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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 29. Oktober 2020 um 8:26 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Der Lockdown-Light atmet einen undemokratischen Geist
  2. “Ein pauschaler Lockdown ist weder zielführend noch verhältnismäßig”
  3. Lockdown: Fürther Stadtspitze in Sorge um die Gastronomie
  4. Die Stigmatisierung von Gastro und Kultur ist eine Bankrotterklärung der Corona-Politik
  5. „Wir werden sehr viele Kinder und Jugendliche verlieren“
  6. Das Corona-Dilemma
  7. Corona-Pandemie: Wären weniger Krankenhäuser besser?
  8. Corona-Pandemie: Ärzte warnen vor dramatischem Mangel an Pflegekräften
  9. Corona-Krise: Einkommenseinbruch von 45 Prozent außerhalb der OECD
  10. In vier Schritten auf 10,45 Euro: Kabinett beschließt höheren Mindestlohn
  11. Feigenblätter in Reserve
  12. „Wir lehnen die Doppelstandards gegenüber Russland ab“ – im Gespräch mit Alexander Neu
  13. Deutschlands operative Mittelmeer-Initiative
  14. Vom Mythos der Reife
  15. Das Unterdrücken kritischer Inhalte hat System
  16. Das Letzte: Neue Corona-Beschränkungen: Zeit für filigrane Diskussionen gibt es nicht mehr

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Der Lockdown-Light atmet einen undemokratischen Geist
    Auch in einer Pandemie muss der Staat Interessen abwägen. Dabei versagt die Regierung derzeit. Teile der Maßnahmen sind rechtswidrig. Ein Gastbeitrag. Wolfgang Kubicki
    Beginnen wir mit einem großen Wort: Das nun zwischen der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten vereinbarte Maßnahmenpaket zur Corona-Bekämpfung atmet undemokratischen und anti-rechtsstaatlichen Geist. Zunächst ignorieren die Beschlüsse die Entscheidungen diverser Oberverwaltungsgerichte zum Beherbergungsverbot der vergangenen Tage.
    Die Gerichte in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und anderswo befanden das Verbot für evident verfassungswidrig, weshalb es dort jeweils für nichtig erklärt wurde.
    Die Runde der Regierungschefs missachtete diese Entscheidungen und setzte sich einfach darüber hinweg – und damit über die Gewaltenteilung. Die Frage drängt sich auf: Welches Denken verbirgt sich hinter dem Handeln der Exekutive, die sich nicht mehr an Recht und Gesetz gebunden fühlt? […]
    Deshalb ist die Aufgabe des Staates immer eine Frage der vernünftigen Abwägung – auch zwischen Freiheitsrechten und Lebensschutz. Eine Maßnahme wäre dabei etwa, den Bewohnerinnen und Bewohnern in Altenheimen sowie deren Besuchern FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen, damit mit einem relativ kleinen Freiheitseingriff möglichst viele Kontakte wieder ermöglicht werden.
    Die Bundesregierung erklärt uns, dass dieser erneute Lockdown ein lohnenswertes Ziel habe: Weihnachten unter besseren Bedingungen, wenn wir jetzt diszipliniert mit der Virus-Gefahr umgehen. Die Frage stellt sich jedoch: Wer garantiert uns, dass das Infektionsgeschehen zu den Festtagen wieder Lockerungen erlaubt?
    Die Kanzlerin weiß, dass dies niemand garantieren kann – und dass Weihnachten dann ohne Kontaktbeschränkungen möglich sein wird, glaubt sie sicherlich auch nicht. Vielmehr bekommen viele Menschen den Eindruck, dass sie ihr Verhalten nicht mehr an Recht und Gesetz messen sollen, sondern in den moralischen Kategorien des Bundeskanzleramtes – die über dem Gesetz stehen.
    Für die Akzeptanz unserer Rechtsordnung stehen offensichtlich schwere Zeiten an. Es bedarf mehr Demokraten, die sich für sie in die Bresche schlagen.
    Quelle: Wolfgang Kubicki im Tagesspiegel

    Anmerkung Albrecht Müller: Sehr lesenswert und einschlägig.

    Anmerkung JK: Hier muss man Wolfgang Kubicki vorbehaltlos zustimmen. Wir befinden uns nun mitten im autoritären Corona-Regime, denn nicht nur die Legislative ist durch die Regierung per Notverordnung kaltgestellt, mit den heutigen Beschlüssen setzen sich die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten, wie Kubicki völlig richtig anmerkt, auch über die Judikative hinweg, die eben die Beherbergungsverbote, die nun wieder Bestandteil der Repressionsmaßnahmen sind, für rechtswidrig erklärt hat. Hinzu kommt, dass aller Wahrscheinlichkeit nach, der erneute Lockdown im Kanzleramt längst beschlossene Sache war und nun durch die Ministerpräsidenten nur noch abgenickt wurde.

    dazu: Hilflosigkeit
    „Es gibt nichts drum herum zu reden, die Situation ist besorgniserregend“, sagt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (Quelle: HAZ). Die bisherigen Maßnahmen hätten „keinerlei Bremsspuren“ bei den Infektionen gezeigt. „Wir müssen das Ansteckungsrisiko noch weiter absenken und deshalb den Menschen wohl weitere Einschränkungen zumuten.“ Mit anderen Worten: Die bisherigen Maßnahmen, die die Landesregierung allein ohne das Parlament beschlossen hat und die Gerichte zum Teil als rechtswidrig zurückgewiesen haben, sind wirkungslos. Als Lösung wird präsentiert, die Dosis dessen, was nicht wirkt und vermutlich auch weiterhin rechtswidrig ist, einfach zu erhöhen. Das klingt nicht gerade nach einer plausiblen Strategie, sondern eher nach Hilflosigkeit.
    Ohne die aktuellen Infektionszahlen des RKI, ist es weitgehend still. Das hat man heute wieder gesehen, da es einmal mehr technische Probleme bei der Aufbereitung der übermittelten Daten gab. Die Schlagzeilomaten schweigen daher zunächst, was auch eine Form von Hilflosigkeit ist. Zwar wird seit Wochen erklärt, man müsse viel sorgsamer bei der Interpretation sein und nicht allein auf die Höhe der Neuinfektionen starren, doch gemacht wird es trotzdem, um eine ebenso steigende Nachfrage nach Alarmismus zu bedienen, hinter die eine klassische, einordnende Nachrichtenauswahl zurückzutreten hat. (…)
    Die Corona-Strategie erzeugt Fehler, siehe aktuell hier und hier. Auch das wird immer klarer. Der Ansatz, alle Kontakte nachverfolgen zu müssen, ist deshalb falsch, da logistisch nicht leistbar und medizinisch auch fragwürdig. Der Schutz der Risikogruppen lässt sich auf diese Weise eben nicht bewerkstelligen, was mittlerweile auch der Podcast-Virologe des NDR erkannt hat. Man kann nicht alle Infektionen verhindern und es ist auch gar nicht nötig, wenn es auf der anderen Seite gelingt, die Risikogruppen besser zu schützen. Dafür muss der Regierung aber mehr einfallen, als AHA+L+irgendwas und willkürlich festgelegte Inzidenzwerte, die Karten bedrohlich rot einfärben und Landkreise automatisch zu Risikogebieten erklären. Es hat auch wenig Sinn, immer mehr Verbote für den öffentlichen Raum zu erlassen und sich dann darüber zu wundern, dass das Private zum schwer kontrollierbaren Hotspot wird.
    Gegen die Hilflosigkeit der Regierenden gibt es ein Mittel. Es heißt Demokratie. Die Parlamente müssen mitreden und entscheiden, auch aus Gründen der Rechtssicherheit. Denn vor Gericht scheitert die Verordnungspraxis ja auch deshalb immer häufiger, weil der Verordnungsgeber nicht mehr in der Lage ist, nachvollziehbare Begründungen für seine Beschlüsse abzugeben. Wenn eine Regierung ihr Handwerk nicht mehr beherrscht, ist es dringend an der Zeit, dass das Parlament die Kontrolle zurückerhält und auch andere Experten hört, als die, die der Kanzlerin gerade in den Kram passen. Alternative Vorschläge gibt es ja. Nur muss man sie auch zulassen und diskutieren, statt sie durch eine hilflose Einleitung, die die Zahl der Neuinfektionen erneut ganz nach vorne stellt, gleich wieder zu entwerten.
    Quelle: TauBlog

  2. “Ein pauschaler Lockdown ist weder zielführend noch verhältnismäßig”
    In einem gemeinsamen Positionspapier fordern mehrere Wissenschaftler, Ärzte und Verbände eine neue Strategie in der Corona-Pandemie. Es sei an der Zeit, die gewonnenen Erkenntnisse stärker zu berücksichtigen, heißt es in der “Gemeinsamen Position von Ärzteschaft und Wissenschaft”, die federführend von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie von den Virologen Hendrik Streeck von der Universität Bonn und Jonas Schmidt-Chanasit von der Universität Hamburg formuliert wurde. Unterstützt wird das Papier von zahlreichen ärztlichen Berufsverbänden, darunter dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen – also den Vertretungen praktizierender Ärzte. Wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaften finden sich dagegen kaum unter den Unterzeichnern.
    Quelle: Süddeutsche
  3. Lockdown: Fürther Stadtspitze in Sorge um die Gastronomie
    OB Jung hält Maßnahme für unverhältnismäßig, Wirtschaftsreferent Müller befürchtet viele Pleiten
    FÜRTH – Die Fürther Stadtspitze kann die Entscheidung der Bund-Länder-Konferenz, ab dem 2. November einen bundesweiten, einmonatigen Lockdown für die Gastronomie zu verhängen, nicht nachvollziehen. Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) betonte am Mittwochnachmittag beim Lagebericht im Stadtrat, den die Grünen beantragt hatten, dass man doch das “lokale Geschehen nicht ignorieren” dürfe.
    Das aber sieht so aus: Auf der Intensivstation des Klinikums, sagte Jung, liege kein einziger Covid-19-Patient. Auf den Normalstationen seien es neun, die aber wegen anderer Krankheiten behandelt werden – dass sie mit Corona infiziert sind, sei bei Routinetests festgestellt worden. Zudem fiel am Mittwoch die offizielle Fallzahl, die das Robert-Koch-Institut für Fürth vermeldete, wieder auf 47,5 – also aus dem roten in den gelben Bereich.
    Jung erwartet bei einem Lockdown gravierende Folgen für die Gastronomie. Nicht anders Wirtschaftsreferent Horst Müller (CSU): “Ich halte die Maßnahmen nicht für angemessen.” Er befürchtet gar, dass über ein Drittel der Betriebe nicht überleben werde. Was die Unterstützung durch die Stadt betrifft: “Wir werden sicherlich nachlegen.”
    Aber: Einen kompletten Shutdown könne man nicht auffangen. Felix Geismann, Grünen-Stadtrat und selbst Gastronom, nannte den Lockdown “grotesk”. Es gebe keine Zahlen, die ihn rechtfertigen würden.
    Quelle: Nordbayern

    Anmerkung Albrecht Müller: Bitte diesen Artikel weiterverbreiten. Die Anmerkungen der Kommunalpolitiker von Fürth sagen alles Wesentliche über die Unvernunft der Regierungsbeschlüsse vom 28.10.

    dazu: Berchtesgaden beweist, dass Lockdowns nichts bringen: also machen wir das jetzt in ganz Deutschland
    Am Tag vor dem Lockdown war die 7-Tage-PCR-Inzidenz auf den deutschen Rekordwert von 272 je 100.000 Einwohner gestiegen. Heute meldete das Landratsamt einen Wert von 324. Ein Anstieg um 19 Prozent während 8 Tagen Lockdown.
    Ich schreibe von PCR-Inzidenz und nicht von Infektionen, weil nach einer früheren Meldung des Landratsamts ein Drittel der Menschen mit positiven PCR-Test symptomfrei war, Dann spricht man nach gängiger Definition nicht von einer Infektion.
    Aber dass der Lockdown nichts bringt, scheint keine Rolle zu spielen. Trotz starker Indizien für Untauglichkeit wurde heute von der Bundesregierung und den Ländern (ohne Beteiligung der Parlamente) ein Lockdown beschlossen, und zwar, weil die 7-Tage-PCR-Inzidenz das befiehlt.
    Am gleichen Tag wird das beschlossen, an dem öffentlich wird, dass durch Laborfehler offenbar massenhaft falsch-positive Testergebnisse produziert werden, durch die viele Menschen und vielleicht ganz Landstriche unnötig in Quarantäne geschickt werden. […]
    Die Zahlen müssen sinken, damit die Menschen sich wieder frei bewegen dürfen. Welche Zahlen? Nicht die ohnehin schon nicht hohen Zahlen der Hospitalisierten. Nein. Es geht nur um die positiven PCR-Tests. Der Gott PCR wird im Landratsamt Berchtesgadener Land ebenso wie in Berlin angebetet, unter völliger Hintanstellung von Sinn und Verstand.
    Quelle: Norbert Häring

  4. Die Stigmatisierung von Gastro und Kultur ist eine Bankrotterklärung der Corona-Politik
    Die Bundesregierung will der zweiten Corona-Welle mit harten Maßnahmen begegnen. Dabei hat sie offenbar verstärkt die Gastronomie und die Veranstaltungsbranche im Visier. Das sollte sich bloß nicht bewahrheiten, findet unser Autor.
    Die Taktik ist so billig, dass sie fast nur noch als primitiv zu bezeichnen ist. Mit dem sogenannten “Lockdown light”, für den Kanzlerin Angela Merkel laut einem Medienbericht am Mittwoch bei den Ministerpräsidenten werben wird, will das Kanzleramt “vor allem bei Gastronomie und Veranstaltungen hart vorgehen”.
    Da stellt sich nach von Sperrstunden, Obergrenzen und Auftrittsverboten geprägten Monaten einerseits natürlich die Frage: noch härter? Andererseits offenbart sich der bisher blindeste Fleck der Politik in dieser Pandemie endgültig in voller Blüte: Die Ignoranz gegenüber Gastro- und Eventbranche, und damit vor allem gegenüber kleinen Betrieben und Soloselbstständigen in diesen Bereichen, konnte schon seit März kaum größer sein. Aber jetzt könnte sie zusätzlich als politische Nebelkerze instrumentalisiert werden, um von der eigenen Hilflosigkeit abzulenken. Und nicht nur deshalb sollten derartige Beschlüsse nun nicht zu Ungunsten dieser gebeutelten Branchen gefasst werden.
    Quelle: Stern Online
  5. „Wir werden sehr viele Kinder und Jugendliche verlieren“
    Das Deutsche Kinderhilfswerk schlägt Alarm: Wegen der Pandemie liegen Hilfsangebote für Kinder und Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen brach. Der Kontakt zu ihnen drohe dauerhaft abzubrechen.
    Die Rückmeldungen, die das Deutsche Kinderhilfswerk jüngst bei einer Schaltkonferenz mit Trägern der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu Protokoll nahm, waren dramatisch. Zu einer drastischen Einschränkung des Angebots hätten die Corona-bedingten Abstands- und Hygieneregeln geführt, klagten die Träger.
    Nur zwölf Kinder gleichzeitig dürften derzeit an Nachmittagsbetreuung und Hausaufgabenhilfe teilnehmen. Die anderen müsse man notgedrungen wegschicken – und Kinder, die wiederholt abgewiesen werden, sehe man anschließend womöglich nie wieder.
    Quelle: Welt Online
  6. Das Corona-Dilemma
    Man könnte auch sagen, die beiden Seiten des Corona-Dilemmas sind Folge einer verfehlten Pandemievorbereitung. So jedenfalls lautet das Fazit einer von der Regierung 2013 in Auftrag gegebenen Studie des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz, in dem das heutige Szenario bereits durchgespielt wurde. Und das ist nur eine freundliche Umschreibung für die Ökonomie des Schrumpfens und Privatisierens, die seit Jahrzehnten in allen systemrelevanten Bereichen vorherrscht.
    Die Opfer, die die klandestine Tafelrunde um Merkel unter Ausschaltung des Parlaments den Bürger*innen abfordern wird, sind versüßt mit der Aussicht auf ein beschränkungsfreies Weihnachten. Unterm Baum werden ein paar Nothilfegaben liegen. Spätestens dann sollten wir entscheiden, ob wir den permanenten Ausnahmezustand weiter dulden.
    Quelle: der Freitag
  7. Corona-Pandemie: Wären weniger Krankenhäuser besser?
    • Krankenhäuser gibt es genug – was fehlt, ist das Personal
    • Experten raten zu weiterer Konzentration von Krankenhäusern
    • Vorteil wäre größere Spezialisierung und bessere Verteilung von Personal

    Rund 30 Prozent der Krankenhäuser haben 70 Prozent der Covid-19-Patienten behandelt, das ergeben Auswertungen von AOK und Techniker Krankenkasse. Meist waren das größere Krankenhäuser, die auf Intensivmedizin spezialisiert sind.
    Deutschland hat mit Beginn der Pandemie die Zahl der Intensivbetten aufgestockt. Nach Angaben des DIVI-Intensivregisters gibt es bundesweit rund 30.000 Intensivbetten – das sind im Verhältnis zur Bevölkerungszahl so viele wie in kaum einem anderen Land.
    Quelle: plusminus

    Anmerkung unseres Lesers G.R.: So geht das: Man muss nur die “richtigen” Experten befragen, dann kommt auch das entsprechende Ergebnis dabei raus. Komisch nur, dass zwei Experten aus dem Gesundheitsmanagement kommen und es bei den Autoren des Beitrages nicht klingelt. Und es klingelt immer noch nicht, als eine Studie des wirtschaftsnahen RWI Leibniz Institutes zitiert wird. Ein ganz besondere Coup gelingt einem dann noch, wenn ein Experte von der vermeintlichen Gegenseite (hier Gerald Gaß, Deutsche Krankenhausgesellschaft) auf denselben Zug aufspringt. Der Tenor dann kann doch nur sein: Krankenhäuser schließen. Es bedankt sich eifrig für die genehme Berichterstattung: die Bertelsmann-Stiftung.

    Dabei gibt es natürlich auch Experten, die das ganz anders sehen, wie hier, hier, hier oder hier und zu guter Letzt auch noch hier.

  8. Corona-Pandemie: Ärzte warnen vor dramatischem Mangel an Pflegekräften
    Fehlendes Personal wird laut Ärzten zum Hauptproblem in der Corona-Krise. Für die Intensivpflege von Covid-19-Patienten seien Tausende zusätzliche Fachkräfte nötig.
    Der Mangel an Pflegepersonal in deutschen Krankenhäusern entwickelt sich nach Ansicht von Ärztevertreterinnen und Kliniken zu einem zentralen Problem bei der Versorgung von Covid-19-Patienten. Viele der Zusatzbetten, die in der Pandemie in den Kliniken geschaffen worden seien, könnten “nicht belegt werden, weil das Personal zur Versorgung der Patienten fehlt”, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Uwe Janssens, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
    Er beklagte einen “dramatischen Mangel an Pflegekräften”. Es gebe inzwischen “ausreichend Kapazitäten an freien Intensivbetten und Beatmungsgeräten”. Das allein helfe aber nicht weiter, “wenn wir kein Personal haben, um die Patienten zu versorgen”. Grob geschätzt fehlten bundesweit 3.500 bis 4.000 Fachkräfte für die Intensivpflege, sagte Janssens.
    Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna. “Wir haben wirklich viele Betten und Beatmungsplätze in Deutschland. In den nächsten Wochen wird es aber viel wichtiger sein, wie wir das personell schaffen”, sagte sie. “Pro schwer krankem Covid-Patienten auf der Intensivstation wird eigentlich eine Pflegekraft benötigt.”
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Nach meiner Erinnerung ist die dramatische Unterbesetzung der Intensivpflege nicht erst seit dem Frühjahr 2020 bekannt, sondern seit über zehn Jahren ein immer wieder diskutiertes Thema. Und was hat die Politik, allen voran Bundeskanzlerin Merkel, dagegen unternommen? Praktisch nichts, das Thema ausgesessen, weil es anderenfalls die Unternehmen mit einem etwas höheren Beitrag zur Krankenversicherung belastet hätte. So wird – viel einfacher und kostengünstiger – das Menschenmaterial in den Kliniken, sowohl in als auch vor allem neben den Betten, auf Verschleiß gefahren.

  9. Corona-Krise: Einkommenseinbruch von 45 Prozent außerhalb der OECD
    Großer Gewinner ist der online-Handel. Die Investitionen von Unternehmen in Entwicklungsländern gehen stark zurück. Das hat Auswirkungen
    Die UNCTAD, die Konferenz der Uno für Handel und Entwicklung, hat darauf hingewiesen, dass sich das Käuferverhalten in der Corona-Krise gewandelt hat und sich wohl dauernd verändern wird.
    Großer Gewinner ist der online-Handel, der wahrscheinlich gut aus der Krise kommen und den Einzelhandel nachhaltig transformieren wird. Selbst ältere Menschen, die noch eher in die Innenstädte gingen, um Waren einzukaufen, es aufgrund von Corona zeitweise nicht durften, sind zum Teil umgeschwenkt auf online-Bestellungen.
    Bekleidung, Unterhaltungselektronik, selbst Nahrungsmittel wurden verstärkt nachgefragt, wie die UNCTAD betont. Die Folge ist, dass die Geschäfte mit ihren Verkaufsflächen in Fußgängerzonen und den Innenstädten unter den Beschränkungen leiden. Die UNCTAD sieht staatliche Hilfen als unvermeidlich an.
    Quelle: Telepolis
  10. In vier Schritten auf 10,45 Euro: Kabinett beschließt höheren Mindestlohn
    Bis Sommer 2022 steigt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland erstmals über zehn Euro. Arbeitsminister Hubertus Heil sieht allerdings noch immer “deutlich Luft nach oben”.
    Anständige Tariflöhne sind in vielen Bereichen selten, oft wird noch immer lediglich der gesetzliche Mindestlohn gezahlt. Der aber soll nun kräftig steigen – in vier Schritten bis Mitte 2022 auf 10,45 Euro pro Stunde. Die Bundesregierung beschloss eine entsprechende Verordnung von Arbeitsminister Hubertus Heil. Der SPD-Politiker sagte, die Anpassung orientiere sich an der Tarifentwicklung, berücksichtige aber zugleich auch die wirtschaftlichen Unsicherheiten der Corona-Pandemie. “Ich sehe aber perspektivisch noch deutlich Luft nach oben.”
    Der Mindestlohn soll von aktuell 9,35 Euro ab 1. Januar 2021 zunächst um 15 Cent, auf 9,50 Euro. Ein halbes Jahr später steht erneut eine Erhöhung um 10 Cent auf 9,60 Euro, weitere sechs Monate später eine um zusätzliche 22 Cent auf 9,82 Euro an. Im Sommer 2022 soll er dann um 63 Cent auf 10,45 Euro steigen. Insgesamt bringt dies Arbeitnehmern 1,3 Milliarden Euro zusätzlich ein. Auf den gesamten Zeitraum von zwei Jahren bezogen steigt der Mindestlohn laut Verordnung so um 5,26 Prozent und damit geringfügig stärker als die Tariflöhne.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der “gesetzliche Mindestlohn […] soll nun kräftig steigen”, behauptet der SPIEGEL und beschreibt dann eine geplante Entwicklung des Mindestlohns, die an Peinlichkeit und Armseligkeit nicht zu überbieten ist und weit hinter den absoluten Notwendigkeiten – mindestens 12 Euro pro Stunde sofort – zurückbleibt. Dass sich die Politik traut, Menschen mit so einem Hungerlohn abzuspeisen, ist jämmerlich und zeigt nur in ganzer Schärfe die asoziale und von keiner volkswirtschaftlichen Kenntnis getrübte Haltung der Bundesregierung.

  11. Feigenblätter in Reserve
    Satire geht in Stuttgart gar nicht, davon ist der Bildhauer Peter Lenk überzeugt. Eigentlich. Doch nun hat er seinen Laokoon vor dem Stuttgarter Stadtpalais aufgebaut. Gut gelaunt und voller skurriler Anekdoten. Und, Obacht: mit dem Segen der Hauptfigur.
    Auf Stuttgart 21 mag, entgegen mancher SPD-Meinung, nicht Gottes Segen liegen. Aber immerhin etwas darunter: Peter Lenk und sein “Denkmal einer skurrilen Entgleisung” haben des Ministerpräsidenten Wohlwollen. Winfried Kretschmann findet’s schon mal gut, dass das unterirdische Projekt kritisch gewürdigt wird, und seine Position als Hauptdarsteller, also als schwäbischer Laokoon, gut getroffen ist. “Richtigerweise hat Peter Lenk mich nicht bei den feixenden kleineren Gestalten seines Kunstwerks eingereiht, sondern mit mürrischem Blick ausgestattet”, so der grüne Regierungschef in einer Stellungnahme (siehe Kasten). Von dem Feigenblatt, das den nackten Kämpfer schmückt, hat der Künstler jedenfalls schon mal zwei weitere Exemplare angefertigt. Sicherheitshalber. Als Reserve.
    Bereits am Dienstag haben viele Neugierige die Plastik bestaunt, und unter den rund 150 feixenden kleineren Gestalten nach bekannten Gesichtern aus Wirtschaft und Politik gesucht, die bei dem camouflierten Immobilienprojekt mitgemischt haben. Oettinger, Teufel, Mappus, Gönner, Schuster – alle sind sie versammelt. Und sicher wird auch der eine oder die andere von ihnen am Stadtpalais heimlich vorbeischauen, ob und wie sie vom Satiriker vom Bodensee auf die Schippe genommen wurden. Denn vor Peter Lenk ist keiner sicher.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  12. „Wir lehnen die Doppelstandards gegenüber Russland ab“ – im Gespräch mit Alexander Neu
    Die Medienberichterstattung zum großen Komplex Russland ist genau wie die politische Debatte zum Thema in Deutschland extrem polarisiert. Zwischen fast schon bedingungsloser Lobpreisung von Wladimir Putin und der Politik des Kremls einerseits und reflexhafter Diffamierung selbiger – die an Russophobie grenzt und nicht selten überschreitet – gibt es kaum Zwischentöne. Beide Lager, so scheint es, sind emotional derart hochgekocht, dass eine rationale, nüchterne Debatte schwierig bis unmöglich wird. Neben „Dauerbrennern“ wie das Verhältnis zu Europa und den USA oder die Stellung der LGBTQ-Community in Russland sind aktuelle Konflikte etwa die Vergiftung des russischen Oppositionellen Alexei Nawalny oder die fast fertiggestellte Pipeline Nord Stream 2.
    Über all diese Sachen unterhielten wir uns mit dem Bundestagsabgeordneten der Linken Alexander Neu.
    Quelle: Die Freiheitsliebe
  13. Deutschlands operative Mittelmeer-Initiative
    Deutschland nutzt seine EU-Ratspräsidentschaft zur weiteren Abriegelung des Mittelmeers gegen Flüchtlinge aus dem Maghreb, insbesondere aus Tunesien. Wie die Bundesregierung bestätigt, hat sie eine Konferenz der Innenminister von je fünf Staaten der EU und Nordafrikas am 13. Juli zum Anlass genommen, um eine “breit angelegte” Kooperation zur Flüchtlingsabwehr anzuschieben. Konkret kündigt Berlin eine “operative Mittelmeer-Initiative” an, in deren Rahmen neue “Maßnahmen im Bereich des Grenzmanagements” gestartet werden sollen. Tunesien wird schon seit Jahren von der Bundesrepublik mit Gerät zur Grenzkontrolle ausgerüstet; tunesische Grenzer werden ebenfalls seit Jahren von der Bundespolizei trainiert. Dabei suchen in wachsendem Maß nicht nur Flüchtlinge aus Ländern südlich der Sahara, sondern auch Tunesier in die EU überzusetzen: Die Niedriglohnproduktion, für die Tunesien seit Jahrzehnten von Firmen aus Europa, auch aus Deutschland, genutzt wird, bietet dem Land keine Entwicklungschance; Diktate des IWF verschlimmern die Lage der Bevölkerung dramatisch. Für viele bleibt keine andere Perspektive als die Emigration.
    Quelle: German Foreign Policy
  14. Vom Mythos der Reife
    Eine Partei gilt als erwachsen, wenn sie bereit ist, Soldaten in die Welt zu schicken.
    Die Grünen erlagen dem seltsamen Narrativ schon vor Jahren. In ihren Reihen entstand überhaupt die Idee dieser Art des Heranwachsens, eine Waffe (sic!) im Strömungskampf, und irgendwann blickten die Gereiften dann mit Schaudern zurück auf die friedenspolitischen Utopien ihrer nun entrückten Adoleszenz.
    Ähnliche Geister plagen nun die Linkspartei, wenn sie in diesen Wochen eine neue Führung bestimmt und einen Kurs berät, der – oh nimmermüdes Zauberwort! – regierungsfähig machen soll. Erneut kennt die begleitende öffentliche Beschallung nur eine Richtung: Wer ernst genommen werden will, muss zu auswärtigen Einsätzen der Bundeswehr stehen, das beweise Pragmatismus und einen als „gesund“ apostrophierten Willen zur Macht. (…)
    In keinem anderen Bereich ist die Unterwerfung unter herrschende Ideologien so still und so umfassend. Der rumorenden zivilgesellschaftlichen Ermächtigung in Fragen von Klima, Verkehr oder Agrarpolitik steht eine erschütternde Entmächtigung bei dem Thema Sicherheit gegenüber. Selbst die Rüstungsindustrie wird von Kritik weitgehend verschont – als wären Waffensysteme, neben allem anderen, nicht auch Klimakiller. Deutschland ist viertgrößter Rüstungsexporteur, doch der Einfluss der entsprechenden Konzerne wird kaum behelligt. Die SPD will nun bewaffnete Drohnen. Automatisiertes Töten als sozialdemokratische Ethik – warum schreit da kaum jemand auf in der Partei?
    Während das kritische linke antirassistische Spektrum vollauf mit dem Ringen um die inneren gesellschaftlichen Verhältnisse beschäftigt ist, verbreitet sich in der Außenpolitik und in den Fragen von Krieg und Frieden ungestört eine rechtsgewirkte Hegemonie. Der flagrante Rechtsextremismus im Kommando Spezialkräfte müsste alarmieren. Ausgerechnet den Elitesoldaten, die weltweit operieren sollen, wird die Verfassung zu eng.
    Quelle: taz
  15. Das Unterdrücken kritischer Inhalte hat System
    Twitter und Facebook zensieren Berichte über Joe Biden. Das Beispiel markiert nur die Spitze des Eisbergs.
    Netzwerke wie Facebook, Twitter und Google können bestimmen, was gelesen wird und was nicht. Insbesondere für viele jüngere Menschen dienen die Tech-Giganten als wichtigste Informationsquelle. Wie einflussreich diese Firmen sind, sieht man bei politisch relevanten Themen. Sichtbar wird dies gerade in Krisenzeiten wie heute.
    Jüngstes Beispiel ist der US-Präsidentschaftswahlkampf. Am 14. Oktober veröffentlichte die «New York Post» vertrauliche E-Mails, die Hunter und Joe Biden belasten. Hunter ist der Sohn des Präsidentschaftskandidaten Joe Biden. 2014 und 2015 soll er die Position seines Vaters zugunsten des ukrainischen Energieunternehmens Burisma ausgenutzt haben. Hunter Biden sass zu dieser Zeit im Verwaltungsrat des Energieunternehmens, das ihm monatlich 50’000 Dollar zahlte, währenddem sein Vater Joe Biden US-Vizepräsident war.
    Quelle: Infosperber
  16. Das Letzte: Neue Corona-Beschränkungen: Zeit für filigrane Diskussionen gibt es nicht mehr
    Ob die neuen Corona-Maßnahmen wirken, wird sich in den kommenden Wochen am Straßenbild, in Geschäften und öffentlichem Nahverkehr ablesen lassen, kommentiert Stephan Detjen. Eine deutliche Beruhigung des öffentlichen Lebens sei aber nötig, um das Virus zu bremsen.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Albrecht Müller: Ein unterirdischer Kommentar.


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