Heute unter anderem mit folgenden Themen: Stillstand im Wendland; nächster Crash kommt bestimmt; wer zwingt die Deutschen zu ihrem Glück; Plädoyer für mehr Unordnungspolitik; Vermögende haben Krisenverluste wettgemacht; Niedriglöhne machen zu schaffen; Arbeitszeitentwicklung in Europa; Deutschland gegen den €; USA: die gewollte Inflation; kommunale Einkommensteuer; Bürgergeld: von wegen solidarisch; jetzt sind die Behinderten beim Sparen dran; Generalstreik; Proteste gegen Schwarz-Gelb; Monopole statt Patientenschutz; Schuldenbremse als Bildungsbremse; von Bologna ins Praktikum; korrumpierte Politiker; Präsident des Bankenverbandes verlangt Respekt; Integrationsdebatte als Ablenkungsmanöver; Lafontaine: Die Linke wird ignoriert; mangelnde innere Pressefreiheit; Terror schleicht sich in die Sprache; Ölkatastrophe: keine Entwarnung; Fordern und Fördern im Vereinigten Königreich; Zu guter Letzt. (KR/WL)
Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Stundenlanger Stillstand im Wendland
- Castor-Transport wartet hinter Stacheldraht auf Weiterfahrt
Es ist ein Teilerfolg für die Castor-Aktivisten: Stundenlang stand der Zug mit dem Atommüll am Sonntag still. Tausende blockierten die Gleise, Vermittlungsgespräche begannen, Polizeigewerkschafter beklagten Erschöpfungserscheinungen bei den Beamten an der Strecke.
Quelle: Spiegel Online Live-Ticker und Bilder
- Castor-Schutz: Atomkonzerne sollen zahlen
Kurz vor dem Start des Castor-Transports geraten die Atomkonzerne unter Druck. Sie sollen 50 Millionen Euro für den Transport des Atommülls nach Gorleben bezahlen.
„Wir fordern eine Sicherheitsgebühr von 50 Millionen Euro von den Atomkonzernen“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Atomindustrie jedes Jahr Milliardengewinne einstreiche, die Kosten für die Sicherheit beim Transport von Atommüll aber beim Steuerzahler ablade.
„Die Entsorgung von Brennstäben ist ein Teil des Betriebs von Atomkraftwerken, für den die Konzerne verantwortlich sind“, begründete Wendt. Der Transport der Castor-Behälter sei nichts anderes „als ein Schwertransport, wie er täglich auf deutschen Autobahnen stattfindet“. Für dessen polizeiliche Sicherung müssten Unternehmen aber ebenfalls bezahlen.
Nach Angaben Wendts kostet der Castor-Transport den Steuerzahler weit über 50 Millionen Euro. Allein Niedersachsen entstünden für den Polizeieinsatz Sonderkosten von „etwa 25 Millionen Euro für Unterkünfte, Verpflegung, Sachmittel sowie die anfallenden Überstunden der Polizisten“. „Die eigentlichen Personalkosten für den Einsatz der mehr als 16000 Polizisten von Bund und Ländern müssen für eine ehrliche Gesamtbilanz aber noch hinzugerechnet werden“, betonte er.
Quelle: Osnabrücker Zeitung
- Die Lüge vom sicheren Endlager
Seit Jahrzehnten produzieren deutsche Kernkraftwerke Strahlenmüll. Wohin damit? Reporter Christoph Lütgert begibt sich auf die Spuren eines Desasters.
Quelle: PANORAMA
- Flassbeck: “Nächster Crash kommt bestimmt”
Wirtschaftsforscher Heiner Flassbeck über die “gefährdete” Europäische Währungsunion, die “in zwei bis fünf Jahren zusammenbricht, wenn wir nicht jetzt handeln”.
Es geht um fünf Krisen. Jene der Finanz, des Handels und der Währungen, der Schulden, die des Arbeitsmarktes und die Klimakrise. Bei den Finanzen ist es so, dass Bankprodukte zu einem erheblichen Teil rein spekulativ sind. Die Finanzmärkte müssen der Gesellschaft wieder dienen, nicht nur auf eigenen Gewinn spielen wie sie es jetzt tun. Wir brauchen einfaches, langweiliges Banking. Jetzt sind es aber Wetten die getätigt werden, die die Gesellschaft nicht braucht. Keiner diskutiert darüber, obwohl die Finanzmärkte die echten Märkte erheblich schädigen – weil sie viele Preise systematisch verzerren. Schädliche Märkte muss man schließen.
Quelle: Kleine Zeitung (AT)
- Thomas Fricke: Wer zwingt die Deutschen zu ihrem Glück?
Die Idee, für Exportüberschüsse Limits festzulegen, stößt hierzulande auf viel Unverständnis. Dabei könnte es durchaus im deutschen Interesse sein, nicht nur die Defizitländer zu bestrafen.
Eigentlich müsste Deutschland schon per se ein Interesse daran haben, hohe Überschüsse zu vermeiden. Die Deutschen machen sich einseitig abhängig von der guten Weltkonjunktur, wenn sie ständig mehr ex- als importieren.
Zudem sind damit als Kehrseite enorme Kapitalabflüsse und Forderungen gegenüber Schuldenländern verbunden, die nach aller Erfahrung eben nicht effizient eingesetzt werden, sondern zu Finanzblasen beitragen.
Je stärker Griechen, Spanier, Portugiesen und Iren auf Radikalsanierung setzen, desto dramatischer entwickeln sich dort zunächst die wirtschaftlichen Perspektiven – wovon deutsche Unternehmen gerade einen ersten Eindruck erhalten. Deutschlands Exporte in die vier Euro-Krisenländer sind 2010 um ein Fünftel gegenüber 2008 eingebrochen (im Schnitt sind es weltweit noch sechs Prozent). Das ergibt 13 Mrd. Euro weniger Exporterlöse, immerhin ein gutes halbes Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung.
Kleines Rechenspiel: Wenn alle Länder, die mit uns gerade Handelsdefizite von mindestens 2 Mrd. Euro haben, diese Salden über entsprechend sinkende Importe aus Deutschland abbauten, würde der deutsche Export um 240 Mrd. Euro einbrechen. Das käme zahlenmäßig einem Kollaps der deutschen Wirtschaftsleistung um ein Zehntel gleich. Dagegen war die jüngste Krise Ponyreiten…
Wenn andere Länder uns gegenüber ein Handelsdefizit haben, stufen wir das gern als Problem der anderen ein. Sollen sie doch auch ihre Produktionskosten senken.
Allzu heftiges Sanieren würde … uns am meisten schaden – wie der jüngste Kollaps deutscher Exporte in die Euro-Krisenländer erahnen lässt.
Quelle: FTD
- Wolfgang Münchau: Plädoyer für mehr Unordnungspolitik
Die Deutschen sind Ordnungsfanatiker. Sie lieben es, den Europäern ihre Regeln aufzuzwingen, so auch bei der geordneten Insolvenz von Staaten. Doch die hat in einer modernen Welt mit starken Finanzmärkten nichts verloren.
In einer modernen Welt mit starken Finanzmärkten und komplexen Finanzinstrumenten ist die Idee der geordneten Insolvenz widersinnig.
In der Griechenland-Krise haben wir es erlebt. Wer damals dafür war, die Griechen sich selbst zu überlassen, übersah die finanziellen Konsequenzen für deutsche Banken …
Wir Deutsche lieben die Ordnung. Nur vergisst man in diesen Debatten, dass Ordnungspolitik ein gewisses Maß an Kontrolle über die gesamtwirtschaftlichen Vernetzungen bedingt. Sie kann in einer dezentral gesteuerten, gleichzeitig hoch vernetzten Währungsunion nicht funktionieren. Gerade Deutschland mit seinen ständigen Leistungsbilanzüberschüssen und Kapitalbilanzdefiziten und seiner zentralen geografischen Lage ist der Knotenpunkt dieser Vernetzung. Wenn es im Euro-Raum knallt, dann knallt es auch in Deutschland.
In einer dezentralen Währungsunion wird man ein System schaffen müssen, das die Insolvenz unwahrscheinlich macht …
Deutsche Ordnungspolitik ist mit dem Organisationsprinzip einer Währungsunion nicht vereinbar. Wir brauchen eine Politik, die in der Lage ist, mit der natürlichen Unordnung der Europäischen Währungsunion umzugehen. Kurzum, wir brauchen eine Unordnungspolitik.
Quelle: FTD
- Vermögende: Krisenverluste wettgemacht
Arbeits- und Kapitaleinkommen driften weiter auseinander. Die Wirtschaftskrise hat Finanzanlagen und Unternehmensgewinnen zwar einen vorübergehenden Dämpfer versetzt, doch den Vermögenden geht es im Schnitt schon wieder so gut wie vor der Krise.
Der absolute Vorsprung der oberen zur mittleren Einkommensgruppe sei von 2008 auf 2009 spürbar gestiegen.
Die These, vor allem die Vermögenden seien die Verlierer der Krise, müsse deshalb verworfen werden, schreiben die IMK-Forscher Gustav Horn und Ulrike Stein in einer Analyse.
Nach einem Einbruch im Jahr 2009 wächst das Volkseinkommen je Erwerbstätigem in diesem Jahr aber bereits wieder schneller als die Arbeitnehmerentgelte.
Das Zurückbleiben der Arbeitseinkommen erklären die Wissenschaftler damit, dass die Lohnerhöhungen der vergangenen Jahre nie den Verteilungsspielraum ausschöpften – das Jahr 2009 war die einzige Ausnahme seit 1995. Horn und Stein sprechen von einer „offensichtlich starken Umverteilung“, die in den 1990er-Jahren schleichend begonnen habe.
Hinzu kommt noch das Auseinanderdriften der Brutto- und Nettolöhne: Die Nettolöhne haben sich noch schwächer entwickelt als die Arbeitnehmerentgelte, weil Lohnsteuer und Sozialbeiträge zugenommen haben – insbesondere die Beiträge der Arbeitnehmer. Diese sind seit 2003 um 27 Prozent gestiegen, die der Arbeitgeber hingegen nur um 5 Prozent. Der entscheidende Grund dafür ist, dass „die Beitragsparität der Sozialversicherungssysteme seit 2001 langsam, aber stetig ausgehöhlt wurde“, so das IMK.
Quelle: Böckler Impuls [PDF – 267 KB]
- Niedriglöhne machen Betriebsräten zunehmend zu schaffen
89 Prozent der Betriebsräte sind dafür, einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Im Schnitt halten die Arbeitnehmervertreter einen Bruttolohn von 9,30 Euro als unterste Lohngrenze für angemessen.
Der Niedriglohnsektor ist in Deutschland während der vergangenen 15 Jahre stark gewachsen. Derzeit arbeiten 21 Prozent der Beschäftigten für einen Niedriglohn.
Das heißt, sie verdienen pro Stunde weniger als 9,06 Euro, also weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns. Parallel dazu geht seit Jahren die Tarifbindung zurück. 2009 wurden noch 62 Prozent der Beschäftigten nach einem Tarifvertrag bezahlt.
In etwa einem Dutzend Wirtschaftszweigen sind tarifliche Niedriglöhne relativ weit verbreitet, dort sehen jeweils mehr als 20 Prozent der Vergütungsgruppen Stundenlöhne von weniger als 8,50 Euro vor. Dazu zählen beispielsweise das private Verkehrsgewerbe, die Leiharbeit, das
Maler- und Lackierer- sowie das Fleischerhandwerk, die Gebäudereinigung, das Hotel- und Gaststättengewerbe oder der Erwerbsgartenbau. Im Bewachungsgewerbe, dem Friseurhandwerk, in der Floristik und bei den Saisonkräften in der Landwirtschaft liegt der Anteil der Vergütungsgruppen unter 8,50 Euro sogar bei 50 bis 100 Prozent.
Da in solchen Branchen nur wenige Beschäftigte Mitglied der Gewerkschaft sind, ist deren Verhandlungsmacht gering. Außerdem stehen die Tariflöhne auch deshalb unter starkem Druck, weil viele Betriebe nicht tarifgebunden sind. Hier kann die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen helfen. Doch die führe „mittlerweile im historischen wie im internationalen Vergleich ein Schattendasein“, betont Bispinck.
Seit Anfang der 1990er-Jahre sank die Zahl der allgemeinverbindlichen Tarifverträge um ein Viertel. Heute sind lediglich 1,5 Prozent der Tarifverträge allgemeinverbindlich, und nur wenige davon enthalten Entgeltregelungen.
Der Schwund habe viel mit der zunehmend restriktiven Haltung der Arbeitgeberverbände zu tun, denen die aktuelle Gesetzeslage im entscheidenden Tarifausschuss de facto eine Vetoposition einräume, so der Forscher.
Quelle: Böckler Impuls [PDF – 327 KB]
- Arbeitszeitentwicklung in Europa
Das Beispiel Deutschlands ist insbesondere angesichts der in der Krise gesammelten Erfahrungen von Interesse. Dort ist im Jahre 2009 die pro Kopf geleistete tatsächliche Arbeitszeit der abhängig Beschäftigten gegenüber 2008 im Durchschnitt um knapp eine Wochenstunde zurückgegangen, was nach übereinstimmender Einschätzung wesentlich dazu beigetragen hat, die Wucht der Wirtschaftskrise am deutschen Arbeitsmarkt aufzufangen. Von großer Bedeutung war in diesem Zusammenhang die erheblich ausgeweitete Kurzarbeit-Regelung. Allerdings machte die Kurzarbeit lediglich rund ein Drittel des reduzierten Arbeitszeitvolumens aus. Der relativ größte Anteil der Arbeitszeitverkürzung beruhte auf individuellen Arbeitszeitverkürzungen (wie Rückgang von Überstunden und Abbau von Guthaben auf Arbeitszeitkonten) – mithin auf Spielräumen, die durch Arbeitszeitverlängerungen in den Jahren vor der Krise aufgebaut worden waren. Die für den deutschen Arbeitsmarkt so segensreichen Arbeitszeitverkürzungen in der Krise sind also in einem hohen Maße von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorfinanziert worden.
Abbildung: Durchschnittliche gewöhnliche Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten, EU-27, 2008 (in Std.)
Quelle: EU-Arbeitskräftestichprobe, Berechnungen IAQ
Die AutorInnen der Studie leiten aus ihrer Analyse zwei Empfehlungen ab.
- Erstens komme der gesetzlichen Begrenzung der Höchstarbeitszeiten unverändert hohe Bedeutung zu. Vor Tendenzen einer noch weiteren Aufweichung der Arbeitszeitrichtlinie der EU sei deshalb zu warnen.
- Zweitens sollte sich zukünftige Arbeitszeitpolitik auf nationaler Ebene verstärkt einer besseren Gestaltbarkeit der Arbeitszeiten durch die Beschäftigten im Verlauf ihres Erwerbslebens widmen. Wichtig sei hier v.a. die indirekte Beeinflussung der Arbeitszeiten durch die Bereitstellung guter Kinderbetreuungseinrichtungen, die Gestaltung der Steuer- und Sozialversicherungssysteme und nicht zuletzt durch die Lohnsysteme, die die Gleichheit der Arbeitszeiten von Frauen und Männern behindern oder fördern können.
Quelle: Thomas Händel/Axel Troost (Hg.), The Left, Eine Studie von Steffen Lehndorff, Alexandra Wagner, Christine Franz [PDF – 897 KB]
- Deutschland gegen den €
Quelle: YouTube
Anmerkung WL: Ein Video von M. Fischer, das bildlich darstellt, was in den oben zitierten Beiträgen beschrieben wurde.
Kleiner Mangel: Es fehlt ein Hinweis auf die Bedeutung von Investitionen im Binnenmarkt.
- USA: Die gewollte Inflation
Schon immer galt Inflation als das große Übel, das jede Zentralbank unbedingt zu vermeiden hat. Doch mit der Finanzkrise lösen sich diese alten Gewissheiten auf. Die US-Notenbank Fed will jetzt eine Inflation erzwingen – rhetorisch und monetär.
Schon seit August spricht Fed-Chef Ben Bernanke ununterbrochen davon, dass er eine Inflation anpeilt. Das muss und soll jeden Sparer alarmieren. Denn Geld ist ein soziales Konstrukt. Es funktioniert, solange ihm alle Vertrauen schenken. Und genau dieses Vertrauen will Bernanke zerstören – damit die Geldpolitik langfristig wieder funktioniert. Dieser paradoxen Rhetorik folgen nun Taten. Am Mittwoch hat die Fed angefangen, US-Staatsanleihen aufzukaufen, was nur bedeutet, dass man Dollar druckt …
Die US-Notenbank befindet sich längst in einer Abwehrschlacht. Indem sie Staatsanleihen aufkauft, setzt sie ihr letztes Mittel ein, denn alle klassischen Maßnahmen haben versagt. So liegt der Leitzins bei 0 bis 0,25 Prozent, weiter lässt er sich nicht senken, weil es bekanntlich keine Minuszinsen gibt.
Also bleibt der Fed nur noch eine gezielte Inflation, um die Wirtschaft anzukurbeln. Kredite wären damit nicht nur billig – sie würden fast verschenkt …
Doch irgendwie scheint diese Theorie nicht zu funktionieren. Nachdem die Fed am Mittwoch verkündete, dass sie Staatsanleihen aufkauft, da passierte – nichts. Die Börsenkurse stagnierten, statt nach oben zu schießen, wie es das Inflationsszenario vorsieht.
Quelle: TAZ
Dazu:
Paul Krugman: Bernanke And The Shibboleths
Everyone hates quantitative easing. The inflationistas believe that it’s the end of Western civilization (…); meanwhile, the rest of the world is furious at the Fed’s actions.
Clearly, Bernanke must be doing something right.
Quelle: New York Times
- Kommunale Einkommensteuer?
- Steuerrevolution: Schäuble plant kommunale Einkommensteuer
Finanzminister Wolfgang Schäuble will Städten und Gemeinden erlauben, die Höhe der Einkommensteuer selbst festzulegen. Je nach Wohnort könnten dann in Deutschland unterschiedliche Sätze gelten. Unklar ist, ob dies zu Steuererhöhungen führen kann. Städte und Gemeinden kündigen Widerstand an.
Quelle: SZ
Siehe dazu:
- Kommunale Einkommenssteuerzuschläge – eine Schnapsidee
Volkswirtschaftlich betrachtet wäre ein solches Modell jedoch eine mittlere Katastrophe. Gerade in strukturschwachen Regionen ist der Staat ein wichtiger Investor und wichtiger Wirtschaftsfaktor. Wenn nun aber eine Kommune im Kreis Stendal (Durchschnittsnettoeinkommen je Person 13.837 Euro) pro Einwohner weniger Geld bekommt als eine Kommune im Kreis Starnberg (Durchschnittsnettoeinkommen 27.952 Euro), so kann sie auch weniger investieren. Wohin soll das führen? Kindergärten im Osten werden geschlossen, was die Standorte noch weiter schwächt, während die reichen Kommunen in den Speckgürteln ihre Bürgersteige beheizen können? Ein solches Modell würde die strukturellen Defizite in unserem Land vergrößern und die Armut weiter Landstriche zementieren.
Quelle: Spiegelfechter
- Christoph Butterwegge: Bürgergeld: Von wegen »solidarisch«
Das Konzept eines »Bürgergeldes« als Ersatz für das bisherige System von Transferleistungen dient den Unternehmen, Wohlhabenden und fördert Niedriglohnsektoren.
Solidarisch kann man das CDU-Modell kaum nennen, liegt sein Zahlbetrag doch nur geringfügig über dem Hartz-IV-Niveau und weit unter der EU-offiziösen Armutsgrenze von 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens (ca. 930 Euro). Statt den konkreten Bedarf von Hilfesuchenden zu ermitteln und ihn mittels eines differenzierten Sozialleistungssystems zu befriedigen, würde der Staat nur mehr eine Sozialpolitik nach dem Gießkannenprinzip machen …
Was auf den ersten Blick einfach, großzügig und sozial gerecht erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinschauen als eine politische Mogelpackung, die mehr Gerechtigkeit bloß vortäuscht. Das »Solidarische Bürgergeld« stellt nur eine Pauschalierung bestehender Transferleistungen dar, würde das bisherige Sicherungsniveau für Millionen Menschen per saldo senken und den Wohlfahrtsstaat weder entlasten noch sinnvoll umstrukturieren …
Letztlich würde das Bürgergeld als ein Kombilohn für alle wirken. Weil das Existenzminimum seiner Bezieher formal gesichert wäre, könnten diese noch schlechter entlohnte Jobs annehmen, wodurch den Unternehmen mehr preiswerte Arbeitskräfte zur Verfügung stünden und die Gewinne noch stärker steigen würden. Weil sich das »Solidarische Bürgergeld« gegen Mindestlöhne richtet und die Flexibilität hin zu noch niedrigeren Verdiensten erhöhen soll, damit auch Geringqualifizierte mit seiner Hilfe von »marktgerechten« Löhnen leben können, vermehrt es die Armut von prekär Beschäftigten. Denn sie müssen sich vom Staat alimentieren lassen, während der das Lohndumping von Unternehmen mit Steuergeldern subventioniert.
Quelle: Junge Welt
- Jetzt sind die Behinderten beim Sparen dran
- Ursula Engelen-Kefer: Schäubles „Giftliste“ für Behinderte
Die Einsparungen bei den Sozialausgaben gehen weiter. Die Neuordnung der Gemeindefinanzierung trifft vor allem Menschen mit Behinderungen. Opposition und Verbände sind aufgerufen, diese Kürzungsorgie mit aller Macht zu bekämpfen.
Die Kürzung zu Lasten der Schwächsten in unserer Gesellschaft ist eine nahtlose Fortsetzung der unsozialen Kürzungsmaßnahmen von Schwarz-Gelb im Rahmen der Haushaltsbegleitgesetze 2011. Seit März erarbeitet die Regierungskommission „Reform der Gemeindefinanzen“ im Auftrag des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble Vorschläge zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung. Mit der Lupe wird nach Einsparungen im Bereich der Sozialausgaben gesucht, die im Jahr 2009 etwa 40 Mrd. Euro ausmachten.
Die bisher erarbeiteten 225 Kürzungsvorschläge lassen Schlimmes vor allem für Menschen mit Behinderungen, aber auch für Pflegebedürftige und sozial Schwache befürchten. Jegliches Maß an sozialem Anstand und wirtschaftlicher Vernunft wird überschritten; für die betroffenen Menschen bedeutet der Kahlschlag eine tiefe Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte sowie ihrer Menschenwürde.
Quelle: Vorwärts
Dazu:
- Benachteiligung durch neue Hartz-IV-Sätze: 68 Euro weniger für Behinderte
Die geplante Änderung der Hartz-IV-Sätze wird offenbar Nachteile für Behinderte nach sich ziehen: Sie sollen künftig statt des vollen Regelsatzes nur noch 80 Prozent bekommen, wenn sie keinen eigenen Haushalt führen. Statt fünf Euro mehr als bisher wie andere erwachsene Hartz-IV-Bezieher bekämen Behinderte dem Gesetzentwurf zufolge 68 Euro weniger. Der derzeitige Regelsatz liegt bei 359 Euro im Monat, die schwarz-gelbe Regierung will ihn zum 1. Januar 2011 auf 364 Euro anheben.
Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums bestätigte auf Anfrage der Frankfurter Rundschau, die neue Regelbedarfsstufe 3 gelte vor allem für Behinderte, die bei ihren Eltern wohnen. Die Reduzierung ergebe sich, weil die Betroffenen sich in der Regel nicht an den Haushaltskosten beteiligten. Experten gehen davon aus, dass auch Behinderte betroffen sind, die in Wohngemeinschaften leben.
Quelle: FR
- Ver.di-Chef Bsirske will das Recht auf Generalstreik
Der Gewerkschaftsführer sieht Frankreich als Vorbild. Scharfe Angriffe auf Schwarz-Gelb: “Politik krasser sozialer Einseitigkeit.”
„Viele Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben sagen: Mensch, das müssten wir auch mal so machen. Von der Protestkultur in Frankreich können wir uns eine Scheibe abschneiden …
Ich finde, dass wir auch in Deutschland ein politisches Streikrecht brauchen. Das Verbot des politischen Streiks stammt von 1955. Jetzt haben wir eine vollkommen andere Situation. In der deutschen Geschichte hatten wir einen einzigen Generalstreik – vor 90 Jahren. Er hat die Weimarer Demokratie für einige Jahre gerettet. Klar ist: Wir finden Mittel und Wege, für wichtige politische Themen wie die Rente mit 67 in den Betrieben zu mobilisieren. Das ist das gute Recht der Beschäftigten.“
Quelle: Hamburger Abendblatt
Dazu:
Gröhe: „Klassenkampf-Rhetorik von Vorgestern“
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat die Forderung der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, den Generalstreik als Mittel der politischen Auseinandersetzung zu legalisieren, massiv kritisiert. „In einer Zeit, in der die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit sensationell zurückgeht und die Arbeitnehmer deutlich mehr Lohn bekommen, ist es geradezu absurd, über das Recht zum politischen Generalstreik zu schwadronieren“, sagte Gröhe dem Hamburger Abendblatt. „Wir müssen gemeinsam anpacken für eine gute Zukunft und sollten nicht wie Herr Bsirske in Klassenkampf-Rhetorik von Vorgestern verfallen.“
Quelle: Hamburger Abendblatt
Anmerkung WL: Es wäre fair, wenn die Zeitungen nach einem Interview mit einem Arbeitgebervertreter immer gleich danach auch eine Stellungnahme der Gewerkschaften einholten.
In ganz vielen (auch europäischen Ländern) sind politische Streiks durchaus üblich, nicht nur in Frankreich, auch in Spanien, Griechenland, Italien, Österreich, aber auch in Großbritannien. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die kraft Völkerrecht auch in der Bundesrepublik verpflichtend ist, vertritt ebenfalls ein Streikrecht ohne die bundesdeutschen Eingrenzungen. Die ILO hat die deutsche Praxis sogar wiederholt gerügt.
Der Politische Generalstreik ist in der Verfassung nicht ausdrücklich verboten ist, sondern durch Gerichtsentscheidungen ausgeschlossen worden. Diese Entscheidungen basieren letztlich auf Gutachten von Hans Carl Nipperdey und Ernst Forsthoff und dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 1955, an denen beide Male Hans Carl Nipperdey zentral beteiligt war. Das, was also bis heute in der Bundesrepublik tradiert wird, ist wesentlich von Juristen entwickelt worden, die, milde gesagt, nicht gerade in demokratischen Traditionen wurzeln. Man lese nur aufmerksam den Titel eines Aufsatzes aus dem Jahre 1938: “Die Pflicht des Gefolgsmannes zur Arbeitsleistung.” (siehe der Kommentar von Orlando Pascheit zu Hinweis 7). Forsthoff verteidigte des Führerprinzip und die Verfolgung der Juden.
Ein wirkliches Druckmittel scheint der politische Streik allerdings auch nicht gerade zu sein, das können wir derzeit in unserm Nachbarland oder auch schon vorher in Griechenland sehen.
Und von der Mobilisierungsfähigkeit zu einem politischen Streik sind die Gewerkschaften in Deutschland weit entfernt. Das belegte die Demonstration vom Samstag “Druck machen – für gerechte Politik – gegen soziale Kälte”, zu der die Gewerkschaften und der Sozialverband Deutschland nach Hannover gerufen haben. Dabei haben zwar zwischen 11.000 und 15.000 Teilnehmer teilgenommen und das bei schlimmem Wetter, aber von einer mächtigen politischen Protestkultur sind wir derzeit noch weit entfernt, solange es nicht um Einzelprojekte wie Stuttgart 21 oder das Endlager in Gorleben geht.
Dazu:
- Tausende protestieren in Hannover gegen Schwarz-Gelb
Auf einer Großkundgebung mit über zehntausend Teilnehmern hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Hannover Front gemacht gegen die Sozialpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung. Bei der Kundgebung, zu der auch acht DGB-Mitgliedsgewerkschaften sowie der Sozialverband Deutschland (SoVD) aufgerufen hatten, sagte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer: “Der Herbst der Entscheidungen ist angebrochen, es gibt kaum ein Politikfeld, in dem die Regierung nicht Front macht gegen die Mehrheit der Menschen”.
Nach Veranstalterangaben beteiligten sich rund 15.000, nach Angaben der Polizei rund 11.000 Menschen an der Protestkundgebung gegen die Rente mit 67, die Einführung der Kopfpauschale sowie gegen Ausbeutung durch Niedriglöhne und Leiharbeit. Gefordert wurden darüber hinaus höhere Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger. SoVD-Präsident Adolf Bauer kritisierte vor allem die angestrebte Privatisierung von Gesundheitskosten durch die von Union und FDP geplante Festschreibung der Arbeitgeberbeiträge sowie gegen einkommensunabhängige Zusatzbeiträge. Hier findet ein kompletter Systemwechsel statt, das System der solidarischen Krankenversicherung existiert dann nicht mehr”, kritisierte Bauer.
Die Kundgebung in Hannover unter dem Motto “Druck machen für gerechte Politik gegen soziale Kälte” war Auftakt eines bundesweiten DGB-Aktionsherbstes “Deutschland in Schieflage”. Weitere Großkundgebungen soll es am 13. und 18. November in Dortmund, Stuttgart, Nürnberg, Erfurt und Kiel geben.
Quelle: Wochenblatt
Siehe die Rede des DGB-Vorsitzenden: Politik gegen die Menschen – Deutschland in Schieflage
Quelle: DGB (unter dieser Adresse auch der Text der Rede zum Download)
- Tricks der Pharmakonzerne: Monopole statt Patientenschutz
Der Markt für Medikamente ist gesättigt. Die Branche reagiert mit einem neuen, dubiosen Geschäftsmodell – und bekommt dabei Hilfe von der Regierung.
Quelle: taz
- Die Schuldenbremse als Bildungsbremse
Die Ausgabenentwicklung der öffentlichen Hand von 1998 bis 2008 (war) extrem zurückhaltend. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Ausgaben in Deutschland betrug gerade einmal 1,4 Prozent. Der Durchschnitt der alten EU-Länder liegt knapp dreimal so hoch. In diesem Zeitraum verzeichnet kein anderes entwickeltes Land mit Ausnahme von Japan ein niedrigeres Staatsausgabenwachstum als Deutschland. Preisbereinigt sind die deutschen Staatsausgaben im Jahresdurchschnitt sogar um 0,2 Prozent gesunken! Das spiegelt sich auch in der Entwicklung der deutschen Staatsquote wider:
Diese ist von rund 48 Prozent Ende der 1990er Jahre auf knapp 44 Prozent im Jahr 2008 gesunken – einen im internationalen Vergleich höchst unterdurchschnittlichen „Spitzenwert“.
Es ist angesichts eines so deutlichen Einschnitts bei den öffentlichen Ausgaben kein Wunder, dass Deutschland beim OECD-Ranking der Bildungsausgaben jedes Jahr aufs Neue schlecht abschneidet:
Gemessen an der Wirtschaftsleistung gibt Deutschland immer weniger Geld für Bildung aus. 2007 lag der Anteil am deutschen Bruttoinlandsprodukt nur noch bei 4,7 Prozent – mittlerweile geben nur noch drei OECD-Länder bezogen auf ihre Wirtschaftsleistung weniger Geld für Bildung aus als Deutschland.
Die Debatte um die öffentlichen Haushalte wird in Deutschland unter vollkommen falschen Annahmen geführt.
Tatsächlich ist der Staat in Deutschland strukturell unterfinanziert, was nicht zuletzt der erhebliche Ausgabenbedarf im Bildungsbereich zeigt. Die öffentliche Hand in Deutschland hat – mit Ausnahme von Japan – so stark gekürzt wie kein anderes entwickeltes Land.
Die Haushaltsdefizite sind folglich auch nicht das Ergebnis überdurchschnittlich hoher staatlicher „Wohltaten“, sondern die Folge drastischer Steuersenkungen.
Die gegenwärtige Finanzpolitik, die auf Bundes- und auch auf Länderebene auf Ausgabenkürzungen setzt, ist hoch riskant: Zum einen wird die nach wie vor fragile wirtschaftliche Erholung gefährdet, zum anderen kommt die öffentliche Hand ihren Aufgaben auf wichtigen, gesellschaftspolitisch zentralen Feldern – besonders im Bildungsbereich – nicht im erforderlichen Umfang nach.
Aus gewerkschaftlicher Sicht ist die Alternative zur weiteren Entstaatlichung in Deutschland klar: eine Stärkung der öffentlichen Einnahmebasis durch eine leistungsgerechte und solidarische Besteuerung.
Quelle: GEW [PDF – 106 KB]
- Von der “Generation Bologna” zur “Generation Praktikum”
Im Jahr 2004 verkündeten 15 Unternehmen ihre “Bachelor Welcome” Erklärung, die inzwischen erweitert und von rund 200 Unternehmen bekräftigt wurde. Grund genug, sich ein Bild von der tatsächlichen Bachelor-Akzeptanz zu machen. Haben sich die deutschen Unternehmen auf Bologna eingestellt? Eine Studie nährt Zweifel.
Unternehmen wollen – vor dem Hintergrund eines grotesk verzerrten Professorenbildes – im Bachelor-Segment offenbar primär Abiturienten, die sie durch ihr eigenes Bachelorprogramm unternehmensspezifisch ausbilden können. “Fertigen” Bachelors wird offenbar die Berufsqualifizierung abgesprochen und lediglich der Umweg (die Sackgasse?) von Praktika angeboten. Mit der Verkürzung der Ausbildungszeit hat das nichts mehr zu tun. Trotzdem ist die Aussage “Bachelor Welcome” nicht falsch – zur Deutung kommt es jedoch auf die Semantik an.
Quelle: academics
- Harald Schumann: Politiker in der Wirtschaft – nicht korrupt, aber korrumpiert
Roland Kochs Wechsel zu Bilfinger Berger ist nur ein Beispiel: Immer häufiger und direkter sind Inhaber von Regierungsämtern den Interessen einzelner Branchen und Unternehmen so eng verbunden, dass die Grenze verwischt …
Kochs Wechsel an die Spitze eines Großkonzerns (dokumentiert) ein gravierendes Problem, das zusehends unser demokratisches Gemeinwesen gefährdet. Immer häufiger und immer direkter sind die Inhaber von Regierungsämtern und Mandaten den Interessen einzelner Wirtschaftsbranchen und Unternehmen so eng verbunden, dass die Grenze zwischen demokratischem Auftrag und privater Interessenvertretung bis zur Unkenntlichkeit verwischt wird. Koch ist ja keineswegs der erste und gewiss auch nicht der letzte Fall, wo ranghohe Politiker nach ihrem Ausscheiden aus der Politik bei jenen Unternehmen anheuern, mit deren Regulierung, Aufsicht oder sonstigen Interessen sie zuvor direkt oder indirekt befasst waren.
Um Korruption im klassischen Sinn, also den Tausch von politischen Gefälligkeiten gegen lukrative Posten oder Beraterverträge, geht es dabei in der Regel nicht. Das Problem ist vielmehr, dass immer mehr Akteure in der politischen Arena gar nicht mehr erkennen, dass es überhaupt einen Unterschied zwischen dem Gemeinwohl und der Förderung wirtschaftlicher Interessen gibt …
Genau bei dieser Verschiebung, der Vertuschung der Interessen, die mit den jeweiligen Gesetzen und Projekten bedient werden, liegt die Gefahr, die mit der einfachen Möglichkeit zum Seitenwechsel einhergeht. Wer sich gleich nach dem möglichen Scheitern in der Politik mit einem Wechsel auf die Seite der Begünstigten absichern kann, der riskiert eben im Zweifelsfall lieber nicht, es sich mit seinen potenziellen Wohltätern zu verderben. Das ist dann zwar nicht direkt korrupt. Aber es ist dieser Mechanismus, der zusehends das ganze demokratische System korrumpiert.
Quelle: Tagesspiegel
- Grafik zur Darstellung der Nebeneinkünfte deutscher Bundestagsabgeordneter, Wahlperiode 17 (2009 – 2010)
Zu jedem Wahlkreis werden die gewählten Abgeordneten (sowohl Direkt- als auch Listenmandate) durch einen Kreis repräsentiert. Die Anordnung der Abgeordneten innerhalb eines Wahlkreises hat keine Bedeutung. Die Farbe der Kreise entspricht der Parteizugehörigkeit des Abgeordneten. Die Größe der Kreise entspricht dem Gesamteinkommen (Abgeordnetenentschädigung + Nebeneinkünften), siehe weiter unten. Mit dem Mausrad kann in die Karte hinein- und hinausgezoomt werden. Details zu den Abgeordneten erscheinen nach Klick auf einen Kreis.
Quelle: vis4.net
- Präsident des Bankenverbandes: „Unser Wertesystem droht zu zerbrechen“
Deutschlands Wirtschaft boomt, die Arbeitslosenzahlen sind so niedrig wie lange nicht mehr.
Gleichzeitig schwindet das Vertrauen in die Grundfesten Deutschlands. Nur noch jeder Zweite ist „eher zufrieden“ mit Demokratie (52 Prozent) und sozialer Marktwirtschaft (48 Prozent).
Auch das Vertrauen in die Führungskräfte von Politik und Wirtschaft ist tief erschüttert. Nur 15 Prozent der Deutschen meinen, dass führende Politiker ihren Aufgaben gerecht werden; Wirtschaftslenker bestehen nur bei 26 Prozent der Deutschen. Das ist bedenklich.
Während man in den USA zu erfolgreichen Führungskräften aus der Wirtschaft aufschaut, geht hierzulande jeder Respekt vor Eliten verloren.
Das Fundament unseres Wertesystems droht auseinanderzubrechen.
Erfolg braucht eben Vorbilder. Und Autoritäten. Deswegen müssen wir in Deutschland den Respekt vor dem Erfolg zurückgewinnen.
Wir müssen mehr reden, erklären und werben, für unsere Vorhaben und fürs große Ganze: die Demokratie und die soziale Marktwirtschaft. Das ist eine der wichtigsten Managementaufgaben.
Quelle: Bild am Sonntag
Anmerkung WL: Es lässt mich erschaudern, dass nun gerade der Präsident des Bankenverbandes sich Sorgen um die Zufriedenheit mit der Demokratie und der „sozialen Marktwirtschaft“ und das Ansehen von Politikern und Wirtschaftslenkern macht. Und es ist gerade ruchlos, dass Bild am Sonntag den Verbandschef der Banker eine diesem Blatt vorliegende neue Ipsos-Umfrage vorstellen und interpretieren lässt.
Da darf also der Sprecher der Banker, die Hehlerei mit faulen Finanzprodukten betrieben und die ihre Kunden mit Kettenbriefen betrogen haben, die den Staat und die Steuerzahler mit dreistellige Milliardenbeträge für ihre Rettung erpresst haben und sich bis heute weigern, auch nur einen Cent Wiedergutmachung zur leisten, darüber klagen, dass hierzulande jeder Respekt vor Eliten verloren gegangen sei.
Gerade der Verbandsvertreter der Geldhäuser, die das marktwirtschaftliche System durch die Finanzkrise komplett diskreditiert haben, und Repräsentant der Banker, deren Ansehen einen bei den Menschen am Schluss aller Berufsgruppen steht, darf sich in dem Springer-Blatt darüber beklagen, dass man in Deutschland nicht mehr zu den „Führungskräften aus der Wirtschaft aufschaut“. Es ist dreist, dass der Sprecher der Bankster, deren Gier inzwischen sprichwörtlich geworden ist, den Verlust des Wertesystems bejammern darf.
Ich empfinde es als Hohn, dass gerade der Bankenpräsident sich aufschwingt, fürs „große Ganze“, für Demokratie und soziale Markt zu „reden“ und zu „werben“. Und es kann einem Angst und Bange werden, wenn er das zur „wichtigsten Managementaufgabe“ erklärt.
Solche Manager haben bis heute nicht verstanden, dass sie selbst Schuld daran haben, dass die Hälfte der Deutschen mit der Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft unzufrieden sind.
Dazu passt:
Berichte aus der Bankenwelt: Schuld sind wieder die anderen
Die Bankenbranche gerät in die Krise und führt ganze Gesellschaften an den Rand des Abgrunds. Stellen sich die ProtagonistInnen ihrer Verantwortung? Nein. Das zeigt ein Buch mit Porträts aus der Bankenwelt.
Erstaunlich schnell nach der Krise hat der Courant normal eingesetzt. Die Boni wurden nach kurzem Zögern wieder ausgeschüttet, die unstabil hohen Renditen der Banken werden wieder als Geschäftsziele verkündet, und die Too-big-to-fail-Problematik bestätigt den Bankern erneut ihre angebliche Unersetzlichkeit. Sighard Neckel meint in einem Beitrag über die «Krise der Erfolgskultur», die Finanzelite habe in der Öffentlichkeit «ihren Kredit weitgehend verspielt». Das scheint zutreffend und eine angemessene Metapher. Aber wie alle Metaphern ist sie ein wenig zweideutig. Den symbolischen Kredit mögen die Banker verspielt haben, doch über die realen Kredite verfügen sie nach wie vor.
Quelle: WOZ (CH)
- Die Integrationsdebatte als Ablenkungsmanöver
In Deutschland haben wir viel weniger ein Integrations-, denn ein soziales Problem. Nicht Herkunft oder Religion, vielmehr ist die soziale Spaltung die Ursache der meisten gesellschaftlichen Missstände. Die derzeitige Integrationsdebatte ist in erster Linie eine reine Show, die von diesen realen Problemen ablenken soll.
Quelle: Humanistischer Pressedienst
- Oskar Lafontaine: „Wir werden ignoriert“
Warum profitiert die Linkspartei nicht von den Protesten gegen die herrschende Politik? Ex-Parteichef Oskar Lafontaine versucht eine Antwort.
Herr Lafontaine, Hand aufs Herz, finden Sie es in Saarbrücken nicht todlangweilig?
Nein, man kann auch in einem Landtag etwas bewegen.
Aber nicht so viel wie als Bundesparteichef. Juckt es Sie denn nicht, wenn Sie sich die derzeitige Situation Ihrer Partei anschauen?
Stabil gut zehn Prozent hätte uns noch vor wenigen Jahren niemand zugetraut.
Bei der Bundestagswahl waren es zwölf Prozent, außerdem gehen die Grünen seither durch die Decke. Was macht Ihre Partei falsch?
Es gibt eine systematische Ausgrenzung der Linken durch einen großen Teil der Medien. Wir haben das mal untersucht: Nicht nur in der Springer-Presse oder im Spiegel, sondern auch in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden wir benachteiligt. So wurde zum Beispiel in einer Hauptnachrichtensendung des ZDF in den letzten Wochen über die Grünen 15-mal so viel berichtet wie über die Linke. Das ist unter demokratischen Gesichtspunkten nicht mehr akzeptabel.
Quelle: FR
- Mangelnde innere Pressefreiheit in vielen Redaktionen – Journalistenpreis “Langer Atem” 2010 vergeben
Interview mit Harald Schumann, Tagesspiegel, der den Ersten Preis für seinen “langen Atem” bei der Analyse der Banken- und Finanzkrise erhielt. In seiner Dankesrede kritisierte er, dass in Redaktionen oft die Wahrheit verbogen würde, weil Chefs und Verleger ihre Weltsicht widergespiegelt sehen wollen. “Der lange Atem” ist ein Journalistenpreis des Journalistenverbandes Berlin-Brandenburg im DJV. Er wurde zum vierten Mal vergeben.
Quelle: rbb INFOradio
- Wie sich der Terror in die Sprache schleicht
Der Terror ist in Deutschland angekommen. Er hat sich über den Umweg der Sprache, in den Köpfen festgesetzt – nur stofflich ist er noch nicht in der deutschen Wirklichkeit angelangt. Der Terror ist jedoch anwesend: aufgrund Terrorgefahr schlägt man regelmäßig Terroralarm, um etwaige Terrorverdächtige von ihren Terrorplänen abzubringen; man berichtet überdies von Terrorcamps, Terrorflügen, Terrorpaketen, Terrorchefs und Terrormoscheen, die von Terrorexperten beleuchtet werden – am Ende klopft sich diese Republik auf die Schulter, weil wieder einmal ein Terroranschlag vereitelt wurde. Terror, der selbst zum Terror wurde…
Quelle: ad sinistram
- Entwicklungshilfe als Aufstandsbekämpfung
- Ein Umweltordnungsplan
Die deutsche “Entwicklungs”-Agentur GTZ beteiligt sich an einem Aufstandsbekämpfungsprogramm des kolumbianischen Militärs. Berichten zufolge soll die Organisation die “Erstellung eines Raum/Umweltordnungsplans” in einem kolumbianischen Nationalpark übernehmen, der bis heute Schauplatz bewaffneter Kämpfe zwischen Rebellen und Armee ist. Das Vorhaben ist Teil eines Programms, das Kolumbien in Kooperation mit dem US-Militär entwickelt hat, um den Nationalpark unter Kontrolle zu bekommen. Weitere “Entwicklungs”-Projekte in Kolumbien sind Gegenstand von Gesprächen, die der zuständige deutsche Minister Dirk Niebel in diesen Tagen in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá führt.
Quelle: German Foreign Policy
Siehe dazu auch:
- Ideologie statt Hilfe
Der Bundeswehrreservist und amtierende Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, hat sich um ein gutes Verhältnis zu Lateinamerika zuletzt nicht gerade verdient gemacht. Entgegen dem Votum aller Bundestagsfraktionen – auch seiner eigenen – blockierte er vor wenigen Wochen die deutsche Beteiligung an dem Umweltschutzprojekt Yasuní-ITT in Ecuador. In dieser Woche nun hält sich der FDP-Mann in Südamerika auf, um, wie er im Deutschlandradio sagte, die Werte der “freien Welt” zu vertreten. Am Donnerstag traf Minister Niebel in Kolumbien ein. Es erwarteten ihn dort nicht nur die engsten Partner der schwarzgelben deutschen Regierung – sondern auch massive Kritik.
Quelle: Telepolis
- Ölkatastrophe im Golf von Mexiko: Entwarnung?
Nur wenige Monate nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko sind Floridas Strände wieder freigegeben, alles in Ordnung. Wirklich? Nein. Nichts ist in Ordnung.
Quelle: SZ-Magazin
- Unemployed told: do four weeks of unpaid work or lose your benefits
The unemployed will be ordered to do periods of compulsory full-time work in the community or be stripped of their benefits under controversial American-style plans to slash the number of people without jobs.
The proposals, in a white paper on welfare reform to be unveiled this week, are part of a radical government agenda aimed at cutting the £190bn-a-year welfare bill and breaking what the coalition now calls the “habit of worklessness”.
Quelle: Guardian
Anmerkung: Der Beitrag aus dem Guardian wurde freundlicherweise von unserer Leserin I. A. aus dem Englischen übertragen [PDF – 70 KB]. Sie machte dazu noch folgende Anmerkung:
Deutschland scheint da wohl als schlechtes Vorbild gedient zu haben, auch wenn hier nur die USA als einer der Gedankengeber erwähnt wird.
Letztendlich scheint “Fordern und Fördern” auch anderen Regierungen zu gefallen. Auch in Großbritannien werden sich viele über kostenneutrales Personal freuen, frei Haus von der Regierung geliefert. Und wie auch in Deutschland werden die Arbeitslosen schnell merken, dass sie mit solchen Maßnahmen ihre Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt eher verschlechtern als verbessern.
Was Schröder und Merkel hier anrichten, wird sich wohl noch auf viele andere Länder erstrecken. Kein Wunder, dass Deutschland in Europa immer unbeliebter wird.
- Zu guter Letzt: Wirtschaftswunder, Terrorpakete und mehr
Quelle: Quer Bayerisches Fernsehen