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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 4. Februar 2021 um 8:56 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Deutsche Sonderwege
  2. Kostenlose FFP2-Masken: Hartz-IV-Empfänger müssen sich noch gedulden
  3. Von der Leyens Irland-Panne: Ich war’s nicht!
  4. Jurist über Impfschäden-Haftung: “Die Hersteller sitzen am längeren Hebel”
  5. Keine Priorität für die Rechtswissenschaft
  6. Seelsorge mit Merkel und Steinmeier
  7. Studie: Soziale Ungleichheit in Deutschland wird durch Erbschaftswelle verschärft
  8. Kinderbonus brachte deutlich mehr Konjunktur-`Wumms´ als Mehrwertsteuersenkung – und wirkte sozial ausgewogener
  9. Kaum Interesse an guter Arbeit
  10. Bundesregierung kann Versprechen beim Urheberrecht nicht halten
  11. Verhältnis zu Russland: „Nicht die Sanktionsschraube weiter anziehen“
  12. Verbindet sich der Westen die falschen Finger?
  13. Amri-Untersuchungsausschuss: V-Mann-Führer bleibt geheim
  14. Die grün lackierte Autozukunft
  15. NEIN! zur Steuer-ID, zum Registermodernisierungsgesetz und zur Umsetzung durch DIESE Behörden
  16. Wissenschaftsfreiheit: Ausbruch aus der Tabuzone

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Deutsche Sonderwege
    Mit neuen Einreisebeschränkungen im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie startet die Bundesregierung zum wiederholten Mal einen nationalen Alleingang gegen den Willen anderer EU-Mitgliedstaaten. Innenminister Horst Seehofer hatte die Maßnahmen auf Bundesebene durchgesetzt, nachdem sie in der EU auf anhaltenden Widerstand gestoßen waren. Mit nationalen Grenzschließungen hatte die Bundesregierung im Frühjahr 2020 heftige Proteste in Frankreich und in Luxemburg ausgelöst; in Berlin heißt es nun, man hoffe diesmal ohne Absperrungen an den dortigen Grenzen auszukommen. Alleingänge leistet die Bundesregierung sich immer wieder, während sie sie anderen EU-Staaten strikt untersagt. So ist die Zahl der Vertragsverletzungsverfahren, die gegen Deutschland eingeleitet werden mussten, Mitte 2020 auf 81 gestiegen. Sogar bei Maßnahmen, die es gegen massiven Widerstand anderer EU-Staaten durchgesetzt hat, gestattet sich Berlin Ausnahmen: So ist aktuell eine längerfristige Aushebelung der “Schuldenbremse” im Gespräch, die dazu beigetragen hatte, mehrere südliche Euroländer in die Krise zu stürzen.
    Quelle: German Foreign Policy
  2. Kostenlose FFP2-Masken: Hartz-IV-Empfänger müssen sich noch gedulden
    Die Pflicht zum Tragen der vergleichsweise teuren FFP2-Masken überfordert besonders Menschen mit geringem Einkommen. Die versprochenen Gratismasken lassen allerdings auf sich warten.
    Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die auf die angekündigten kostenlosen FFP2-Masken warten, müssen sich noch gedulden. Die Berechtigungsscheine zum Abholen in der Apotheke an insgesamt etwa fünf Millionen Bedürftige wurden von den Krankenkassen bisher nicht verschickt. Dies teilte der Spitzenverband der Gesetzlichen Kassen (GKV) am Mittwoch auf Anfrage mit. »Wann der Versand praktisch starten wird, lässt sich noch nicht sagen«, sagte Verbandssprecher Florian Lanz. Zuvor müssten noch wichtige Fragen geklärt werden.
    Quelle: DER SPIEGEL

    dazu auch: Coronavirus: EU-Behörde bezeichnet Mehrwert von FFP2-Masken im Alltag als „sehr gering“
    Im Kampf gegen das Coronavirus weckt die EU-Gesundheitsbehörde ECDC Zweifel am Zusatznutzen von FFP2-Masken im Alltag. „Der erwartete Mehrwert der universellen Verwendung von FFP2-Atemschutzmasken in der Gemeinschaft ist sehr gering“, teilte die in Stockholm ansässige Behörde am Mittwoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.
    Auch die Kosten und mögliche Nachteile sprächen gegen eine Empfehlung, in der Öffentlichkeit FFP2-Masken anstelle von anderen Masken zu tragen. Details zu diesen möglichen Nachteilen wurden zunächst nicht genannt. […]
    EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides bestätigte in Brüssel die Einschätzung der EU-Behörde. „Die ECDC sagt, die Beweislage sei im Moment nicht stark genug für eine Notwendigkeit, dies im Alltag zu empfehlen“, sagte Kyriakides auf Nachfragen. Wichtig sei, überhaupt eine Maske korrekt zu tragen und Abstand zu halten. „Aber im Moment unterstützt das ECDC das Tragen von FFP2-Masken in der Gemeinschaft nicht, gemäß den ihnen vorliegenden Hinweisen.“
    Quelle: Welt Online

  3. Von der Leyens Irland-Panne: Ich war’s nicht!
    Es läuft nicht für Ursula von der Leyen: Die Impfstofflieferungen kommen nicht in Schwung. Und für eine schwere Kommunikationspanne versucht die EU-Kommissionschefin jetzt ihrem Vize die Schuld zuzuschieben.
    Quelle: DER SPIEGEL

    dazu: Das Impfdesaster der EU
    Wegen der Fehlleistungen bei der Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen nimmt der Druck auf die EU-Kommission und auf ihre Präsidentin Ursula von der Leyen zu. Nicht nur seien die Vertragsverhandlungen erheblich verschleppt worden, kritisiert etwa von der Leyens Amtsvorgänger Jean-Claude Juncker. Besonders schwer wiege, dass die auf deutschen Druck eingeführten Exportkontrollen “den Eindruck” vermittelten, “das Leiden anderer Menschen vor allem in ärmeren Ländern” spiele keine Rolle für die EU. Um auch bei einem etwaigen EU-Exportstopp Zugang zu Impfstoffen zu behalten, baut etwa Japan jetzt eine nationale Vakzinproduktion auf. Der Unmut wächst auch in den Nicht-EU-Staaten Südosteuropas. Man habe eigentlich “westliche Impfstoffe beschaffen” wollen, heißt es etwa aus nordmazedonischen Regierungskreisen; da keinerlei Lieferungen in Aussicht seien, werde man nun aber russische oder chinesische Vakzine bestellen. Unter wachsendem Druck stehend, öffnet sich inzwischen selbst die Bundesregierung für Impfstoffe aus Russland und China, die sie bislang stets abqualifiziert hat.
    Quelle: German Foreign Policy

  4. Jurist über Impfschäden-Haftung: “Die Hersteller sitzen am längeren Hebel”
    Dass die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Impfstoffherstellern so lange gedauert haben, habe auch daran gelegen, dass die EU-Kommission nicht die gesamte Haftung übernehmen wollte, sagt Kanzlerin Merkel. Der kürzlich veröffentlichte Vertrag mit Astrazeneca verspreche dem Hersteller allerdings “das glatte Gegenteil” und befreie ihn von fast jeglicher Haftung, sagt der Jurist Niko Härting im Interview mit ntv.de. Nach einem Jahr Corona-Politik säßen “die Hersteller einfach am längeren Hebel.”
    Quelle: n-tv
  5. Keine Priorität für die Rechtswissenschaft
    Als Rechtsgrundlage einer Impfpriorisierung dürfte die Corona-Impfverordnung vor den Verwaltungsgerichten schwerlich Bestand haben
    Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) passt derzeit die Coronavirus-Impfverordnung an, die die Reihenfolge für den Anspruch auf Schutzimpfungen festlegt. Die Verordnung sieht insbesondere Personen, die das 80. Lebensjahr vollendet haben, mit höchster Priorität als anspruchsberechtigt an. Nun ist aber mit dem Vektor-Impfstoff von AstraZeneca erstmals ein Produkt zugelassen worden, das von der Ständigen-Impfkommission (STIKO) nur für Personen empfohlen wird, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Er ist daher für die meisten der in der ersten Prioritätsgruppe gelisteten Personen ungeeignet, weil sie schon zu alt oder (wie das Pflege- und das medizinische Personal) schon geimpft sind. Außerdem sollen etwa Personen mit bestimmten Krebserkrankungen von der dritten in die zweite Prioritätengruppe aufrücken; erst kürzlich hat eine an Krebs erkrankte Frau, die noch nicht einmal 70 war, entgegen der bislang in der Verordnung festgelegten Reihenfolge vor dem VG Hamburg eine frühzeitige Impfung erstritten. Das VG Frankfurt verpflichtete letzte Woche die Stadt Frankfurt am Main, einen schwerstbehinderten Mann bei der nächsten Lieferung von Impfstoffen als atypischen Fall vorrangig zu berücksichtigen; ähnliches entschied das VG Dresden im Falle einer 35-Jährigen.
    Quelle: Verfassungsblog
  6. Seelsorge mit Merkel und Steinmeier
    Büffeln mit Laptop, kein Job, kein Geld, keine Freunde: Trotz arger und wachsender Nöte ist die Lage der Studierenden in Corona-Zeiten medial stark unterbelichtet. Noch weniger haben die politisch Verantwortlichen ihre Probleme auf dem Schirm. Es sei denn, eine Kamera ist in der Nähe. Dann kümmert sich sogar die Kanzlerin.
    Quelle: Studies Online
  7. Studie: Soziale Ungleichheit in Deutschland wird durch Erbschaftswelle verschärft
    Erbschaften machen Vermögende in Deutschland noch reicher. Sie erben einer Studie zufolge am häufigsten und zugleich die höchsten Beträge. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) geht fast die Hälfte des Erbschafts- und Schenkungsvolumens an die reichsten zehn Prozent der Begünstigten. Die anderen 90 Prozent teilen sich die verbleibende Hälfte. „Die Erbschaftswelle verschärft die absolute Vermögensungleichheit“, analysiert DIW-Experte Markus Grabka. (…)
    Die Autoren plädieren für Änderungen des Steuerrechts. Die Politik sollte gegensteuern, „indem sie beispielsweise verhindert, dass das Vererben großer Vermögen mit der Zehnjahresfrist zeitlich gesplittet wird“, schlägt Studienautorin Claudia Vogel vom DZA vor. Derzeit können alle zehn Jahre Freibeträge in Anspruch genommen werden. Bei Kindern sind es 400.000 Euro pro einzelnem Elternteil.
    Quelle: RND

    dazu: Hälfte aller Erbschaften und Schenkungen geht an die reichsten zehn Prozent aller Begünstigten
    Zehn Prozent aller Erwachsenen in Deutschland haben in den vergangenen 15 Jahren eine Erbschaft oder größere Schenkung erhalten. Dabei sind intergenerationale Transfers ähnlich ungleich verteilt wie die Nettovermögen. Möchte man die absolute Ungleichheit, die durch Erbschaften und Schenkungen noch mal verstärkt wird, reduzieren, wäre es möglich, das Steuerrecht in Bezug auf Erbschaften und Schenkungen zu reformieren.
    Große Erbsummen – da sie häufig von bereits vermögenden Personen empfangen werden – verschärfen die absolute Ungleichheit der Vermögen. Zu hohe Freibeträge begünstigen diese Entwicklung. Insofern könnte die Ausgestaltung dieser Freibeträge überdacht werden. Allerdings bleibt dabei zu berücksichtigen, dass derzeit verschiedene Vermögensbestandteile (wie Immobilien, Unternehmen oder Geldvermögen) unterschiedlich steuerlich bewertet werden.
    Würden große und sehr große Erbschaften effektiver besteuert, ergäbe sich Spielraum, Freibeträge für nicht oder entfernt verwandte Personen anzuheben, die derzeit sehr viel niedriger sind als für EhepartnerInnen oder leibliche Kinder (zum Beispiel für nichteheliche Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner, für Kinder der Partnerinnen oder Partner, die nicht die eigenen sind, für Nichten und Neffen oder für Wahlverwandte aus dem Freundeskreis und der Nachbarschaft). Dies würde nicht nur der neuen Vielfalt der Familienformen entsprechen, sondern auch zusätzlich die soziale Ungleichheit reduzieren.
    Auch zu überdenken wäre die Zehnjahresfrist, die es ermöglicht, die Freibeträge im Abstand von zehn Jahren wiederholt in Anspruch zu nehmen. Diese eignet sich vor allem für Personen mit sehr großen Vermögen, um über einen längeren Zeitraum Vermögen weitgehend steuerfrei zu übertragen. Würde die Zehnjahresfrist aufgehoben, könnten damit die Freibeträge pro ErblasserIn/SchenkerIn nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden und die Transfers würden effektiver besteuert. Dies könnte auch der hohen Staatsverschuldung durch die Hilfsmaßnahmen in der Corona-Pandemie entgegenwirken.
    Quelle: DIW Berlin

  8. Kinderbonus brachte deutlich mehr Konjunktur-`Wumms´ als Mehrwertsteuersenkung – und wirkte sozial ausgewogener
    Der Kinderbonus hat sich als deutlich effektiveres Instrument zur staatlichen Stützung des privaten Konsums in der Corona-Krise erwiesen als die temporäre Mehrwertsteuersenkung. Der Effekt pro eingesetztem Euro aus öffentlichen Mitteln könnte rund doppelt so groß sein. Darauf deuten nach einer neuen Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung Ergebnisse einer großen Umfrage hin, die die Wissenschaftler mit Ergebnissen anderer aktueller Analysen abgeglichen haben. Parallel dazu fallen die Verteilungseffekte des Kinderbonus nach der neuen IMK-Studie deutlich günstiger aus als die der Steuersenkung: Die Einmalzahlung erreichte zielgerichtet Haushalte mit Kindern und niedrigen bis mittleren Einkommen, die im Zuge der Pandemie besonders häufig mit zusätzlichen Ausgaben konfrontiert waren. Dagegen nutzten vor allem Haushalte mit höheren Einkommen die Gelegenheit, durch die Mehrwertsteuersenkung Anschaffungen zu niedrigeren Preisen vorzuziehen.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  9. Kaum Interesse an guter Arbeit
    Immer weniger Beschäftigte arbeiten in einem Unternehmen mit Tarifvertrag. Das bedeutet Unsicherheit, weniger Einkommen und weniger Steuern. Die baden-württembergische Landesregierung verweist da gerne auf ihr Tariftreuegesetz. Doch ein halbherziges Gesetz macht noch keinen Tarif. […]
    Im Südwesten fallen nur noch 52 Prozent der Beschäftigten unter einen Tarifvertrag. Vor allem in großen Unternehmen wie Daimler und im öffentlichen Dienst können sich Beschäftigte darauf verlassen, dass sie ihren Lohn regelmäßig bekommen, dass es Urlaubs- und Weihnachtsgeld gibt und mehr Urlaub als gesetzlich vorgeschrieben. Doch wer für einen kleineren Automobilzulieferer arbeitet, wie zum Beispiel PSS, hat das alles nicht. Ganz schlecht sieht es im Einzelhandel aus, der zweitgrößten Branche: Gerade noch 28 Prozent der Beschäftigten arbeiten nach Tarif, hat die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung festgestellt, die regelmäßig die Tarifbindung in Deutschland erhebt. Tendenz: sinkend.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  10. Bundesregierung kann Versprechen beim Urheberrecht nicht halten
    Die Bundesregierung hat die Versprechen, die sie vor zwei Jahren gegeben hat, erwartbar nicht einlösen können. Eine Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie ohne Uploadfilter war von Anfang an eine Illusion. Auch dafür, Kreativen eine gerechte Vergütung zu sichern, ist der Entwurf nicht hinreichend“, kommentiert Petra Sitte, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, den heute von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform (DSM-Richtlinie). Sitte weiter:
    „Zum einen ist anzuerkennen, dass einige Maßnahmen, wie beispielsweise die Kennzeichnung erlaubter Nutzungen, zur Sicherung der Nutzerinnen- und Nutzerrechte in Artikel 17 vorgesehen sind. Aber diese bleiben hinter dem zurück, was in früheren Entwürfen vorgesehen war. Der Anspruch, dass zulässige Inhalte in keinem Fall sofort automatisiert geblockt werden, ist einfach aufgegeben worden. Gleichwohl werden auch diese abgeschwächten Regelungen immer noch von diversen Interessenverbänden der Verwerterindustrie heftig bekämpft. Wir gehen davon aus, dass Artikel 17 im laufenden Verfahren vor dem EuGH keinen Bestand haben wird, und werden uns vor diesem Hintergrund im Sinne starker Nutzerinnen- und Nutzerrechte engagieren.
    Zum anderen wollen wir Regelungen im Urhebervertragsrecht voranbringen, die die Verhandlungsposition von Urheberinnen und Urhebern deutlich stärken, um ihnen eine gerechte Vergütung zu sichern. Trotz einiger Verbesserungen wie der neuen Transparenzpflicht ist der vorliegende Entwurf dafür völlig unzureichend. Insofern müssen vor allem kollektive Vergütungsregeln und kollektive Rechtsdurchsetzung gestärkt werden, unter anderem durch die Einführung eines Verbandsklagerechts.
    Das im Entwurf wiederbelebte Leistungsschutzrecht für Presseverlage ist in Deutschland bereits gescheitert. Es wird ihm in seiner neuen Form nicht besser ergehen. Insbesondere sind damit die Versprechen gegenüber den Urheberinnen und Urhebern nicht erfüllbar.
    Schließlich haben die Erfahrungen aus der Pandemie erneut gezeigt, wie wichtig auch der digitale Zugang zu Bildung, Wissenschaft und Kultur ist. Leider ist diese Erkenntnis dem Entwurf nicht anzumerken. Nicht einmal die längst geltenden Erlaubnisse für Bildung und Wissenschaft werden endlich vollständig entfristet und auch eine zeitgemäße Regelung zum Verleih von E-Books bleibt aus.
    Insgesamt bleibt der Entwurf trotz ein paar sinnvoller Ansätze deutlich hinter dem zurück, was eigentlich notwendig wäre: Ein gerechter Interessenausgleich und ein zeitgemäßes Urheberrecht sowohl im Sinne der Kreativen wie der Nutzerinnen und Nutzer.”
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  11. Verhältnis zu Russland: „Nicht die Sanktionsschraube weiter anziehen“
    Matthias Platzeck, Chef des Deutsch-Russischen Forums, hält die Verschärfung der Sanktionen gegen Russland nicht für zielführend. Diese würden weder der Entfaltung der russischen Gesellschaft nützen, noch das Verhältnis zu Russland verbessern, sagte er im Dlf. Er plädiert dafür, auf Augenhöhe Gesprächskontakte zu halten. […]
    Wir müssen ja immer versuchen, auch in solchen aufgeregten Zeiten nüchtern zu bleiben, und wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir irgendwann uns jetzt mal die Fragen stellen müssen. Wir diskutieren aus meiner Sicht viel zu sehr immer an Tagesereignissen entlang das schwierige Verhältnis zu unserem größten Nachbarn. Es ist ja immer noch, Frau Schulz, das größte Land der Welt und die zweitgrößte Atommacht. Das dürfen wir nicht vergessen, die zweitgrößte Atommacht in unserer direkten Nachbarschaft. Deshalb müssen wir mal diskutieren, wie wollen wir eigentlich perspektivisch mit diesem Land und diesem Verhältnis umgehen.
    Wollen wir, weil jetzt ja in Ihrem Vorspann gerade der Ruf kam aus verschiedenen Gegenden nach weiteren Sanktionen, weitere Sanktionen? Wollen wir die Verhältnisse damit noch gespannter machen? Denn die Sanktionen der letzten sechs Jahre haben ja nichts verbessert, aber fast alles verschlechtert. Und da muss man ja mal nüchtern fragen, ist es dann der richtige Weg? Ist es der Weg, der uns zu einem besseren Verhältnis führt, auch zu einem besseren Verhalten Russlands, oder ist es das nicht? Ich finde, solche Fragen müssen wir jetzt mal sehr gründlich diskutieren.
    Quelle: Deutschlandfunk
  12. Verbindet sich der Westen die falschen Finger?
    Die massive mediale und finanzielle Unterstützung des Westens zugunsten Nawalnys kann einen unbeabsichtigten Effekt haben.
    Während hierzulande bald jedermann neben der eigenen Muttersprache Englisch versteht und z.B. in den USA, mit Ausnahme der Hispanos, ohnehin niemand eine andere Sprache spricht als die eigene, das «American English», gibt es eine andere Sprache, die schon wegen der cyrillischen Buchstaben nur von wenigen Leuten ausserhalb des Landes verstanden oder gar gesprochen wird: die russische Sprache. Das hat nicht zuletzt bei den Medien spürbare Folgen. In den USA zum Beispiel war Stephen F. Cohen, ein emeritierter Professor der New York University für Russistik, einer der wenigen Publizisten, die Russland wirklich kannten und verstanden. Er kam in der bekannten, aus europäischer Sicht linksliberal positionierten Zeitschrift «The Nation» auch zu Wort. Leider ist er ausgerechnet am gleichen Tag gestorben, an dem auch die linksliberale Supreme-Court-Richterin Joan Ruth Bader Ginsburg gestorben ist, am 18. September 2020. Also hat sich das ganze öffentliche Interesse auf die politischen Folgen des Todes der Supreme-Court-Richterin gestürzt, weil Noch-Präsident Donald Trump die Nachfolgerin bestimmen konnte – mit möglicherweise weitreichenden Folgen. Stephen F. Cohen dagegen blieb weitgehend übersehen und mit ihm ging auch viel Interesse unter, ein fernes und grosses Land und seine Bewohner auch wirklich zu verstehen: das «unbekannte» Russland. Immerhin widmeten ihm die New York Times und die Washington Post eingehende Nachrufe.
    Quelle: Infosperber
  13. Amri-Untersuchungsausschuss: V-Mann-Führer bleibt geheim
    Die Regierung will nicht, dass ein V-Mann-Führer des Verfassungsschutzes im Amri-Untersuchungsausschuss aussagt. Grüne, Linkspartei und FDP zogen dagegen vors Bundesverfassungsgericht. Die obersten Richter bestätigten nun das Nein.
    Der Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestags bekommt keine Möglichkeit, einen geheim gehaltenen V-Mann-Führer zu befragen. Eine entsprechende Klage von Linkspartei, Grünen und FDP blieb erfolglos. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe lehnte die Vernehmung eines Mitarbeiters des Bundesamtes für Verfassungsschutz ab.
    Der Zweite Senat kam mehrheitlich zu der Auffassung, dass in diesem besonderen Fall das parlamentarische Aufklärungsinteresse hinter dem Staatswohl zurücktreten müsse.
    Quelle: Tagesschau
  14. Die grün lackierte Autozukunft
    Gehen wir einmal von jenen 40 Prozent weniger CO2 bis 2030 aus, wie sie die Bundesregierung beschlossen hat. Die EU verlangt sogar noch anspruchsvollere Ziele. Und jetzt schauen wir in den Bundesverkehrswegeplan. Was passiert dort? Das Volumen des automotorisierten Fahrens von Personen und Waren wird überhaupt nicht hinterfragt. Es soll weiter und immer weiter zunehmen.
    Extrem ist vor allem das im Bundesverkehrswegeplan unterstellte Wachstum des Straßengüterverkehrs um 39 Prozent bis 2030 gegenüber dem Basisjahr 2010. Jährliche Wachstumsrate: drei Prozent, weiterer Straßenausbau inklusive. Wie soll der Güterverkehr auf der Straße bei diesem rasanten Wachstum 40 Prozent Klimaemissionen einsparen? Es gibt weder Oberleitungen noch einen effizienten Batteriebetrieb im Güterfernverkehr.
    Quelle: Klimareporter
  15. NEIN! zur Steuer-ID, zum Registermodernisierungsgesetz und zur Umsetzung durch DIESE Behörden
    Die Kritik an der Einführung der Steuer-Identifikationsnummer als Personen­identifizierungs­merkmal für die Querverbindung von Informationen zu einer Person aus hunderten von Datenbanken der öffentlichen Verwaltung – die greift zu kurz: Bevor Politiker nicht glaubhaft damit aufhören, Befugnisse zu verlangen und zu bekommen und die damit verbundenen Versprechungen anschließend reihenweise zu brechen, bevor sich nicht die Haltung in den Behörden ändert über den Umgang mit personenbezogenen Informationen, bevor nicht Datenschutzbehörden wirklich effektiv wirken können als Kontroll- und Aufsichtsorgane, bevor nicht Beschaffungsmauschelei aufhört und fachliche und technische Kompetenz einzieht in den millionenteuren Projekten für IT-Systeme der öffentlichen Hand und – vor allem – bevor nicht einklagbare Transparenz und objektiv überprüfbare Dokumentation, Vollständigkeit, Wahrheit der Informations- und Aktenführung für jeden Betroffenen sichergestellt wird: Solange haben Politik und Administration einen Berg von Aufgaben, den effektiv abzuarbeiten, sie uns – den Kunden und Zahlern in diesem Staatswesen – schuldig sind. Danach können wir uns dann gemeinsam unterhalten, welches Identifikationsmerkmal in Akten und Datenbanken sinnvoll und sicher ist, um für jeden real existierenden Menschen in diesem Land einen ‚Avatar‘ zu schaffen, der als virtuelles Abbild seine real existierenden Person, so in Vorgänge, Akten und Datenbanken repräsentiert, dass durch eine Zusammenführung dieser Informationen die Effektivität der Arbeit von Behörden erhöht wird und der Aufwand für jeden Betroffenen, z.B. durch Vermeidung von Mehrfachangaben gegenüber Behörden, tatsächlich reduziert wird. | Lesedauer: Ca. 15 Minuten
    Quelle: Police-IT
  16. Wissenschaftsfreiheit: Ausbruch aus der Tabuzone
    Ein neues Netzwerk von Wissenschaftlern bietet der Cancel Culture die Stirn. Die ideologische Diskreditierung von Themen und Standpunkten will man sich nicht mehr bieten lassen.
    Bevor Corona den Campus blockierte, waren die Universitäten die Bühne für ein seltsames Spektakel. Auf immer mehr Podien wurde darüber diskutiert, ob es den Gegenstand der damaligen Debatte, eine Verengung der Redefreiheit, überhaupt gebe. Währenddessen summierten sich – vom Politikwissenschaftler Herfried Münkler bis zum Kabarettisten Dieter Nuhr – die Fälle, bei denen Redner angefeindet, ausgeladen oder niedergeschrien wurden von einer selbst ermächtigten Truppe aus Diskurswächtern, die schon vor der Debatte bestimmen wollten, was an einer Hochschule geäußert werden dürfe und was nicht. Zur Untermauerung ihres Herrschaftsanspruchs ließen sie, wie an der Universität Frankfurt, schon einmal die Fäuste fliegen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers U.B.: Hier einmal eine – wie ich finde – schöne Nachricht: An den Universitäten formiert sich Widerstand gegen die Cancel Culture. Das wird auch dringend nötig. Ein Freund von mir, ein Wissenschaftsjournalist, wurde auch schon mal an einer Uni gecancelt, weil er es wagte, sich bei einem Slam-Poetry-Wettbewerb mit einem spöttischen Text über das Gendern anzumelden. Er wurde umgehend von der Frauenbeauftragten zensiert und gestrichen. Und so etwas gibt es zuhauf an den Unis.


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