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- Ein neues Leistungseigentum
- Das Corona-Virus als „Ungleichheitsvirus“ und dessen Fortpflanzung in die ebenfalls ungleiche Welt der Impfungen
- Schule und Corona: Die verachtete Jugend
- Kurzarbeit sicherte 2020 mehr als sechs Mal so viele Stellen wie in der Finanz- und Wirtschaftskrise – doch Lücken bleiben
- Die Steuereinnahmen steigen leicht – die Finanzlöcher bleiben
- “Ein Finanzminister Merz wäre ein systemisches Risiko für die EU”
- Generationenbetrug wird zur Generationengerechtigkeit umgelogen
- Deutschland überzieht sein CO₂-Budget immer noch
- “Der Amazonas-Regenwald ist gefährdet wie nie”
- „Mieterinnen müssen sich global vernetzen“
- Mehrere deutsche Rüstungsprojekte stehen offenbar auf der Kippe
- Globale Impfstoffrivalitäten
- Rückreiseverbot aus Indien: Australiens beispiellose Härte im Kampf gegen Corona
- Zwischen allen Fronten
- Mei, wer braucht die CDU? Markus Söder kämpft für sich allein
- Im Baerbock-Bann: Wie Elite-Journalisten die Grünen ins Kanzleramt zu schreiben versuchen
- Die grüne Cancel-Culture
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Ein neues Leistungseigentum
Echtes Leistungseigentum muss Unternehmern das Leben erleichtern und Kapitalisten die Möglichkeit nehmen, Firmen ihre Logik aufzuzwingen. Die alte Rechtsform der Kapitalgesellschaft leistet das nicht.
Wenn unsere Wirtschaft wieder produktiv und innovativ werden soll, wenn wir die großen technologischen Fragen in überschaubarer Zeit lösen und eine echte Leistungsgesellschaft werden wollen, die jedem ein gutes Leben und Aufstieg ermöglicht, müssen wir Grundlegendes verändern. Privates Eigentum und Gewinnstreben kann nur da den technologischen Fortschritt voranbringen und damit die Wohlstandspotenziale der Wirtschaft erhöhen, wo der Wettbewerb funktioniert und klare Regeln und Gesetze dafür sorgen, dass Kosten nicht zulasten von Beschäftigten und Umwelt gesenkt werden können.
Dienstleistungsbranchen, in denen Marktmacht strukturell angelegt ist oder Kommerzialisierung zu falschen Anreizen führt – etwa in Krankenhäusern, in denen Kranke und Behandlungsmethoden dann nach ihrem Ertragspotenzial ausgewählt werden –, gehören nicht in die Hände kommerzieller Investoren, sondern in gemeinwohlorientiertes Eigentum. Erst recht gilt das für die digitale Infrastruktur unserer Gesellschaft.
Quelle: Sahra Wagenknecht auf Makroskop
- Das Corona-Virus als „Ungleichheitsvirus“ und dessen Fortpflanzung in die ebenfalls ungleiche Welt der Impfungen
Bereits im Herbst des vergangenen ersten Corona-Jahres gab es zahlreiche Berichte über die Tatsache, dass das Corona-Virus eben kein großer Gleichmacher ist, sondern dass sich zahlreiche vor Corona ausgeprägte soziale Ungleichheiten auch in Form einer unterschiedlichen Betroffenheit durch das Virus hinsichtlich der Infektions-, Erkrankungs- und Sterberisiken (wie aber auch mit Blick auf sehr ungleiche Verteilung der negativen ökonomischen und sozialen Folgen der Pandemiebekämpfungspolitik) nicht nur gespiegelt, sondern teilweise potenziert haben. Dazu aus diesem Blog ausführlicher der Beitrag Das Corona-Virus und die Ungleichheit: Vom anfänglichen „großen Gleichmacher“ zu einem in Umrissen immer deutlicher erkennbaren „Ungleichheitsvirus“, der am 6. März 2021 veröffentlicht wurde. Und am 21. März 2021 wurde dann dieser Beitrag veröffentlicht: Das Corona-Virus als „Ungleichheitsvirus“: Die Umrisse werden deutlicher erkennbar. Und „Menschen mit Migrationshintergrund“ diesseits und jenseits der Statistik. Die empirischen Hinweise auf eine sehr ungleiche Verteilung der Risiken und der tatsächlichen Betroffenheit durch das Virus lagen schon seit Monaten vor – und auch die immer wieder vorgetragenen Schlussfolgerungen, dass man (eigentlich) gezielt angesichts der teilweise extremen Ungleichheiten bei der so bedeutsamen Impfung eine risikobezogene Differenzierung hätte vornehmen müssen bzw. sollen.
Erst in den vergangenen Tagen sind dann auch erste praktische Umsetzungen in Form einer von der üblichen Priorisierung abweichenden sozialräumlichen Ausgestaltung der Impfungen in einigen Großstädten bekannt geworden.
Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
- Schule und Corona: Die verachtete Jugend
Wer eine Vorstellung davon bekommen möchte, welchen „Wert“ die Regierenden Kinder und Jugendlichen beimessen, blättere nur mal rein in das zwei Milliarden schwere „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona“, das vergangene Woche vorgestellt wurde. Schon der Name deutet an, worum es geht: um den Abbau „pandemiebedingter Lernrückstände“, um das Aufholen, das Anschlussfinden, das Wettmachen eines Rückstands, also wirtschaftlich gesprochen: um die Rekapitalisierung eines schwächelnden Staatsinvestments.
Offenbar können sich Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) Heranwachsende im 15. Monat der Coronapandemie nurmehr als faule Kredite und defizitäre Assets am Standort Deutschland vorstellen – als Leerbehälter, die seit März 2020 nicht ganz so intensiv mit Einmaleins und Integralen druckbetankt werden konnten wie sonst üblich, um sie als Humankapital möglichst zeitnah dem Arbeitsmarkt zuführen zu können. Jeder weiß: Das lag nicht an den Kindern und Jugendlichen, sondern an der mangelnden Digitalkompetenz und -infrastruktur vieler Bildungspolitiker, Schulen und Lehrer und am ausgeprägten Willen der Kultusministerinnen und Kultusminister, die „Jahrhundertaufgabe“ unbearbeitet zu lassen. Aber hey, das bedeutet ja nicht, dass man die Kinder und Jugendlichen erst 14 Monate im Dauerregen eines On-Off-Unterrichts stehen lassen kann, um ihnen anschließend in „Sommercamps“ und „Lernwerkstätten“ auch noch die Ferien zu verhageln. Mit Verlaub: Dieser Umgang des Landes mit seinen Kindern ist eine Schande.
Quelle: WirtschaftsWoche
- Kurzarbeit sicherte 2020 mehr als sechs Mal so viele Stellen wie in der Finanz- und Wirtschaftskrise – doch Lücken bleiben
Durch Kurzarbeit sind auf dem Höhepunkt der Corona-Krise rechnerisch mehr als sechs Mal so viele Arbeitsplätze gesichert worden wie auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009. Laut einer neuen Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung sank im Rahmen der weit verbreiteten Kurzarbeit im zweiten Quartal 2020 die durchschnittliche Zahl der geleisteten Arbeitsstunden pro Beschäftigtem in Deutschland gegenüber dem 4. Quartal 2019 um 17,6 Stunden. Im entsprechenden Drei-Monatszeitraum 2009 betrug die Reduktion bezogen auf alle Beschäftigten durchschnittlich 3,1 Stunden. Rechnerisch entspricht das knapp 2,2 Millionen gesicherten Jobs auf dem Höhepunkt der Krise 2020 gegenüber rund 330.000 Jobs in der Finanz- und Wirtschaftskrise. Das spiegelt einerseits den viel größeren Einschlag der aktuellen Krise auf dem Arbeitsmarkt wider, der abgefangen werden musste und weitgehend konnte, so die IMK-Studie. Zum anderen wirken sich weitere Faktoren aus: Anders als in der Finanz- und Wirtschaftskrise spielte etwa der Abbau von Zeitguthaben auf Arbeitszeitkonten diesmal nur eine kleine Rolle, auch weil diese bei Ausbruch der Pandemie deutlich geringer waren.
Quelle: Hans Böckler Stiftung
- Die Steuereinnahmen steigen leicht – die Finanzlöcher bleiben
Nach dem historischen Einbruch der Staatseinkünfte in der Krise prognostizieren die Steuerschätzer ein geringes Plus. Doch das reicht nicht, um die Löcher im Haushalt und den Sozialkassen zu stopfen. […]
Die Wahl scheint nur noch zwischen zwei Optionen zu bestehen: Entweder erhöht die nächste Regierung Steuern und Sozialbeiträge, oder sie höhlt die Schuldenbremse aus.
Quelle: Handelsblatt
- “Ein Finanzminister Merz wäre ein systemisches Risiko für die EU”
Europas Wirtschaft erholt sich nur langsam von der Pandemie, warnt der Ökonom Adam Tooze. Er fordert neue Konjunkturpakete und einen Paradigmenwechsel in Deutschland.
ZEIT ONLINE: Herr Professor Tooze, in einem vor einigen Wochen veröffentlichten Aufsatz haben Sie geschrieben, dass Europas Wirtschaft unter Long-Covid leiden werde. Was meinen Sie damit?
Adam Tooze: Mit ihren Maßnahmen haben es die Europäer geschafft, die zweite und dritte Welle der Corona-Pandemie zu brechen und unter das Niveau der USA zu drücken. Aber der wirtschaftliche Preis dafür war hoch. Es zeichnet sich gerade ein krasser Gegensatz ab: Auf der einen Seite China, dessen Wirtschaft sich schon Ende vergangenen Jahres stark erholt hat, und die USA, die durch den Stimulus der Biden-Regierung auf einem Höhenflug sind. Und auf der anderen Seite Europa. Obwohl die EU diesen superkomplizierten, politisch ausgeklügelten Wiederaufbaufonds namens NextGenerationEU beschlossen hat, sieht es nicht so aus, als ob die Wirtschaft ausreichend durch die Finanzpolitik gestützt würde.
ZEIT ONLINE: Dieses Konjunkturpaket hat einen Umfang von 750 Milliarden Euro. Ist das nicht ausreichend?
Tooze: Der Wiederaufbaufonds ist vieles, aber er ist kein Konjunkturpaket. Das Programm ist auf langfristige Investitionen ausgerichtet, an bestimmte Kriterien gebunden, und das Geld wird sehr langsam ausgezahlt. Was die europäische Wirtschaft dagegen in diesem und im nächsten Jahr braucht, ist ein sofortiger Schub, um die Erholung vom Schock der Pandemie zu beschleunigen – zusätzlich zu den 750 Milliarden Euro.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Bei der Schuldenphobie in Deutschland und den anderen “Sparsamen 4” (oder 5?) EU-Staaten ist ein vernünftiges Konjunkturprogramm leider kaum vorstellbar, aber Tooze gibt zumindest sein Bestes, die Politik zu überzeugen.
- Generationenbetrug wird zur Generationengerechtigkeit umgelogen
Die heute Jungen sollen deutlich mehr Jahre arbeiten. Sie sollen weniger gesetzliche Rente bekommen und sie sollen zur Börsen-Casino-Rente gezwungen werden. Das Ganze wird verkauft als Generationengerechtigkeit. Tatsächlich ist es ein gigantischer Generationenbetrug. Die Methoden zum Betrug hat Georg Orwell („1984“) enthüllt: „2+2 = 5“, „Krieg ist Frieden“ und Lügen werden bei ständiger Wiederholung zur Wahrheit.
Generationengerechtigkeit ist in aller Munde. Die Alten werden mehr, die Jungen weniger, da müssen Reformen her, die für eine Entlastung der Jungen sorgen.
Was passiert ist Folgendes: die geburtenstarken Jahrgänge (Babyboomer) gehen zwischen 2023 und 2034 in Rente. Der Altersversorgungsaufwand aus der gesetzlichen Rente würde sich bei schlechter Prognose bis zum Jahr 2040 um 21% oder nach heutigen Werten um 70 Milliarden Euro erhöhen. Zweifellos wäre das eine Mehrbelastung. „Untragbar“ schreit der neoliberale Mainstream. Um das tragbar zu machen, soll bis 70 und mehr gearbeitet werden und verbindlich privat vorgesorgt werden.
Und wer soll länger arbeiten und zusätzlich mehr Lohnanteile für Privatvorsorge aufbringen?
Die jüngeren Generationen! Wer denn sonst? Das als Entlastung zu behaupten ist dreist und verlogen – es ist Betrug.
Quelle: Seniorenaufstand
dazu auch: Die Riester-Rente macht Sparern immer weniger Spaß
Die Riester-Rente gibt es seit fast 20 Jahren. Sie muss ersetzt werden, fordern Verbraucherschützer. Ist das Vorsorge-Modell noch zu retten?
Das ist kein schöner Geburtstag der Riester-Rente, die 2001 beschlossen wurde. Gleich drei Verbraucherschutzorganisationen haben sich zusammengetan zur Aktion “Stoppt die Riester-Rente – sonst sehen wir alt aus”. Am Dienstag wollen sie vor dem Kanzleramt gegen die staatlich geförderte private Altersversorgung protestieren. Klaus Müller, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband, Gerhard Schick, Vorstand Bürgerbewegung Finanzwende, und Axel Kleinlein, Vorstand beim Bund der Versicherten (BdV), werden vor Ort sein, Interviews geben und sich fotografieren lassen.
“Die Aktion soll ein Gegengewicht bilden gegen das, was die Finanzlobby macht”, erläutert Schick. Er wirft den Versicherern vor, eine echte Reform der privaten Altersvorsorge zu hintertreiben und darauf zu setzen, Riester mit kleinen Änderungen am Leben zu erhalten.
Quelle: Süddeutsche
- Deutschland überzieht sein CO₂-Budget immer noch
Das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts scheint einen politischen Kipppunkt zu markieren. Plötzlich sind Klimaziele möglich, die noch vor zwei Wochen undenkbar waren, etwa Klimaneutralität 2045. Das bringt Deutschland näher an einen Paris-kompatiblen Emissionspfad – aber eine Differenz bleibt.
Quelle: Klimareporter
- “Der Amazonas-Regenwald ist gefährdet wie nie”
Stirbt der Amazonas, wären die Klimafolgen global spürbar. Noch wehrt er sich raffiniert, sagt die Geoökologin Kirsten Thonicke. Doch vor Menschen schützt das nicht.
Quelle: Zeit Online
- „Mieterinnen müssen sich global vernetzen“
Leilani Farha weiß, wie Immobilienkonzerne aus der Corona-Krise Profit schlagen
Sozialer Wohnungspolitik hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil zum Mietendeckel einen herben Dämpfer verpasst. Nicht nur deshalb scheint es sinnvoll, den Blick zu weiten: nach Kanada zum Beispiel, wo die ehemalige UN-Rapporteurin zum Recht auf Wohnen, Leilani Farha, eine NGO ins Leben gerufen hat, die sich des Themas auf globaler Ebene annehmen will.
der Freitag: Frau Farha, zu Beginn der Corona-Pandemie sagten Sie, selten sei das Wohnen so sehr eine Frage von Leben und Tod gewesen. Ist das noch immer so?
Leilani Farha: Die Frage des Wohnens sollte als jene globale Krise diskutiert werden, die sie ist. Obdachlose Menschen waren einem höheren Risiko ausgesetzt, sich mit dem Virus anzustecken. Und auch ich hätte nicht erwartet, dass so viele Menschen auf einmal ihre Miete nicht mehr bezahlen konnten und sich vor Zwangsräumungen fürchten mussten. Vielerorts gibt es zwar Moratorien für Zwangsräumungen, aber die Höhe der Schulden mancher Menschen ist erschreckend. Vor allem in Westeuropa und Nordamerika muss man sich Gedanken machen, wie die Menschen diese Schulden abbezahlen werden.
Quelle: der Freitag
- Mehrere deutsche Rüstungsprojekte stehen offenbar auf der Kippe
Viele Vorhaben der Bundeswehr sind laut einem Bericht wegen mangelnder Finanzierung gefährdet. Die Kosten der Projekte belaufen sich demnach auf mehrere Milliarden Euro.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Anscheinend hat die Pandemie auch ein paar gute Aspekte.
- Globale Impfstoffrivalitäten
Berlin und die EU blockieren die zeitweise Aussetzung der Patente für Covid-19-Impfstoffe auch noch nach dem diesbezüglichen Kurswechsel der USA. Man sei nicht der Ansicht, die Patentfreigabe zum Zweck der Ausweitung der Vakzinproduktion sei der angemessene Schritt, teilten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ratspräsident Charles Michel am Samstag nach dem jüngsten EU-Gipfel mit. Berlin sorgt sich vor allem um die mRNA-Patente von BioNTech: Das Unternehmen soll mit ihnen einen wichtigen Beitrag zum Ausbau des Biotechnologiestandorts Deutschland leisten; die Patente dürften deshalb nicht China in die Hände fallen, wird Bundeskanzlerin Angela Merkel zitiert. Dabei trägt auch die Biden-Administration mit ihrem Vorstoß zur Patentfreigabe dem Machtkampf gegen Beijing Rechnung: Seit Indien wegen der Eskalation der Pandemie im eigenen Land keine Impfstoffe mehr exportiert, werden ärmere und Schwellenländer fast nur noch von China und Russland versorgt – auch mit deren Lizenzen zu einer eigenen Vakzinproduktion. Die Patentfreigabe könnte die chinesisch-russische Impfdominanz brechen.
Quelle: German Foreign Policy
- Rückreiseverbot aus Indien: Australiens beispiellose Härte im Kampf gegen Corona
Tausende Australier sitzen im Hochrisikoland Indien fest. Aus Angst vor Corona verbietet ihnen die eigene Regierung die Heimkehr – bei Strafe. Es ist eine beispiellose Verfügung.
Quelle: DER SPIEGEL
Anmerkung JK: Leider hinter Bezahlschranke. Dies ist der Preis für No- oder ZeroCovid. Einer Strategie, der auch der Spiegel durchaus mit Wohlwollen gegenübersteht. Es sollte klar sein, dass diese nur mit polizeistaatlichen Methoden durchsetzbar wäre. Dazu sollten sich dann die Anhänger von No- oder ZeroCovid auch klar bekennen.
dazu auch: Australien schwächt Verbot für Einreisen aus Indien ab
Die Regierung in Canberra droht Menschen, die aus Indien nach Australien reisen wollen, nicht mehr mit Haftstrafen. Premierminister Morrison kündigt erste Rückführungsflüge für Landsleute an.
Australien wird sein umstrittenes Einreiseverbot für Rückkehrer aus Indien voraussichtlich am 15. Mai wieder aufheben. Dann sei das Ziel der Maßnahme erreicht, eine Verlängerung sei wohl nicht mehr nötig, sagte Premierminister Scott Morrison am Freitag. Angesichts der schnellen Ausbreitung des Coronavirus in Indien hatte die Regierung in Canberra vor einer Woche einen Einreisestopp auch für seine eigenen Bürger erlassen – unter Androhung von Haftstrafen von bis zu fünf Jahren bei Zuwiderhandlung.
Quelle: FAZ
- Zwischen allen Fronten
Lale Gül aus Amsterdam ist abgetaucht. Sie erhält Morddrohungen. Wegen eines Buches, in dem sie das selbstbestimmte Leben preist.
Was Lale Gül all diesen Hass eingebrockt hat, ist ihre mehr als 300-seitige Abrechnung mit dem stockkonservativen, türkisch-nationalistischen Milieu, in dem sie aufgewachsen ist. Sie empfindet es als ein Korsett aus erstickender Moral, in dem Musik und figurbetonte Kleidung verboten sind, doch das Kopftuch ab der ersten Periode obligatorisch ist. Ausgehen, flirten, Beziehungen gar werden ihr als junger Frau untersagt, selbst Freundschaften mit Jungs. Zwölf Jahre lang steht jedes Wochenende Indoktrinierung in der Millî-Görüş-Koranschule an, dazukommt die tägliche türkische Fernsehpropaganda aus der Satellitenschüssel.
Aus Sicht der Protagonistin Büsra geschrieben, ist „Ik ga leven“ auch die Chronik einer jugendlichen Dissidenz bis hin zum Abfall vom Glauben. Schon früh lehnt sie sich gegen das strikte Regime der ultrareligiösen Mutter auf. Sie verschlingt Bücher in einem Haushalt, in dem außer dem Koran nichts gelesen wird. Drei Jahre lang hat sie eine geheime Beziehung zu einem Nichtmuslim in Den Haag, und die Beschreibung ihres sexuellen Erwachens ist so euphorisch, wie der Drang zum Ausbruch aus dem Tugenddiktat tief sitzt.
Die Essenz des Buchs, das die Niederlande seit Monaten in Atem hält, über das in allen Medien berichtet und in Freundeskreisen diskutiert wird, ist die eines individuellen Lebensentwurfs, der sich mit Verve gegen ein autoritäres Kollektiv richtet:
Quelle: taz
Anmerkung JK: Erstaunlich, dass dieser Beitrag in der taz zu finden ist. An der Reaktion auf das Buch in den Niederlanden zeigen sich die immer gleichen Muster der identitätspolitischen Debatte. Da auch Lob aus der rechtspopulistischen Ecke kam, muss das Geschriebene einfach falsch sein.
- Mei, wer braucht die CDU? Markus Söder kämpft für sich allein
Vor drei Wochen kürte die Union den CDU-Vorsitzenden Laschet zu ihrem Kanzlerkandidaten. CSU-Chef Söder verschärft weiterhin seine Attacken auf die Schwesterpartei und nimmt eine Niederlage bei den Bundestagswahlen in Kauf. Er will vor seinen bayrischen Wählern als die bessere Alternative präsent bleiben – auch für die Zeit danach.
Söder muss der dauerpräsente Gegenentwurf zu Laschet bleiben, um seine Machtbasis in der Heimat zu stabilisieren. Um die Wähler zwischen Passau, Regensburg und Hof, die ihm in den jüngsten Umfragen gerade einen herben Dämpfer versetzt haben, zurückzugewinnen, muss er als jederzeit verfügbare bessere Alternative erscheinen. Er sammelt seine Truppen daheim. Er folgt mit brachialer Rücksichtslosigkeit der Devise «Bavaria first», damit der nächste Ausfallschritt in die Republik von Erfolg gekrönt sein kann.
Selbst eine krachende Niederlage der Union bei den Bundestagswahlen könnte Söder den Weg bereiten, sofern er nur in Bayern ein vergleichsweise gutes Ergebnis einfährt. Er wäre dann der Phönix aus jener Asche, die er der CDU bereitet. Söder gibt in diesen Tagen einen Regionalfürsten von verbissenem Ehrgeiz. Dadurch zeigt er wider Willen, dass die Union gut beraten war, ihn nicht zu ihrem Kandidaten zu wählen.
Quelle: NZZ
dazu auch: Ausgangslage zur Bundestagswahl
Gemessen an der SPD, die von unten kommt, hat es die CDU/CSU im Augenblick schwerer. Das liest sich wenig plausibel, es ist aber so, denn: Die Union ist innerlich zerrissen. Es geht in ihr immer noch mitleidlos und knüppelhart zu. Folgen wir einen Augenblick dem CSU-Generalsekretär Markus Blume: „Armin Laschet ist nun verantwortlich, die Umfragen zu drehen“, sagte Blume. Die bayerische Schwesterpartei dürfe nicht mit nach unten gezogen werden. „Als CSU müssen wir uns vom Bundestrend abkoppeln“, betonte er. Dabei setzte die Partei voll auf den bayerischen Ministerpräsidenten. „Die persönliche Zufriedenheit mit Markus Söder ist unverändert auf hohem Niveau stabil.“ So der CSU-General am 8. Mai in der Welt.
Blume weiß genau, was die Stunde geschlagen hat: Das Umfrageunternehmen INSA gab in der bisher letzten Umfrage am 24. April zu Bayern an: Wenn am kommenden Sonntag Landtagswahlen wäre, würden 36 Prozent ihr Kreuzchen bei der CSU machen, 24 Prozent bei Grün und neun Prozent der SPD den Vorzug geben (Rest: FDP 9, Linke 3, Freie 9, AfD 9). GMS hatte zwei Monate zuvor noch 47 Prozent für die CSU bei der Sonntagsfrage ausgemacht.
Quelle: Blog der Republik
- Im Baerbock-Bann: Wie Elite-Journalisten die Grünen ins Kanzleramt zu schreiben versuchen
Ginge es nach den Medien, kann auf die Bundestagswahl getrost verzichtet werden. Ich glaube, viele Redakteure bedauern insgeheim, dass man auch Leute an die Wahlurne lässt, von denen man weiß, dass sie die völlig falschen Ansichten vertreten. Wäre das Wahlvolk doch nur so weitsichtig wie die Journalisten, dann müsste man ihm auch nicht ständig vorkauen, wie es zu wählen hat.
Dass Journalisten zum Fantum neigen, ist keine ganz neue Erkenntnis. Das Praktische bei der medialen Befassung mit den Grünen ist, dass die Fans gleich die Berichterstattung übernehmen. Vergangene Woche setzte ein regelrechtes Wettrennen ein, wer die gefühlvollste Hymne anlässlich der Kanzlerkandidatur verfasst.
Der „Tagesspiegel“ ging mit der Zeile „Und wenn Deutschland noch nicht reif ist für Annalena Baerbock?“ ins Rennen. Dass sich der Reifegrad der Deutschen danach bemisst, mit welcher Prozentzahl sie die Kandidatin der Herzen ins Kanzleramt wählen, darauf wäre nicht mal der „Bayernkurier“ verfallen, und der hat sich einiges geleistet.
Die „Zeit“ trumpfte mit der Überschrift „Eine wie keine“ auf: „Mit Annalena Baerbock könnte erstmals eine Mutter Bundeskanzlerin werden. Schon ihre Kandidatur macht Millionen Eltern Hoffnung.“ Sie müssen zugeben, da hört man die Geigen im Hintergrund.
Den Vogel abzuschießen gelang allerdings dem „Stern“, der Baerbock auf dem Titel umstandslos zur Hoffnung per se kürte: „Endlich anders“. Dagegen wirkte der „Spiegel“ mit seinem Baerbock-Cover geradezu lahm, obwohl man sich bei der Auswahl des Titelfotos die größte Mühe gegeben hatte, die Kandidatin zupackend und optimistisch, gleichzeitig aber auch seriös und vertrauenswürdig erscheinen zu lassen.
Quelle: Jan Fleischhauer auf Focus Online
- Die grüne Cancel-Culture
Parteiausschluss für Boris Palmer? Kaum ist Wahlkampf-Zeit, kehren Gesinnungsethik und Moralismus bei den Grünen zurück.
Erst im letzten Sommer, Anfang August 2020 hatte Winfried Kretschmann seine eigene Partei noch vor “Sprachpolizei” und “Tugendterror” gewarnt. Er wolle sich den Mund nicht von “Sprachpolizisten” verbieten lassen, sagte der Ministerpräsident. Den Trend zu sprachlicher und politischer Korrektheit beobachte er mit großer Skepsis. “Natürlich müssen wir darauf achten, dass wir in unserer Sprache niemanden verletzen, und Sprache formt unser Denken ein Stück weit”, sagte Kretschmann damals. “Aber jeder soll noch so reden können, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Von diesem ganzen überspannten Sprachgehabe halte ich nichts.”
Aber damals war auch noch Wahlkampf in Baden-Württemberg. Inzwischen ist die Wahl haushoch gewonnen, die Fortsetzung der grün-schwarzen Koalition beschlossen, und just an dem Tag, an dem dieses ungeliebte, aber taktisch gesehen alternativlose Bündnis auch vom Landesparteitag der Grünen endgültig abgesegnet wurde, kehren Gesinnungsethik und Moralismus, die man nicht gleich “Tugendterror” nennen muss, aber kann, und die hinter den Kulissen bei den Grünen nie auch nur ansatzweise verschwunden waren, auch auf die offene Bühne zurück.
Quelle: Telepolis