Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Stuttgarter FriedensPreis 2020 für Julian Assange
- Rüstungsindustrie kennt keine Krise
- Die Intensivstationen waren auch vor Corona schon am Limit
- Wenn Du Dein Land verlierst
- Spaltung als Programm
- Ist der Fachkräftemangel Phantasie?
- Von Staat bis Privat – die Eigentumsfrage
- Trotz Milliardenhilfen vom Staat: Lufthansa baut bis Jahresende 29.000 Jobs ab
- ZU VIELE CORONA-TOTE – Sachsen-Kliniken mussten Leichen auslagern
- Impfstoffe erlauben keine schnelle Rückkehr zur Normalität
- Corona-ImpfstoffImpfrisiken im Faktencheck
- Die Misere liberaler Gesellschaften
- Der «Krieg gegen den Terror» ist zur politischen Droge geworden
- Querdenker haben einen grünen, akademischen Hintergrund
- Links liegen lassen
- Hinterwäldler, Clowns und Parasiten
- Die Wende in der Wende – und die BRD-Medien
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Stuttgarter FriedensPreis 2020 für Julian Assange
06Dezember, Theaterhaus, FriedensGala der AnStifter: Verleihung des Stuttgarter FriedensPreises an den im Londoner Hochsicherheits-Gefängnis Belmarsh eingesperrten Julian Assange. So war es geplant. Corona hat das verhindert. Eine vom Internationalen Netzwerk der Assange-Mahnwachen für denselben Tag geplante Kundgebung bot nun die Möglichkeit, Assange Solidarität zu beweisen. Moderne Technik machte es per Live-Stream möglich, die Kundgebung in viele Teile der Welt zu senden.
Peter Grohmann, Gründer der AnStifter, rief den 500 Besuchern in Erinnerung, dass sich die Anstifter mit der Verleihung des FriedensPreises unter anderem an Edward Snowden, Giuliana Sgrena und an Asli Erdogan schon mehrfach für die Freiheit des Wortes eingesetzt haben: „… für Freiheit und Demokratie, für die Einhaltung der Menschenrechte, für die Entrechteten und Gedemütigten weltweit für Menschen wie Julian Assange.“
Am 7. Dezember 2020 ist Julian seit 10 Jahren nicht mehr in Freiheit. Für den 4. Januar 2021 ist die Entscheidung des britischen Gerichts über den Auslieferungsantrag der USA-Regierung angekündigt. Julian Assange befindet sich in einem schlechten gesundheitlichen Zustand. Ärzte haben dies bestätigt. Stella Morris, Assanges Lebensgefährtin, von London zugeschaltet: „Julian ist schwach. Es geht ihm sehr schlecht. Er wird im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh festgehalten zusammen mit 65 Schwerverbrechern. Von ihnen sind derzeit 23 positiv auf Corona getestet.“ Für Julian sei es eine Horror-Vorstellung in das USA-Sondergefängnis zu kommen; dort werde man lebendig begraben und das sei schlimmer als der elektrische Stuhl. Stella Morris hat bereits an US-Präsident Trump geschrieben und um eine Begnadigung gebeten.
Quelle: Die Anstifter
- Rüstungsindustrie kennt keine Krise
Das in der schwedischen Hauptstadt Stockholm ansässige Institut beziffert den Gesamtumsatz der 25 größten internationalen Rüstungsunternehmen im Jahr 2019 auf insgesamt 361 Milliarden US-Dollar (298 Milliarden Euro). Das sind 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Summe entspricht dem 50-Fachen des Jahresbudgets der weltweiten UN-Friedensmissionen.
Zu den zehn größten Rüstungsunternehmen gehörten dem Bericht zufolge sechs Hersteller aus den USA, drei aus China und einer aus Großbritannien.
Die Vereinigten Staaten sind mit weitem Abstand der wichtigste Händler. Die zwölf US-Unternehmen, die in der Rangliste erfasst sind, stehen für 61 Prozent der Verkäufe weltweit. Allein die fünf größten Rüstungsproduzenten Lockheed Martin, Boeing, Northrop Grumman, Raytheon und General Dynamics verzeichneten einen Umsatz von 166 Milliarden US-Dollar (136 Milliarden Euro).
Auf Platz zwei im weltweiten Waffenhandel folgt mit deutlichem Abstand China mit 16 Prozent. Die vier von SIPRI gelisteten chinesischen Unternehmen steigerten ihren Umsatz binnen eines Jahres um 4,8 Prozent. Laut SIPRI-Forscher Nan Tian werden die Rüstungsgüter überwiegend im eigenen Land verkauft: “Chinesische Waffenunternehmen profitieren von militärischen Modernisierungsprogrammen für die Volksbefreiungsarmee.”
Auf Platz drei in der globalen Rangliste findet sich Russland mit einem Anteil von 3,9 Prozent. Die Ausfuhr ins Ausland ist für russische Rüstungsproduzenten durch die Sanktionen infolge des Ukraine-Konflikts und der Besetzung der Krim-Halbinsel beschränkt. Die Einnahmen der beiden gelisteten Unternehmen gingen um insgesamt 634 Millionen US-Dollar (522 Millionen Euro) zurück. Ein dritter russischer Produzent fiel aus den Top 25 heraus. …
Die sechs größten westeuropäischen Unternehmen machten zusammen 18 Prozent aus. Deutsche Firmen rangieren nicht unter den Top 25. Das größte deutsche Rüstungsunternehmen Rheinmetall steigerte seinen Umsatz um 4 Prozent auf 3,9 Milliarden US-Dollar (3,2 Milliarden Euro).
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte den Anstieg der Rüstungsausgaben und forderte ein “radikales Umdenken”. Selten werde einem eine Fehlentwicklung so deutlich vor Augen geführt. “Weltweit sind Hunderte Millionen Existenzen durch die Corona-Pandemie bedroht, Abermillionen sind infiziert und Unzählige haben keine ausreichende medizinische Versorgung”, sagte Greenpeace-Abrüstungsexperte Alexander Lurz der Deutschen Presse-Agentur. Die SIPRI-Zahlen zeigten, “wohin das knappe Geld nicht fließen sollte: immer weiter in die Taschen der internationalen Waffenindustrie.”
Quelle: Deutsche Welle
- Die Intensivstationen waren auch vor Corona schon am Limit
Die Politiker warnen vor dem Kollaps der Intensivmedizin. Den gab es auch schon in den Vorjahren und dennoch wurde am Personal gespart. Das ist die Geschichte eines einzigartigen Politikversagens, meint Gunnar Schupelius […]
Dabei war die Not schon lange groß. So warnte das Deutsche Ärzteblatt im Oktober 2019: „Bereits jetzt kommt es in Spitzenzeiten wie der Grippewelle 2017/2018 zu Einschränkungen in der Notfallversorgung der Bevölkerung.“
Direkt nach dieser großen Grippewelle, die rund 25.000 Todesopfer forderte, stellte das ARD-Mittagsmagazin am 27. März 2018 fest: „Die jährliche Grippe-Saison führt zu einer Krise im System.“ Als Beispiel wurde der Großraum München genannt, in dem in einer Nacht in jenem März alle Intensivstationen sämtlicher Krankenhäuser wegen Überfüllung geschlossen wurden. […]
Das tat man aber nicht. Im Gegenteil: Bundesweit wurden noch im September und Oktober über 3000 Intensivbetten abgebaut, wahrscheinlich um Personal einzusparen.
Quelle: Gunnar Schupelius in der BZ
Anmerkung Jens Berger: Die Analyse ist richtig und wurde etwas ausführlicher auch schon auf den NachDenkSeiten gemacht. Falsch ist jedoch die Behauptung, man habe 3.000 Intensivbetten abgebaut. Die Betten sind immer noch da, sie werden nur nicht mehr dem Intensivregister gemeldet, da sie zur Zeit personell nicht betrieben werden können. Dafür müsste man Personal von anderen Stationen abziehen, was jedoch zur Zeit nicht nötig ist.
Anmerkung JK: Vor diesem Hintergrund ist Merkels Phrase, dass gegenwärtig zu viel über Glühweinstände gesprochen werde und zu wenig über die Krankenschwestern und Pflegekräfte, an Zynismus nicht zu überbieten.
- Wenn Du Dein Land verlierst
Das liberale Europa ärgert sich über die autokratisch regierten EU-Mitglieder Ungarn und Polen, weil die zum Schutz ihrer illiberalen Regime ein Veto gegen den EU-Haushalt einlegen. Doch niemandem scheint aufzufallen, dass gleichzeitig Griechenland dabei ist, seine Demokratie abzuschaffen. Anders als früher braucht es dazu keine Panzer.
In den vergangenen Wochen hat die Polizei Ermittlungen gegen Krankenhausangestellte aufgenommen, die kleine symbolische Streiks angekündigt hatten, um gegen Personalmangel zu protestieren. Als der 17. November näher rückte, der 47. Jahrestag eines antifaschistischen Studentenaufstandes – der alljährlich für Demonstrationszüge in Griechenland genutzt wird –, erließ die Polizei ein viertägiges landesweites Verbot für Versammlungen im Freien mit mehr als vier Personen. Die Pandemie war der Vorwand. Der Grund war, die Äußerung abweichender Meinungen zu unterbinden.
MeRA25, die Partei, deren Vorsitzender ich bin, führte eine lange interne Debatte darüber, wie auf den drakonischen Erlass zu reagieren sei. Wir haben uns für eine gemäßigte Reaktion entschieden. Wir appellierten an die Öffentlichkeit, an unsere Partei und unsere Jugendorganisation, Demonstrationen fernzubleiben und die Auflagen gegen die Verbreitung des Coronavirus zu respektieren.
Doch um die Instrumentalisierung der Pandemie in Frage zu stellen, mit der jeglicher Protest verboten worden ist, würden sieben unserer Parlamentsabgeordneten die traditionelle Marschroute entlang gehen, komplett mit Masken und ausreichendem Abstand zueinander. Da die Verfassung Parlamentariern Bewegungsfreiheit garantiert, war unsere Entscheidung sowohl verantwortungsbewusst als auch legal.
Die verfassungsmäßigen Rechte der Oppositionsabgeordneten sind außer Kraft
Während unseres symbolischen Marsches versuchten Hunderte von jungen Polizisten und Polizistinnen unter Missachtung aller Abstandsregeln, unsere sieben Abgeordneten aufzuhalten. Als wir uns dem Ende unserer Route näherten, wurden wir von einer Menschenkette aus mehr als tausend Polizisten eingeschlossen. Währenddessen schlenderten der Ministerpräsident, die Präsidentin und 20 weitere Personen die Straße zum Athener Polytechnikum hinunter, um einen Kranz niederzulegen.
Sieben Stunden später waren unsere Abgeordneten immer noch von einer riesigen Polizeitruppe umringt, selbst nachdem die Straße für den normalen Verkehr und Passanten, die ihren Erledigungen nachgingen, geöffnet worden war. Die Botschaft war klar: Die verfassungsmäßigen Rechte der Oppositionsabgeordneten sind de facto außer Kraft gesetzt.
Quelle: Yanis Varoufakis auf Gegenblende
- Spaltung als Programm
Geld ist genug da. Es ist nur in den falschen Händen. Die Privatvermögen in der Coronakrise steigen dank der üppigen Finanzhilfen vom Staat: Nach Angaben der Deutschen Bundesbank stieg das Geldvermögen der privaten Haushalte in Form von Bargeld, Wertpapieren, Bankeinlagen sowie Ansprüchen gegenüber Versicherungen auf den Rekordwert von rund 6,63 Billionen Euro. Das waren 253 Milliarden Euro oder vier Prozent mehr als im ersten Vierteljahr. Zu den 2,1 Millionen Einkommensmillionären in Deutschland haben sich, laut Zahlen der Credit Suisse, in diesem Jahr weitere 58.000 hinzugesellt.
Die Lohnabhängigen werden hingegen im Regen stehengelassen. So berichtet die Hans-Böckler-Stiftung in ihrem jüngsten »Verteilungsbericht«, dass die Einkommen in Deutschland bereits vor der Coronakrise ungleich verteilt waren. Im Zuge des Shutdowns hätten »insbesondere die unteren Einkommensgruppen Einbußen erlitten«. Die Pandemie wirkt wie ein Brandbeschleuniger: Ein Trend werde verschärft, der nach der Finanzkrise von 2008 eingesetzt hat: »Die 20 Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkünften blieben von einer insgesamt recht positiven Einkommensentwicklung weitgehend abgekoppelt.« Bei Niedriglöhnern mit unter 900 Euro im Monat erlitten knapp 20 Prozent Einbußen von mehr als der Hälfte ihres Einkommens. Neben Selbständigen seien vor allem prekär Beschäftigte wie Leiharbeiter und Minijobber besonders oft von Einkommensverlusten betroffen. Stärker treffe es außerdem Menschen mit Migrationshintergrund und mit Kindern. Aber auch die sogenannte Mittelschicht werde in Mitleidenschaft gezogen. Wenn nicht ausreichende Schutzmechanismen in Aussicht gestellt würden, werde »die Ungleichheit auf allen Ebenen wieder wachsen«.
Besonders die von der Regierung vielfach beschworene Kurzarbeit könne für betroffene Beschäftigte empfindliche Einbußen bedeuten. Niedriglöhnern biete die Maßnahme zu geringen Schutz. Denn sie »arbeiten seltener in tarifgebundenen, mitbestimmten Betrieben, sie haben also eine geringere Chance auf Aufstockungen. Und nur mit dem gesetzlichen Kurzarbeitergeld landen Niedrigverdienerinnen und Niedrigverdiener schnell unterhalb des Existenzminimums«, schreiben die Forscher.
Quelle: junge welt
- Ist der Fachkräftemangel Phantasie?
Der Arbeitsmarkt für Ingenieure ist gekippt. Entgegen der ein ganzes Jahrzehnt lang ansteigenden Arbeitskräftenachfrage in dieser Berufsgruppe ist das Angebot offener Stellen seit März stark gesunken und die Zahl der Arbeitslosen ist sprunghaft angestiegen. Dies sind die wesentlichen Erkenntnisse für das 3. Quartal 2020 aus dem Ingenieurmonitor, den der Verein Deutscher Ingenieure, VDI, gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirtschaft, IW, herausgibt.
Die entscheidenden Fragen sind nun: Zieht der Arbeitsmarkt für Ingenieure mit dem Verschwinden von Corona wieder an oder verringert sich die Nachfrage nach diesen Fachkräften weiter, weil die Konjunktur nicht anzieht? In jedem Fall werden sich durch die Studienergebnisse diejenigen bestätigt fühlen, die den gebetsmühlenartig von Verbänden gepredigten Ingenieurmangel schon länger bezweifelt haben.
Seit Jahren besteht in Deutschland ein Trend zur Akademisierung. Im Wintersemester 2019/2020 waren an den deutschen Hochschulen 2,9 Millionen Studierende eingeschrieben. Das ist eine Million mehr als vor 20 Jahren und damit ein Plus von etwa 50 Prozent. Im genannten Zeitraum ist die Anzahl der Ingenieursstudenten um 60 Prozent auf 467.800 angestiegen.
Diese Zahlen stammen vom Statistischen Bundesamt, das Informatiker seit 2016 zur Berufsgruppe der Ingenieure zählt. Diese Systematik wenden auch VDI und IW an. In den vergangenen vier Jahren steigen die Absolventenzahlen in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik um jährlich jeweils etwa 2000 an. Bei den Ingenieuren sind es 2019 rund 131.000 gewesen, bei den Informatikern 29.000. Eine so große Anzahl an Absolventen muss ein Markt aufnehmen können.
Aktuell kann er das nicht. Im dritten Quartal 2020 ging die Anzahl offener Stellen für Ingenieure um ein Viertel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück. Im gleichen Zeitabschnitt stieg die Zahl der arbeitslos Gemeldeten um fast das Doppelte. “Wir stellen dabei eine deutliche Verschiebung in der Arbeitskräftenachfrage und Arbeitslosigkeit in den Ingenieurberufen fest”, sagt VDI-Arbeitsmarktexperte Ingo Rauhut.
Quelle: heise online
Anmerkung JK: Wie sagt man, läuft doch für die Unternehmer. Ein Überangebot an Arbeitskräften ist immer erwünscht, um die Löhne niedrig zu halten. Deswegen auch das Drängen auf verstärkte Zuwanderung bei laufender Konjunktur. Wobei der viel propagierte Fachkräftemangel, wie die Überschrift ausdrückt seit jeher ein Propagandamärchen war.
- Von Staat bis Privat – die Eigentumsfrage
In der Corona-Krise wird die Verstaatlichung von Unternehmen wieder ernsthaft diskutiert. Es zeigt sich, dass „der Markt“ keineswegs überall die notwendigen Leistungen sichert. Angeblich überzählige Krankenhausbetten werden plötzlich zur wichtigen Krisenreserve, und die stets staatskritische jungkonservative Regierungsspitze schwenkt von „schwarzer Null“ auf „Whatever it takes“ – in erster Linie in Form öffentlicher Transfers an Privatunternehmen. Grund genug, neu darüber nachzudenken, ob durch öffentliches Eigentum die in Unternehmen gebündelte Macht zugunsten der Allgemeinheit gelenkt und kontrolliert werden kann. (…)
Zentral ist das, wie Marx es so schön nannte, Eigentum an Produktionsmitteln. Wer nämlich das Recht hat, über die Produktionsmittel zu bestimmen, hat damit auch das Recht und die Möglichkeit zu bestimmen, was produziert und angeboten wird. Die klassische Debatte in Politik und Ökonomie lautet: Staat oder privat? Auch wenn spätestens mit dem Nobelpreis an Elinor Ostrom selbst in der Ökonomie klar geworden ist, dass es dazwischen noch viele Alternativen gibt. Es geht darum, ob Produktionsentscheidungen über politische Entscheidungsmechanismen – im günstigen Fall also mit einer Stimme pro Person – oder über Märkte – also „eine Stimme pro Euro“ – koordiniert werden sollten. (…)
Bitter ist das neuerliche Nachdenken über Verstaatlichungen für die Neoliberalen. Nach Thatcher und Reagan und dem Fall des Eisernen Vorhangs sahen sie schon das Ende der Geschichte und den ewigen Sieg der privaten Marktwirtschaft. Die Geschichte ging aber weiter. Ökonomisch scheiterten die radikal neoliberalen Politiken in der Finanzkrise und der großen Rezession. (…)
Sobald man beginnt, Unternehmen aus den Zwängen des Wettbewerbs herauszunehmen, muss man darauf achten, andere Mechanismen einzuführen, um das Management dieser Unternehmen zu kontrollieren. Wenn andere als Profitziele in profitorientierten Strukturen verfolgt werden, muss darauf geachtet werden, dass die Erreichung dieser Ziele genauso rigoros überwacht wird, wie KapitaleignerInnen ihre Profitziele durchsetzen würden. Und nicht zuletzt muss man stets bedenken, dass nach politischen Kriterien gewählte Unternehmensstrategien davon abhängen, wer die politische Macht hat.
Wenn man allerdings bereit ist, öffentliches Eigentum mit der notwendigen Verantwortung zu gestalten, Risiken zu übernehmen und bei aller Mühsal Ziele in einer demokratischen Auseinandersetzung zu definieren, dann stellt öffentliches Eigentum eine politische Gestaltungsmöglichkeit dar, auf die nicht leichtfertig verzichtet werden sollte.
Quelle: A&W blog
- Trotz Milliardenhilfen vom Staat: Lufthansa baut bis Jahresende 29.000 Jobs ab
Als Folge der Corona-Pandemie hält die Lufthansa viele ihrer Flugzeuge am Boden. Nun hat das Unternehmen mitgeteilt, dass es massiv Arbeitsplätze abbauen wird – trotz der Milliardenhilfen vom Bund.
Bis zum Jahresende will die Lufthansa 29.000 Mitarbeiter entlassen, davon mehr als 20.000 im Ausland. Berichten zufolge bestätigte das eine Sprecherin der Airline am Sonntag. Demnach bleiben noch 109.000 Jobs übrig. Überdies sollen in Deutschland im kommenden Jahr weitere 10.000 Stellen abgebaut werden.
Zudem verkaufte das Unternehmen das Europageschäft der Catering-Tochter LSG mit 7.500 Stellen.
Ende September zählte die Fluggesellschaft noch rund 124.500 Mitarbeiter. Seitdem wurden massiv Stellen abgebaut. Lufthansa-Chef Carsten Spohr erklärte im November, dass im gesamten Konzern 27.000 Vollzeitstellen überflüssig geworden seien, da die Airline aufgrund der Krise dauerhaft schrumpfen werde.
Wie andere Flugunternehmen auch stürzte die Lufthansa in der Corona-Krise wirtschaftlich ab. Im laufenden Jahr machte die vom Staat gerettete Airline nach nur neun Monaten bereits einen Verlust von 5,6 Milliarden Euro. Eine Trendwende ist noch nicht in Sicht. (…)
Die Nachfrage nach Lufthansa-Flügen soll über Weihnachten und Silvester angestiegen sein. Buchungen für die Kanareninseln Teneriffa- und Fuerteventura sollen sich verdreifacht haben. Die Nachfrage nach Flugtickets nach Cancún in Mexiko und Kapstadt in Südafrika hätten sich vervierfacht, so die Sprecherin der Lufthansa.
Quelle: RT Deutsch
Anmerkung Christian Reimann: Offensichtlich rächt sich nun der Umstand, dass die Bundesregierung Steuergelder an Unternehmen vergibt, aber diese an keine Bedingungen wie etwa insbesondere die Sicherung von Arbeitsplätzen gebunden sind. Bitte lesen Sie dazu z.B. auch Staatsbeteiligungen: Klare Regeln erforderlich.
- ZU VIELE CORONA-TOTE – Sachsen-Kliniken mussten Leichen auslagern
Leichenkeller waren voll ++ Standesämter sollen Sterbeurkunden „zeitnah“ ausstellen.
Seit Tagen herrscht Ausnahmezustand in den Kliniken – vor allem in Ostsachsen. Im Landkreis Görlitz sind nahezu alle Intensivbetten belegt. Es gibt zu viele Corona-Patienten. Und zu viele Erkrankte sterben an oder mit dem Virus. Die Leichenkeller sind voll. So voll, dass Kliniken die Toten sogar auslagern mussten.
Quelle: BILD
Anmerkung Jens Berger: An dieser Stelle stand bis eben eine Anmerkung von mir, die die Zahl von 43 Toten pro Woche für Sachsen nennt. Diese Zahl stammt vom Dashboard des RKI und ist falsch. Richtig ist, dass in Sachsen vom 1. bis 7. Dezember 337 Menschen an oder mit Corona gestorben sind.
- Impfstoffe erlauben keine schnelle Rückkehr zur Normalität
Unklar ist auch, ob geimpfte Menschen das Virus nicht mehr übertragen, warnt Mertens. Bei Impfstoffen stehe die Vermeidung von Krankheit im Vordergrund. In der Regel erreichten sie keine ganz sterile Immunität. „Mit anderen Worten: Sie vermeiden nicht 100-prozentig die Infektion.“
Da in Deutschland über 20 Millionen Menschen zu diesen vulnerablen Gruppen zählen, werden aber sicher noch Monate vergehen, bis es soweit ist und Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen möglich werden. Etwa ein dreiviertel Jahr, vorausgesetzt, es können täglich 150.000 Menschen geimpft werden.
Wirklich vorbei wäre die Corona-Pandemie in Deutschland erst, wenn die sogenannte Herdenimmunität erreicht wäre, das heißt, wenn so viele Menschen immun sind, dass sich das Virus nicht mehr in der Bevölkerung ausbreiten kann. Berechnungen zufolge müssen dazu etwa 60 bis 70 Prozent der Bundesbürger immun sein gegen das neuartige Coronavirus. Dieses Ziel könnte bei Impfbeginn im Januar wohl frühestens Ende 2021 erreicht sein, schätzen Fachleute – aber auch nur, wenn wirklich alles optimal läuft.
STIKO-Chef Mertens betont deshalb, dass wir die Schutzmaßnahmen noch längere Zeit zusätzlich brauchen werden, damit die Infektionszahlen zumindest nicht exponentiell ansteigen. Seiner Ansicht nach ist die spannendere Frage, ob wir den nächsten Winter anders verleben werden als diesen Winter: „Vorher ist eh nichts los mit Herdenimmunität.“
Trotz vielversprechender Entwicklungen bei den Impfstoffen – der Kampf gegen die Corona-Pandemie wird uns allen wohl noch das ganze nächste Jahr allerhand abverlangen.
Quelle: Deutschlandfunk
- Corona-ImpfstoffImpfrisiken im Faktencheck
Mehrere Hersteller haben vielversprechende RNA-Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 vorgelegt, die jetzt auf Zulassung warten. Aber wie sieht es mit Nebenwirkungen aus? Und was bedeutet es, dass dem Körper dabei Bestandteile von Virus-Erbgut gespritzt werden?
Bislang gibt es keine Erfahrungen mit RNA-Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten. Der Impfstoffforscher Leif-Erik Sander von der Berliner Charité sagt, dass Autoimmunreaktionen des Körpers bei Impfungen grundsätzlich ein Problem sein können. Autoimmunreaktionen sind quasi Angriffe des Immunsystems gegen körpereigene Strukturen; der Körper greift sich selbst an, weil er körpereigene Strukturen für Fremdkörper hält, die er bekämpfen muss.
Dieses Phänomen kann auftreten, wenn bestimmte Virusproteine oder auch Bestandteile in bestimmten Impfstoffen zufällig eine sehr ähnliche molekulare Struktur haben wie ein körpereigener Rezeptor oder Ähnliches. Wenn jemand mit solchen ähnlichen Eiweißen geimpft wird, kann es passieren, dass das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen scharfgemacht wird. Der Körper greift dann nicht nur das Virus, sondern auch sich selber an. Das will man natürlich unbedingt vermeiden.
Kann man Autoimmun-Wechselwirkungen vorhersagen?
Leider nicht. Das kann man eigentlich nur durch klinische Studien mit sehr vielen Teilnehmern und sehr lange Beobachtungszeiträume herausfinden.
Man muss dazu sagen, dass solche Nebenwirkungen extrem selten sind. Bei der Schweinegrippe hat der Impfstoff Pandemrix bei Menschen mit einem sehr speziellen genetischen Merkmal zu Narkolepsie geführt, einer Art Schlafkrankheit. Bei etwa 60 Millionen weltweit verabreichten Impfstoffdosen gab es etwa 1.300 Fälle, in denen Menschen eine Narkolepsie entwickelt haben.
Das heißt, selbst wenn man 100.000 Menschen vorher getestet hätte, wäre diese Nebenwirkung möglicherweise nicht aufgefallen. Sie trat zudem zeitversetzt auf. Manche Menschen haben erst Jahre später einen Zusammenhang zwischen ihrer Müdigkeit und der Impfung hergestellt.
Quelle: Deutschlandfunk
Dazu: Hype um BioNTech-Impfstoff – über Risiken und Geld spricht man lieber nicht.
- Die Misere liberaler Gesellschaften
Paradoxerweise hat gerade die von den (Sozial-)Demokraten ins Werk gesetzte Bildungsoffensive, die die alten Klassengrenzen sprengen sollte, einem fatalen Prozess Vorschub geleistet. Der soziale Aufstieg führte über Schulen und Universitäten, was jahrzehntelang auch funktionierte: Aus früheren Arbeiterparteien sind längst Akademikerparteien geworden; erstere wurden sozusagen Opfer ihres eigenen Erfolgs. Es liegt im Wesen der Bildung, dass sie Selbstbestimmung und Individualismus fördert, dass der Leistungsgedanke und die Konkurrenz stärker in den Fokus rücken. Da bleiben Menschen außen vor; der emanzipatorische Ansatz wurde zum elitär-individualistischen. Herausgekommen sei dabei – so der US-amerikanische Philosoph Michael Sandel – eine übersteuerte Leistungsgesellschaft, die er „Tyrannei der Meritokratie“ nennt. …
In den USA hat dieser Prozess die tiefsten Spuren hinterlassen; die Clintons und die Obamas stehen als Absolventen von Eliteuniversitäten prototypisch für die US-amerikanische Meritokratie. Obamas häufig wiederholte, anspornend gemeinte Worte „you can make it if you try“ können, wenn Gründe für eigenes Versagen als Ausreden gelten, das Gegenteil bewirken. Und Hillary Clintons „basket of deplorables“ (Korb der Kläglichen) war im Wahlkampf 2016 eine Steilvorlage für Trump, der prompt „die wenig Gebildeten“ liebte; die erkannten sich in ihm wieder. Angesichts der sechs Millionen Stimmen mehr für Trump bei der gerade gelaufenen Wahl kann sein Sieg 2016 nicht mehr als „Wahlirrtum“ abgetan werden.
Aber auch hierzulande ist der Bildungserfolg weiterhin abhängig von Elternhaus und Postleitzahl und sorgt so für ungleiche Startchancen im Leben. Die individuellen Erfahrungen aus Bildung und Arbeit bleiben so gesellschaftlich höchst unterschiedlich; sie machen Bildungsgewinner arrogant und demütigen Verlierer, die eine Wertschätzung vermissen. Es ist klar, dass die (urbanen) Bildungseliten, an den Schalthebeln sitzend und die Welt nach ihren Vorstellungen gestaltend, ihre Privilegien hüten. So hat sich mit den Jahren eine Kluft aufgetan zwischen „Dazugehörigen“ und „Abgehängten“; jeweilige Identitäten verfestigen sich, nicht nur ökonomisch, sondern auch kulturell, habituell. Dazwischen Unverständnis und Ressentiments. Die „gemeinsame Geschichte“ von Ost und West wurde zum „Narrativ“ der einen; einem unverständliches Modewort für die anderen.
So sind liberale Gesellschaften nicht nur von „rechts“ bedroht, sondern paradoxerweise auch von „links-liberal“ – durch einen sich überschätzenden und überhöhten Individualismus. Eine Ideologie, die gesellschaftliche Konsensfindung erschwert, wenn nicht unmöglich macht. Das Individuum setzt immer schon Gesellschaft voraus; eine funktionierende, keine durch überbordende Ichbezogenheit zersplitterte. Vonnöten wäre eine Debatte darüber, wie eine nicht-gespaltene Gesellschaft aussehen könnte: Wie können individuelle Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte wieder mit denen von Kollektiven und Gruppen zusammengeführt werden? Nur eine Frage, eine andere aber auch: Wo blieben gesellschaftliche Differenzierungen wünschenswert und sogar notwendig, um gesellschaftliche Diskurse beleben und politische Debatten befördern zu können? Wobei nicht allein gebildeten Mitbürgern zuzuhören wäre …
Quelle: Das Blättchen
- Der «Krieg gegen den Terror» ist zur politischen Droge geworden
Die Tagespresse richtet mit der grossen Kelle an, sie ist in ihrem Wesen bekanntlich ein Durchlauferhitzer. Mit dieser Feststellung könnte man die Aufregung um den Vorfall in Lugano abhaken. Die Sache ist aber nur Symptom eines viel tiefer greifenden Übels. Der Eifer, mit dem manche Journalisten seit Jahren «terroristischen Netzwerken» in der Schweiz nachspüren, hat etwas von Besessenheit. Und diese Obsession ist Teil einer Angst-Maschine, die seit 9/11 äusserst wirkungsvoll funktioniert. Die Terror-Dystopie ist eine durchschlagend erfolgreiche, massenpsychologische Kreation der Neo-Konservativen in den USA und in Israel. Sie erfanden die Erzählung, nach dem Anschlag von 9/11 gelte es, einen neuen Weltkrieg gegen den islamistischen Terror zu führen.
Der Mythos, der Westen befände sich in einem «Krieg gegen den Terror», hat sich seitdem wie ein Virus der Herzen und Hirne der Menschen bemächtigt. Die Terrorangst ist reflexartig abrufbar. Nach dem September 2001 gelang es Strategen wie Dick Cheney, Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz, Richard Perle und Robert Kagan, politische Entscheidungsträger im Westen davon zu überzeugen, man befände sich in einem «Kampf der Kulturen», der mit militärischen Mitteln ausgetragen werden müsse. Die Rolle des Westens sei es, seine Hegemonie unter Führung der USA durchzusetzen, wo nötig mit Waffengewalt und Überwachung der eigenen Bürger. Es gehe um nichts Geringeres als den Sieg von Freiheit und Demokratie. Das nannte sich «Project for the New American Century» (PNAC). Aus Politik wurde Kriegspolitik, die Terror-Psychose war ihre Grundlage, und dieser Mechanismus wirkt bis heute in vielen Köpfen.
Richard Perle ging so weit, zu prophezeien, mit dem Sieg im Irakkrieg, werde die «Schwatzbude» der UNO ihre Bedeutung verlieren. Es werde künftig nicht mehr der UN-Sicherheitsrat sein, welcher die Autorität habe, militärische Interventionen zu autorisieren. (Perle: United they fall. 22.3.2003 im britischen Spectator).
2003 kam die Mannschaft um Präsident George W.Bush, Vize Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld indessen nicht daran vorbei, die UNO und die Weltöffentlichkeit hinters Licht zu führen. Die Behauptungen, Saddam Hussein bedrohe den Westen mit ABC-Waffen, sei mit Al Kaida verbündet und folglich Komplize bei den Anschlägen von 9/11, erwiesen sich erst als Fake, als die ersten hunderttausend Iraker und Irakerinnen schon unter den Bomben umgekommen waren.
Das Unbegreifliche an der Geschichte ist, dass das politische Establishment zwar zähneknirschend einsah, im Irak-Krieg von Washington belogen worden zu sein, die Begründung für den Afghanistan-Krieg aber nie in Frage stellte. In westlichen Medien gilt bis heute die Sprachregelung, die USA seien in Afghanistan einmarschiert, weil die Taliban Osama Bin Laden schützten und weil dieser der Drahtzieher von 9/11 sei. Nach den Erfahrungen des Irak-Krieges, des Libyen-Krieges (der als «Durchsetzung einer Flugverbotszone» verkauft wurde) und des Syrien-Krieges gehört eine grosse Portion Naivität dazu, die Afghanistan-Story immer noch so zu schlucken, wie sie von 9/11 an von der Regierung Bush unters Volk gebracht wurde. Man glaubt Pinocchio aufs Wort, während man zusieht wie die Nase immer länger wird.
Quelle: infosperber
- Querdenker haben einen grünen, akademischen Hintergrund
Die Querdenker sind von ihrem Ursprung her keine rechte Bewegung ungebildeter Massen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Basler Soziologen Oliver Nachtwey mit dem Titel “Politische Soziologie der Corona-Proteste”, deren Hauptaussagen am 4. Dezember in der FAZ veröffentlicht wurden.
“Es ist eine Bewegung, die mehr von links kommt, aber stärker nach rechts geht, sie ist jedoch enorm widersprüchlich.”
Von ihrer Sozialstruktur “handelt es sich um eine relativ alte und relativ akademische Bewegung”: “Das Durchschnittsalter beträgt 47 Jahre, 31 Prozent haben Abitur, 34 Prozent einen Studienabschuss, der Anteil Selbständiger ist deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung.”
Für die Untersuchung wurden Fragebögen-Befragungen von 1.150 Teilnehmern in Querdenker-Telegram-Gruppen durchgeführt. Die Studie erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität. Zusätzlich wurden als Methoden ethnografische Beobachtungen auf Protestaktionen der Querdenker-Bewegung sowie Dokumentenanalysen eingesetzt.
Für eine Einschätzung der politischen Positionierung wurden die Teilnehmer nach ihrem Wahlverhalten befragt. Von den Teilnehmern haben bei der letzten Bundestagswahl
- 21 Prozent die Grünen gewählt
- 17 Prozent die Linke gewählt
- 14 Prozent die AfD gewählt
Die Bewegung nach rechts zeige sich daran, dass “bei der nächsten Bundestagswahl […] nun aber 30 Prozent der AfD ihre Stimme geben” wollen.
Quelle: RT Deutsch
- Links liegen lassen
Alles spricht dafür, sich für ein linkes Alternativangebot zu entscheiden. Seit Beginn der Pandemie hat sich die Ungleichheit verschärft; Reiche wurden reicher, Arme fristen ihr Dasein weiter in Armut. Die Demokratie kommt – gelinde und freundlich gesagt – an Grenzen. Das Parlament ist weitestgehend kaltgestellt, diverse Maßnahmen wirken willkürlich und Kritik am Kurs wird pathologisiert. Das wäre der Moment gewesen, in dem Die Linke sich ins Spiel hätte bringen können. Hat sie aber nicht. Nicht erst seit Corona darbt die Partei. Die Krise hat das nochmals drastisch offenbart.
Die Linke stagniert seit Jahren. Sie hat ihr Potenzial nie entfaltet. Als sie vor anderthalb Dekaden startete, der Medienbetrieb den politischen Linksruck innerhalb der deutschen Politszene kritisierte und beeinflusste, wurden die Bürger gefragt, ob sie sich denn vorstellen könnten, so eine potenzielle Linkspartei zu wählen. Knapp über 20 Prozent sagten Ja. So kam es letztlich nie. Und dass, obgleich in den Anfangsjahren sogar noch linke Wirtschaftspolitik gefordert wurde – das hat sich zuletzt sehr in den Hintergrund verabschiedet. Heute zählen andere Themen mehr.
Das sieht man am besten an der Personalie Wagenknecht. Bis heute definiert die Frau ihre Partei als potenzielle Gestalterin linker Wirtschaftspolitik – Genderismus oder politische Korrektheitsansprüche sind nicht ihr Thema. Sie wusste stets, was die Bürger antreibt, welche Sorgen sie plagen. Das Thema Zuwanderung, das ja implizit Menschen aus den unteren sozialen Schichten zusetzte, ohnehin schlecht entlohnte Arbeitsplätze verknappte oder Stadtviertel in die Enge trieb, trieb sie dementsprechend auch um. Dafür erntete sie eine Torte im Gesicht und die Stigmatisierung als rechte Hetzerin.
In Wagenknechts Partei sorgt man sich in diesen Tagen um Vieles. Es ist fast so, als sei sie im antifaschistischen Dauerzustand, stets herabschauend auf das Wahlvolk, das falsche Alternativen wählt, nebenher stark mit Identitätsthemen beschäftigt. Die Partei ist zu einem seichten Sektiererwesen mutiert. Als Wagenknecht mit »Aufstehen« den Kurs regulieren wollte, scheiterte das nicht am fehlenden Zuspruch. Viele wollten ja mitwirken. Aber eben auch viele, die gleich klarmachten, wie »Aufstehen« auszusehen habe: Antikapitalistisch, antipatriachal, antirassistisch und antimilitaristisch nämlich.
Quelle: Neulandrebellen
- Hinterwäldler, Clowns und Parasiten
Mit der Netflix-Verfilmung von J. D. Vances Bestseller »Hillbilly Elegy« rückt einmal mehr die Unterschicht in den Blickpunkt. Doch wie schon in den Filmen »Parasite« und »Joker« erscheint auch hier die vielbeschworene Rückkehr des Themas Klasse zwiespältig.
Der Film mit seiner heterogenen Mischung aus trotzigem Klassenstolz, Feier der einfachen Leute, Anklage der Umstände und Beschwörung des amerikanischen Traums ist zwar alles andere als gelungen – in seinen Widersprüchen bildet er aber die Ambivalenz des neuen, ideologisch zwiespältigen Interesses des Kinos an der Unterschicht ab. Die zugunsten von race und gender vernachlässigte Kategorie class kehrte in den vergangenen Jahren mit Macht zurück in Literatur und Film.
Der Beginn der Entwicklung lässt sich auf das Jahr 2016 datieren. Das Votum der Briten für den EU-Austritt und die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA zeigte, dass eine sich abgehängt fühlende weiße Unterschicht mit ihrem Frust über die sogenannten Eliten Wahlen entscheiden konnte.
Im selben Jahr erschien »Hillbilly Elegy« auf dem US-amerikanischen Buchmarkt. Darin schildert der Unternehmer James David Vance seine Kindheit in einer zerrütteten Familie in Middleton, einer vom wirtschaftlichen Niedergang geprägten Industriestadt im Bundesstaat Ohio, und seinen Absprung nach Yale. Aus den Appalachen waren seine Vorfahren einst in die Gegend um Middleton gekommen, um in den großen Stahlfabriken zu arbeiten. Das Buch, so der Tenor der Kritik, könne helfen zu erklären, warum das Arbeitermilieu im nordöstlichen Rust Belt, einer traditionell demokratisch wählenden Gegend, einen rechtspopulistischen Kandidaten unterstützte.
Das Trump zugeneigte Lager feierte »Hillbilly Elegy«. »Endlich sagt mal jemand die Wahrheit über die Elite, die tüchtige weiße Arbeiter verraten hat«, hieß es. Dabei wurde offenbar übersehen, dass Vance nicht die liberale Politik der Demokraten, sondern vor allem die Mentalität der Hillbillys für die Verelendung der Familien verantwortlich macht. Ihnen attestierte er fehlenden Bildungseifer und eine mangelnde Bereitschaft, sich an die Erfordernisse der Wirtschaft anzupassen.
»Du musst entscheiden!« sagt auch im Film Vances Oma, die ihren Enkel zum sozialen Aufstieg ermutigt. Auch wenn der Film in einer Dinnerszene an einem Elite-College zeigt, wie sich die Oberschicht mit ihrer Tischetikette gegen »Eindringlinge« aus der Unterschicht wehrt, ignoriert Vance in seinem Buch den Klassenaspekt. Er inszeniert sich als verarmter Nachkomme schottisch-irischer Einwanderer, die im protestantischen Amerika diskriminiert wurden.
Die Debatten über die Ursachen des Rechtspopulismus beschäftigen das Kino und die Filmkritik immer wieder. 2016 gewann Ken Loach bei den Filmfestspielen in Cannes die Goldene Palme mit seinem sozialkritischen Film »Ich, Daniel Blake« über einen alternden Zimmermann, der nach einem Herzinfarkt zwischen Arbeits- und Sozialamt zerrieben wird. Nebenbei versucht der Protagonist, eine schwarze Bekannte vor der Prostitution zu bewahren. Es geht Loach nicht um die Artikulation eines rein weißen Arbeiterfrusts, sondern um die Solidarität der Armen jenseits ethnischer Grenzen. »Ich, Daniel Blake« ist ein deftiges Stück Linkspopulismus, lässt sich mit seiner plakativen Bürokratiekritik aber auch als Pro-Brexit-Film verstehen.
Quelle: jungle world
- Die Wende in der Wende – und die BRD-Medien
Im Herbst 1989 gingen Menschen für eine reformierte DDR auf die Straße – und haben wenig später doch die schnelle Einheit gewählt. Wie kam es zu diesem Sinneswandel? Gabriel Wonn hat in seiner Masterarbeit die Westmedien untersucht und beschreibt ein politisches Ringen, bei dem die heute bekannte Lösung der deutschen Frage von wichtigen Meinungsführern bewusst forciert wurde. …. Gabriel Wonn hat die Berichterstattung von Bild, Süddeutscher Zeitung, Spiegel und Tagesschau zwischen dem 9. Oktober 1989 und der Volkskammerwahl vom 18. März 1990 untersucht. Als Vergleichsgrößen dienten Beiträge aus den DDR-Blättern Neues Deutschland und Berliner Zeitung.
Die Studie zeigt: Der Reformdiskurs konnte sich sehr schnell nicht mehr gegen den rasant wachsenden Vereinigungsdiskurs behaupten. Dieser Vereinigungsdiskurs wiederum bestand aus zwei Strängen. Auf der einen Seite standen diejenigen, die eine neue (gesamtdeutsche) Verfassung wollten und auf Rationalität setzten. Auf der anderen Seite ging es um Emotionalität und um einen Anschluss in Eile. Vor allem die BILD-Zeitung, aber auch renommierte Journalisten wie Spiegel-Gründer Rudolf Augstein erzeugten dabei einen Sog, in dem jeder zum Feind wurde, der die Einheit nach westdeutschem Vorbild zögerlich oder gar kritisch betrachtete. Zu diesem Sog gehörte das Versprechen, einen schnellen Weg ins Paradies zu kennen.
Quelle1: Hypotheses
Quelle2: Die Masterarbeit