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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Die Machenschaften der Rüstungswirtschaft – dargestellt an Rheinmetall. Mitten unter uns.
Datum: 21. Mai 2021 um 11:51 Uhr
Rubrik: Aufrüstung, Friedenspolitik, Wertedebatte
Verantwortlich: Redaktion
Es ist der 11. Mai 2021. An diesem Dienstag findet in der Düsseldorfer Konzernzentrale von Rheinmetall die alljährliche Hauptversammlung statt. Dieses Jahr wegen Corona nur virtuell. Vor der Konzernzentrale haben sich etwa 60 Aktivisten des Aktionsbündnisses RHEINMETALL ENTRÜSTEN! versammelt, um auf die dubiosen Geschäfte des Rüstungskonzerns aufmerksam zu machen. RednerInnen waren Kathrin Vogler, MdB (die LINKE), Renate Fest vom Düsseldorfer Friedensforum, Martin Singe, Sprecher des Aktionsbündnisses „Rheinmetall entrüsten“ und Tilman Massa von den Kritischen Aktionären. Parallel rief die „Friedensaktion Lüneburger Heide“ am gleichen Tag zu einer Protestaktion vor der Rheinmetall-Niederlassung in Unterlüß auf. Von Marco Wenzel.
Die deutschen Rüstungsausgaben betrugen 2020 insgesamt 52,8 Milliarden €. Im Rahmen der Mahnwache und Kundgebung vor der Konzernzentrale wurden die Rüstungsproduktion und die Waffenexportpolitik von Rheinmetall kritisiert. Von der Bundesregierung wird ein strenges Rüstungsexportkontrollgesetz gefordert, das auch die Schlupflöcher für Waffenexporte über Tochterfirmen verhindern soll.
Deutschland ist zum viertgrößten Exporteur von Rüstungsgütern in aller Welt aufgestiegen. Da Rüstungslieferungen in aller Regel an Großaufträge gebunden sind, kann der Betrag für das Volumen der Exporte von Jahr zu Jahr beträchtlich schwanken. Die deutschen Ausfuhren stiegen nach den SIPRI-Zahlen im betrachteten Fünfjahreszeitraum um 13 Prozent im Vergleich zu den Jahren 2009 bis 2013. Im vergangenen Jahr belief sich die Summe der erteilten Exportgenehmigungen für die deutsche Rüstungsindustrie auf etwa 5 Milliarden €, im Jahr davor waren es etwa 8 Milliarden.
„„Rheinmetall Defence“ verzeichnete 2020 davon den höchsten Umsatz (3,72 Mrd. Euro, + 5,7 %), den höchsten Auftragseingang (6,39 Mrd. Euro, + 23 %), den höchsten Auftragsbestand (12,94 Mrd., + 24 %), und die höchsten Gewinne (414 Mio. Euro, + 21 %) seit dem Zweiten Weltkrieg! Rheinmetall-Chef Papperger peilt für 2025 eine Steigerung des Rüstungsumsatzes um 50 % auf 5,5 Mrd. Euro an.
Eine Fortsetzung des „Superzyklus“ erhofft er sich davon, dass die NATO-Staaten ihre Rüstungsausgaben auf 2 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung steigern. So aus Deutschland, wo Rheinmetall 37 % des Umsatzes macht, aber auch im Ausland, dessen Anteil auf 70 Prozent erhöht werden soll.“
Quelle: Rheinmetall entrüsten
Zusammen durch Dick und Dünn
Rheinmetall Landsysteme und Rheinmetall Waffe Munition sind am Standort Unterlüß untergebracht. Rheinmetall Landsysteme stellt Panzer her, Rheinmetall Waffe Munition fabriziert Kanonen, Bomben und Munition. In Unterlüß betreibt Rheinmetall auf 50 km² zudem den größten privaten Schießübungsplatz in ganz Europa. Das Gelände wurde bereits 1899 gepachtet. Rheinmetall und der Standort Unterlüß haben eine lange Tradition in der Herstellung von Kriegswaffen aller Art. Und auch ihre Beziehungen zur jeweiligen deutschen Regierung waren stets besonders eng. Im Ersten Weltkrieg produzierte Rheinmetall Waffen für den Kaiser, im Zweiten Weltkrieg dann für den Führer. Der wiederum gab sich persönlich die Ehre und stattete Unterlüß einen Besuch ab. Zu dieser Zeit wurden die Bomben für die Wehrmacht gerade von Kriegsgefangenen und Häftlingen aus den Konzentrationslagern hergestellt. Zum Abwurf auf ihre Heimat.
Zwischen 1945 und 1955 gab es eine Zwangspause für Rheinmetall. Nach der Gründung der Bundesrepublik, der Aufnahme in die Nato 1955 und dem Aufbau der neuen Bundeswehr kam Rheinmetall erneut ins Geschäft. In den 1960er Jahren belieferte die Firma die Bundeswehr bereits wieder mit Kanonen, Panzern und Munition.
Und auch die alten Beziehungen wurden wieder reaktiviert. Man kannte sich ja noch aus alten Zeiten, als der Führer noch lebte. Viele Altnazis waren inzwischen wieder zu Amt und Ehren in der Verwaltung der jungen Bundesrepublik gekommen. Deutschland durfte jetzt wieder eine Armee haben und Waffen bestellen und man bestellte vorzugsweise bei den alten Freunden. Die Kungelei zwischen Rheinmetall, der Bundeswehr und der Bundesregierung hält bis heute an.
Standort Unterlüß
Unterlüß ist ein kleiner Ort in der Gemeinde Südheide mit knapp 3.500 Einwohnern. Hier laufen die Fäden der Geschäfte von Rheinmetall mit Bomben und Munition zusammen. Die Region ist strukturarm, Arbeit ist rar. Rheinmetall ist der größte Arbeitgeber weit und breit.
Der Pastor von Unterlüß, Wilfried Manneke, jetzt im Ruhestand, sieht ein ethisches Problem mit dem tödlichen Geschäft. „Wenn wir etwas für falsch halten, dann müssen wir doch auch Konsequenzen ziehen“, so predigt er seiner Gemeinde. Will wohl sagen, sollten wir nicht die Fabrik zumachen? Aber das wagt in Unterlüß so keiner zu sagen, auch nicht der Pastor. Pastor Manneke, der sich auch in der Bewegung gegen rechts engagiert, spricht sich gegen Rüstungsexporte und gegen den Bau einer Panzerfabrik in der Türkei durch Rheinmetall aus.
Den Bürgermeister von Südheide, Axel Flader, CDU, interessieren dagegen nur der Wirtschaftsstandort und die Arbeitsplätze. So lange sich alles „im rechtlichen Rahmen hält“, ist für ihn und für die meisten Politiker vor Ort das Thema Rheinmetall kein Problem. Seit Februar hat Unterlüß eine neue Bürgermeisterin, ebenfalls von der CDU. Kritik an Rheinmetall hat man auch von ihr noch nicht gehört.
Aber hält sich im Rüstungsgeschäft wirklich alles im „rechtlichen Rahmen“, so wie die Politik es suggeriert?
Tochterfirmen in aller Welt
Rheinmetall ist der größte Waffen- und Munitionshersteller in der BRD, der Branchenprimus, und verkauft seine Produkte weltweit, auch in Krisengebiete und an kriegsführende Länder. Aber das ist doch verboten, oder etwa nicht?
Für Exportgenehmigungen ist der Bundessicherheitsrat zuständig. Der entscheidet in geheimer Sitzung nach dem Kriegswaffengesetz. Wenn exportierte Rüstungsgüter zu friedensstörenden Aktionen oder zu Angriffskriegen verwendet werden könnten, ist ihre Ausfuhr verboten. Lieferungen von Kriegswaffen in Länder, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht, dürfen nicht genehmigt werden. Ob die Einschränkungen zutreffen, liegt im Ermessen des Bundessicherheitsrates.
Um die tödlichen Produkte im Zweifelsfall trotzdem weltweit zu verkaufen, muss Rheinmetall die Bestimmungen gegebenenfalls umgehen. Und das gelingt vortrefflich: Rheinmetall verlagert einfach die Produktion in Länder mit weniger strengen Regeln und wickelt seine Geschäfte über das Ausland ab. Rüstungsgüter, die in anderen Ländern produziert werden, unterliegen nicht der deutschen Rüstungsexport-Kontrolle.
Rheinmetall übernahm zu diesem Zweck etwa eine Fabrik in der Region Domusnovas/Iglesias auf Sardinien, die früher Sprengstoff für umliegende Bergwerke herstellte. Sie wurde 2010 von Rheinmetall übernommen und zur Herstellung von Bomben und Munition um- und ausgebaut. 2012 begannen die Exporte. RWM (Rheinmetall Waffe Munition) Italia ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen von Rheinmetall, eine deutsche Fabrik für die Herstellung und den Export von Waffen und Munition auf italienischem Boden.
„Seit 2018 wurden ein gigantischer Investitionsplan, die Vergrößerung der Anlage und die Produktion von noch mehr tödlichen Sprengkörpern auf Schiene gebracht. Der Investitionsplan umfasst etwa 20 Einzelprojekte, die allesamt im Schnellverfahren eingereicht und bereits von den Gemeindeverwaltungen von Domusnovas und Iglesias durchgewunken wurden. Die zuständige Behörde in Iglesias genehmigte das Herzstück der Expansion: die Verdoppelung der Produktionsanlage, die eine Verdreifachung der Sprengkörperproduktion ermöglicht … und den neuen Übungsplatz für Testsprengungen…“
Quelle: Stop RWM
Die Fabrik in Sardinien steht in einer armen Region mit hoher Arbeitslosigkeit. Die Politik freut sich über die Investitionen aus Deutschland und mit Geld und Arbeitsplätzen wird die Kritik an den hergestellten Bomben zum Verstummen gebracht. Keiner fragt, was mit den Bomben passiert, die dort hergestellt werden. Man stellt sie dort ja nur her, was andere dann damit machen, ist nicht unser Bier.
Deutsche Bomben im Jemen abgeworfen
2016 dann der Skandal. Auf dem Flughafen und im Seehafen von Sardinien wurden Bomben im Wert von 411 Millionen Euro für den Export an die saudische Armee verladen, Fliegerbomben für den Abwurf im Jemen, gegen den Saudi-Arabien bereits damals den heute noch andauernden völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führte. Trümmer der Bomben wurden dann auch im Jemen gefunden und es konnte anhand der Seriennummern der Nachweis erbracht werden, dass diese in der Fabrik in Domusnovas hergestellt worden waren, was Rheinmetall auch bestätigte.
Der Verkauf von Bomben an Saudi-Arabien ist auch nach italienischem Recht verboten, da sie an ein Land im Kriegszustand geliefert wurden. Alles klar also, die Bomben dürfen da gar nicht hin geliefert werden. Alles illegal also?
Mitnichten. Die italienische Regierung redet sich damit heraus, dass die Bomben keine italienischen Bomben seien, sondern von einer deutschen Firma hergestellt wurden. Also sei Italien hier nicht zuständig. Die deutsche Regierung redet sich damit heraus, dass der Verkauf von einer Firma in Italien ausging. Sie sei nicht zuständig, von Deutschland aus sei nichts exportiert worden. Die Italiener sagen, die Bomben seien deutsche Produkte und die Deutschen sagen, es seien italienische. So umgehen beide Länder ihre eigenen Waffenexportbeschränkungen. Keine Regierung will damit zuständig sein. Saudi-Arabien bombardiert, Rheinmetall kassiert, der Jemen ist weit weg.
Nach jahrelanger Kampagnenarbeit, zahlreichen Petitionen, Demonstrationen, Blockadeaktionen und Gerichtsverfahren hat die italienische Regierung im Februar 2021 doch noch beschlossen, die bereits in den letzten Jahren erteilten Genehmigungen von Waffenexporten nach Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabische Emirate nicht nur auszusetzen, sondern ganz zu widerrufen. Zudem werden weiterhin keine neuen Lizenzen für diese Staaten von der italienischen Regierung erteilt.
Aber RWMI hat Klage gegen diesen Beschluss eingereicht und führt heuchlerisch die Gefahr für rund zweihundert Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region an. Es steht zu befürchten, dass der Beschluss von einer neuen italienischen Regierung wieder gekippt wird. Das Netzwerk Frieden und Abrüstung fordert, den Exportstopp von Rüstungsgütern auf alle neun Mitglieder der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition gegen Jemen auszuweiten. (Die USA, Großbritannien und Frankreich unterstützen die Kriegskoalition zusätzlich zu diesen neun, ohne aber aktiv einzugreifen.)
Rheinmetall liefert Waffenfabriken in alle Welt
Wenn der Trick, die Exporte von eigenen Firmen im Ausland aus zu tätigen, auch nicht mehr geht, dann gibt es noch einen dritten Weg, um trotzdem Geschäfte mit fragwürdigen Waffenkunden zu machen: Rheinmetall verkauft einfach eine komplette Munitionsfabrik an das Zielland. Man verkauft kein Kriegsgerät mehr, sondern stellt ihnen gleich eine ganze Fabrik hin, dann können die vor Ort selber produzieren, was sie brauchen. Dafür ist Rheinmetall eigens eine Partnerschaft mit einem südafrikanischen Staatskonzern eingegangen: Denel, mit dem Rheinmetall 2008 ein Joint-Venture-Abkommen schloss, die RDM (Rheinmetall-Denel Munition). Was von hier nach Saudi-Arabien verkauft wird, unterliegt den Exportgesetzen Südafrikas. Auch in Südafrika sind die Investitionen des deutschen Rüstungskonzerns hochwillkommen. Auch hier sieht man nur die Arbeitsplätze.
Denel lieferte den Saudis eine schlüsselfertige Munitionsfabrik. Saudi-Arabien kann dort herstellen, was es will, und alle waschen sich ihre Hände in Unschuld. Laut eigenen Aussagen hat RDM (Rheinmetall-Denel Munition) bisher 39 schlüsselfertige Munitionsfabriken in alle Welt geliefert, keiner weiß so genau, wo überall hin. Staatspräsident Zuma jedenfalls flog persönlich nach Saudi-Arabien zur Einweihung der Waffenfabrik und zum Bruderkuss mit Mohammed bin Salman. So weit ist es mit dem ANC von Nelson Mandela bereits gekommen, aber das ist eine andere traurige Geschichte.
Andrew Feinstein, ein ehemaliger südafrikanischer Abgeordneter, meint zum Deal mit Südafrika: „Die Ursprünge von Denel waren kriminell und das Geschäftsgebaren ist bis heute kriminell geblieben.“
Italien und Südafrika sind Schlüsselstandorte für Rheinmetall Defense für die Umgehung der deutschen Rüstungsexportbestimmungen.
Daneben plante Rheinmetall 2017 den Bau einer Panzerfabrik in der Türkei. 2019 wurde das brisante Projekt vorläufig auf Eis gelegt. Aber das bedeutet nicht, dass Rheinmetall das Projekt ganz aufgegeben hat. Man schickt dann einfach nur Fachleute als Berater in die Türkei, die den Bau der Fabrik beaufsichtigen. Das ist nicht genehmigungspflichtig.
Besonders problematisch daran ist erstens die Menschenrechtslage in der Türkei. Die Panzer, besonders die leichtgepanzerten Mannschaftswagen, eignen sich gut für die Aufstandsbekämpfung im Land, aber kaum für Zwecke der Landesverteidigung. Zweitens ist auch die Türkei am Krieg gegen Jemen auf Seiten Saudi-Arabiens eingebunden. Die nach der Türkei gelieferten Waffen oder die dort mit deutschem Knowhow hergestellten Waffen würden mit Sicherheit auch im Jemen zum Einsatz kommen. (Wie Rheinmetall trotz Exportkontrollen die türkische Armee ausrüsten will – ARD report München)
Wer einem Verbrecher illegal die Tatwaffe verkauft, landet dafür im Gefängnis. Rheinmetall verkauft seine Waffen formal rechtlich gesehen nicht illegal, aber zumindest unter fragwürdigen Umständen. Oft aber kann man ihnen aber auch krumme Geschäfte nicht nachweisen. Wie lange verschließen die Regierungen noch ihre Augen? Hinter dem Management von Rheinmetall steckt viel kriminelle Energie. Die Kungelei mit der Rüstungsindustrie ist offensichtlich: von der Politik in die Wirtschaft. Dirk Niebel, ehemaliger Entwicklungsminister, ist jetzt Leiter für Internationale Strategieentwicklung und Regierungsbeziehungen und Cheflobbyist bei Rheinmetall. Franz-Josef Jung, ehemaliger Verteidigungsminister, ist dort Aufsichtsratsmitglied.
Rheinmetall auf Expansionskurs
Das Geschäft von Rheinmetall ist auf Expansionskurs: Der Umsatz des Gesamtkonzerns mit Geschäftszentrale in Düsseldorf belief sich im Jahr 2016 auf fast 3 Milliarden €, letztes Jahr waren es schon 6,26 Milliarden.
Das Geschäft mit dem Tod läuft gut: die Rheinmetall-Aktie entwickelt sich prächtig, von 65 € im Januar 2017 auf 86 € heutzutage. Die Dividende ist gut, den Anlegern ist es egal, womit sie ihr Geld verdienen, zumal die Rheinmetallaktie oft auch in Aktienfonds versteckt ist. Viele Anleger wissen noch nicht einmal, dass sie in Aktien von Kriegswaffenherstellern investieren. Und Rheinmetall schmeißt die Bomben ja nicht selber, da ist es dann auch nicht so schlimm, die Aktie im Portfolio zu haben.
Und die Arbeiter? Kümmert es die Beschäftigten, dass sie Mordwaffen herstellen? Die meisten verdrängen es wohl, sie müssen ja ihr Geld verdienen. Aber die Arbeitsplätze bei Rheinmetall sind mit Blut besudelt. Mit den Waffen von Rheinmetall wurden in aller Welt bereits weit mehr Menschen getötet, als Rheinmetall jemals Arbeitsplätze geschaffen hat.
Die Waffen von Rheinmetall töten nicht nur, sie zerstören die Infrastruktur, legen ganze Wohnviertel in Schutt und Asche, zerstören das Leben und die Zukunft ganzer Völker, weit weg von Düsseldorf und Unterlüß.
Und so ist scheinbar alles in Ordnung: Die Politik ist nicht zuständig, die Aktionäre legen nur ihr Geld an und die Arbeiter tun nur ihre Arbeit. „Das dreckige Geschäft mit Diktatoren, Despoten und Kriegsverbrechern – Rheinmetall ist ganz vorne mit dabei. … Rheinmetall umgeht deutsche Gesetze, indem es seine todbringenden Waffen vom Ausland in die Krisenregionen der Welt liefert. Moral scheint ein Fremdwort für diesen Rüstungsgiganten zu sein – alles was zählt, ist der shareholder-value. Auch wenn dafür im Nahen Osten immer schlimmere Kriege und immer mehr Tote zu beklagen sind.“ (ARD: Rheinmetall – das skrupellose Geschäft mit dem Tod!)
Besonders bei Rüstungsexporten sind erhöhte Anforderungen an die politische Situation im Empfängerland und an die dortige Menschenrechtslage gefordert. Die Bundesregierung hat die Situation offensichtlich weder im Griff, noch will sie sie in den Griff bekommen. Mit dubiosen Strategien und Geschäftskonstruktionen werden die Bestimmungen für Rüstungsexporte umgangen. Die Bundesregierung lässt es trotz besseren Wissens geschehen. Gute Beziehungen zur einheimischen Rüstungsindustrie sind ihr wichtiger. Die geforderten Endverbleibserklärungen des Empfängerlandes von Rüstungsgütern sind ein stumpfes Instrument, bestenfalls ein Alibi für ein gutes Gewissen bei verwerflichen, unmoralischen und halbkriminellen Geschäften.
Denn es ist es kaum zu prüfen, ob die gelieferten Waffen nicht doch weiterverkauft werden oder zu Zwecken genutzt werden, die in der Erklärung anders angegeben wurden. Es stellt sich auch die Frage, wer das denn vor Ort überprüfen soll und wie lange. Bis zur Zerstörung der gelieferten Waffen etwa? Das kann Jahrzehnte dauern. Und wer haftet und wie, wenn die Waffen dann doch weiterverkauft werden? Die Lieferung von Waffen in Krisengebiete ist immer problematisch, aber dort sitzen oft die besten Kunden. Was, wenn, wie zuletzt in Libyen geschehen, die Regierung gestürzt wird und die Waffen in die Hände des Islamischen Staates oder ähnlicher Gruppen gelangen?
Mit den Endverbleibserklärungen ist es wie mit den Steuererklärungen der Großkonzerne. Alles wird verschleiert, zu versteuernde Gewinne fallen in der BRD kaum an, das Geld ist längst in Steueroasen verschwunden und niemand weiß genau, was damit passiert. Der Staat hat das Nachsehen, die Konzerne reiben sich die Hände, das Volk wird betrogen.
Wir sind längst wieder zwei Schritte zurück von dort, wo wir schon mal in den Zeiten des Kalten Krieges waren. Lagerdenken überall. Der Freund meines Feindes ist mein Feind, der Feind meines Feindes ist mein Freund. Nutzt etwas dem „Westen“ oder nutzt es den Russen oder den Chinesen? Der bärtige Iwan steht wieder vor der Tür, diesmal zusammen mit den smarten Schlitzaugen aus China und sie wollen die ganze Welt erobern. Da hilft nur noch Abschreckung, ein neues Gleichgewicht des Schreckens muss her. Ein Dritter Weltkrieg aber wird der letzte Weltkrieg sein, es werden noch nicht einmal Geschichtsschreiber übrigbleiben, die aufschreiben könnten, wie es zu all dem gekommen ist. Niemand wird dabei gewinnen, alle werden verlieren, ob Kriegspartei oder neutral, der Planet wird dann nicht mehr bewohnbar sein.
Propaganda, Rüstung und Kapitalverwertung
Auf allen Kanälen des öffentlichen Rundfunks und Fernsehens, in allen Presseblättern des sogenannten Mainstreams äußern sich immer wieder Politiker aller Parteien und erklären, man müsse jetzt eine härtere Gangart gegen Russland und China einlegen. Das Gegenteil ist der Fall. Größte Kriegstreiber sind eindeutig die NATO und ihre Verbündeten. Ihnen gegenüber muss man eine härtere Gangart einlegen, mit ihnen muss man endlich Tacheles reden und ihnen sagen, dass es so nicht mehr geht.
Die deutsche Regierung sollte endlich das machen, wovor sich die USA am meisten fürchten: die Annäherung an Russland suchen. Gleichzeitig sollte die BRD aus der NATO austreten und den Vertrag mit den USA über die Nutzung von Ramstein unverzüglich kündigen. Der Vertrag sieht eine Kündigungsfrist von einem Jahr vor, Ende 2022 könnten die USA also Deutschland endgültig verlassen haben. Tacheles reden hieße auch, die USA zu zwingen, sämtliche Stützpunkte in der BRD zu räumen und ihre Raketen abzuziehen, insbesondere und zuallererst natürlich die Atomsprengköpfe in Büchel. Man muss den USA weiter klarmachen, dass sie sich in die Politik der Länder Europas nicht einzumischen haben und dass wir Waren aus anderen Ländern kaufen, wie wir möchten, das betrifft auch Öl und Gas aus Russland, dass wir bei uns zu Hause Pipelines bauen, wo wir es für richtig halten und dass es die USA auch nichts angeht, wem wir was verkaufen.
Für Eugen Drewermann sind Kapitalismus und Krieg untrennbar miteinander verbunden. Kapitalistische Systeme brauchen aufgrund ihres ständigen Dranges nach Expansion immer mehr den Zugang zu Rohstoffen und Märkten. Den sichern sie sich entweder mit Erpressung oder mit Gewalt. Die westlichen „Demokratien“, insbesondere jedoch die USA, sind längst in den Händen der Großkonzerne und des von ihnen geschaffenen tiefen Staates. Die Großkonzerne haben das Sagen übernommen, der Staat ist nur noch ausführendes Organ und demokratisches Feigenblatt nach innen. Die Außenpolitik wird von den Interessen und Gelüsten der nationalen Großkonzerne bestimmt. Die Rüstungsindustrie ist Teil des tiefen Staates. Ohne die Armee und die Rüstungsindustrie ist die Expansion der Kapitalismus, insbesondere in seiner westlichen neoliberalen Ausprägung, nicht möglich.
Besonders seit 1990, seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Auflösung des Warschauer Paktes, haben sich die neoliberale Elite und ihre politischen Führer in den USA, zusammen mit ihren transatlantischen Vasallen in Europa und dem Kriegsbündnis NATO, als der Haupt-Kriegstreiber weltweit erwiesen.
1991 wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, die NATO aufzulösen und weltweit Frieden zu schließen. Das hätte auch die Möglichkeit gegeben, die riesigen Summen, die jährlich für Rüstung verschleudert werden, dafür zu nutzen, den Wohlstand der arbeitenden Menschen weltweit zu fördern und die Umwelt zu schützen. Was aber haben die Politiker der westlichen Demokratien aus der Friedensdividende von 1990 gemacht? Sie haben das Ende des Kalten Krieges ausschließlich dafür genutzt, die Vorherrschaft des Westens, allen voran der USA, voranzutreiben und die Umverteilung des gesellschaftlich erzeugten Reichtums von unten nach oben noch zu verschärfen. Die Empörung und die Wut unter der Bevölkerung wachsen. Um zu verhindern, dass die Bauern wieder einmal mit Mistgabeln vor den Villen der Herrschenden stehen, um sie da herauszuholen, wird in allen Staaten auch verstärkt im Innern aufgerüstet. Auch daran verdienen Konzerne wie Rheinmetall. Sie stellen Mittel der Überwachung, wie Drohnen, her, aber auch gepanzerte Mannschaftswagen, Maschinenpistolen für die Polizei sowie Tränengas- und Blendgranaten zur Abschreckung von Aufständischen.
Zu allem kommt noch die Zerstörung der Umwelt hinzu. In diesen Zeiten der drohenden Klimakatastrophe ist die weltweite Erhöhung der Rüstungsproduktion doppelt problematisch. Die Schiffe, Flugzeuge und Panzer der Armee stoßen Unmengen von Auspuffgasen aus. Auf einer Wiese, wo ein Panzer drübergefahren ist, wächst buchstäblich kein Gras mehr. Unzählige Übungsmanöver weltweit verschmutzen die Umwelt, das Militär ist der größte Klimakiller überhaupt. Schätzungsweise rund ein Drittel der Treibhausgase werden vom Militär verursacht. Hinzu kommen noch die Zerstörungen in den Kriegsgebieten, Wasserverschmutzungen, Feinstaub, Verstrahlungen durch die Verwendung von Uranmunition, vorsätzliche Vergiftung von Flüssen oder Entlaubung von Wäldern.
Und die Arbeitsplätze? Ach ja, die Arbeitsplätze, das heuchlerische Totschlagargument gegen die Begrenzung der Rüstungsindustrie. Niemand hat etwas gegen die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Menschen müssen ja ihren Lebensunterhalt verdienen, aber nicht egal welche Arbeitsplätze. Sozial ist eben nicht immer, was Arbeit schafft, man kann auch asoziale Arbeitsplätze schaffen, wie in der Rüstungsindustrie oder auf den Finanzmärkten. Wenn des einen Arbeit bedeutet, dass andere dafür ihrer Lebensgrundlage beraubt werden oder sogar ihr Leben verlieren, dann ist das alles andere als sozial. Wer Arbeitsplätze schaffen will, der sollte mit einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung anfangen und dafür sorgen, dass die Menschen einen anständigen Lohn für ihre Arbeit erhalten, damit sie sich die Produkte auch kaufen können, die sie selbst herstellen. Die Arbeiter sind nämlich nicht nur Lohnempfänger, sondern auch Kunden. Rheinmetall beschäftigt etwa 25.000 Arbeiter, Deutschland hat offiziell etwa drei Millionen Arbeitslose, nur um die „gefährdeten Arbeitsplätze“ einmal ins Verhältnis zu setzen.
Laut den kapitalistischen Gesetzen der Kapitalverwertung und des Shareholder-Value kann es den Betreibern einer Firma egal sein, was in ihrer Fabrik hergestellt wird. Die Kapitaleigner und die Anleger schauen nur darauf, wie hoch die Rendite ist. Was für die Aktionäre gewinnbringend ist, ist für Mensch und Natur tödlich. Hier müsste der Staat, wenn er denn das Wohl der Allgemeinheit im Auge hätte, einem solchen Geschäftsmodell das Handwerk legen. Wenn eine Gesellschaft sich für den Unterhalt einer Armee entscheidet, dann sollte sie auch die benötigten Waffen selber, in Eigenregie und nur für ihren eigenen Bedarf herstellen und nicht bei Privatfirmen kaufen. Rüstungsfirmen, wenn man sie denn überhaupt wirklich zur Verteidigung des Landes braucht, müssen unter der Kontrolle des Staates stehen und direkt dem Volk verantwortlich sein.
Parallel dazu aber, und das ist das Wichtigste, müssen wieder vertrauensbildende Maßnahmen und intensive Verhandlungen über Rüstungskontrolle zwischen allen Ländern aufgenommen werden. Das vorrangigste Ziel muss natürlich die Abschaffung aller Atomwaffen und aller chemischen und biologischen Waffen sein. Das Endziel aber ist das Verbot aller Kriegswaffen weltweit, dazu gehören Kriegsschiffe, Flugzeuge, Panzer, Kanonen bis hin zu automatischen Gewehren. Maschinenpistolen und Sturmgewehre eignen sich nicht für die Jagd auf Kaninchen, also braucht sie auch kein Mensch.
Weil Rüstungsgüter nur vom Staat gekauft und mit Steuergeldern bezahlt werden, ist die Abnahme der Produkte schon im Voraus gesichert, auch wenn kein Mensch sie sonst kaufen würde. Wer würde sich schon eine Haubitze für den Gebrauch zu Hause kaufen? Die Produkte landen nicht auf dem Markt, bestenfalls werden sie nach ein paar Jahren wieder verschrottet, schlimmstenfalls werden sie zum Töten eingesetzt. Die Rüstungsindustrie ist tendenziell inflationär für eine Volkswirtschaft, weil den Löhnen keine Waren auf dem Markt gegenüberstehen. Die Rüstungskonzerne, allen voran der Branchenprimus Rheinmetall, sollen entweder nützliche Produkte für den Alltagsgebrauch herstellen oder sie müssen geschlossen werden, damit sie keinen Schaden mehr anrichten können.
Deutsche Bomben, produziert in Sardinien, von dort frei Haus nach Jeddah geliefert, abgeworfen im Jemen. Was hat der deutsche Michel damit zu tun? Viel, sehr viel sogar.
Erst kommt das Fressen, dann die Moral, meinte einst Brecht. Wie lange können wir uns eine solche Einstellung noch leisten? Systemveränderung geht nicht ohne Zivilcourage. Und auch nicht ohne eine politische Zukunftsvision, die über den neoliberalen Tellerrand hinausblickt.
So weiterzumachen wie bisher, das wird in die Hose gehen. Konzerne wie Rheinmetall helfen dabei, den totalen Kollaps zu beschleunigen.
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