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Titel: «Fasten Your Seatbelt!» – (Schnallen Sie sich gut an!)
Datum: 19. März 2021 um 9:52 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Redaktion
Beobachter warnen: Der Westen provoziert, Russland wird antworten. Bidens «Putin ist ein Mörder» ist mehr als nur Provokation. Auch in der internationalen Politik gibt es Spielregeln: Kritisiert werden dürfen Länder, Regierungen und Organisationen, aber keine Staats- oder Regierungschefs persönlich. Emmanuel Macron zum Beispiel weiss das. Seine Aussage «Die NATO ist hirntot» war eine sehr, sehr harte Kritik, aber sie richtete sich gegen die Organisation. «Jens Stoltenberg ist hirntot» (Stoltenberg ist der Generalsekretär der NATO) wäre ein Tabubruch gewesen – und damit undenkbar. Von Christian Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Dieser Text ist mit freundlicher Genehmigung von Infosperber übernommen.
Es blieb dem neuen US-Präsidenten Joe Biden vorbehalten, diesen Tabubruch am Mittwoch vor Tausenden von Zuschauern zu vollziehen. Auf dem US-Fernsehsender «ABC» beantwortete er die Frage des Moderators, ob er Putin für einen Mörder halte: «Ja, das tue ich». Und er kündigte an, Russland werde für die von US-amerikanischen Geheimdiensten behauptete – «von Putin bewilligte» – Beeinflussung der US-Wahlen bezahlen müssen.
Düstere Prognosen bestätigt
Dmitri Trenin, der Direktor des «Carnegie Centers Moscow», eines aus US-Stiftungsgeldern finanziertes und der internationalen Friedensförderung verpflichtetes Institut, hat einer Nachfrage des Autoren Folge geleistet und am 21. Februar 2021 folgende Beurteilung der gegenwärtigen geopolitischen Spannungen zwischen dem Westen und Russland abgegeben:
Jeden Tag wird sichtbarer, wie recht Dmitri Trenin hat, wenn er vor einer Eskalation der West-Ost-Spannungen warnt. Schon vor Monatsfrist hat das «Carnegie Center Moscow» eine kurze Rede von Dmitri Trenin als Video publiziert. Trenins Schlusswort und Warnung: «Fasten Your Seatbelt»: Hier anklicken, um das Video zu sehen, es dauert nur zwei Minuten.
Ob auch die Schweizer Medien das verstehen? Radio SRF erwähnte am Abend des Geschehens den Tabubruch Joe Bidens mit keinem Wort. Die NZZ erwähnte Bidens Interview in der gestrigen Ausgabe in einer 18-zeiligen Agentur-Meldung. Etliche große deutsche Zeitungen waren da aufmerksamer. Selbst die «Süddeutsche Zeitung», die nicht in Verdacht steht, besonders Russland-freundlich zu sein, brachte dazu einen längeren Bericht ihres Korrespondenten Hubert Wetzel. Etwas totzuschweigen, um es ungeschehen zu machen, ist im Zeitalter des Internets kaum noch eine erfolgreiche Methode.
Wer am Mittwochabend allerdings das russische Fernsehen verfolgt hat, weiß, wie dort Joe Bidens Tabubruch angekommen ist: als massive Beleidigung ganz Russlands. Auch in Russland weiß man ja sehr genau, dass kein anderes Land seit dem Ende des Kalten Krieges mehr Kriegstote zu verantworten hat als die USA – auch und nicht zuletzt unter dem demokratischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Barack Obama, dessen Vizepräsident Joe Biden von 2009 bis 2017 war.
Russland hat denn auch seinen Botschafter aus Washington zurückgerufen – mehr als ein deutliches Signal. «Fasten Your Seatbelt!»
PS: Gestern Donnerstagabend reagierte Putin auch selber – in jeder Hinsicht überlegen. Er wünschte Joe Biden gute Gesundheit (wissend, dass Joe Biden altersbedingt immer öfter mentale Aussetzer hat), und er offerierte Joe Biden, heute Freitag oder am Montag ein Telefongespräch abzuhalten, das von allen Russinnen und Russen und allen Amerikanerinnen und Amerikanern online (!) mitgehört werden kann. Eine Antwort Joe Bidens steht bis zur Stunde noch aus.
Titelbild: © Carnegie Center Moscow
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