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Titel: Gleiches Recht für den 100.000-DM-Schäuble wie für Ballwegs Querdenker!

Datum: 10. Dezember 2020 um 14:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Erosion der Demokratie, Innere Sicherheit, Medienkonzentration, Vermachtung der Medien
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Was ist gefährlicher für eine wirkliche Demokratie – die Demonstrationen der Querdenker und die daran angehängten Reichsbürger? Oder die durch Tricks und Gesetzesbruch erreichte Machtstellung der CDU/CSU? – Querdenker demonstrieren. Das ist ihr gutes Recht. Ballwegs Querdenker haben einiges „verbrochen“, was kritische Blicke auslöst. Sie haben zum Beispiel anlässlich der Demonstrationen vom 29. 8. in Berlin von „verfassungsgebender Versammlung“ gesprochen und sie haben bei nächster Gelegenheit die Gastfreundschaft eines Menschen genossen, der sich König von Deutschland nennt. Ersteres ist anmaßend, Letzteres schlicht albern. Aber sind das Angriffe auf unsere Verfassung, die die Beobachtung durch den Verfassungsschutz rechtfertigen? Unsere Demokratie wurde und wird durch ganz andere Vorgänge ernsthaft bedroht, zum Beispiel durch Parteienfinanzierungsmanipulationen der CDU und der CSU. Sie haben die für eine Demokratie notwendige Existenz gleicher Wettbewerbschancen ausgehebelt. Lesen Sie diesen Wikipedia-Artikel. Schwarze Konten, ungeklärte Millionen Spenden und Spender für die Union und speziell für Helmut Kohl, 100.000 DM für Schäuble, einfach so im Briefkuvert entgegengenommen und weitergereicht. Der baden-württembergische Innenminister Strobl täte gut daran, den Verfassungsschutz auf seinen Schwiegervater Schäuble anzusetzen. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Nicht wegen der kriminellen Machenschaften, die an der Führungsspitze der Union üblich sind. Das allein bedroht die demokratischen Verhältnisse noch nicht. Sie werden bedroht, wenn es keinen fairen Wettbewerb zwischen den verschiedenen politischen Lagern gibt. Und damit praktisch auch kaum noch eine Chance zum demokratischen Wechsel. Diesen gibt es nicht mehr. Den gab es übrigens von Anfang an in der westdeutschen Republik nicht. Der erste gelungene Kanzlerwechsel nach 20 Jahren CDU/CSU-Herrschaft war ein reiner Glücksfall. Schon 13 Jahre später kam Helmut Kohl und die Union schon wieder an die Macht und auch diese Machteroberung war finanziell von dubiosen Spenden, im konkreten Fall von Flick, unterfüttert. Die bei Wikipedia beschriebenen Affären leiteten die Periode der Herrschaft von Angela Merkel ein. Auch sie ist Profiteurin dieser besonderen Art undemokratischer Verhältnisse.

Vergleichen Sie bitte diese permanenten Verletzungen demokratischer Grundregeln mit den jetzt gelegentlich stattfindenden Demonstrationen auf Deutschlands Straßen und Plätzen. Selbst wenn in diesen Zusammenhängen schwarzweißrote Reichsflaggen geschwenkt werden, ja selbst wenn dort eine neue verfassungsgebende Versammlung gefordert wird, bedrohen diese Demonstrationen unsere demokratischen Verhältnisse auch nicht andeutungsweise so schwer wie die Finanz- und Machtstrukturen im Umfeld von CDU/CSU.

Zu den Einseitigkeiten der Finanzierung und den damit verbundenen Machenschaften kam verschlimmernd noch die Personalpolitik der Union hinzu, vor allem auch in den Medien, und dabei insbesondere in den öffentlich-rechtlichen Medien. Dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre herausragende, weil aufklärende Rolle weitgehend eingebüßt haben, ist die Folge dieser Vorherrschaft der Union.

Wegen der Dominanz von CDU und CSU bei den Medien wird jetzt auch ein Vorgang wie die Beobachtung der Querdenker durch den baden-württembergischen Verfassungsschutz in Deutschlands Medien kaum kritisch hinterfragt. Heute früh habe ich kurz vor 9:00 Uhr die Pressestimmen im Deutschlandfunk gehört. Siehe hier. Von der Süddeutschen Zeitung über die Märkische Oderzeitung bis zur Leipziger Volkszeitung – nur Lob und Verständnis für die Initiative des Innenministers Strobl aus Baden-Württemberg.

Dieser sonderbare Vorgang geht jetzt von einem Bundesland aus, dessen Ministerpräsident Kretschmann möglicherweise selbst einmal Gegenstand von Beobachtungen des Verfassungsschutzes war. Kretschmann war von 1973-1975 Mitglied des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW). Er müsste eigentlich wissen, wie das ist, wenn man vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Und er müsste eigentlich auch beurteilen können, ob im konkreten Fall der Querdenker eine solche Maßnahme angebracht ist. Und er müsste eigentlich noch etwas anderes wissen: dass nämlich der Verfassungsschutz in Organisationen wie KBW und Querdenken Personen einschleust und man am Ende oft nicht mehr weiß, welche Äußerungen und Demonstrationen und welche Fahnen und Parolen von wem kommen und von wem geschwenkt werden – von den angeblichen Verfassungsfeinden oder von den eingeschleusten Agenten.

Das alles ist zum Heulen und hat mit Sorgen, mit echten Sorgen um die Qualität unserer Demokratie nichts zu tun. Gar nichts.


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