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Titel: Nachtrag zu „Beutezug Ost – Die Treuhand und die Abwicklung der DDR“

Datum: 16. September 2010 um 9:38 Uhr
Rubrik: Arbeitslosigkeit, Medien und Medienanalyse, Strategien der Meinungsmache
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Zu diesem Beitrag erreichten uns viel Mails. Wenn Sie die Aufarbeitung dieser Vorgänge auch für wichtig halten, dann arrangieren Sie vielleicht Gesprächsrunden zum Thema und führen dort das Video von Frontal 21 vor. Hier noch einmal die Quellen: ZDF und ZDF [Video] .
Eine NDS-Leserin unterstützt dies mit folgendem Hinweis:
“Der Beitrag des ZDF ist auch schon auf einem Videoportal aufgetaucht. In der Mediathek wird er ja in 7 Wochen wieder verschwinden. Vielleicht können Sie ja den Beitrag auch verlinken. Der Beitrag ist so wichtig, der darf nicht wieder einfach so verschwinden“. Albrecht Müller.

Der Auftritt des früheren Bundesfinanzministers Waigel lässt übrigens erkennen, dass nicht nur Dummheit, sondern auch Absicht hinter der Leichtfertigkeit steckte, mit der man Betriebe im Osten massiv schrumpfen oder eingehen ließ. Die These, dass nahezu alle Betriebe und damit die gesamte DDR-Wirtschaft marode war, sowie die tatsächliche Abwicklung der Betriebe, war wichtig, um die Unterlegenheit des vom Westen überwundenen Systems auch in der Alltagserfahrung der betrieblichen Arbeit und der dann folgenden Arbeitslosigkeit spüren zu lassen. Diese Erfahrung hat zugleich die Fortführung des von der damaligen schwarz-gelben Koalition schon vor der Wende betriebenen Sozialabbaus erleichtert. Die demonstrierte Systemüberlegenheit war und ist eine wichtige Unterfütterung der neoliberal geprägte Politik von damals bis heute. Die Arbeitslosigkeit und die schlechtere berufliche Perspektive der betroffenen Menschen sind sozusagen der Kollateralschaden der betriebenen Meinungsbildung.

Der Europa-Abgeordnete und Bürgerrechtler Werner Schulz übt zurecht heftige Kritik an den Vorgängen. Er nennt sie das „größte Betrugskapitel“, was es in der deutschen Wirtschaft gibt. Das mag tendenziell richtig sein. Aber ich kann nicht verhehlen, dass ich als westlicher Bundestagsabgeordneter, der wegen der arbeitsplatzvernichtenden Wirkung des Umrechnungskurses der Währungsunion nicht zustimmte, fragen muss, wo die Stimmen des Werner Schulz und anderer damals geblieben sind. (Er war von 1990 bis 2005 Mitglied des Bundestages.) Es gab auch unter den Bürgerrechtlern des Ostens kaum jemanden, der die Zerstörungsstrategie der westlichen Politiker und Wirtschaftsleute durchschaute – in Anlehnung an Naomi Klein könnte man auch von Schock-Strategie sprechen.

Im Schock und Freudentaumel der Wende war die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR ziemlich geblendet. Sie haben sich der westlichen Propaganda für diese Art von Währungsumstellung einschließlich des dargebotenen Kurses mit Freuden hingegeben, ohne zu bedenken, was dies für ihre Betriebe bedeutet. Sie waren recht leichte Opfer der laufenden Propaganda. Ich habe das im Wahlkampf für die Volkskammerwahl vom 18. März 1990 persönlich erleben „dürfen“. Westdeutsche Abgeordnete der SPD und westdeutsche regionale Parteigliederungen halfen damals beim Wahlkampf. Die südpfälzische SPD, deren Vorsitzender ich war, hatte die Patenschaft für Gemeinden im Kreis Strausberg übernommen. Das war wegen der vielen Angehörigen der Nationalen Volksarmee eine aparte Region für einen solchen Einsatz. Eines Abends hatte ich eine Rede in Hennickendorf (östlich von Berlin) zu halten. Ich warb wie stets bei solchen Ansprachen für einen arbeitsplatzfreundlicheren Umrechnungskurs. Da meldete sich ein Zuhörer zu Wort: Ich könne sagen, was ich wolle, entscheidend sei, das Kanzler Kohl die D-Mark bringe. – Tosender Applaus. Das war’s dann auch.
Ich habe diese harmlose Geschichte erzählt, weil ich damit wie schon des Öfteren anregen will, die Propagandaschlachten im Umfeld der deutschen Vereinigung kritisch zu analysieren. Es liegt noch viel zu viel im Dunkel.


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