert, Ziel westlicher Kapitalinvestitionen zu werden) sind Billigkeit und relative Rechtlosigkeit seiner Arbeiter entscheidende Pluspunkte für die Anlageentscheidungen westlicher Kapitale. Mit der bitteren Konsequenz, dass der weltweite Zugriff auf billige Arbeitskräfte die Lage der westlichen (Industrie)Arbeiter massiv verschlechtert: Entweder verlieren sie ihre Arbeitsplätze oder sie müssen Lohneinbußen/schlechtere Arbeitsbedingungen und Sozialstandards hinnehmen – diese Auswirkungen der „Globalisierung“ genannten Expansion des Kapitals sind in den entsprechenden Sozialstatistiken gut abzulesen.
Die Kritik an China sollte also m.E. nicht lauten, dass es ökonomisch etwas anderes (oder besonders „Schlimmes“) macht, sondern dass es dasselbe System eingeführt hat wie das, das hier bei uns herrscht! Die Kritik zielt auf das System, nicht auf das besondere Land China.
Übrigens: Wenn sich in diesem Kontext Staaten, die von diesem System seit 150 Jahren erfolgreich leben, und ihre bezahlten Journalisten, die nichts für Veränderung übrig haben, geschweige denn für Revolutionen, als Hüter der Menschenrechte aufspielen und „brutale Ausbeutung“ in China anprangern, dann sollten einige Alarmknöpfe losgehen …
Quelle: Buchkomplizen
Anmerkung Marco Wenzel: Gute Analyse, lesenswert.
- Der dämonisierte Nachbar
Warum es höchste Zeit ist, dass Deutsche das hierzulande herrschende Russlandbild überarbeiten
Es nähert sich der 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion. Kommen Sie gleich auf das Datum? Bedeutet es etwas für Sie? Dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble ist es offenbar eher gleichgültig. Den Antrag der Linken, den 22. Juni im Plenum zu würdigen, bügelte er ab: Man solle bei „der bisherigen parlamentarischen Übung einer ungeteilten Erinnerung an den gesamten Verlauf“ des Krieges bleiben!
Der Vernichtungsfeldzug gegen die UdSSR soll also ebenso wenig hervorgehoben werden wie deren besonderer Beitrag zum Sieg über das Naziregime. Diesen schreibt man in westdeutscher Tradition vor allem den Amerikanern zu, den Briten noch und – sogar – den Franzosen. Den „eigenen“ Siegermächten, denen man verbunden war im Kalten Krieg.
Östlich der Front desselben war mit dem Versuch, eine gerechtere Gesellschaft aufzubauen, der Gedanke deutsch-sowjetischer Freundschaft verbunden. Das war nicht nur Staatsraison, sondern wurde für viele Herzenssache. Offenbar unvorstellbar im Westen, wo man nach 1945 vom Rassismus gegen die „Untermenschen“ nahtlos in eine antikommunistische Opferrolle fand: gegensätzliche Erfahrungswelten, die bis heute bestehen, auch wenn eine davon gesiegt zu haben scheint.
Quelle: der Freitag
- Der Welt-Gendarm, die Gipfel-Pleite – und der Flop bei der Entwicklungshilfe
Die Nato hat nach den Worten ihres Generalsekretärs „weder die politische Ambition noch die Streitkräfte noch das Geld, um der Gendarm der Welt zu sein“. Eine „globale Nato als eine Art zweite Vereinte Nationen wird es niemals geben“, sagte er wenige Tage vor dem Nato-Gipfel in Bukarest.
Das war 2008, der Generalsekretär hieß damals noch Jaap de Hoop Scheffer. Nur dreizehn Jahre später ist die “globale Nato“ dann doch noch Wirklichkeit geworden. Und Scheffers Nachfolger, Jens Stoltenberg, tut so, als sei es die normalste Sache der Welt.
Die Nato sei immer schon “out of area” aktiv gewesen, erklärte der Norweger – und verwies auf den Balkan oder Afghanistan. Also könne man sich doch nun auch um China und den Indopazifik kümmern. Oder um den Weltraum. Oder den Klimawandel.
Vom Nordatlantik in den Indopazifik
Doch so einfach ist das nicht. Schließlich ist die Nato eine Nordatlantische Allianz, keine indopazifische. Und die 30 Nato-Staaten haben weder die Streikräfte noch das Geld, um China in Schach zu halten, da hat Scheffer Recht behalten. Nur die USA könnten das tun – sie allein haben die nötige Power.
Warum lassen sich die EUropäer also auf diese Abweichung vom “North Atlantic Treaty” ein? Wie kann man übersehen, dass Biden die Beistands-Verpflichtung nach Artikel 5 des Nato-Vertrags bekräftigt, und gleichzeitig den Vertragsinhalt grundlegend verändert?
“In meinem Atlas gehört China nicht zum Atlantikraum, aber vielleicht hat auch meine Karte ein Problem.” [so] Frankreichs Präsident Macron
Weder Kanzlerin Merkel noch Präsident Macron können das erklären. Merkel redet von “Dialog” mit Peking – dabei ist der gerade wegen der EU-Sanktionen abgebrochen. Macron erkennt zwar immerhin, dass China nicht am Atlantik liegt – doch ein Nein kommt ihm nicht über die Lippen.
Europa hat sich über den Tisch ziehen lassen
Überzeugend ist das alles nicht. Die EUropäer haben sich von den USA über den Tisch ziehen lassen. Sie folgen der gefährlichen Obsession für China, die schon die Politik von Donald Trump prägte und lassen sich auf die schiefe Ebene der Blockbildung und Konfrontation führen.
Dabei wäre es im wohl verstandenen Interesse der EU, die Kooperation mit China fortzusetzen – für den Fall, dass nach Biden ein Trump II an die Macht kommt oder sonst etwas schief geht. Die EU sollte eine multipolare Weltordnung anstreben und sich von den USA emanzipieren, statt ihnen nachzulaufen.
Und sie sollte die Nato – ein Relikt aus dem Kalten Krieg – überflüssig machen, indem sie ein System kollektiver Sicherheit in Europa aufbaut. So war es Russland nach dem Ende des Kalten Kriegs versprochen worden, es war auch ‘mal gute deutsche Politik.
Doch das ist ebenso vergessen wir die Worte von Nato-General Scheffer…
Quelle: Lost in Europe
- Die Macht von übermächtigen Konzernen beschneiden
Große Unternehmen dominieren weite Teile der Wirtschaft wie den Digital- oder Finanzsektor. Dieser Trend verschärft sich, insbesondere durch die Digitalisierung. Gegen die zunehmende Monopolisierung der Märkte fordert LobbyControl mit 23 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen jetzt ein entschiedenes Vorgehen. Die Konzentration von wirtschaftlicher und politischer Macht schadet der Demokratie, der Gesellschaft und der Wirtschaft. Der Bundestag und die EU-Institutionen müssen es den Kartellbehörden ermöglichen, zukünftig in schwerwiegenden Fällen übermächtige Konzerne zu entflechten, das heißt aufzuspalten. Dies fordern wir mit dem Statement „Übermächtige Konzerne entflechten“(pdf).
Wenn wenige Konzerne Märkte kontrollieren, können sich diese einseitig ökonomische Vorteile verschaffen, die Politik in ihrem Sinne beeinflussen und soziale und ökologische Kosten auf die Gesellschaft abwälzen. Die mächtigen Unternehmen können höhere Gewinne durchsetzen, indem sie auf der Abnahmeseite die Preise drücken, Marktzugangsbedingungen bestimmen und Größenvorteile ausnutzen. Da Unternehmens- und Aktienbesitz sehr ungleich verteilt ist, führt Marktkonzentration so zu mehr Ungleichheit. (…)
Dennoch wird die übermäßige Marktmacht dominanter Konzerne von der Politik nicht angetastet. Die meisten Fusionen großer Unternehmen werden ohne strenge Auflagen genehmigt. Vermachtete Marktstrukturen mit wenigen Wettbewerbern aufzulösen, ist bislang in der Wirtschaftspolitik und im Kartellrecht nicht vorgesehen. Politik und Behörden in Europa wollen nur den Missbrauch von Marktmacht zu Lasten anderer Unternehmen begrenzen. Doch diese Versuche gleichen einem nicht enden wollenden Katz-und-Maus-Spiel. Die EU-Kommission führte zwar einzelne spektakuläre Verfahren. Sie verhängte hohe Strafen gegen Konzerne wie Google, weil sie ihre Marktmacht missbraucht hatten. Aber diese Verfahren sind langwierig und schwierig. Selbst wenn es Strafen gibt, führen diese nicht zu einer Auflösung der zugrundeliegenden Machtstellungen. Mit verhaltensorientierten Abhilfemaßnahmen allein lässt sich das Problem nicht lösen.
Deshalb brauchen wir weitere Instrumente. Die deutsche und europäische Politik muss Entflechtung zu einem einsatzfähigen Instrument der Kartell- und Regulierungsbehörden machen. Wenn eine große strukturelle Abhängigkeit von einem Konzern besteht und dieser derart marktmächtig ist, dass dies schwerwiegende Folgen für die Gesellschaft hat, muss eine solche Entmachtung ohne den Nachweis eines Missbrauchs möglich sein (sogenannte missbrauchsunabhängige Entflechtung). Entflechtungen können vermachtete Marktstrukturen aufbrechen und eine funktionierende Regulierung im Sinne des Gemeinwohls erleichtern. (…)
Deutschland und EU brauchen ein neues Entflechtungsinstrument
In Deutschland und Europa fehlen aber die rechtlichen Voraussetzungen dafür. Dabei gab es auch in Deutschland seit den 1960er Jahren immer wieder Forderungen nach einem Entflechtungsinstrument. Die Politik sollte sich in Deutschland und in der EU dafür einsetzen, die Marktkonzentration zu beschränken und die rechtlichen Grundlagen für eine missbrauchsunabhängige Entflechtung zu schaffen.
Wir müssen wieder stärker begreifen, dass die Konzentration ökonomischer Macht auch eine Gefahr für die Demokratie ist. Es ist nicht nur eine ökonomische Frage. Wir brauchen eine umfassende und offene Debatte darüber, wie übergroße Konzernmacht begrenzt und ihre negativen Auswirkungen eingedämmt werden können.
Quelle: LobbyControl
passend dazu: Amerika knöpft sich seine Tech-Giganten vor
Es ist ein gewaltiger Schuss vor den Bug der Tech-Giganten aus dem Silicon Valley: Das Abgeordnetenhaus im amerikanischen Kongress hat am Freitag gleich fünf Gesetzentwürfe vorgelegt, die darauf abzielen, die Macht von Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon und Apple zu begrenzen. (…)
Bemerkenswert ist, dass es für diese Initiativen zumindest ein Stück weit überparteiliche Unterstützung gibt. Alle fünf Entwürfe wurden von je einem Vertreter beider großer Parteien auf den Weg gebracht.
David Cicilline von den Demokraten, der den Kartellausschuss im Abgeordnetenhaus leitet, sagte: „Unregulierte Tech-Konzerne haben im Moment zu viel Macht über unsere Wirtschaft.“ Ken Buck von den Republikanern sagte, Apple, Amazon, Facebook und Google sicherten sich auf wettbewerbswidrige Weise ihre Monopolpositionen. (…)
Im Herbst gaben die Demokraten einen fast 450 Seiten langen und scharf formulierten Abschlussbericht heraus. Darin hieß es, die vier Unternehmen seien heute „die Art von Monopolen, die wir zuletzt in der Ära von Ölbaronen und Eisenbahn-Tycoons gesehen haben“. Dieser Bericht dürfte eine Art Leitfaden für die jetzt vorgestellten Gesetze gewesen sein.
Quelle: Frankfurter Allgemeine
- Versagende Sozialpolitik: Dichtung und Wahrheit im Armutsbericht
Wie schafft man es, unangenehme Wahrheiten verschwinden zu lassen? Indem man sie geschickt formuliert. Der Armutsbericht der Bundesregierung ist ein Musterbeispiel für diese Art Amtsprosa. Auch aus totalem Versagen in der Sozialpolitik lassen sich noch beeindruckende Sätze drechseln. (…)
Kleines Beispiel gefällig?
“War im Jahr 1995 noch jede dritte arbeitslose Person der Lage ‘Mitte’ zuzuordnen und nur jede siebte der Lage ‘Armut’, so veränderten sich die Größenordnungen bereits 2005 drastisch: Nunmehr war gut jede dritte arbeitslose Person in der Lage ‘Armut’ anzufinden, während nicht einmal mehr jede vierte der ‘Mitte’ angehörte. Diese Tendenzen verstärkten sich mit dem allgemeinen Rückgang der Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2015, so dass in diesem Jahr knapp zwei Drittel aller Arbeitslosen der Lage ‘Armut’ angehört haben und nahezu alle anderen den angrenzenden Lagen bis zur ‘Mitte’. Im Ergebnis lässt sich eine zunehmende Konzentration von Arbeitslosen in der Lage der ‘Armut’ konstatieren.”
Ups. Wie ist das nur passiert? Erst ist ein Siebtel der Arbeitslosen arm, dann ein Drittel, und inzwischen zwei Drittel. Einfach so.
Es braucht nicht viel Hirnschmalz, um zu erkennen, dass da ein im Jahr 2005 eingeführtes Gesetz namens SGBII, besser bekannt als Hartz IV, eine Rolle gespielt hat. Ein Gesetz, das sich nicht selbst gemacht hat, sondern in einem Parlament namens Bundestag verabschiedet wurde. Die hier erwähnten Verschlechterungen sind eine Leistung der Politik, das war so gewollt. (…)
Übrigens, auch in diesem Armutsbericht sind die Alleinerziehenden so gut wie verschwunden. Das ist schon seit Jahrzehnten die gesellschaftliche Gruppe mit dem höchsten Armutsrisiko; und da hat auch mehr Kinderbetreuung und ein höherer Anteil der Alleinerziehenden, die arbeiten, nichts daran geändert.
Wie viele arme wohnungslose Alleinerziehende die BRD hat, gibt der Bericht übrigens nicht her. Schon allein deshalb, weil an den meisten Orten eine wohnungslose Alleinerziehende sehr schnell eine alleinstehende Frau ist, weil die Kinder in die stationäre Jugendhilfe verschwinden. Das löst natürlich gar nichts, aber wenigstens die Statistik ist aufgeräumt.
Das Grundproblem mit der Messung der Armut insbesondere in der BRD wird natürlich im Bericht auch nicht besprochen. Die Armutsgrenze orientiert sich immer am Median-, nicht am Durchschnittseinkommen. Das Medianeinkommen ist so definiert, dass genau je die Hälfte der Einkommen darüber und darunter liegen.
Wenn nun über einen langen Zeitraum hinweg nur ein geringer Teil des Wohlstandszuwachses überhaupt bei den Lohnempfängern landet, dann verändert sich auch der Median nicht. Das heißt, obwohl die unterste Gruppe der Bevölkerung im Verhältnis zur obersten immer weniger hat, wird das nicht als Armut sichtbar.
Quelle: Dagmar Henn in RT DE
- 35 Jahre arbeiten und dann Hartz-IV-Rente? Sie verschweigen uns die Wahrheit, Herr Altmaier!
Österreichs Rentner bekommen knapp 90 Prozent ihres letzten Nettoverdiensts, deutsche Rentner nur knapp 50 Prozent. Nach 35 Jahren Arbeit mit mittlerem Einkommen erwerben Deutsche zurzeit Rentenansprüche auf Hartz-IV-Niveau. Warum? Deutschland hat keine überalterte Gesellschaft, nein: In Deutschland verdienen Arbeiter immer weniger Geld. Dadurch fließt auch immer weniger Geld in die Rentenkasse, Herr Altmaier.
Das war Peter Altmaier vermutlich gar nicht recht: Da zettelt sein Wissenschaftlicher Beirat doch keine drei Monate vor der Bundestagswahl eine Debatte über die Erhöhung des Rentenalters auf 68 Jahre an! Derart unpopuläre Pläne präsentiert man dem Bürger bekanntlich lieber erst nach dem Urnengang. Für den Wähler hat die Forderung aus Altmaiers Ministerium immerhin den Vorteil, dass er weiß, was ihn erwartet, wenn Angela Merkels Erben auch nach dem September 2021, wahrscheinlich mit tatkräftiger Unterstützung der Grünen, weitermachen können. Alternativlos, wie die vermeintlichen Experten es darstellen, ist die Rente ab 68 jedenfalls nicht.
Jeder weiß es: Die Corona-Zeit war für die Staatsfinanzen keine gute. Zwar hat die Regierung bei Unterstützungsleistungen für Einzelhändler, Gastwirte, Freiberufler und viele andere, die dringend Hilfe gebraucht hätten, eher geknausert, aber Mondpreise für Masken, Zahlungen für Intensivbetten, die nie geschaffen wurden, und üppige Staatshilfen für Konzerne wie Daimler, die zum Dank jetzt die Dividende erhöhen, wollen finanziert sein. Von den immensen Steuerausfällen durch die langen Lockdowns ganz zu schweigen. Irgendeiner muss am Ende die Rechnung bezahlen, und die Rentendebatte deutet schon mal darauf hin, dass das wohl nicht die gut 119 Milliardäre in Deutschland sein werden, deren Vermögen an und mit der Corona-Politik der Bundesregierung um weitere 100 Milliarden Euro angewachsen ist.
Quelle: Sahra Wagenknecht auf Focus Online
- Miete: Fast die Hälfte der Haushalte in deutschen Großstädten tragen eine prekär hohe Belastung – mehr als 1,5 Millionen leistbare und angemessene Wohnungen fehlen
49,2 Prozent der rund 8,4 Millionen Haushalte, die in Deutschlands Großstädten zur Miete wohnen, müssen mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens ausgeben, um ihre Miete (bruttowarm) zu bezahlen. Das entspricht mehr als 4,1 Millionen Haushalten, in denen etwa 6,5 Millionen Menschen leben. Dabei sind eventuelle Sozialtransfers und Wohngeld bereits berücksichtigt. Bei Sozialwissenschaftlern wie bei Immobilienexperten gilt eine Mietbelastungsquote oberhalb von 30 Prozent des Haushaltseinkommens insbesondere bei Haushalten mit niedrigerem Einkommen als problematisch, weil dann nur noch relativ wenig Geld zur sonstigen Lebensführung bleibt. Auch viele Vermieter ziehen hier eine Grenze, weil sie zweifeln, dass Mieter sich mit weniger Einkommen ihre Wohnung dauerhaft leisten können. Gut ein Viertel (25,9 Prozent) der Haushalte in den 77 deutschen Großstädten, das entspricht knapp 2,2 Millionen Haushalten mit knapp 3,1 Millionen Bewohnerinnen und Bewohnern, müssen sogar mindestens 40 Prozent ihres Einkommens für Warmmiete und Nebenkosten aufwenden, knapp 12 Prozent oder fast eine Million Haushalte gar mehr als die Hälfte. Die mittlere Mietbelastungsquote (Medianwert) für alle Mieterhaushalte in Großstädten liegt bei 29,8 Prozent für die Bruttowarmmiete und damit knapp unter der Überlastungsgrenze. Das ergibt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Das Forschungsteam um den HU-Stadtsoziologen Dr. Andrej Holm hat dafür die neuesten verfügbaren Daten des Mikrozensus ausgewertet. Auf dieser Basis liefert die Untersuchung für 2018 auch detaillierte Zahlen für jede einzelne Großstadt in der Bundesrepublik.
Quelle: Hans Böckler Stiftung
- 3,8 Millionen Bürger zahlen den Spitzensteuersatz – der greift beim 1,4-fachen Durchschnittslohn
Infolge der Pandemie haben deutlich weniger Steuerzahler den Spitzensteuersatz gezahlt. Dennoch wollen die Parteien den Satz von 42 Prozent später greifen lassen als bisher.
Die Coronakrise hat die Schwächsten in der Gesellschaft besonders hart getroffen. Aber nicht nur sie. Auch Spitzenverdiener mussten teils erhebliche Einkommenseinbußen verkraften. Dies untermauern neue Berechnungen des Bundesfinanzministeriums, die dem Handelsblatt vorliegen.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Es ist richtig und angemessen, die kalte Progression dadurch auszugleichen, dass man die Steuertarife (und auch den Spitzensteuersatz) “nach rechts” verschiebt, so dass er etwas später greift. Aber interessant ist, wie wenige Menschen betroffen sind, vor allem gemessen an dem Bohei, den unsere Wirtschaftsparteien um die Besteuerung der angeblichen “Leistungsträger” “aus der Mitte der Gesellschaft” machen: es sind gerade mal 6,3% aller Steuerzahler. Und da der Spitzensteuersatz laut Artikel erst bei 57.000 Euro greift, sind außer ein paar Tausend Facharbeitern “beim Daimler” und in ähnlichen Großbetrieben eben gerade nicht “die Facharbeiter” betroffen. Berücksichtigt man noch, dass bei Verheirateten der Spitzensteuersatz erst ab 114.000 Euro fällig wird, bei Familien mit Kindern noch mal höher, und dass Menschen mit z. B. 67.000 Euro jährlich eine Senkung des Spitzensteuersatzes um 1 Prozentpunkt (für die letzten 10.000 Euro, also 100 Euro weniger Steuerzahlung im Jahr) kaum merken würden, machen die Wirtschaftsparteien (vor allem Union und FDP) mit Spitzensteuersatzsenkungen nur Klientelpolitik für die Bestverdiener mit über 100.000 Euro (Single) bzw. über 200.000 Euro (verheiratet). Diese 2 oder 3 Prozent der Bevölkerung, denen es eh schon (finanziell) am besten geht, nennen sie dann “die Mitte der Gesellschaft” – die “Mitte”, die z. B. 500.000 Euro im Jahr bekommt und bei 1 Prozentpunkt weniger Spitzensteuersatz 5.000 Euro mehr behält, was den Staat, also “alle anderen”, 2 Milliarden Euro im Jahr kostet. Leider sind zu viele zu unaufmerksam, um den Betrug zu bemerken.
- UN-Charta-Patrioten: Ein neues Verständnis von Sicherheit
Eine Grün-Rot-Rosa-Koalition könnte sich in der Sicherheitspolitik auf Völkerrechtspatriotismus einigen und so den Kernthemen ihrer Wählerschaft näherkommen.
Die Chancen auf einen Politikwechsel durch eine grün-rot-rote Koalition im Bund sind gering. Das Zerwürfnis über die Frage von Kriegseinsätzen scheint unüberwindbar, will man seine Grundsätze nicht aufgeben. Dem soll hier widersprochen werden. Der gemeinsame Nenner liegt auf der Hand: die UN-Charta. Sie erlaubt unter strengen Voraussetzungen militärische Interventionen. Will die kleine Linke mit ihrer grundsätzlichen Ablehnung etwa moralischer sein als die große Weltgemeinschaft?
„Ich bin Völkerrechtlerin“, zitiert der Spiegel Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Schließlich hat sie ihren Master in Völkerrecht an der London School of Economics gemacht. Bewaffnete Einsätze der Bundeswehr sind bei den Grünen als Ultima Ratio möglich, wenn sie ein Mandat der Uno haben. Hat man denn in London nicht gelehrt, dass es seit Existenz der Uno noch keine einzige Militärintervention gab, die ihrer Charta gerecht wurde? Weil diese sehr viel mehr voraussetzt als ein Mandat des Sicherheitsrates? Im öffentlichen Bewusstsein ist solches Detailwissen tabuisiert.
Nach den Schreckenserfahrungen des 2. Weltkrieges hielten es die Völker für nötig, sehr hohe Hürden aufzubauen, bevor je wieder militärische Gewalt angewendet werden dürfte. Damit von den natürlichen Ressourcen der Welt „möglichst wenig für Rüstungszwecke abgezweigt wird“, beauftragt Art. 26 den Sicherheitsrat, Pläne für ein „System der Rüstungsregelung“ vorzulegen. Dies ist nie geschehen. Mächtige Wirtschaftsinteressen haben es verhindert.
Quelle: Daniela Dahn in der Berliner Zeitung
- Einspruch abgelehnt
Die Grünen haben ihr Wahlprogramm festgelegt. Der Parteitag war eine Machtdemonstration der bürgerlichen Parteispitze.
(…) Die Basis hatte über 3.000 Änderungsanträge an dem vom Parteivorstand erarbeiteten Wahlprogrammentwurf eingereicht. Viele davon sollten dem Programm eine sozialere und ökologischere Ausrichtung geben. In nahezu allen Abstimmungen setzte sich am Ende der Parteivorstand durch.
Insbesondere für die Grüne Jugend, aber auch für weitere linke Kräfte in der Partei ist das eine herbe Niederlage. Soziale Forderungen nach der Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne, einem höheren Spitzen- und Vermögenssteuersatz, einem höheren Mindestlohn, einer kommunalen Job-Garantie, aber auch klimapolitische Forderungen nach einem höheren CO2-Preis, einem Tempolimit auf Landstraßen und einem früheren Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor wurden von der ersten Riege der Parteiprominenz abgelehnt…
Die Geschlossenheit, mit der die Parteispitze gegen die linken Forderungen argumentierte, belegen, was schon der Programmentwurf erahnen ließ: Das bevorzugte Regierungsbündnis der Grünen ist nicht links, sondern rechts der Mitte zu verorten.
Die Parteispitze war auf dem Parteitag nicht um eine inhaltliche Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Strömungen innerhalb der Partei bemüht, sondern um die maximale Offenhaltung aller Koalitionsoptionen. Eine klare strategische Ausrichtung auf Grün-Rot-Rot mit ambitioniertem sozial- und klimapolitischem Fokus ist im Wahlprogramm nicht zu erkennen…
(…) Für schöne Fotos und unverbindliche Forderungen sonnt sich die Partei gerne in der Aufmerksamkeit außerparlamentarischer politischer Kräfte. Wenn es allerdings darum geht, die berechtigten Forderungen der Bewegungen konkret in das Wahlprogramm zu integrieren, ist bei den Grünen die Sorge ums Klima weniger groß als die Angst vor dem Verlust bürgerlicher Wählerstimmen…
Denn auch wenn in Führungsfragen Einigkeit herrscht und das Programm letztendlich mit der Zustimmung einer großen Mehrheit beschlossen wurde, sollte nicht übersehen werden, dass es keine einzige der Kernforderungen der linken Kräfte in das Wahlprogramm geschafft hat. Dieses Programm ist kein Kompromiss, sondern ein Manifest des Vorstandes. Die Grüne Jugend und die ansonsten von der Partei hofierten politischen Bewegungen sind die großen Verlierer des Parteitags. Das Versprechen progressive Forderungen von der Straße in die Parlamente zu tragen, wurde in keiner Weise eingelöst….
Quelle: Jacobin
dazu: Kumpel Kaeser nennt es „Inclusive Capitalism“
Wahlkampf Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft macht Stimmung gegen Annalena Baerbock. Nach dem Parteitag fragt man sich: Warum eigentlich? Kapital und Grüne – das passt
(…) Dabei müssen sich weite Teile der Wirtschaft vor den Grünen alles andere als fürchten. Das bewies die Partei eindrucksvoll beim Parteitag, auf dem das Wahlprogramm beschlossen wurde. Pragmatisch, konstruktiv, auf Augenhöhe mit den Chefetagen schmetterten Zwei-Drittel der Delegierten einen Antrag ab, der die Anhebung der Hartz-IV-Bezüge um 200 Euro vorsah. Die Abschaffung der Schuldenbremse ist ebenso durchgefallen, wie es mit Grünen keine Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen geben soll. Auch ein Antrag, den Spitzensteuersatz auf 53 Prozent zu erhöhen, scheiterte – der Parteitag beschloss eine „moderate“ Anhebung auf 48 Prozent. Durchatmen bei den Reichen. Auch die Autoindustrie hatte Grund zur Freude: Autos mit Verbrennungsmotor erst ab 2030 nicht mehr zugelassen werden dürfen – und nicht schon ab 2025. Und die Rüstungsindustrie freut es zu hören, dass die Grünen den Einsatz von Kampfdrohnen nicht kategorisch ausschließen.
Eine Gastrede hielt Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser. Der neue Aufsichtsratsvorsitzende von Siemens Energy, der sich selbst als „Believer in Inclusive Capitalism“ bezeichnet, warb beim Parteitag eindringlich für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft – in Abgrenzung zum Sozialismus. Den Grünen redete er ins Gewissen, die große Chance nicht zu vergeben, von der Abteilungsleitung Umwelt in den Vorstand Deutschland aufzusteigen.
Vorschusslorbeeren aus der Kapitalfraktion
Auch die Privatbanken haben längst keine Angst mehr vor Baerbock und Co.: Der Bundesverband deutscher Banken lobte Anfang Mai im Handelsblatt: Die Grünen hätten vielleicht als erste Partei verstanden, dass der Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft nur mit der Unterstützung der Banken und der Kapitalmärkte zu schaffen sei…
Bei so viel Vorschusslorbeeren wichtiger Kapitalfraktionen wundert es nicht, dass die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) die INSM-Kampagne kritisiert hat. „Persönliche Herabsetzungen und eine misslingende Verwendung christlicher Symbolik sind kein angemessener Umgang im notwendigen Wettstreit um politische Inhalte.“ Dies sei nicht der Stil der BDA.
Quelle: Der Freitag
- Eine einzige Pandemie-Farce
Ein Turnier in elf Städten, elf Ländern und mit 68.000 Fans im Stadion von Budapest – die Fakten lassen nicht wenige fremdeln mit dieser Fußball-EM. Sie ist in diesem Format in Corona-Zeiten die falsche Entscheidung und der letzte Beweis dafür, dass der Fußball eine absolute Sonderrolle hat.
Allein die Fakten lassen nicht wenige fremdeln mit dieser EM. Ein Turnier in elf Städten, in elf Ländern, viele Reisen quer über den Kontinent und sogar darüber hinaus. 68.000 Fans im voll besetzten Stadion von Budapest. Und das alles in diesen Zeiten.
… Diese EM dient, welch Überraschung, vor allem dazu, Sponsoren- und Fernsehgelder zu generieren, den Umsatz auf die nächste Stufe zu heben. …
Sonderrechte für den Fußball
Die UEFA braucht das Turnier zum finanziellen Überleben. So lässt sich auch verstehen, warum die Ausrichterstädte Bilbao und Dublin kurzerhand aussortiert wurden, als diese die eingeforderten Garantien nicht abgeben wollten, in jedem Fall Fans in die Stadien zu lassen.
Aber das kann sich eben nur der Fußball erlauben: Sonderrechte verlangen in der Pandemie. Da wird es schon fast zur Randnotiz, dass das Bundeskabinett allen Turnier-Akkreditierten die sonst übliche Quarantänepflicht erlassen hat, selbst wenn jemand aus einem Virusvariantengebiet einreist.
Quelle: Deutschlandfunk
Anmerkung Jens Berger: Eine Farce ist vor allem die Berichterstattung und damit verbunden auch ein großer Teil der Reaktionen. Es wird nämlich gerne unterschlagen, dass Ungarn nur geimpfte oder nachweislich genesene Fans ins Stadion gelassen hat. Die „Alarmisten-Fraktion“, die nun Zeter und Mordio schreit, glaubt offenbar nicht an das Konzept von Impfungen und erweist sich einmal mehr – um in ihren Worten zu sprechen – als „Impfskeptiker“. Auf der anderen Seite wurde das volle Stadion in Budapest gestern in den sozialen Netzwerken von denen freudig als Rückkehr in die Normalität gefeiert, die langläufig als „Querdenker“ bezeichnet werden. Gerade die müssten aber eigentlich Zeter und Mordio schreien, da die Zugangsbeschränkung für Geimpfte und Genesene genau die „indirekte Impfpflicht“ ist, vor der sie immer – und dies ja nicht zu Unrecht – warnen.
dazu: Das verdammte Olympia wird doch stattfinden
Japan braucht bestimmt keine Olympischen Spiele. Trotzdem marschiert die Olympische Armee weiter und verdient gewaltige Summen, während viele Länder kurz vor dem Bankrott stehen. Die Spiele sind vor allem ein gigantisches Geschäft für das IOC, Sponsoren, Bauunternehmer – und manchmal für korrupte Politiker.
Sie war die erste japanische Judo-Weltmeisterin und hat bei den Olympischen Spielen 1988 eine Bronzemedaille gewonnen: Kaori Yamaguchi. Heute ist sie Mitglied des japanischen olympischen Komitees und erklärte kürzlich etwas sehr Ungewöhnliches – zumindest für ein Vorstandsmitglied des japanischen Olympischen Komitees. Sie schrieb in einem Kommentar, Japan sei dazu gedrängt worden, die diesjährigen Spiele während einer Pandemie abzuhalten: “Wozu gibt es diese Olympischen Spiele und für wen? Die Spiele haben ihre Bedeutung schon verloren und werden nur um ihrer selbst willen abgehalten. Ich glaube, wir haben die Gelegenheit zur Absage verpasst (…) Wir sind in eine Situation gedrängt worden, in der wir nicht einmal mehr aufhören können. Wir sind verdammt, wenn wir es tun, und verdammt, wenn wir es nicht tun.”
Finden die Spiele nur für japanische Politiker zur Imagepflege statt?
Yamaguchi ist nicht die Einzige, die so denkt. Ein führender japanischer Mediziner warnte: Wenn die Spiele wie geplant stattfänden, werde zu neuen Corona-Infektionen führen und sei „nicht normal“. Über 80 Prozent der Japanerinnen und Japaner wollen, dass die Spiele entweder verschoben oder abgesagt werden. Die zweitgrößte Zeitung des Landes, Asahi Shimbun, ist zwar offizielle Sponsorin der Spiele, hat aber dennoch die Regierung dringend aufgefordert, das Vorhaben aufzugeben. Wenn die Spiele tatsächlich stattfinden, was äußerst wahrscheinlich ist, werden die Wettkämpfe in zum größten Teil leeren Stadien stattfinden, die zu hohen Kosten gebaut wurden.
Yamaguchis Frage ist mithin mehr als berechtigt: Für wen werden die Olympischen Spiele veranstaltet?
Quelle: Gegenblende
Anmerkung Marco Wenzel: Ein an sich lesenswerter Beitrag, der niederländische Autor kommt aber leider nicht ohne einen undifferenzierten Seitenhieb auf Nordkorea und „Wladimir Putins Winterspiele von 2014“ aus. Schade eigentlich. „Diese Treffen marschierender, Flaggen schwingender, uniformierter Athleten ist ein Anachronismus aus dem 19. Jahrhundert.“ Ja, das stimmt. Aber das lieben auch die westlichen Länder, die die Athleten als Kämpfer für ihr Land und sein System sehen und sie ins olympische Rennen um Medaillen für „ihr Land“ schicken. Der Geist, der dahintersteckt, ist derselbe, ob Russland, China oder die USA oder die BRD. Und die USA sind mit Sicherheit kein Vorbild für Frieden und Freiheit und auch ihre westlichen Anbeter und Gefolgsleute nicht. Woher also wieder die moralische Überheblichkeit?
- Das Menschenbild in der Politik und die unerträgliche Zweiklassengesellschaft
Saskia Esken warf Medienberichten zufolge dem Gesundheitsminister Jens Spahn eine beispiellose Verachtung für Teile der Gesellschaft vor und sein Menschenbild passe nicht in die aktuelle Regierung. Ursula Mathern wendet sich in einem offenen Brief an die SPD-Parteichefin, stimmt ihrer Aussage zu, hinterfragt aber das Menschenbild, das hinter der SPD-Politik steht in der Zeit, als die Partei den Kanzler stellte und in den 12 Jahren als sie als Juniorpartner in der Regierung war. (…)
Medienberichten zufolge warfen Sie Jens Spahn vorgestern eine „beispiellose Verachtung“ für Teile der Gesellschaft vor, weil er in der Pandemie in Deutschland nicht zertifizierte Masken an Obdachlose und Grundsicherungsempfänger und in Einrichtungen mit Menschen mit Behinderung verteilen lassen wollte. „Wer Menschen in dieser Gesellschaft in zwei Klassen einteilt, diejenigen, die ein Anrecht haben auf korrekte Masken und welche, die auch mit nicht ganz zu 100 Prozent wirksamen Masken abgespeist werden, der hat ein Menschenbild, das passt nicht in diese Regierung. Wenn das einer unseren Minister, eine unserer Ministerinnen wäre, wir wüssten was zu tun ist. Ich appelliere an Armin Laschet, diese Frage zu bedenken“, werden Sie in der FR zitiert.
Ich stimme Ihnen zu und begrüße es sehr, dass Sie die Frage des Menschenbildes ins Spiel bringen. Allerdings muss sich auch die SPD diesbezüglich deutliche Fragen gefallen lassen.
Welches Menschenbild steht hinter Hartz IV und der Agenda 2010? Seit der Einführung durch die damalige rot-grüne Regierung am 01.01.2005 werden Menschen durch dieses System „unten gehalten“, abgespeist mit einem Betrag, der gerade mal beim Existenzminimum liegt, mit unsinnigen Jobcenter-Maßnahmen verfolgt, mit Sanktionen bedroht, mit Diffamierungskampagnen von Politik und Medien der allgemeinen Verachtung preisgegeben. Was ist spätestens seit der Schröder/Fischer-Regierung aus der einst geachteten Arbeiterpartei SPD geworden? Natürlich gilt das nicht minder auch für die GRÜNEN.
Welches Menschenbild steht hinter all den Auslandseinsätzen der Bundeswehr, mit denen genau diese rot-grüne Regierung unter Verwendung faustdicker Lügen in Jugoslawien den Anfang machte?
Quelle: pressenza
dazu: “Man kann nicht ganz Deutschland mit Eigenheimen zubauen”
Viele Menschen fühlen sich nicht frei genug, um auf Konsum zugunsten von Freizeit zu verzichten, sagt der Ökonom Till van Treeck. Muss man Freiheit neu definieren?
ZEIT ONLINE: Dass zu viele SUV schlecht für die Umwelt sind, ist klar. Aber warum sind sie auch noch schlecht für den sozialen Frieden? Lange Jahre wurde von vielen Ökonomen – und das waren tatsächlich fast ausschließlich Männer – das Gegenteil behauptet. Deren Erzählung ging in etwa so: Jeder Mensch hat die Freiheit, sich anzustrengen, Geld zu verdienen und dann das auch auszugeben, auch für nutzlos schöne Dinge. Der Tellerwäscher kann zum Millionär werden. Und das wiederum ist nicht schädlich, sondern spornt all die anderen eher an, sich auch mehr anzustrengen. So etwas macht eine Gesellschaft dynamisch und innovativ.
Van Treeck: Das ist eine sehr verkürzte Sichtweise, denn viele Ökonom*innen tun sich nach wie vor schwer, über die Statusdimension des Konsumverhaltens, über sogenannte positionale Externalitäten, nachzudenken. Andere Wissenschaften wie die Soziologie sind da weiter. Das ist ein Problem, weil damit auch die Folgen ignoriert werden, und die sind drastisch. Denn in ungleichen Gesellschaften passiert Folgendes: Wenn das Einkommen reicher Menschen schneller wächst, können sie sich auch vergleichsweise mehr kaufen. Während einkommensschwächere Menschen dadurch relativ zurückfallen, signalisieren Reiche noch deutlicher ihren sozialen Status. Und es steigen zusätzlich noch ihre Aussichten auf künftigen ökonomischen Erfolg.
ZEIT ONLINE: Wieso?
Van Treeck: Gerade in besonders “freiheitsliebenden” Ländern wie den USA muss gute Bildung, eine gute Gesundheitsversorgung, gutes Wohnen auf privaten Märkten teuer bezahlt werden: Schon die Wahl des Kindergartens oder der Privatschule fürs Kind ist Teil des Statuskonsums und ermöglicht dem Kind zugleich einen viel besseren Einstieg ins Berufsleben. Wenn die Ungleichheit steigt und die Reichen immer mehr für solche Güter ausgeben, können die Nicht-Reichen das entweder hinnehmen und damit auch ihren sozialen und wirtschaftlichen Abstieg zulassen. Oder sie versuchen, den Reichen nachzueifern, verzichten auf Ersparnisse und Freizeit und arbeiten viel, um bei den gestiegenen Konsumnormen wenigsten ein bisschen mitzuhalten.
ZEIT ONLINE: Und was hat das nun mit der Klimakrise zu tun?
Van Treeck: Bei hoher Einkommensungleichheit gibt es am oberen Ende der Verteilung starke Anreize, sehr viel zu arbeiten, um Karriere zu machen und dadurch weiter zu den Spitzenverdienern zu gehören. Mit diesen Spitzeneinkommen ist ein besonders hoher sozialer Status verbunden, aber eben tendenziell auch ein Konsumstil, der allein aus ökologischen Gründen nicht verallgemeinerbar ist. Wenn die Mittelschicht ebenfalls viel arbeitet, um mit den Konsumnormen der Reichen mitzuhalten, wird immer mehr produziert, also steigen die CO2-Emissionen. Man könnte auch sagen: Da entsteht ein Arbeits- und Wachstumszwang, weil viele Menschen sich nicht frei genug fühlen, auf Konsum zugunsten von Freizeit zu verzichten. Weil sie mithalten wollen und mithalten müssen.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung JK: Ein interessantes Interview, dass die Erkenntnis bringt, dass eine Gesellschaft mit wenig sozialer Ungleichheit auch hinsichtlich des Klima- und Umweltschutzes besser abschneiden würde und das sich auch einmal die grünen Besserverdiener durchlesen sollten.