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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Scharfmacher Deutschland – von Merkel über Maas bis Lesch
Datum: 14. Oktober 2020 um 13:29 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Albrecht Müller
Es gab ja und gibt wohl immer noch Menschen, die Bundeskanzlerin Merkel und damit auch unser Land für vermittelnd und ausgleichend halten. Dieser Eindruck war beispielsweise beim Konflikt um die Ukraine und die Krim entstanden. Aber dieser Eindruck täuscht. Die Bundeskanzlerin und ihre Beauftragten und Mitstreiter heizen den neuen West-Ost-Konflikt an. Herausragende Belege dafür sind: 1. die einseitige Parteinahme und Dauer-Rolle im Fall Nawalny. 2. das Verhalten des deutschen UNO-Botschafters und Merkel-Vertrauten Heusgen im UN-Sicherheitsrat. 3. das Drängen des deutschen Außenministers auf neue Sanktionen gegen Russland und 4. im Zusammenspiel mit den Offiziellen in Berlin auch Harald Lesch vom ZDF Terra X. – Die Scharfmacherei nimmt inzwischen gefährliche Dimensionen an. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Es tritt ein, was wir auf den NachDenkSeiten schon seit Längerem beschrieben und befürchtet haben: Die vom Westen betriebene Konfrontation führt zu einer Verhärtung auf russischer Seite – offen geäußert jetzt vom russischen Außenminister Lawrow hier. Innerhalb Russlands wird das zu Verhärtungen und Veränderungen führen, die wir nicht wollen können. Es geht zulasten notwendiger und fruchtbarer Zusammenarbeit. Es geht zulasten unseres Rufes. Es geht zulasten der Sympathie, die sehr viele Russen für uns Deutsche empfinden. Bald wird man sagen müssen: empfunden haben. Ein Wunder ist es nicht, wenn man sich die Scharfmacherei auf deutscher Seite anschaut:
Es war von vornherein unklar und ist bis heute unklar, was mit dem russischen Oppositionellen Nawalny geschehen ist und wer für die Bedrohung seiner Gesundheit verantwortlich ist. Angela Merkel hat in dieser Situation alles unternommen, um die Verantwortung und Schuld an Russland festzumachen. Sie hat Nawalny nach Deutschland holen lassen. Sie hat öffentlich erklärt, dass er vergiftet worden ist und wer aus ihrer Sicht dafür verantwortlich ist. Siehe dazu den Bericht in der Tagesschau vom 2.9.2020 und in vielen anderen Medien, zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung so:
„Kremlkritiker in der Charité: Merkel: Nawalny wurde vergiftet. Ein Bundeswehr-Labor weist im Blut des russischen Oppositionspolitikers einen Nervenkampfstoff nach. Der Botschafter Moskaus wurde ins Auswärtige Amt bestellt. “Die Welt wird auf Antworten warten”, sagt die Kanzlerin.“
Die Bundeskanzlerin und damit unser Land waren damit die Vorreiter bei der angeblichen Klärung und bei der Schuldzuweisung und haben das politische und das Medienecho weltweit bestimmt. An der Klärung der Angelegenheit auch durch Zusammenarbeit mit russischen Stellen ließ man es fehlen. Das hätte die politische Nutzung des Falles zum Aggressionsaufbau gestört.
Wenn die deutsche Bundeskanzlerin Merkel die ihr von manchen Beobachtern – aus meiner Sicht fälschlicherweise – zugeschriebene Vermittlungsrolle hätte ausfüllen wollen, dann wäre der Fall Nawalny ein klassischer Fall zur Vermittlung und Klärung gewesen.
Im Artikel von Karin Leukefeld vom 10. Oktober – siehe hier: Blockade pur – Wie Deutschland, die „P 3“ mit Belgien und Estland verhinderten, dass José Bustani, erster OVCW-Generaldirektor, im UN-Sicherheitsrat sprach – wird das Verhalten des deutschen UNO-Botschafters Christoph Heusgen beschrieben; hier ein Auszug aus einer rundum aggressiven Rede:
Wer bringt Schmach und Schande über den Sicherheitsrat? Sind es die Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, die die Chemiewaffenkonvention verteidigen und den Einsatz von chemischen Waffen verhindern? Oder ist es Russland, das chemische Waffen sogar gegen die eigenen Bürger einsetzt – gegen Herrn Navalny, gegen Herrn Litvinenko, gegen Herrn Skripal und seine Tochter?
Wer sich ein bisschen mit dem Chemiewaffeneinsatz in Syrien beschäftigt hat, weiß, wie verlogen die Äußerungen des deutschen UNO-Botschafters sind. Der Vertraute der deutschen Bundeskanzlerin – er war 12 Jahre lang außenpolitischer Berater von Angela Merkel im Kanzleramt – formuliert dann auch noch gleich eingängig: „Russland, das chemische Waffen sogar gegen die eigenen Bürger einsetzt“ und er nutzt die inzwischen gängige Manipulationsmethode, ungeklärte Vorgänge hintereinander zu reihen und damit aus dreimal „Ungeklärt“ einmal „Geklärt“ zu machen. Auf diese Manipulationsmethode wird noch einmal gesondert hinzuweisen sein. Sie ist inzwischen eine gängige Methode geworden.
Der aggressive Auftritt war mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Sonderveranstaltung des Christoph Heusgen. Er passt zu der Scharfmacher-Rolle, die Deutschland inzwischen zu spielen übernommen hat. Dabei wird alles, was wir aus der Geschichte gelernt haben, über Bord geworfen: statt Vertrauen zu pflegen, wird Misstrauen gesät; statt die Zusammenarbeit mit einem Volk, dem Deutschland viel Leid zugefügt hat und dann viel zu verdanken hat, zu pflegen, wird von deutscher Seite jetzt Feindschaft gepflegt.
Damit liegen die deutsche Bundeskanzlerin und die deutsche Bundesregierung auf der Linie des von den USA und der NATO gepflegten Feindbild-Aufbaus. Die Warnungen von Scharfmachern wie STRATFOR-Friedman vor einer besonderen Freundschaft zwischen Deutschland und Russland haben damit Erfolg. (Siehe dazu „Der Tod kommt aus Amerika“ und die Bestätigung durch den Chef von STRATFOR vom 13. März 2015). Deutschland beugt sich. Deutschland bewährt sich mal wieder als Super-Einflussagent des Westens und einmal mehr als Musterschüler beim Konfliktaufbau – noch schlimmer als zu Adenauers Zeiten.
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Das geht so ...
Wenn es um die neue Konfrontation geht, dann darf der deutsche Außenminister Maas nicht fehlen. Hier die Meldung eines der für solche Meldungen besonders nutzbaren Mediums, RND:
„Maas wirbt für EU-Sanktionen gegen Russland – und gegen Lukaschenko
12.10.2020, 10:53 Uhr“
Originalquelle RND.
Vorbemerkung: Vieles von dem, was er forscht und sendet, finde ich interessant. Sein Engagement in Sachen Klimawandel ist bemerkenswert und förderungswürdig. Aber was da am vergangenen Sonntag in Form eines Anzeigenblattes, des bewundernswerten Pfalz-Echo aus Kandel, auf den Tisch flatterte, ist schon bemerkenswert. In zweierlei Hinsicht:
Sie finden sein Interview hier als Gesamtansicht und hier (lesbarer) auf der Webseite des Pfalz-Echos.
Die Russland betreffende Passage zitiere ich einschließlich der Frage. Die unser Thema betreffende Hauptaussage ist gefettet:
(Frage;)
Lobbyismus, inoffizielle Absprachen, Falschangaben, um Kriege zu beginnen – es gibt ja tatsächliche Verschwörungen. Gerade sorgt zum Beispiel der Fall Nawalny für viele Spekulationen – wie kann ich als Laie beurteilen, wo ein wahrer Kern dahinterstecken kann und wo nicht?
Harald Lesch: Nehmen wir die Causa Nawalny: Der Mann wurde mitten in Sibirien vergiftet. Sich vorzustellen, dass westliche Geheimdienste dorthin gereist sein sollen, um einen Mann zu vergiften, der in einem autoritären Regime die eigenen westliche Werte vertritt, ist absurd. Deswegen wundere ich mich sehr über einige politische Stimmen aus Berlin, die solche Theorien tatsächlich für möglich halten. Er ist ja nicht der erste Kritiker des Regimes, der vergiftet oder ermordet wurde. Wer starke Thesen aufstellt, muss auch starke Argumente haben. Eine Behauptung alleine reicht nicht aus. So ist das auch bei allen anderen Themen. Natürlich darf man immer kritisch hinterfragen, aber absurde Annahmen müssen auch schnell wieder abgehakt werden. Man braucht gute Argumente, wenn man sich gegen den Mainstream wendet. Der Aussage, dass die Erde eine Kugel ist, das Modell der Scheibe gegenüberzustellen, ist das Gegenteil von guter Argumentation. Was für intellektuelle Opfer müssen Menschen erbringen, um solch einen Blödsinn zu glauben?
Die Argumente des Wissenschaftlers sind schon erstaunlich einfältig:
Es lohnt sich, dieses Interview zumindest zu überfliegen. Die Passagen über Verschwörungstheorien, die aus der Sicht des Harald Lesch nur bei den sozialen Medien vorkommen, sind auch interessant. Hier wird dann ein Medium wie die NachDenkSeiten ganz selbstverständlich mitverwurstet und stigmatisiert.
Die NachDenkSeiten werden wahrscheinlich auf die Behandlung der Verschwörungstheoretiker durch den Astrophysiker noch einmal zurückkommen. Professor Lesch schafft den Anlass dafür. Am kommenden Sonntag wird er in einer besonderen Sendung beim ZDF darauf zurückkommen. Siehe hier:
Terra X: Ein Fall für Lesch und Steffens – Streiten für die Wahrheit; ZDF, Sonntag, 18. Oktober 2020, 19.30 Uhr.
Wir sind gespannt, wie Lesch am Sonntag „für die Wahrheit streitet“.
Zurück zum Hauptthema. Auf die vier Fälle von Scharfmacherei wird nicht zum Spaß hingewiesen. Wir befinden uns in einer Phase schlimmer Eskalation. Auf die vier Fälle von Scharfmachern weise ich hin, weil sich hier eine Entwicklung abzeichnet, die ungemein gefährlich ist und noch gefährlicher werden kann. Bitte kümmern Sie sich um diese Entwicklung. Halten Sie dagegen. Es geht um Krieg und Frieden. Das ist nicht nur meine Einschätzung. Ich zitiere zum Schluss die Antwort von Willy Wimmer auf eine Mail, mit der ich ihn gestern auf die laufenden NATO-Manöver und die Übung mit atomwaffenfähigen Kampfflugzeugen aufmerksam machte:
„es ist grauenhaft. Schau Dir die Militärausgaben an, dann wird Dir schlecht.
In der Zeit des Kalten Krieges gab es neben dem Militär belastbare internationale Gremien. Deren erfolgreiche Aufgabe bestand darin, die Spannungsursachen zu reduzieren. Heute gibt es die nicht mehr, sondern nur noch Kriegsvorbereitungen.
Wo soll das enden?“
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