Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: His Masters‘ Voice – Riskante Pendelpolitiken zwischen Washington und Beijing
Datum: 25. April 2021 um 11:45 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Länderberichte, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Redaktion
Konflikteskalation im Südchinesischen Meer/Westphilippinischen Meer: Der seit annähernd fünf Jahren amtierende philippinische Präsident Rodrigo R. Duterte gerät zusehends innen- wie außenpolitisch unter Druck. Vor allem seine Chinapolitik stößt auf Unverständnis und polarisiert mittlerweile die Gesellschaft. Ein Artikel von Rainer Werning.
Vorbemerkung
In den vergangenen Tagen und Wochen hat sich vor allem der Konflikt zwischen der Regierung in Manila und der Volksrepublik China um Hoheitsansprüche im Südchinesischen Meer, das in philippinischen Landkarten seit Herbst 2012 als Westphilippinisches Meer ausgewiesen wird, erheblich verschärft. Auffällig dabei war das zeitweilige Abtauchen des Präsidenten Duterte aus der Öffentlichkeit und sein beredtes Schweigen in dieser so hochsensiblen nationalen Sicherheitsfrage. Zum Wochenbeginn schließlich meldete sich Duterte – mehr politischem Druck denn seiner persönlichen Überzeugung folgend – zu Wort. Und wie!
Während seiner allmontäglichen Rede an die Bevölkerung erklärte er am 19. April in einer aufgezeichneten Fernsehansprache: „Ich werde meine grauen Schiffe dorthin (in die von den Philippinen beanspruchten Gebiete im Südchinesischen Meer – RW) schicken, um einen Anspruch zu erheben. (…) Ich bin jetzt nicht so sehr an der Fischerei interessiert, ich glaube nicht, dass es wirklich genug Fisch dort gibt, um darüber zu streiten.“ Wenn es aber um Bergbau gehe oder „was auch immer in den Tiefen des Chinesischen Meeres ist“, so Duterte weiter, „werde ich falls nötig auch Kriegsschiffe entsenden, um unsere Ansprüche zu untermauern.“ Lieber aber wäre es ihm, resümierte der Präsident, mit Beijing „Freunde zu bleiben“ und „zu teilen, was immer es ist.“
China hat in der Vergangenheit mehrfach Ansprüche auf das gesamte Südchinesische Meer für sich erhoben und den Territorialkonflikt dadurch angeheizt, dass es künstliche Inseln aufschüttete und dort Militärinstallationen errichtete. In einer Region, wo nebst den Philippinen und der Volksrepublik China außerdem noch das an Erdöl reiche Sultanat Brunei, Malaysia, Indonesien, die Republik China auf Taiwan und Vietnam jeweils (partielle) Besitzansprüche verfolgen, wenngleich sich Brunei, Malaysia und Indonesien in den vergangenen Jahren eher in Zurückhaltung übten.
Dutertes jetzige Äußerungen erfolgen aus der Defensive, in die sich der Präsident selbst manövriert hat. Sowohl Generäle und Offiziere der Streitkräfte des Landes (AFP), deren Oberkommandierender der Präsident in Personalunion ist, als auch die wachsende Schar von Kritikern und Gegnern seiner Politik attackieren den ihrer Meinung nach von Duterte praktizierten „Ausverkauf nationaler Interessen“. Es gehört zum Wesensmerkmal des „Dutertismo“, zum ureigenen Politikstil des Präsidenten, große Versprechungen publicitywirksam zu verkünden, um sie klammheimlich ad acta zu legen und für dadurch entstehende Missstände oder auch hinterlassene Scherbenhaufen stets anderen den Schwarzen Peter unterzuschieben und sie als die eigentlich Schuldigen zu brandmarken. Es lohnt sich also, die dem „Dutertismo“ inhärenten Pendelpolitiken in dieser außenpolitisch brisanten Frage nachzuspüren.
Ungebetene Präsenz im Whitsun Reef
In der philippinischen Metropole Manila sorgt in diesen Tagen ein außenpolitisches Thema selbst innerhalb der Regierung des seit Sommer 2016 amtierenden Präsidenten Rodrigo R. Duterte für Missstimmung. Letzterer bezeichnet sich selbst gern als enger „Freund Chinas“ und dessen Präsidenten Xi Jinping. Und er mag es partout nicht, wenn diese Busenfreundschaft angezweifelt oder gar als Kotau gedeutet wird. Doch ausgerechnet zwei Minister in Dutertes Kabinett, Verteidigungsminister Delfin Lorenzana und Außenminister Teodoro Locsin Jr., nutzten ein zweiwöchiges Abtauchen des Präsidenten, um gegen die ausgedehnte Präsenz chinesischer Schiffe im Whitsun Reef (auch bekannt unter den Namen Whitson Reef oder Whitsum Reef) zu protestieren. Unter dem Namen Julian Felipe Reef gilt dieses Riff als Teil der Spratly-Inseln im Südchinesischen beziehungsweise Westphilippinischen Meer, das nur 175 Seemeilen von der Küste der westlichen Insel Palawan entfernt und somit innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen liegt.
Im März wurden über 200 Schiffe der volkschinesischen Seemiliz im Gebiet des Julian Felipe Riffs gesichtet, woraufhin Manila gegen die Anwesenheit der chinesischen Boote innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen Protest einlegte und Beijing aufforderte, die Schiffe abzuziehen. Chinesische Diplomaten erklärten indes, dass die Fischerboote nur Schutz vor rauer See gesucht hätten und keine Milizen an Bord gewesen seien. Verteidigungsminister Lorenzana beharrte auf seiner Kritik und fügte hinzu: „Die fortgesetzte Anwesenheit chinesischer Seemilizen in diesem Gebiet offenbart die Absicht Beijings, (Gebiete) in der Westphilippinischen See weiter zu besetzen. Sie (die Chinesen – RW) haben dies (umstrittene Gebiete zu besetzen – RW) bereits zuvor im Falle des Panatag Shoal oder Bajo de Masinloc sowie beim Panganiban Riff getan und dabei dreist die philippinische Souveränität sowie die souveränen Rechte nach internationalem Recht verletzt.“
Starker Tobak, dessen man sich auch im Stratbase ADRi, einer in Manilas Finanzdistrikt Makati domizilierten Denkfabrik, bediente. Während einer kürzlich von diesem Institut organisierten virtuellen Diskussion sagte deren Präsident, Dindo Manhit, die anhaltenden und seiner Meinung nach absichtlichen Schwarmmanöver chinesischer Seemilizschiffe in philippinischen Gewässern offenbarten Beijings expansionistische Ambitionen und untergrüben letztlich das Gebot friedlicher Konfliktlösungen und der Wahrung von Stabilität in der Region. Ein seit Langem exponierter Gegner der Chinapolitik Dutertes, der mittlerweile pensionierte Richter am Obersten Gerichtshof der Philippinen, Antonio Carpio, hieb in dieselbe Kerbe und äußerte in seinem Beitrag während der Institutsdiskussion die Sorge, dass Chinas jüngster Schachzug darauf hinauslaufe, „das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS), das es unterzeichnet hat, außer Kraft zu setzen.“ Das, so fügte Carpio hinzu, „könnte anstelle einer auf Regeln basierenden maritimen Ordnung einen Zustand schaffen, der mit Kanonen durchgesetzt wird und auf dem Konzept ‚Macht ist Recht’ basiert.“
Viel Lärm um nichts?
Bei alledem gilt es zu berücksichtigen, dass das Ständige Schiedsgericht in Den Haag bereits am 12. Juli 2016 mehrere zuvor noch unter Präsident Benigno S. Aquino III. (2010-16), dem Vorgänger Dutertes, eingereichte Klagen im Seedisput mit der Volksrepublik China positiv beschieden hatte und zu dem Schluss kam, Chinas historische Rechtsansprüche auf die Seegebiete (im Gegensatz zu Landgebieten und Hoheitsgewässern) innerhalb der sogenannten „Neun-Striche-Linie“ seien unbegründet und hätten keine rechtmäßige Wirkung. Ein Urteil, das seinerseits China ebenso ablehnte wie Taiwan und pikanterweise in Manila nur wenige Tage nach dem Amtsantritt Dutertes lediglich auf getrübtes Wohlwollen stieß.
Wesentlicher Grund dafür war des Präsidenten Pendelpolitik vis-à-vis China und seine kurz nach dem Amtsantritt im Sommer 2016 verkündete neue „Achse Manila-Beijing-Moskau“ (von der übrigens heute keiner mehr in Manila spricht). Eine markante Abkehr von den Politiken sämtlicher Vorgängerregierungen der Philippinen, Washingtons einziger und einstiger Kolonialbesitz in Asien (1898-1946), den die USA am 4. Juli 1946 in die Unabhängigkeit entlassen hatten. Nicht nur „als erster Sozialist“, sondern auch „als erster Antiimperialist“ wollte Duterte in die Annalen des südostasiatischen Inselstaates eingehen, der bis dahin als strammster US-Vasall in der Asien-Pazifik-Region galt.
Im Frühjahr 2016, inmitten des letzten philippinischen Präsidentschaftswahlkampfs, hatte der damals führende Kandidat Duterte in der ihm eigenen Machomanier während einer Pressekonferenz in Manila vollmundig erklärt: „Wenn ich die Wahlen gewinne, werde ich unsere Marine bitten, mich zum nächsten Punkt im Südchinesischen Meer zu bringen, der für sie erträglich ist, und ich werde dann auf einem Jet-Ski weiterfahren. Ich werde eine Flagge mitnehmen und wenn ich die Spratly-Inseln erreiche, werde ich dort die philippinische Flagge aufstellen. Ich werde ihnen (den Chinesen – RW) dann klipp und klar sagen: Wollt ihr ‘ne Schlägerei oder ‘ne Schießerei?“
Mit Beijing auf Schmusekurs
Als gerade frischgekürter Präsident wurde Duterte in seinem Tonfall gegenüber der Volksrepublik China von Woche zu Woche milder, ja, fast schon devot. Von einem Streit wegen Besitzansprüchen im Südchinesischen beziehungsweise Westphilippinischen Meer wollte er jetzt nichts mehr wissen. Ein solcher Konflikt koste nämlich zu viele Menschenleben, vor allem auf Seiten der Filipinos: „Ich bin ja nicht dämlich; Chinas Feuerkraft ist der unsrigen weit überlegen“, lautete Dutertes damaliges Diktum. Gemäß dieser Leitlinie richtete er denn auch sein künftiges Handeln aus und verkündete Mitte Oktober 2016 im Rahmen eines dreitägigen Staatsbesuchs in Beijing eine „neue Ära“ in Gestalt einer engen Beziehung seines Landes zu China auf Kosten der alten Allianz mit den USA. Ja, er erwog sogar die Beendigung der US-Militärpräsenz auf dem Archipel und beschimpfte den damaligen US-Präsidenten Barack Obama als „Hurensohn“.
Begleitet wurde Duterte bei seinem Staatsbesuch von 200 Geschäftsleuten und üppig fiel aus Sicht aller Beteiligten die „Ernte“ aus. Die chinesische Seite sagte Kredite im zweistelligen Milliardenbereich in US-Dollar zu, Gelder, die vornehmlich für große Infrastruktur- und Energievorhaben sowie Telekommunikation genutzt werden sollen. „Build, build, build“ („Bauen, bauen, bauen“) lautete denn auch fortan die Devise, wobei einflussreiche und steinreiche chinesisch-stämmige Tycoone wie Dennis Uy aus Davao City, der Dutertes Wahlkampf maßgeblich finanziert hatte, einen Reibach machten.
Dank dieser Connections gelang es beispielsweise der von China unterstützten Dito Telecommunity, am 8. März dieses Jahres ihren kommerziellen Betrieb in den Philippinen aufzunehmen und selbst Mobilfunkmasten in philippinischen Militäreinrichtungen zu errichten, was einen Meilenstein mit Blick auf Dutertes Ziel bedeutete, das langjährige aus PLDT (früher bekannt unter dem Namen Philippine Long Distance Telephone Company) und Globe Telecom gebildete Telekom-Duopol des Landes zu brechen. Das neue Unternehmen plant, in den kommenden Wochen schrittweise in weitere Gebiete, einschließlich Metro Manila, zu expandieren. Der Start von Dito bedeutet eine der größten chinesischen Investitionen auf dem Archipel. Der Telekom-Herausforderer, der sich in den Philippinen gegen Bedenken wegen Spionage durch Beijing zur Wehr setzen musste, befindet sich zu 60 Prozent im Besitz von Dennis Uy, der auch als CEO von Dito fungiert. Die verbleibenden 40 Prozent gehören der staatlichen China Telecom, dem Limit für ausländische Investitionen im philippinischen Telekommunikationssektor. Pikant ist überdies, dass Uy ebenfalls mehrheitlich das Unternehmen TIM-Smartmatic beherrscht, das für die Stimmenauszählung der nächsten automatisierten Wahlen im Mai kommenden Jahres zuständig ist.
Weiterhin Uncle Sam‘s gefügiger „Little Brown Brother“
Aller amerikakritischen Rhetorik zum Trotz blieb Duterte – vor allem während der Amtszeit von Donald Trump – aus Sicht Washingtons auf Kurs. Ein vertragliches Regelwerk, bestehend aus dem gemeinsamen Verteidigungspakt aus dem Jahre 1951, dem Visiting Forces Agreement (VFA) von 1999 sowie dem Enhanced Defense Cooperation Agreement (EDCA) aus dem Jahre 2014, sorgte für die stetige Präsenz von US-Militärpersonal auf Rotationsbasis in Einrichtungen der philippinischen Streitkräfte (AFP). Und allein zwischen 2016 und 2019 gewährten die USA Manila 554 Millionen Dollar an Militärhilfe.
Für die USA ist und bleibt auf Weiteres das Südchinesische beziehungsweise Westphilippinische Meer aus geostrategischen Gründen und aufgrund des immensen Rohstoffreichtums (neben Fischbeständen vor allem Erdöl und Erdgas) von herausragender Bedeutung. Da dieses Gebiet unmittelbar an „der Hintertür Chinas“ liegt, ist ein Dauerkonflikt mit tendenziell rascher Konflikteskalation mit der politischen Führung in Beijing programmiert. Darüber hinaus handelt es sich um die weltweit wohl bedeutsamste Wasserstraße und Seeroute, die in früheren Jahrhunderten für den vitalen regionalen Handel und im späteren Kolonialschacher westlicher imperialistischer Mächte ebenso wichtig waren, wie sie es heute für die Versorgung der boomenden Industrien Chinas, Südkoreas und Japans sind.
Entgegen Dutertes Ankündigung, die regelmäßigen gemeinsamen US-amerikanisch-philippinischen Militärmanöver „Balikatan“ („Schulter an Schulter“) zu kappen, fanden die diesjährigen Übungen ausgerechnet vom 12. bis zum 25. April statt. Mit Balikatan soll die Bereitschaft des Militärs getestet wird, auf Bedrohungen wie Naturkatastrophen und Angriffe militanter Extremisten zu reagieren. Im Gegensatz zu früheren Manövern dieser Art mit zirka 7.600 Mann fanden die jetzigen Übungen laut Generalstabschef Cirilito Sobejana mit nur 1.700 Soldaten (700 aus den USA und 1.000 aus den Philippinen) statt.
Im vergangenen Jahr kündigte Duterte das reichlich zwei Jahrzehnte alte VFA in einer wütenden Reaktion, nachdem einem engen Verbündeten, dem früheren Polizeichef und heutigen Senator Ronald dela Rosa, ein US-Visum verweigert worden war. Washington lehnte den Visumantrag ab, weil dela Rosa zu Beginn der Amtszeit Dutertes einer der Hauptarchitekten der zahlreichen außergerichtlichen Tötungen im „Antidrogenkrieg“ war. Der Zeitraum für den Abzug des VFA wurde jedoch zweimal verlängert, was nach Ansicht philippinischer Beamter ein Zeitfenster für die Vereinbarung besserer pekuniärer Bedingungen darstellt. Duterte insistierte, Washington müsse mehr zahlen, wenn es das VFA aufrechterhalten wolle, was dort freilich eher müde belächelt wurde. Überdies hatte US-Präsident Donald Trump im Sommer letzten Jahres zwei potenzielle Verkäufe von Kampfhubschraubern im Wert von annähernd zwei Milliarden Dollar an die Philippinen genehmigt.
Last, but not least besteht zwischen Manila und Washington eine quasi „naturwüchsige“ Kooperation, was vor allem die traditionelle Ausbildung und das Training hochrangiger AFP- und Polizeioffiziere an US-amerikanischen Militärakademien und Polizeihochschulen betrifft. Kein Wunder, dass für einen Teil solcher Offiziere und Generäle Dutertes Chinapolitik zunehmend unerträglicher wurde. Jedenfalls ist deren Kritik mittlerweile auch in die Ohren des Präsidenten gesickert. Denn in seiner eingangs erwähnten Rede an die Bevölkerung am 19. April sprach Duterte offen über die Möglichkeit eines Rücktritts, sollten die AFP und Nationalpolizei nicht länger mehr geschlossen hinter ihm stehen.
Unter heftigem Beschuss
Nach fünfjähriger erratischer Amtszeit ist aus dem Präsidenten der großen Worte ein klein(laut)er Liebediener zweier imperialer Master geworden. In der Mitte April auf Change.org eingerichteten Online-Petition „Save the Nation! Duterte Resign!“ wird dem Präsidenten nunmehr ungeschminkt nahegelegt, wegen „ineffizienter Führung“ zurückzutreten. In dieser ursprünglich von Medizinern, Krankenhauspersonal, Pädagogen, Anwälten, Kirchenleuten und Jugendorganisationen unterzeichneten Petition, die rasch große Beachtung und breite Unterstützung fand, heißt es: „In den letzten fünf Jahren haben wir zugesehen, wie Präsident Dutertes Inkompetenz, Brutalität, Korruption und sein Kotau vor ausländischen Mächten die demokratische Regierungsführung, wie wir sie kennen, zerstört hat. Die COVID-19-Pandemie hat sein Versagen in der Führung nur noch vergrößert. Wir brauchen keinen Führer, der Angst und Spaltung schürt. Wir brauchen eine Führungspersönlichkeit, die alle Filipinos mit verschiedenen Überzeugungen in diesem einen großen Kampf zur Rettung der Nation zu vereinen vermag. Duterte ist nicht diese Person. Er hat unserem Volk zu viel Schaden zugefügt. Er wird sich niemals ändern.“ Und weiter: „Wir verzeichnen Rekordzahlen an täglichen Infektionen und Todesfällen. Das öffentliche Gesundheitssystem steht am Rande des Zusammenbruchs. Unserer Wirtschaft geht es ebenfalls nicht besser. Zu viele Patienten sterben, ohne überhaupt Zugang zu medizinischer Versorgung zu bekommen. Millionen von Menschen haben ihre Arbeit und ihren Lebensunterhalt aufgrund von Lockdowns und anderen harschen Beschränkungen verloren – die längsten und härtesten der Welt und dennoch eklatant ineffektiv.“
Die Petenten konstatieren, die Situation sei unverzeihlich, da Duterte alle notwendigen Ressourcen für die Bekämpfung von COVID-19 zur Verfügung gestellt wurden und er dafür überdies riesige Kredite aufnahm. Unerwarteter Flankenschutz der Petenten kam rasch auch von einer Seite, die ihre ureigenen Erfahrungen in und mit der Volksrepublik China gemacht hatte – seitens der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP). In einer Erklärung, die am 7. April auf ihrer Webseite veröffentlicht wurde, propagiert die Partei lautstark die Bildung einer „nationalen Einheitsfront zur Vertreibung der chinesischen imperialistischen Aggression.“ „Die CPP“, so heißt es in dieser Erklärung, „ruft alle Kräfte, von den massenbasierten demokratischen Kräften bis hin zu den konservativen politischen Oppositionen sowie Elemente innerhalb des herrschenden Regimes und in den Militär- und Polizeikräften, auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die souveränen Rechte des Landes durchzusetzen.“ Duterte, so das Resümee der Partei, habe sich von Chinas „Impfdiplomatie” und falschen Versprechungen „wirtschaftlicher Investitionen” einlullen lassen und zudem Bestechungsgelder aus China erhalten und Bande zu chinesischen Drogensyndikaten gepflegt.
Marco Valbuena, Leiter der Informationsabteilung der CPP, bezeichnete den Präsidenten in einem am 21. April veröffentlichten Statement ohne Umschweife „als nationalen Verräter“, der schnellstmöglich von der politischen Bühne abtreten oder gestürzt werden müsse. Duterte habe nämlich auch verschwiegen, mit der politischen Führung in Beijing „persönliche Deals“ vereinbart zu haben.
An Mao Zedongs 75. Geburtstag am 26. Dezember 1968 in Zentralluzon (nördlich von Manila gelegen) auf erklärtermaßen marxistisch-leninistischer sowie maoistischer Grundlage gegründet, weilten zahlreiche CPP-Kader während des vom damaligen philippinischen Präsidenten Ferdinand E. Marcos verhängten Kriegsrechts (1972-81) in der Volksrepublik und genossen dort die uneingeschränkte Unterstützung der KP Chinas. Doch die Zeiten sind längst passé und das einstige Vorbild gilt aus heutiger Sicht der CPP als „revisionistisch entartet und als imperialistisch“. Bleibt als letztes Paradoxon, dass ausgerechnet der Kommunistenfresser Duterte und die politische Führungsriege in China die längste Zeit eine Liaison im Sinne ziemlich bester Freunde genossen.
Titelbild: motioncenter/shutterstock.com
Kleine Auswahlbibliografie zu dem komplizierten Themenkomplex aus den Perspektiven internationaler Experten unterschiedlicher Fachrichtungen:
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=71843