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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 20. Dezember 2020 um 9:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Corona-Pandemie
  2. Corona-Maßnahmen
  3. Corona und Finanzen
  4. Merkel nennt Verschwörungsideologien »Angriff auf unsere ganze Lebensweise«
  5. Drohnenkrieg erschüttert die SPD
  6. BND-Reform: Bundesregierung stimmt für neue Regeln zur Massenüberwachung
  7. CDU-Wirtschaftsexperten wollen ARD und Co. Privatisieren
  8. Erneuerbare Energien: Gesetzesnovelle der GroKo sieht Milliardenamnestie für Konzerne vor
  9. US-Börse startet Handel von Wasserrechten
  10. Das Faktencheckerprogramm der EU heißt Soma, wie die Volksbefriedungsdroge in “Schöne neue Welt”

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Corona-Pandemie
    1. CoDAG-Bericht Nr. 4
      Todesfälle durch COVID-19 – Adjustiert auf die Einwohnerzahl zeigt sich keine Übersterblichkeit
      2. Problematische Entwicklung der Fallzahlen bei den Hochbetagten – Die bisherigen Maßnahmen verfehlen notwendigen Schutz der Ältesten
      3. Aktuelle Analysen zum Verlauf der Pandemie: Kein deutlicher Rückgang nach dem Lockdown. Seit der 3. Oktoberwoche gibt es insgesamt einen stabilen Verlauf (…)
      Auch in dieser Altersgruppe lag der Beginn eines starken exponentiellen Wachstums der Infektionszahlen in der letzten Septemberwoche. Ab dem 24.10. zeigt sich zwar eine Reduktion des exponentiellen Wachstums, allerdings bleibt es danach bei einem Wachstum der Infektionszahlen mit einer geschätzten Verdopplungszeit von ca. 35 Tagen. Dies bestätigt für Bayern die Analysen der Meldezahlen aus Abschnitt 2 des Berichts und bekräftigt die Erkenntnis einer problematischen Entwicklung der Pandemie in dieser Hochrisikogruppe. Die November-Maßnahmen waren nicht hinreichend geeignet die Entwicklung steigender Fallzahlen in der besonders vulnerablen Gruppe der Ältesten zu stoppen.
      Quelle: LMU München

      Anmerkung Jens Berger: Diese Studien sind eine echte Klatsche für die Bundesregierung und die bayerische Landesregierung, zeigen sie doch in aller Deutlichkeit, dass die Maßnahmen bei hohen Kollateralschäden das eigentlich wichtige Ziel, die Risikogruppen zu schützen, verfehlt hat. Im Gegenteil – gerade in der Gruppe der Hochbetagten steigen die Infektionen rapide und mit ihnen die Todeszahlen. Dennoch bleibt die Gesamtsterblichkeit statistisch im langjährigen Schnitt. Doch solche belastbaren Zahlen interessieren ja weder die Medien noch die Politik.

    2. „Das Infektionsgeschehen schwappt nun wie eine Flut in die Altersheime“
      Die Situation in vielen Altersheimen ist dramatisch. Der Mediziner Matthias Schrappe fordert einen Strategiewechsel von der Bundesregierung. Die Kapazitäten der Behörden müssten anders eingesetzt werden. Im Lockdown sieht er vor allem einen „verzweifelten Versuch“…
      WELT: Was halten Sie vom neuen Lockdown?
      Schrappe: Der Lockdown ist die Konsequenz einer weit unterhalb der optimalen Lösung liegenden Politik. Die Politik verzichtet auf den Rat von Experten, die erfahren sind in der Infektionssteuerung, und hört lieber auf den Rat von Wissenschaftlern, die die Pandemie vor allem aus der Distanz der Molekulargenetik betrachten, und vernachlässigt den Schutzauftrag für die Risikogruppen. Das Ergebnis ist, dass das Infektionsgeschehen wie eine Flut nun in die Altersheime schwappt.
      Der Lockdown ist der verzweifelte Versuch, durch eine Erhöhung des Drucks der Sache Herr zu werden – aber er wird keine große Wirkung entfalten. Wenn die Bundesregierung die Strategie nicht ändert, wird das nach dem 10. Januar so weitergehen. Man kann der Sache nicht mehr Herr werden, auch nicht, wenn man 50.000 neue Leute einstellen würde, um Kontakte nachzuverfolgen.
      Quelle: Welt
    3. Der Westen zuerst
      Menschenrechtsorganisationen kritisieren westliche Blockade der Versorgung ärmerer Länder mit Covid-19-Impfstoffen.
      Berlin (Eigener Bericht) – Deutschland und die EU sollen Maßnahmen zur Versorgung ärmerer Länder mit Covid-19-Medikamenten und -Impfstoffen nicht mehr weiter verhindern. Dies fordern Menschenrechtsorganisationen vor der heute beginnenden Tagung des Allgemeinen Rats der Welthandelsorganisation WTO. Ursache für die Forderung ist, dass die reichen westlichen Staaten den Vorschlag Indiens und Südafrikas blockieren, die geistigen Eigentumsrechte auf Covid-19-Impfstoffe während der Dauer der Pandemie auszusetzen. Beschlösse die WTO das, dann könnten ärmere Länder eigenständig die Vakzine produzieren, die sie dringend benötigen, die aber knapp sind: Der transatlantische Westen, darunter die Bundesrepublik, hat sich bereits vorab 85 Prozent der Produktion reserviert – viel mehr, als er für seine eigene Bevölkerung braucht. Beinahe leer gehen dagegen bisher die Entwicklungsländer aus. Freilich erhalten sie, anders als früher, diesmal Impfstoffe aus Russland und China. In Berlin heißt es mit Blick auf die politischen Folgen, man solle wenigstens etwas von den eigenen überzähligen Impfdosen abgeben und dies dann “gut kommunizieren”.
      85 Prozent für die Reichen
      Die Notwendigkeit, ärmeren Ländern mit speziellen Maßnahmen den dringend benötigten Zugriff auf Medikamente und vor allem auf Impfstoffe gegen das Covid-19-Virus zu verschaffen, ergibt sich daraus, dass sich die reichen Länder den Großteil der Produktion selbst gesichert haben. Laut einer Analyse von Citi Research sind inzwischen 85 Prozent der bereits bestellten Impfstoffe für wohlhabende Staaten reserviert…
      Unterstützung aus Russland und China
      Während die westlichen Staaten blockieren, haben Russland und vor allem China begonnen, in puncto Impfstoffe mit Ländern jenseits der transatlantischen Welt zu kooperieren…
      Nichts tun, “gut kommunizieren”
      Die Lieferung und die Lizenzproduktion russischer und chinesischer Vakzine fällt umso mehr ins Gewicht, als die internationale Plattform Covax, die Impfstoffe erwerben und sie an ärmere Länder verteilen sollte, faktisch vor dem Scheitern steht…
      Rhetorik und Praxis
      Während Berlin nach Optionen sucht, die sich abzeichnende Verschiebung politischer Loyalitäten weg vom Westen hin zu Russland und China zu stoppen, üben Menschenrechtsorganisationen scharfe Kritik – wegen der Blockade der Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte bei Covid-19-Impfstoffen durch die WTO…
      Quelle: German Foreign Policy
  2. Corona-Maßnahmen
    1. Kassenarzt-Chef: „Ein Lockdown ist keine langfristige Strategie“
      Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Gassen glaubt nicht, dass mit dem Lockdown die Infektionsrate und die Zahl der Corona-Toten deutlich gesenkt werden kann. Er fordert stattdessen mehr Anstrengungen, um die Risikogruppen zu schützen. Der Mediziner im exklusiven RND-Interview. […]
      Wissenschaftler rechnen vor, dass wir eine Chance haben.
      Es sind die gleichen Wissenschaftler, die uns Ende Oktober gesagt haben, dass der Teil-Lockdown der Wellenbrecher sein wird. Treten deren Vorhersagen nicht ein, dann gibt man der Bevölkerung die Schuld, die sich angeblich nicht richtig verhalten hat. Es ist eigentlich das Wesen der Wissenschaft, dass man Theorien ständig hinterfragen muss. Das gilt erst recht in der derzeitigen Situation.
      Klar ist doch aber, dass durch einen harten Lockdown die Zahl der Kontakte weiter minimiert wird. Das muss doch etwas bringen.
      Die Hoffnung bei einem Lockdown ist, dass durch die Kontaktreduktionen die Neuinfektionen massiv sinken und so letztlich auch die Neuinfektionen bei vulnerablen Gruppen. Soweit die Theorie. Das Ziel muss sein, die verletzlichen Bevölkerungsgruppen grundsätzlich deutlich besser als bisher zu schützen. Denn hier gibt es die meisten Todesopfer. Ein über 80-Jähriger hat ein 3000-fach höheres Risiko an Corona zu versterben, als ein unter 20-Jähriger. Wir müssen diese fürchterlichen Todeszahlen in den Alten- und Pflegeheimen senken. Wenn nun neben den Gaststätten für einige Wochen auch Möbelhäuser oder Baumärkte geschlossen werden, hat das auf das Infektionsrisiko von Pflegeheimbewohnern allerdings unmittelbar keinen Einfluss. Wir brauchen unverändert eine Langfriststrategie.
      Quelle: RND

      dazu: Faktisch sind immer die anderen schuld!
      Es ist ein herablassendes Sprechen, durchtränkt von der eigenen Rechtschaffenheit, das da von oben aufs Volk herabprasselt und es zusätzlich zu den Maßnahmen niederdrückt. Dieses Volk – Sie und ich – bezahlt den Regierenden Bürgermeister für seine Arbeit, es hat ihn gewählt, damit er sich für das Volk einsetzt, Mitgefühl zeigt, Verständnis, Vernunft. Stattdessen legt der Bürgermeister in populistischer Manier nach: Einkaufen gehen bedeutet nun nicht nur, das Leben anderer zu riskieren, sondern direkt für deren Tod verantwortlich zu sein. Von solch einer Rhetorik können sich die Rechtspopulisten noch eine Scheibe abschneiden. Widerspruch zwecklos, die Moral siegt immer.
      Und diese Art, mit dem Volk zu sprechen, soll dann auch noch wissenschaftlich sein. Denn das ist das andere, was zurzeit unsäglich auf die Nerven geht, neben all den moralisierenden Schuldzuweisungen und dem unablässigen Panikverbreiten: die Behauptung, das, was die Politik entscheidet, sagt und tut, sei wissenschaftlich begründet – im Gegensatz zu den tumben Toren außerhalb von Politik und Wissenschaft, die der Aufklärung entgegenstünden. Die letzten Monate zeichnen ein Bild, das an dieser Selbsteinschätzung zumindest Zweifel sät.
      Quelle: der Freitag

    2. Nützt der Lockdown überhaupt?
      Im Kampf gegen die Pandemie setzt Deutschland jetzt wieder auf einen Lockdown. Manche Wissenschaftler halten das für den falschen Weg – und fürchten, als „Querdenker“ missverstanden zu werden. […]
      Einige Wissenschaftler glauben, dass Deutschland damit immer noch nicht den besten Weg gefunden hat im Umgang mit der Pandemie. Sie halten es für falsch, dass die Regierungen in Bund und Ländern den Eindruck entstehen lassen, es gebe keine Alternative zum Lockdown. Sie fordern einen Kurswechsel, vor allem aber eine offene Diskussion darüber, wie es weitergehen soll.
      Mit ihrer Meinung setzen sie sich dem Risiko aus, zwischen die politischen Fronten zu geraten. Viele denken bei Kritikern der Corona-Maßnahmen gleich an Querdenker oder Verschwörungstheoretiker. Nicht alle Wissenschaftler, mit denen wir gesprochen haben, wollen deshalb namentlich genannt werden. Aber sie sind sich einig, dass der Zeitpunkt gekommen ist, um Stellung zu beziehen.
      iner von ihnen ist der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit von der Universität Hamburg. Er sagt: „Wichtig ist vor allem: Wir brauchen eine nachhaltige Strategie. Eine Abfolge von Lockdowns ist keine langfristige Strategie.“ Schmidt-Chanasit weist darauf hin, dass der Versuch der Gesundheitsämter, die Kontakte von Infizierten nachzuverfolgen, vielerorts gescheitert sei. Nicht nur weil das Personal fehlt, sondern auch weil die Ämter mittlerweile gar nicht mehr genau herausfinden können, wo sich jemand angesteckt hat. Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten.
      Nach Meinung von Schmidt-Chanasit ist das auch nicht weiter schlimm, jedenfalls im Moment noch nicht. Noch könne das Gesundheitssystem mit den Kranken fertig werden. Deshalb sei es keine Lösung, immer wieder alles herunterzufahren. Es komme darauf an, die Älteren vor einer Ansteckung zu schützen. Denn die haben mit Abstand die meisten schweren Verläufe von Covid-19 zu beklagen.[…]
      Der Medizinstatistiker Gerd Antes ist genau für diesen Strategiewechsel. Er sagt: „Es muss jetzt um den Schutz von Risikogruppen gehen, darauf müssten sich die Gesundheitsämter vor allem konzentrieren.“ Wenn man allerdings versuche, „die Nachverfolgung abzusagen“, gerate man unter Beschuss. „Sie werden verdächtigt, heimlich auf die Herdenimmunität abzuzielen.“ […]
      Schmidt-Chanasit stört sich daran, wie grob die Diskussion in Deutschland geführt wird. Er denkt zum Beispiel an den SPD-Abgeordneten und Epidemiologen Karl Lauterbach. „Das Narrativ war immer, auch von Herrn Lauterbach: Wir müssen siebzig Prozent der Kontakte reduzieren. Jetzt wird gesagt: Wir haben nur dreißig Prozent der Kontakte reduziert. Aber wir müssen doch mal unterscheiden, was ist ein Risikokontakt, was nicht?
      Quelle: FAZ

      Anmerkung Jens Berger: Ein wichtiger Artikel, leider mal wieder hinter der Bezahlschranke. Bereits die Einleitung zeigt jedoch, wie es in Deutschland 2020 um die Debattenkultur steht. Wissenschaftler, die ernsthafte Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Regierungspolitik haben, trauen sich nicht mehr, namentlich genannt zu werden, da sie Angst davor haben, von den Medien in eine Querdenker-Ecke geschoben zu werden. Und so schweigen (fast) alle und es entsteht der Eindruck, die Wissenschaft stünde kollektiv hinter der Regierungspolitik.

    3. Das Leopoldina-Desaster
      Sie glaube an die Fakten – so Angela Merkel, als sie den harten Lockdown forderte. Doch das Leopoldina-Papier, auf das sie sich berief, genügt selbst einfachsten Standards nicht. Der Schaden, den die Wissenschaftsfunktionäre anrichten, ist immens. Eine Untersuchung. […]
      Wenn ein wissenschaftliches Dokument dieser Kürze überhaupt sinnvoll zu einem aktuellen Geschehen Stellung nehmen soll, dann müsste es umfangreich auf gesicherte Studien verweisen und deren Gültigkeitsbereich und Aussagekraft für die Situation hier in Deutschland wenigstens andeutungsweise belegen.
      Die sogenannte Ad-hoc-Stellungnahme der Leopoldina ist aber alles andere als ein wissenschaftliches Dokument, sie ist auch keine wissenschaftliche Zusammenfassung eines Forschungsstandes. Sie ist ein Sammelsurium von sorgenvollen Aussagen über die aktuelle Situation, kombiniert mit einigen drastischen Vorschlägen, die ihre Autorität daraus ziehen sollen, dass die Autoren nun einmal in leitenden Funktionen im Forschungsbetrieb tätig sind.
      Der wissenschaftliche Gehalt ist so gering, dass wohl jede aufmerksame Zeitungsleserin, jeder „Tagesschau“-Zuschauer und jede internetaffine Gymnasiallehrerin den Text hätte verfassen können, einschließlich der Diagramme, die den Infektionsverlauf in Irland und in Deutschland miteinander vergleichen – eine Grafik, die der Autor dieser Zeilen innerhalb von weniger als einer Minute auf einer bekannten Datenplattform zusammenklicken könnte. […]
      Wenn sich überhaupt jemand bemüßigt fühlt, diese Tatsache zu bemerken, wird oft gesagt, dass die Menschen ihr Verhalten eben schon vorher geändert hätten, dass sie schon aufgrund der öffentlichen Diskussionen ihre Sozialkontakte eingeschränkt hätten. Wenn das so ist, dann fragt man sich, warum die Politik, die jetzt auf einen harten Lockdown zusteuert, nun über die ungezogenen Menschen schimpft, die angeblich die Regeln nicht beachten, an Glühweinständen nicht genug Distanz wahren und überhaupt nachlässig mit der Umsetzung der Vorschriften wären.
      Der Grund kann nur sein, dass man Schuldige braucht, die dafür verantwortlich sind, dass die prognostizierten Erfolge des November-Lockdowns nicht eintreffen. Da „die Wissenschaft“ nicht einfach sagen kann: „Wir haben eigentlich keine Ahnung, was hier wirklich passiert, wir können nicht erklären, warum in Sachsen die Infektionszahlen steigen und in Rheinland-Pfalz nicht“, müssen die Bürger selbst zu Schuldigen erklärt werden.
      Quelle: Jörg Phil Friedrich in der WELT

      Anmerkung Jens Berger: Und schon wieder ein Artikel, der hinter der Bezahlschranke versteckt wird. Es ist wirklich ärgerlich. Die wenigen substanziell kritischen Artikel zur Corona-Politik der Bundesregierung befinden sich im Premium-Bereich, während der normale Leser mit regierungskonformer Angstmache in den „Gratis-Tickern“ und Meinungsartikeln bombardiert wird. Eigentlich weisen wir nur sehr ungerne auf kostenpflichtige Artikel hin, da die meisten unserer Leser keine zahlenden Kunden von FAZ oder WELT sind. Wir wollten Ihnen jedoch dieses erstaunliche Phänomen auch nicht vorenthalten. Jörg Phil Friedrich hatte übrigens zum Thema auch schon einen sehr lesenswerten Artikel für die NachDenkSeiten geschrieben und der ist natürlich kostenfrei und für jeden Leser verfügbar.

    4. Depressionen mit der zweiten Welle
      Immer mehr Menschen begeben sich wegen der Corona-Krise und des Lockdowns nun in psychologische Behandlung.
      Sabine Köhler trifft gerade viele alte Bekannte wieder: den Alkoholiker etwa, der 15 Jahre lang trocken war und nun einen Rückfall erlitten hat, oder die Frau mit den Zwangsstörungen, die ihren Wasch- und Putzzwang lange im Griff hatte und nun sogar ihre Lebensmittel desinfiziert. Viele Patienten, die vor Jahren ihre Therapie abgeschlossen hatten, melden sich dieser Tage wieder bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in Jena.
      Die Folgen der Pandemie sind jetzt zu spüren – mit Verzögerung. Nahm die Zahl der Terminanfragen bei Psychiatern und Psychotherapeuten im Frühjahr bloß um 24 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau zu, sind es seit Oktober 45 Prozent. Das zeigt eine Umfrage unter 154 niedergelassenen und klinisch tätigen Psychiatern und Psychotherapeuten, die von der Krankenkasse Pronova BKK im Oktober und November durchgeführt wurde.
      82 Prozent von ihnen diagnostizieren häufiger Angststörungen als zuvor, 79 Prozent häufiger Depressionen, 68 Prozent häufiger Schlafstörungen. Und es melden sich nicht nur frühere Klienten: Mehr als 90 Prozent der befragten Psychologen behandeln seit Beginn der Pandemie auch neue Patienten. Für 55 Prozent dieser neuen Patienten war ihr erhöhter Alkoholkonsum in der Pandemie ein Grund für die Behandlung, für 77 Prozent waren es Ängste und für 78 Prozent Überforderung, etwa durch Homeoffice oder Homeschooling.
      Quelle: FAZ
    5. How the British government is trying to crush our right to protest
      Protest is a fundamental right, protected in domestic and international law, which the government and public authorities have a duty to facilitate. It is an essential tool for expressing dissent against those in power, and one of the ways that we join forces with one another to effect social, political and economic change. The plans are very likely to undermine our ability to collectively express dissent, which has been more crucial than ever this pandemic year.
      Let’s be clear: Liberty has always supported proportionate action to protect public health, and much of our work recently has focused on ensuring that the people most likely to be hit hard by the pandemic are prioritised in the government’s response. At the same time, the magnitude of the limitations on our freedom implemented by politicians this year cannot be overstated.
      In 2020 each of us has faced criminalisation for leaving the house without a “reasonable excuse”. Police have used surveillance drones to shame people walking in national parks. And countless people have been wrongly criminalised under the rushed and draconian Coronavirus Act, which also contains powers to force people to quarantine, close our borders, and even postpone some elections. And in all of this, parliament has been sidelined, with some lockdown laws, which have regulated aspects of our daily lives to a minute degree, coming into force at the stroke of a minister’s pen, with parliament given an opportunity to vote only weeks later. …
      Across the board, the response from the government and police has raised cause for serious concern. Scores of people have been arrested for taking to the streets to protest against lockdown restrictions. Protest organisers who have done their best to comply with pandemic restrictions, such as carrying out a risk assessment, have been cowed into not going ahead. And during the Black Lives Matter demonstrations in the summer, the home secretary, Priti Patel, claimed that these protests were illegal, and many demonstrators were subject to aggressive police tactics such as kettling. A report by Netpol found that the policing of the Black Lives Matter protests was symptomatic of institutional racism. These attacks on the right to protest are not unique to the pandemic: in 2019, the Metropolitan police unlawfully used an injunction to ban protest during the Extinction Rebellion demonstrations.
      Quelle: The Guardian

      Anmerkung JK: In Großbritannien bietet sich eine ähnliche Situation wie in Deutschland, man erlebt eine entfesselt agierende Exekutive während das Parlament entsprechende Gesetze dann nur abnicken darf. Einen Artikel wie diesen sucht man allerdings vergebens in den deutschen Mainstreammedien.

  3. Corona und Finanzen
    1. Kein Sonderurlaub, keine Entschädigung für Kita-Eltern
      Eltern, deren Kinder mangels Schul-Präsenzpflicht jetzt zu Hause betreut werden müssen, erhalten künftig eine Entschädigung. Eltern dagegen, die ihre Kinder wegen des Infektionsrisikos nicht in die Kita geben wollen, gehen leer aus.
      Eigentlich hatten Kanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und -minister in ihrem Beschluss vom vergangenen Sonntag Eltern, die ihre Kinder im Lockdown zu Hause betreuen müssen, zusätzlichen, “bezahlten” Urlaub versprochen. “Für Eltern werden zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, für die Betreuung der Kinder im genannten Zeitraum bezahlten Urlaub zu nehmen“, heißt es in dem Papier, das in diesen Tagen in Gesetzes- bzw. Verordnungsform gegossen wird.
      Doch dieses vollmundige Versprechen ist seit Mittwoch vom Tisch bzw. wurde – wie es hinter vorgehaltener Hand aus Regierungskreisen heißt – “mit Rücksicht auf die Arbeitgeber und die Union” stark eingedampft: Beschlossen wurde lediglich eine staatliche Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Verdienstausfalls, maximal von 2.016 Euro monatlich.
      Quelle: LTO
    2. Selbstbedienung für Steuertrickser
      Die Freigiebigkeit, mit der Deutschland in den letzten Monaten Steuergelder an große Unternehmen verteilt, weckt Erinnerungen an die Finanzmarktkrise. Es werden wieder Milliarden aus dem Staatshaushalt an Unternehmen mit fragwürdigen Geschäftsmodellen gegeben. Wie in der Finanzkrise profitieren davon Investoren und Banken. Stattdessen sollten wir unsere Steuergelder nur zur Rettung derjenigen Unternehmen einsetzen, die einen Mehrwert für unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt bieten, andernfalls die bisherigen Geldgeber der Unternehmen zur Kasse bitten.
      Unter den zahlreichen Corona-Programmen für die Wirtschaft zählt der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zu dem fragwürdigsten und größten. An den WSF wenden sich Unternehmen, denen Investoren und Banken kein Geld mehr geben. Weil sie nicht glauben, dass sie es wiederbekommen. Vielleicht auch, weil vorher Umstrukturierungen notwendig wären, zu denen die Unternehmen nicht bereit sind. Die Bundesregierung hat diesen Unternehmen bereits über 10 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt – in den nächsten Monaten dürfte es noch wesentlich mehr werden. Die Zwischenbilanz der ersten vier Fälle (Lufthansa, TUI, FTI und MV-Werften) ist erschreckend.
      Erstens ist das Geschäftsmodell der geförderten Unternehmen nicht zukunftsfähig. Die Perspektive der ohnehin margenschwachen Luftfahrt ist wohl noch düsterer geworden, seit Unternehmen Videokonferenzen für sich entdecken. Deutschlands größter (TUI) und drittgrößter (FTI) Anbieter von Pauschalreisen ringen seit Jahren ums Überleben. Menschen buchen immer weniger Pauschalreisen, sondern stellen sich ihren Urlaub auf Online-Portalen individuell zusammen. Der Kreuzfahrschiffbauer MV-Werften hat es in dem übersubventionierten Sektor mit prognostizierten Überkapazitäten nicht leichter. Die Bundesregierung rettet also Unternehmen von gestern und bindet dort Ressourcen, die in Zukunftsbranchen fehlen. Die deutsche Wirtschaft wird nicht durch die Erbringung von Pauschaltourismus das 21. Jahrhundert meistern, sondern durch technologischen Fortschritt.
      Zweitens haben alle geförderten Unternehmen Verbindungen zu Schattenfinanzzentren. Das ist ein Indiz dafür, dass die Unternehmen Steuersparmodelle nutzen. Es besteht keine Transparenz darüber. Die Lufthansa verschiebt laut einer Studie im Auftrag von Finanzwende sehr wahrscheinlich Gewinne in Schattenfinanzzentren. TUI lässt u.a. seine Kreuzfahrtschiffe unter maltesischer Flagge fahren. Die Eigentümer von FTI und MV-Werften schleusen ihren Gewinn überwiegend über Zwischengesellschaften in Luxemburg, Schweiz und Bermuda. Die Bundesregierung teilt Steuergelder an Unternehmen aus, die selbst wenig Steuern zahlen. Finanzwende hat dagegen die Kampagne Steuertrickser angestoßen.
      Quelle: Gerhard Schick im Freitag
    3. Gegen Armut hilft Geld
      Unter dem Titel »Gegen Armut hilft Geld« hat der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband seinen jährlichen Armutsbericht veröffentlicht, der die Armutsentwicklung in Deutschland im Jahr 2019 analysiert. Das traurige Ergebnis: Die Zahl der von Armut betroffenen oder bedrohten Menschen steigt weiter an – und ist jetzt auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Laut dem Bericht beläuft sich die Armutsquote in Deutschland auf 15,9 Prozent und damit auf mehr als 13 Millionen Menschen. Und das noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie.
      Im Interview erklärt Ulrich Schneider, welche Bevölkerungsgruppen am stärksten von Armut betroffen sind, und warum die armutspolitische Ignoranz der Bundesregierung vor und während der Corona-Krise aller Voraussicht nach zu einer drastischen Verschärfung der Armut in Deutschland führen wird. Dabei plädiert der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands vor allem für eines: Die gesamte Gesellschaft muss sich mutiger gegen Armut einsetzen.
      Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband hat im November seinen jährlichen Armutsbericht veröffentlicht. Was sind die Ergebnisse?
      Die Armut ist leider auf einem absoluten Rekordhoch angelangt. Wir hatten im letzten Jahr die Situation, dass die Armut ein bisschen zurückgegangen war. Kurz dachte man, es gibt vielleicht eine Trendwende, dass der jährliche Anstieg der Armut gestoppt wird und sich die Situation zum Positiven wendet. Aber bei dem neuen Bericht, der sich auf das Jahr 2019 bezieht, mussten wir feststellen, dass die Armut schon wieder gewachsen war. 15,9 Prozent der Menschen in Deutschland leben in Einkommensarmut – und das ist absolut schlecht.
      Was erwartest Du für die Zahlen im nächsten Jahr, die dann auf den tatsächlichen Zahlen aus dem Corona-Jahr 2020 beruhen?
      Ich denke, dass die Armut nochmals steigen wird. Das ist ja nicht selbstverständlich. Theoretisch könnte man das auch so sehen: Corona reißt die Wirtschaft ein, klar. Aber alle werden die Lasten gleichermaßen tragen. Und dann wird sich an der Einkommensarmutsquote, die ja immer relativ ist, überhaupt nicht viel ändern. Aber im Moment ist es so, dass finanziell wieder diejenigen am stärksten betroffen sind, die ohnehin schon wenig hatten.
      Wenn man sich bloß anschaut, welche Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Das waren von April bis zum Sommer 260.000 Minijobber – was vor allem Studentinnen und Studenten betrifft und alte Leute, die sich was hinzuverdienen. Leiharbeiter, die ja nicht viel verdienen, waren ebenfalls als erste betroffen. Und wenn man sich auch die Gesellschaftsgruppen anschaut, die jetzt im zweiten Lockdown wieder die größten Einbußen machen, dann sind das die Beschäftigten in der Gastronomie, Soloselbstständige, Künstler und so weiter. Also Menschen, die ohnehin schon wenig hatten. Von all denen werden viele in die Armut fallen. Denn: die Folgen der Coronakrise sind eben nicht gleich verteilt. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Armutsquote zunehmen wird.
      Man muss aber auch sehen, dass 80 Prozent der Menschen keine finanziellen Einbußen durch die Coronakrise haben. Das Problem ist nur, dass die restlichen 20 Prozent nicht die Superreichen sind, sondern nun mal die Armen.
      Quelle: Jacobin
  4. Merkel nennt Verschwörungsideologien »Angriff auf unsere ganze Lebensweise«
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zu einem konsequenten Kampf gegen sogenannte Verschwörungstheorien in Deutschland aufgerufen. »Das ist ja im Grunde ein Angriff auf unsere ganze Lebensweise«, sagte Merkel bei einem Onlinegespräch mit Studenten in Berlin.
    »Seit der Aufklärung ist Europa den Weg gegangen, sich auf der Basis von Fakten sozusagen ein Weltbild zu verschaffen. Und wenn ein Weltbild plötzlich losgelöst oder antifaktisch ist, dann ist das natürlich mit unserer ganzen Art zu leben sehr schwer vereinbar«, so die Kanzlerin. Bereits in der vergangenen Woche hatte sie in einer emotionalen Rede vor dem Bundestag diejenigen ermahnt, die nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse hören.
    Quelle: Spiegel

    dazu: ZDF Neo-Magazin Royale – wie man Verschwörungstheoretikern etwas entgegensetzt
    Am Freitag, den 6. November hatte das „ZDF Magazin Royale“ mit Jan Böhmermann Premiere – statt auf ZDFneo belegt der Moderator ab jetzt einen Platz im ZDF-Hauptprogramm. Die erste Sendung widmet sich Verschwörungsideologien, schlägt hierbei aber einen interessanten Weg ein, der sich stark von dem sonstigen Umgang in den bürgerlichen Medien unterscheidet…
    (…) denn er deckt einfach auf, wie sich die Reichen während der Pandemie bereichert haben…
    „Die wahre Verschwörung ist also: Es gibt gar keine Verschwörung. Es braucht gar keine Verschwörung, es geht auch so alles zugunsten weniger und für den Rest den Bach runter.“ schlussfolgert Jan Böhmermann. Natürlich geht er bei 30 Minuten Sendezeit sowie den Beschränkungen, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen nun mal immer noch mit sich bringt, nicht noch weiter in die Tiefe. Zum Beispiel dazu, zu sagen, woher der Reichtum dieser wenigen kommt – nämlich aus der Arbeit der restlichen Bevölkerung. Denn wir sind es, die den Wert schaffen, der sich vom deutschen Kapital angeeignet wird. Trotzdem sehen wir, dass Jan Böhmermann die Grenzen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens immer wieder ausreizt und in diesem Fall auch ein Beispiel dafür liefert, wie man Verschwörungsmythen etwas entgegensetzen kann. In großen Teilen der bürgerlichen Medien wird auf antisemitische oder faschistische Verschwörungstheoretiker anders eingegangen: entweder man nimmt sie als ernstzunehmende Gesprächspartner wahr und bietet ihnen somit auch noch eine Plattform, oder man macht sich ganz einfach über sie lustig. Dass jedoch die Verschwörungstheoretiker, wie Jan Böhmermann es benennt, „Symptome und Warnzeichen eines größeren Problems“ sind, dass die immer offener zu Tage tretenden Widersprüche im System eben bestehen und sich zuspitzen, darüber wird meist geschwiegen. Das sieht man auch, wenn man sich die Reaktionen auf die Sendung anschaut, beispielsweise im Spiegel-Online, wo Christian Buß Böhmermann „riskanten Relativismus“ vorwirft. (Spiegel Online, Welche dunkle Macht ist in Jan Böhmermann gefahren? 7.11.2020). Das Kapital, das für Armut, Ausbeutung, Krieg und Faschismus verantwortlich ist, als mindestens genau so ein großes Problem wie die Verschwörungstheoretiker darzustellen, soll Relativismus sein. Die Prioritäten scheinen klar gesetzt. Umso wichtiger ist es, die Stimmen, die über diese Verschwörungstheorien nicht nur lachen (das ist dann nämlich Relativierung), sondern ihnen wirklich etwas entgegensetzen, laut werden zu lassen. Denn wenn man ihnen inhaltlich nichts entgegensetzt, stärkt man am Ende nur die Verschwörungstheoretiker selbst.
    Quelle: Arbeit-Zukunft

    Anmerkung Marco Wenzel: Die Sendung finden sie hier.

  5. Drohnenkrieg erschüttert die SPD
    Sozialdemokraten blockieren geplante Bewaffnung von unbemannten Flugzeugen der Bundeswehr. Verteidigungspolitiker Felgentreu zieht sich zurück, Drohnengegner erringen Teilerfolg
    Die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr ist vorerst vom Tisch. Nachdem SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans ein Veto gegen die Position der Verteidigungspolitiker seiner eigenen Bundestagsfraktion eingelegt hat (Drohnenbewaffnung: Erst einmal vom Tisch!), war eine Blockade der Sozialdemokraten gegen das Rüstungsvorhaben von CDU-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer absehbar. Seit der Fraktionssitzung am gestrigen Dienstag nun ist das Nein der SPD zum Aufrüstungsvorhaben (Verteidigungsministerium veröffentlicht Fahrplan zur Drohnenbewaffnung) offiziell, eine Entscheidung wird es in diesem Jahr und womöglich in der 19. Wahlperiode nicht mehr geben (Bundestag soll Beschaffung von EU-Kampfdrohnen beschließen). Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion legte daraufhin sein Amt nieder.
    Das Thema hatte für heftige Auseinandersetzungen in der SPD und ihrer Bundestagsfraktion gesorgt, nachdem einzelne Abgeordnete nach einer Anhörung Anfang Oktober ihre Zustimmung zu der Drohnenbewaffnung signalisiert hatten. Dann aber griffen Walter-Borjans und andere Gegner des Vorhabens ein, das von Militärs und Transatlantikern schon in den Koalitionsverträgen 2013 und 2018 festgeschrieben wurde.
    Darin aber wurde eine “ausführliche völkerrechtliche, verfassungsrechtliche und ethische Prüfung” vereinbart. Die Union sah die Debatte als erledigt an, die Sozialdemokraten offenbar nicht. So wurde Felgentreu zum ersten Opfer deutscher Drohnen.
    Quelle: Telepolis
  6. BND-Reform: Bundesregierung stimmt für neue Regeln zur Massenüberwachung
    Die Regierung hat einen Entwurf zur Novelle des BND-Gesetzes auf den Weg gebracht, laut dem der Geheimdienst bis zu 30 Prozent aller Netze bespitzeln darf.
    Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll eine breite Lizenz zum Hacken von “ausländischen Vermittlungsanlagen, Telekommunikationsinfrastruktur” oder vergleichbaren IT-Systemen von Providern erhalten. Einen entsprechenden Entwurf zur Reform des BND-Gesetzes hat das Bundeskabinett am Mittwoch befürwortet. Es soll weitgehende Überwachungspraktiken des Auslandsgeheimdienstes legalisieren und neue Befugnisse schaffen.
    Telekommunikationsanbieter in anderen Ländern zu hacken hält die Bundesregierung für nötig, da der BND dort im Gegensatz zu Anbietern im Inland “keinen kooperativen Zugang einrichten” könne. Daher brauche der Geheimdienst die Erlaubnis, sich relevante Daten “mit heimlichen Mitteln” beziehungsweise einem Zugriff auf die Technik zu erschließen und dafür “Sicherungsmaßnahmen zu überwinden”.
    Die Regierung will den BND nun auch offiziell zu individueller Überwachung in Form von Eingriffen in IT-Systeme von Ausländern im Ausland mit technischen Mitteln wie dem Bundestrojaner ermächtigen. Sie räumt dabei ein, dass die Agenten solches staatliches Hacking “bereits aktuell” durchführten. Dabei würden aber der “Verhältnismäßigkeitsgrundsatz” sowie “strenge formelle Hürden” eingehalten. Künftig gebe es dann eine Rechtsgrundlage.
    Quelle: Heise Online
  7. CDU-Wirtschaftsexperten wollen ARD und Co. privatisieren
    Vorschlag für Wahlprogramm
    Noch hat die CDU keinen neuen Vorsitzenden, doch die Vorbereitungen für den Wahlkampf laufen. Einige Forderungen für das Wahlprogramm haben erhebliches Aufregerpotenzial.
    Die CDU könnte im Bundestagswahlkampf auf Konfrontationskurs zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehen. Das geht aus Vorschlägen des »Bundesfachausschusses Wirtschaft, Arbeitsplätze, Steuern« für das Wahlkampfprogramm der CDU für nächstes Jahr hervor. Sie laufen darauf hinaus, ARD, ZDF und Deutschlandradio in ihrer jetzigen Form abzuschaffen. »Langfristig sollten die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten schrittweise privatisiert werden«, heißt es in dem Papier, das dem SPIEGEL vorliegt. Es trägt das Datum von diesem Dienstag.
    Mit den Privatisierungserlösen will die CDU einen Medienfonds speisen, aus dem künftig einzelne Programminhalte finanziert werden könnten…
    Quelle: SPON

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der SPIEGEL wieder im bewährten neoliberalen Fahrwasser, denn dass die CDU-Wirtschaftsversteher “Wirtschaftsexperten” sind, bestreite ich vehement, und die Behauptung, eine Übersicht über Arztkosten könnte “das Bewusstsein für die Kosten staatlicher Leistungen steigern”, ist die übliche Volksverdummung. (Kleiner Hinweis an den SPIEGEL und die CDU: die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung werden von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen, *nicht* vom Staat.) Die gewünschte noch weitergehende Privatisierung von Bahn und Post, die beide heute schon schlechten Service und schlechte Löhne bieten, also mit der ursprünglich gewollten Daseinsvorsorge nichts mehr am Hut haben, sondern auf Shareholder Value getrimmt werden, ist ein Horrorkatalog. Und die gewollte Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks war vermutlich von Anfang an das Ziel der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt, denn dass sich Menschen, die permanent Löhne und Renten senken wollen und so den Bürgern monatlich mehrere Hundert Euro vorenthalten, plötzlich wegen 86 Cent im Monat die Belastungsgrenze erreicht sehen, klang schon immer arg unwahrscheinlich. Das Fach “Wirtschaft” in der Schule könnte ich mir auch gut vorstellen – aber ich gehe mal davon aus, dass die CDU-“Wirtschaftsexperten” nicht volkswirtschaftliche Theorien, sondern neoliberale Propaganda verbreiten wollen. Der verheerend schlechte Zustand von Bildung und Gesellschaft kann der CDU also nicht schlecht genug sein.

  8. Erneuerbare Energien: Gesetzesnovelle der GroKo sieht Milliardenamnestie für Konzerne vor
    Die Koalition nutzt die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, um still und heimlich eine Milliardenamnestie für die Großindustrie durchzuboxen. Die Zeche sollen die Verbraucher zahlen. […]
    Still und heimlich haben die Unterhändler von SPD und CDU die Novelle dazu missbraucht, eine umstrittene Amnestieregelung für energieintensive Großkonzerne wie Evonik, die ehemalige Bayer-Tochter Covestro oder Daimler auf den Weg zu bringen. Sie soll die Konzerne vor Nachzahlungen in hoher zweistelliger Milliardenhöhe schützen. Selbst das federführende Bundeswirtschaftsministerium sieht die Amnestie kritisch. In einem entsprechenden internen Vermerk heißt es, man weise darauf hin, dass die Regelung »verfassungsrechtliche und beihilferechtliche Risiken birgt«. Zudem sei unklar, ob der betreffende Passus »von der EU genehmigt wird«.
    Quelle: DER SPIEGEL
  9. US-Börse startet Handel von Wasserrechten
    New York. Seit vergangener Woche werden die Rechte an Wasser wie Öl, Weizen und Soja an der Wall Street in den USA auf dem Futures-Markt gehandelt, basierend auf dem Nasdaq Veles California Water Index (NQH2O). Obwohl der Index aus den Preisen für Wasserrechte auf dem Terminmarkt der fünf Gebiete Kaliforniens mit dem höchsten Volumen an Transaktionen dieser Art gebildet wird, kann er als Referenz für den Rest der Welt auf den Wassermärkten verwendet werden.
    Was dies für Lateinamerika bedeutet, ist noch offen. Dort haben konservative und neoliberale Regierungen zugunsten von Konzernen wie Nestlé oder Coca-Cola immer wieder versucht, Wasserressourcen zu privatisieren. Die Bevölkerung hat jedes Mal mit massiven Protesten reagiert.
    In Kalifornien, wo die Wasserknappheit zugenommen hat, hat sich der Preis für Wasser nach diesem NQH2O-Indext im letzten Jahr verdoppelt. Vergangene Woche lag er bei 486,53 US-Dollar pro Acre-Fuß, was etwa 1,4 Millionen Litern entspricht. Die übermäßige Ausbeutung durch den Primärsektor, die Industrie und den privaten Konsum sowie der Klimawandel haben zu einer zunehmenden Verknappung der Ressource Wasser geführt.
    Auch in anderen Regionen der Welt zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Fast zwei Milliarden Menschen leben in Ländern mit schlechtem Zugang zu Wasser und zwei Drittel der Welt könnten in den nächsten vier Jahren mit Wasserknappheit konfrontiert sein…
    Internationale Experten sehen den Handel von Wasserrechten an der Börse kritisch. Pedro Arrojo, Wirtschaftswissenschaftler und UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Trinkwasser und Sanitärversorgung, ist strikt gegen diese Finanzierungsmechanismen. “Der Austausch von Konzessionen steht in eklatantem Widerspruch zu den Grundlagen, mit denen ein öffentliches Gut verwaltet wird. Plötzlich verdient jemand Geld indem er ein Recht verkauft, das der Staat ihm kostenlos gegeben hat”, betont er….
    Quelle: Amerika 21
  10. Das Faktencheckerprogramm der EU heißt Soma, wie die Volksbefriedungsdroge in “Schöne neue Welt”
    Die EU finanziert als Teil ihrer umfangreichen Aktivitäten gegen abweichende Meinungen und Informationen die EU-Beobachtungstelle gegen Desinformation. Ihr Kurzname “Soma” ist pikanterweise der Name der Droge mit der im dystopischen Roman “Schöne neue Welt” die Bevölkerung ruhiggestellt wird, sowohl chronisch, als auch akut, wenn es zu Gefühlsausbrüchen oder abweichendem Verhalten einer Menge kommt. Ruft man die Webseite www.disinfobservatory.org auf, begrüßt einen das Logo “Soma”.
    Das ist so ironisch, dass man einfach darauf hinweisen muss. Wenn es versehentlich wäre, zeugte es schon von einem beträchtlichen Maß an Ignoranz, ist “Schöne neue Welt” doch einer der einflussreichsten Romane des 20. Jahrhunderts. Wenn es absichtsvoll geschah, zeugt es von einem gerüttelt Maß an Zynismus, ist Soma doch ein zentrales Element der Bevölkerungskontrolle und -steuerung in einer totalitären Gesellschaft, durch wohlmeinende, diktatorische Technokraten.
    Quelle: Norbert Häring


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