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Titel: Stoppt den Test-Irrsinn!

Datum: 27. Mai 2021 um 10:20 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Gesundheitspolitik, Innen- und Gesellschaftspolitik, Strategien der Meinungsmache
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Wer seinen Urlaub an der Ostsee verbringen will, muss vollständig geimpft sein oder sich zweimal die Woche testen lassen. Das Gleiche gilt vielerorts für den Besuch von Einzelhandelsgeschäften, Theatern, Zoos, Biergärten und der Außengastronomie, obgleich gerade im Außenbereich Infektionen selbst unter kompletter Vernachlässigung der sogenannten Hygieneregeln nur sehr theoretisch möglich sind. Ein Irrsinn, der die Menschen um den Verstand und die Wirtschaft um ihren so dringend nötigen Umsatz bringt. Obgleich dieser „Test-Irrsinn“ laut Gesetzgebung nur eine kurze Übergangslösung sein soll, werden zur Zeit tausende Testzentren aus dem Boden gestampft. Sinn macht das nicht und es geht hierbei auch nicht um die Verhinderung von Infektionen, sondern darum, die Menschen mürbe zu machen und ihre Impfbereitschaft zu erhöhen. Dies ist jedoch gar nicht nötig. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Dass einem Zutritt zu Kultureinrichtungen, Restaurants oder Biergärten nur mit einem Impfnachweis oder einem tagesaktuellen negativen Corona-Test gewährt wird, ist in den von Bund und Ländern verabschiedeten Öffnungsperspektiven nur für einen speziellen Fall und dabei auch nur für 14 Tage vorgesehen.

Von einem tagesaktuellen Test als Bedingung für eine Öffnung des Einzelhandels ist in diesem Papier wohlgemerkt überhaupt nicht die Rede. Davon ist in den unterschiedlichen Corona-Stufenplänen der Länder jedoch nicht viel übriggeblieben. Im Stufenplan des Landes Niedersachsen gilt ein negativer, tagesaktueller Testnachweis beispielsweise immer noch als zwingende Voraussetzung für den Zugang zur Außen- und Innengastronomie, Theater, Kinos, Sportveranstaltungen (auch außen), Zoos oder botanischen Gärten. Wer in Niedersachsen Urlaub machen will, muss sich sogar alle zwei Tage testen lassen. Nur „religiöse Veranstaltungen“ und der Einzelhandel haben es geschafft, vom Testzwang befreit zu werden – beim Einzelhandel war dies auch nur möglich, nachdem die Verbände auf die Barrikaden gegangen sind, und es gilt auch nur für Inzidenzen unter 50; aber immerhin, in anderen Bundesländern gibt es noch nicht einmal diese Ausnahmen.

Wer sich den niedersächsischen Stufenplan genauer anschaut, erkennt jedoch, dass sämtliche Regelungen, die einen Test zwingend vorschreiben, nur für Landkreise und Städte gelten, deren Inzidenz höher als 35 ist. Das trifft derzeit aber nur auf zehn niedersächsische Kreise zu. Im Landesdurchschnitt liegt die Inzidenz derzeit bei 27,9 mit stark fallender Tendenz. Sowohl der Öffnungsplan des Bundes als auch der Stufenplan des Landes sehen also zurzeit im Großteil des Landes gar keine Testpflicht als Zugangsbeschränkung vor und selbst für die zehn niedersächsischen Kreise, in denen die Inzidenz noch über 35 liegt, ist es derzeit nur eine Frage der Zeit, bis es auch dort keine Grundlage mehr für die Testpflicht gibt.

Dennoch vermeldete die niedersächsische Staatskanzlei vor wenigen Tagen voller Stolz, dass es im Land bereits 4.000 Testzentren gäbe und Anträge auf Akkreditierung für weitere 3.400(!) zusätzliche Testzentren vorlägen. Wofür?

Viel wurde in den letzten Wochen über eine „Rückgabe der Grundrechte“ an Geimpfte und Genesene geschrieben und gesprochen. Diese weitestgehend immunen Gruppen, die das Virus selbst in nahezu allen Fällen nicht weiterverbreiten können, sollen von der für den Rest der Bevölkerung geltenden Testpflicht befreit werden. Drehen wir es mal um: Wenn es keine Testpflicht gäbe, gäbe es auch keine Privilegien für Geimpfte – zumindest nicht im nationalen Rahmen.

Ist man nun ein „Verschwörungstheoretiker“, wenn man Eins und Eins zusammenzählt? Ist die Testpflicht letzten Endes nur das, was in der Verhaltensökonomik als „Nudging“ bezeichnet wird? Also eine Strategie, die Menschen in diesem Fall durch Schikanen mürbe zu machen, um die Impfbereitschaft zu erhöhen?

Einen epidemiologischen Grund für derartige Testungen gibt es nicht. Wenn ich mit ein paar Freunden im Biergarten, mit ein paar Bekannten oder auf der Terrasse meines Lieblingsrestaurants sitze oder mit den Kindern im Zoo unterwegs bin, besteht kein nennenswertes Infektionsrisiko – schon gar nicht, wenn die ja weiterhin gültigen sonstigen Hygieneregeln eingehalten werden müssen. Man könnte den Test-Irrsinn – wenn überhaupt – höchstens noch als Maßnahme betrachten, die Dunkelziffer bei den Infektionen zu lichten. Aber das stünde in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Schaden für die Betriebe, denen durch solche Schikane-Maßnahmen die Kunden wegbleiben. Denn wer stellt sich schon eine halbe Stunde vor einem Testzentrum an, wenn er spontan mit einem Freund ein Bier trinken gehen will? Dann trifft man sich halt daheim – ohne Maske, ohne Abstandregelung und Hygienekonzept. Zumindest aus epidemiologischer Sicht ist das sogar kontraproduktiv.

Bleibt die Erhöhung der Impfbereitschaft. Wen die Schikanen mürbe machen, der versucht vielleicht, ihnen durch eine Impfung zu entgehen. Das wäre menschlich. Dieser Punkt ist jedoch zu diesem Zeitpunkt vollkommen irrelevant, da es noch lange dauern wird, bis diejenigen, die ohnehin impfbereit sind, ihr Impfangebot wahrgenommen haben. Hier wird also Bedarf für eine Dienstleistung geschaffen, für die es gar kein ausreichendes Angebot gibt. Und den Preis dafür zahlen Gastronomen und Hoteliers und natürlich der Steuerzahler sowie die Krankenkassen, die den ganzen Test-Wahnsinn bezahlen müssen.

Das führt auch zur grundsätzlichen Frage, ob es überhaupt zwingend nötig ist, die Impfbereitschaft mit derartigen Mitteln zu erhöhen. Ein Blick auf Großbritannien kann hier hilfreich sein.

Dort sind mit Stand 21. Mai 32,5 Prozent der Bewohner vollständig und 55,6 Prozent mit einer Dosis geimpft worden. Das sind Zahlen, die in Deutschland ganz ohne Steigerung der Impfbereitschaft in wenigen Wochen ohnehin erreicht und übertroffen werden. Die Infektionszahlen haben sich in Großbritannien bereits jetzt auf einem niedrigen Niveau eingependelt. Viel wichtiger ist jedoch, dass dort die Sterbezahlen ganz massiv heruntergegangen sind. Ende Mai sterben in Großbritannien im Schnitt nur noch fünf Menschen pro Tag an oder mit Covid-19 – zum Höhepunkt der zweiten Welle lag der Schnitt hier bei mehr als 1.200 Menschen pro Tag.

Das Beispiel Großbritannien zeigt, dass es keiner Herdenimmunität bedarf, um Covid-19 so weit einzuhegen, dass es keine Gefahr mehr darstellt, die Maßnahmen gleich welcher Art rechtfertigen würde. Denn eine Krankheit, die täglich fünf Menschen tötet, ist zwar nach wie vor eine ernste Krankheit, aber ganz sicher keine Pandemie, die Maßnahmen rechtfertigen würde, die Kollateralschäden mit sich bringen. Ansonsten müsste man in der Tat bei jeder ansteckenden Krankheit Maßnahmen ausrufen. Nach jüngsten Erkenntnissen der Wissenschaft kann sogar unserer banaler durch Rhinoviren ausgelöste Schnupfen in sehr seltenen Fällen zu einer tödlichen Entzündung des Kehlkopfs führen.

Der ganze „Test-Irrsinn“ ist also nicht nur schikanös, sondern zudem in allen Aspekten unnötig. Ihn lieber heute als morgen zu beenden, wäre das Gebot der Stunde.

Hinweis in eigener Sache: Am 28. Juni erscheint im Westend Verlag das „Schwarzbuch Corona“ von NachDenkSeiten-Redakteur Jens Berger. Bitte merken Sie sich den Erscheinungstermin vor. Nähere Informationen dazu finden Sie in der Programmvorschau des Westend Verlages und in der Presseankündigung:

“In der Medizin sagt man, die Therapie darf nicht schädlicher sein als die Krankheit. Überträgt man dies auf die weltweiten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus, müsste man wohl von einem der größten Kunstfehler der Geschichte sprechen. Die indirekten Kollateralschäden der Therapie stehen in keinem Verhältnis zu den Schäden durch das Virus selbst. Der Journalist und Bestsellerautor Jens Berger zeigt anhand zahlreicher nationaler und internationaler Beispiele, welche Schäden die Corona-Politik verursacht hat und immer noch verursacht. Schäden auf dem Gebiet der Ökonomie, der Ökologie und der Gesundheit – aber auch Schäden an unserer Psyche. Schäden, die so unsolidarisch verteilt sind, wie bei keiner Katastrophe zuvor. Schäden, die uns noch lange begleiten werden und unsere Gesellschaften nachhaltig verändern werden. Berger blickt über den Tellerrand von Infiziertenzahlen und Inzidenzen und richtet den Fokus auf Zusammenhänge, die in der Debatte gerne verdrängt und ignoriert werden. Erstmals werden hier Daten und Studien zusammengetragen, die außerhalb von Fachkreisen wenig Beachtung finden, da sie nicht in das Bild einer Politik passen, für die das Wohl und die Gesundheit der Bürger angeblich das oberste Primat sind.“

Titelbild: WildMedia/shutterstock.com


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