Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Grenzen der Aufklärung
Gestern hat wieder das Corona-Kabinett getagt. Die wichtigste Aufgabe sei demnach auch weiterhin die Kontaktnachverfolgung, um Infektionsketten zu durchbrechen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert im Anschluss in der Bundespressekonferenz. Daher sei der Blick auf die Neuinfektionen, was ja mittlerweile deutlich schärfer kritisiert wird als vorher, schon von Bedeutung, weil diese Zahl angebe, wie viele Fälle man nachverfolgen müsse. Das lasse sich aber nicht beliebig steigern, da die Gesundheitsämter begrenzte Kapazitäten haben. Das ist richtig. Sorge bereitet also die Logistik. Nur warum sollte man immer noch alle Infektionen ermitteln wollen, wenn doch inzwischen klar ist, dass vergleichsweise wenige Menschen tatsächlich schwer erkranken? (…)
„In dem Maße, wie sich die Immunität in der Bevölkerung aufbaut, sinkt das Infektionsrisiko für alle – auch für die gefährdeten Personengruppen“, schreiben beispielsweise Epidemiologen für Infektionskrankheiten und Wissenschaftler im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens in der Great Barrington Erklärung. Diejenigen, die am stärksten gefährdet sind, müssen besser geschützt werden (Focused Protection). Das will auch die Bundesregierung. Sie glaubt aber, dies mit einem Verhaltensappell an 83 Millionen Menschen erreichen zu können.
Es liegt an uns allen, ob wir es schaffen. Wenn 80 Millionen mitmachen, sinken die Chancen des Virus gewaltig.
Quelle: Gesundheitsminister Jens Spahn via Welt Online
Die Pandemie sei aus Sicht Spahns daher auch ein Charaktertest für die gesamte Gesellschaft, sagt der, der Hartz IV mit aktiver Armutsbekämpfung übersetzt. Das ist dick aufgetragen und dient vor allem dem Selbstschutz. Der Minister lenkt vom eigentlichen Regierungsversagen ab, indem er die gesamte Bevölkerung in die Verantwortung nimmt. Denn statt gezielt das Personal im Gesundheits- und Pflegebereich zu testen, um dort Infektionen auszuschließen, hat es der Gesundheitsminister zugelassen, bei Reiserückkehrern wahllos Abstriche vornehmen zu lassen und somit Kapazitäten und Ressourcen sinnlos zu verplempern. Erst jetzt kommt die Bundesregierung auf die Idee, ihre Teststrategie zu ändern und gezielter dort einzusetzen, wo sich auch die Risikogruppen befinden. Es ist weiterhin viel Aufklärungsarbeit nötig.
Quelle: TauBlog
Anmerkung Jens Berger: In letzter Zeit hört man ja auch immer mal wieder den Spruch, man habe „die ruhige Zeit im Sommer verschlafen“ und müsse nun die Maßnahmen verschärfen. Der Schluss ist falsch, die zugrunde liegende Analyse ist richtig und falsch zugleicht. Man hat ja keine Zeit verschlafen, sondern sie mit vollkommen unsinnigen Nebenkriegsschauplätzen wie dem Maskenzwang in Schulen, der Gängelung der Gastronomie und der Kultur und der Frage, ob Wirte die Personalien auf Gästelisten überprüfen dürften, vertrödelt, während weder in den Krankenhäusern noch in den Altenheimen sich substanziell etwas geändert hat. In der Berliner Charité, einem der größten Krankenhäuser Deutschlands, werden schon wieder Operationen verschoben – nicht weil es so viele Corona-Fälle gibt, sondern weil die vergleichsweise wenigen Corona-Fälle das ausgedünnte Personal an den Rand der Leistungsfähigkeit bringen. Die Regierung hat weder den Schutz der Risikogruppen verbessert, noch den Gesundheitssektor auf Vordermann gebracht, sondern Angst gestreut, an der Privatisierung des Gesundheitssektors festgehalten und auf die „Erlösung“ durch einen Impfstoff gesetzt, obgleich klar sein musste, dass diese Hoffnung vage bis gefährlich ist. Und die Bürger? Die stehen – fragwürdigen Umfragen zufolge – hinter dieser Politik und bescheren der CDU Rekord-Umfragewerte. Na klar, die mediale Meinungssteuerung läuft ja auch auf Hochtouren.
- Bleibt zu Hause! oder wenn Gehorsam Leben rettet
Feiert der autoritäre Charakter Auferstehung? Für eine gute Sache. Wenn wir gegen den Strom schwimmen – sind wir dann gerettet?
(…) Das Erschrecken über die plötzliche Rückkehr des braven Kindes. Das ich einmal, das ich vor vielen Jahren war. Das auch zum Denunzianten werden konnte. Werde ich, jetzt, zum Blockwart? Aus Angst, schuld zu sein, wenn Menschen sterben? Wenn ich mich nicht einreihte ins kollektive Abwehrdispositiv? Jetzt, da die Welt so leicht zu retten ist. Mit Händewaschen, Abstand, Masken. Was passiert mit einer Gesellschaft, wenn Gehorsam Leben schützt? Wenn sich die Reihen schließen und der Ruf nach Führung in unsicheren Zeiten lauter wird? Gewöhnen wir uns (wieder) daran, Marschbefehle zu befolgen? Wohin der Marsch auch geht. Feiert der autoritäre Charakter Auferstehung? Im Namen einer guten Sache. Die beklemmende Erinnerung an das Gedicht «immer schön in der reihe gehen». Das ich in jungen Jahren – aus Protest klein – geschrieben. Das im September 1970 in der Jugendzeitschrift team erstmals veröffentlicht worden ist. Kurz bevor ich neunzehn wurde….
Quelle: infosperber
- Was tun, wenn nebenan die Party steigt?
Wenn Bars schließen, feiern die Leute privat. Aber wie soll man mit der Sorglosigkeit der anderen umgehen? Diskutieren? Polizei rufen? […]
Was, wenn ich höre, dass in der Wohnung oder im Haus nebenan eine Party stattfindet und es nicht gerade nach den (in Berlin) erlaubten zehn Leuten klingt? Hingehen und mit Besoffenen diskutieren? Die Polizei rufen? Einen wütenden Zettel ins Treppenhaus hängen? Wie geht man mit der Sorglosigkeit der anderen um, wenn man sie nicht teilt?
Je linker man ist, desto größer ist das Problem dabei. Man kann natürlich rübergehen und klingeln, auf Hausordnung und Personen-Obergrenze verweisen, und beten, dass es hilft. Man kann die Polizei rufen, aber will man das? Kann man guten Gewissens davon ausgehen, dass die Polizei dann einfach nett auf die Regeln verweist, wenn man etwa neulich das Video gesehen hat, in dem ein Polizeibeamter einem 19-jährigen Gamer, der zu laut gewesen war, ins Gesicht schlug? Will man das Risiko eingehen, dass eine Institution, die in letzter Zeit vermehrt durch rechtsextreme Netzwerke und Polizeigewalt in den Schlagzeilen war, bei den Nachbarn klingelt? Will man nicht. Nicht, weil es spießig wäre, sondern weil es riskant wäre.
Quelle: Margarete Stokowski im SPIEGEL
Anmerkung Jens Berger: Die Gedankenwelt einer 34jährigen gefeierten Jungautorin, die sich selbst als „links“ einordnet – gefangen in Denunziantentum und Spießigkeit. Leider passt dieser Aufsatz sehr gut zum Innenleben einer jungen, urbanen, bürgerlichen Schicht, die sich zwar selbst „links“ verortet, es aber nicht ist. Man liest taz, wählt meist grün oder links, macht beruflich irgendwas mit Medien und wird dabei von den Eltern quersubventioniert, trägt aktiv zur Gentrifizierung bei, beklagt diese aber gleichzeitig, gibt sich in identitäspolitischen Fragen ultraliberal, tickt jedoch in anderen gesellschaftspolitischen Fragen spießig bis reaktionär. Die Lebenswirklichkeit von „normalen“ Arbeitern und Angestellten ist ihnen komplett fremd. Wenn das die Zukunft der Linken ist, hat die Linke keine Zukunft.
- Nachbarschaft in Flammen (II)
EU ohne Einfluss auf den Krieg um Berg-Karabach; Kooperation mit Russland nach den jüngsten Sanktionsbeschlüssen kaum noch möglich.
Berlin/Brüssel (Eigener Bericht) – Mit hilflosen Appellen fordert die EU Armenien und Aserbaidschan zu einem Waffenstillstand auf. Die Kämpfe um Berg-Karabach müssten umgehend beendet werden, hieß es gestern bei einem Treffen der EU-Außenminister. Konkrete Maßnahmen wurden nicht bekannt. Berliner Außenpolitik-Experten raten, mangelnden eigenen Einfluss auf die Konfliktparteien durch koordinierte EU-Aktivitäten sowie durch Absprachen mit Russland wettzumachen. Mit Unterstützung durch Moskau hatte Berlin zu Jahresbeginn in ähnlicher Lage Fortschritte im Bemühen um einen Waffenstillstand in Libyen erreichen können. Im aktuellen Fall ist diese Option nicht in Sicht: Die EU-Außenminister haben gestern auf deutsch-französische Forderung hin Sanktionen gegen Russland beschlossen. Experten urteilen, Moskau erwarte jetzt “nichts mehr von Europa”; es fühle sich “nicht mehr verpflichtet, dessen Meinung oder Interessen zu berücksichtigen”. Einfluss auf die Türkei zu nehmen, die Aserbaidschan unterstützt, gelingt der EU wegen innerer Differenzen nicht: Ankara spielt Berlin und Paris gegeneinander aus.
(…) Keine Erwartungen mehr
Vergleichbare Absprachen mit Russland sind heute nicht in Sicht. Ursache ist insbesondere das Vorgehen der Bundesregierung im Fall Nawalny. Bereits Mitte September hatte Dmitri Trenin, ein Experte von Carnegie Moscow, gewarnt, der Fall sei zum “Wendepunkt in den russisch-deutschen Beziehungen” geworden…
Moskau werde “ein neues Kapitel” im Umgang mit Berlin aufschlagen und die Bundesregierung von nun an “als unter US-Kontrolle stehend” einstufen…Russland erwartet nichts mehr von Europa, und es fühlt sich daher nicht mehr verpflichtet, dessen Meinung oder Interessen zu berücksichtigen.” Dies gilt umso mehr, als Berlin und Paris vergangene Woche neue Sanktionen gegen Russland forderten und am gestrigen Montag die EU-Außenminister solche Sanktionen prinzipiell beschlossen haben. Damit wird jede Zusammenarbeit noch weiter erschwert – auch dort, wo Berlin Vorteile daraus ziehen könnte. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte schon vor dem gestrigen Sanktionsbeschluss offen gewarnt: “Mit den Beziehungen zwischen Russland und der EU geht es rapide bergab.”…
Quelle: German Foreign Policy
Anmerkung Christian Reimann: Insbesondere anhand des Vorgehens von Bundeskanzlerin Merkel und ihres Chefdiplomaten, Herrn Maas, in der Nawalny-Sache könnte inzwischen wohl gut studiert werden, wie Außenpolitik nicht betrieben werden sollte. Der europäische und internationale Schaden ist immens und dürfte nicht im Interesse der Bevölkerung hierzulande sein.
Dazu: Lawrow: Russland kann gezwungen sein, Dialog mit der EU zu stoppen
Wenn die Europäische Union die Notwendigkeit eines “gegenseitig respektvollen Gesprächs” mit Moskau nicht versteht, wird Russland gezwungen sein, den Dialog mit der EU einzustellen. Das erklärte der russische Außenminister Sergei Lawrow am Dienstag.
“Die Leute, die für die Außenpolitik im Westen zuständig sind, verstehen die Notwendigkeit eines gegenseitig respektvollen Gesprächs nicht – vielleicht sollten wir dann eine bestimmte Zeit lang nicht mit ihnen kommunizieren”, sagte Lawrow in seiner Rede im internationalen Diskussionsklub “Waldai” am Dienstag. “Zumal Ursula von der Leyen sagt, dass eine geopolitische Partnerschaft mit der gegenwärtigen russischen Führung nicht klappt.”
„Dann sei es drum, wenn sie das wollen.“
Quelle: RT
Dazu auch: Norwegen: Russland steckt hinter Hackerangriff auf Parlament
Die norwegische Regierung beschuldigt Russland, für einen Hackerangriff auf das Parlament in Oslo verantwortlich zu sein. Basierend auf der Informationsgrundlage der Regierung sei man zu der Einschätzung gekommen, dass Russland hinter dem Vorfall stecke, teilte Außenministerin Ine Eriksen Soreide gestern mit. „Das ist ein schwerwiegender Vorfall, der unsere wichtigste demokratische Institution betrifft.“ Später sagte Soreide vor Reportern, es sei wichtig, Russland zur Verantwortung zu ziehen. Die russische Botschaft in Oslo sei über die Erkenntnisse informiert worden.
Am 24. August waren die Mail-Konten mehrerer Abgeordneter und Mitarbeiter des norwegischen Parlaments gehackt worden. Das hatte die Direktorin des Parlaments, Marianne Andreassen, eine Woche später publik gemacht.
Quelle: orf.at
- Metall-Industrielle gegen Lohnplus für Beschäftigte
Düsseldorf. Die Kapitalisten der Metall- und Elektroindustrie sehen unisono keinen Spielraum für Tariferhöhungen für die bundesweit rund vier Millionen Beschäftigten. »Wir brauchen die Nullrunde«, behauptete der Chef der baden-württembergischen Metallunternehmer, Stefan Wolf, in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit dem Handelsblatt. Viele Mittelständler hätten schon im Spitzenjahr 2018 Umsatzrenditen erwirtschaftet von nur einem oder zwei Prozent. »Da ist heute gar keine Luft mehr«, erklärte der Aspirant für den Gesamtmetall-Präsidenten. Wolf erteilte auch der Forderung der Gewerkschaft IG Metall nach einer Vier-Tage-Woche bei Lohnausgleich eine Absage. »Ich habe überhaupt kein Problem mit Arbeitszeitverkürzung als Option, solange sie ohne Lohnausgleich stattfindet und die Arbeitskosten sich nicht weiter verteuern«, meinte Wolf.
Quelle: junge Welt
- Armut in Deutschland: Stromsperre für 289.000 Haushalte
Im letzten Jahr mussten 289.000 Haushalte zumindest zeitweise ohne Strom leben, da ihnen aufgrund von nicht bezahlten Rechnungen von den Energieversorgungsunternehmen der Strom abgesperrt wurde. Hunderttausende hatten kein Licht, kein warmes Wasser, konnten keinen Kühlschrank oder Herd benutzen, keine Wäsche waschen und hatten keinen Zugang zu Internet, Radio oder Fernsehen.
4,75 Millionen Haushalten wurde 2019 angedroht, den Strom abzusperren. Dies geht aus dem neuen Monitoringbericht der Bundesnetzagentur zum Energiemarkt hervor. Damit sei die Anzahl der von Stromsperren betroffenen Haushalte gegenüber dem Vorjahr um etwa 7000 gesunken. Im Jahr 2018 war es bei 4,9 Millionen Androhungen von Stromsperren zu 296.000 tatsächlichen Sperrungen gekommen. Im Jahr 2014 hatte es mit 350.000 Haushalten den bisherigen Höchststand seit 2011 gegeben.
Der leichte Rückgang ändert nichts an den brutalen Auswirkungen für die von den Stromsperren betroffenen Menschen, die unter extremer Armut leiden. Das sind vor allem die Haushalte von Arbeitslosen, Niedriglohnverdienern, Hartz-IV-Empfängern, armen Rentnern, Jugendlichen und Studenten ohne regelmäßiges Einkommen…
Eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung von 2017 zeigt, dass vor allem Empfänger von Grundsicherung – wie Hartz-IV-Empfänger – von Stromsperren betroffen sind. Der Grund dafür ist, dass der Anteil, der für Strom bei Hartz-IV vorgesehen ist, nicht ausreichend die Stromkosten abdeckt. „Während die Kosten für Strom zwischen den Jahren 2008 und 2018 um knapp 40 Prozent nach oben kletterten, stiegen die staatlichen Zuwendungen für Strom im Regelsatz der Grundsicherung nur um 27 Prozent an.“…
Die Einführung von Hartz-IV und die damit verbundenen Arbeitsmarktreformen der SPD-Grünen-Regierung von Gerhard Schröder hatte zu Anfang der 2000er Jahre zum Aufbau eines riesigen Niedriglohnsektors in Deutschland geführt. Die Hartz-IV-Leistungen waren von Anfang an viel zu niedrig, um damit ein menschenwürdiges Leben zu führen, und sind es weiterhin. Umfassende Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter führen immer wieder dazu, dass Unterstützungsberechtigten Leistungen gekürzt oder bei jungen Menschen sogar ganz gestrichen werden.
Im Fall der Stromsperren ist es so, dass Betroffene, wenn sie es schaffen, irgendwie ihre Rückstände zu bezahlen, noch zusätzliche Gebühren für die Androhung der Sperrung und für deren Aufhebung bezahlen müssen. Und das von finanziellen Mitteln, die kaum zum Leben reichen…
Quelle: wsws
- Streik zur Primetime
Kampf für Tarifvertrag: Verdi ruft Amazon-Beschäftigte zu zweitägigem Streik auf. Konzern spielt Proteste beim »Prime Day« herunter.
(…) Verdi rief Amazon-Beschäftigte an sieben Versandzentren in sechs Städten zum Streik auf. Die Arbeitsausstände in Leipzig, Bad Hersfeld, Rheinberg, Werne, Graben bei Augsburg und Koblenz begannen am Dienstag zur Frühschicht und enden mit der Spätschicht am Mittwoch, teilte die Gewerkschaft am Dienstagmorgen mit. Amazon erklärte gleichentags auf jW-Nachfrage, das Gros seiner Mitarbeiter arbeite »wie an jedem anderen Tag«, Pakete kämen pünktlich zu den Kunden. Kurzum: Business as usual.
Alle Standorte sind streikfähige Betriebe, betonte hingegen Orhan Akman, Verdi-Bundesfachgruppenleiter für den Einzel- und Versandhandel, am Dienstag im jW-Gespräch. Die Betriebsaktivisten seien schließlich geübt, hätten im Juni während einer Aktionswoche gegen mangelnden Gesundheitsschutz beim Konzern viel gelernt. Und ganz wichtig: »Die Beschäftigten lassen sich von der Geschäftsführung auch nicht mehr einschüchtern, kämpfen für ihre Belange«, so Akman. Bis zu 2.500 Amazon-Kollegen hätten am ersten Streiktag während der Arbeitszeit »Schicht gemacht«, stellte der Gewerkschafter zufrieden fest….
Quelle: junge Welt
- «Respekt beginnt bei 1.000 EUR.»
Seit dem 3. September streiken im ostukrainischen Krywyj Rih, dem Zentrum der ukrainischen Metallurgie und der Heimat des derzeitigen Präsidenten – Wolodymyr Selenskyj – die Bergarbeiter. Einige Hundert von ihnen sind seitdem in anderthalb Kilometern Tiefe und weigern sich, den Schacht zu verlassen.
Sie lehnen die Abschaffung von Sonderkonditionen bei den Rentenauszahlungen ab, fordern eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und angemessene Löhne.
«Respekt beginnt bei 1.000 EUR» – lautet das Motto des Streiks. Diese Summe fordern die Protestierenden als Lohn. In der Ukraine, wo der Durchschnittslohn bei etwa 300 Euro liegt, ist diese Forderung ziemlich radikal. Jedoch erhielten Bergleute bereits früher schon einmal Löhne in Höhe von etwa 1.000 EUR bis 2014 die massive Abwertung der Hrywna einsetzte.
Das im Krywbass abgebaute Eisenerz wird zu weltmarktüblichen Preisen international exportiert. Die Bergleute glauben, dass ihre Löhne nicht auf Grundlage realer Kosten und Gewinne des Unternehmens, sondern durch das allgemein niedrige Lohnniveau in der Ukraine bestimmt werden….
(…) Laut einer Studie, die von der GUE/NGL gefördert wurde, verliert der ukrainische Haushalt durch Offshore-Konstrukte der Eisenerzkombinate in Krywyi Rih jährlich etwa 540 Millionen Dollar Steuereinnahmen. Diese Mittel sind mit der internationalen Hilfe vergleichbar, die die Ukraine vom IWF und anderen Institutionen bekommt. Der Kampf gegen Steuerhinterziehung würde nicht nur angemessene Löhne und Arbeitsbedingungen für Bergarbeiter mit sich bringen, sondern auch die Einnahmen im sozialen Bereich erhöhen. Ein Bereich der chronisch unterfinanziert ist und die Mehrheit der Bevölkerung der Ukraine betrifft.
Quelle: Rosa Luxemburg
- Bericht vom Schweigemarsch in Berlin – und was die Medien daraus gemacht haben
Gastbeitrag von Henry Mattheß.
Die Berichterstattung über den Schweigemarsch gegen die Corona-Maßnahmen am 10. Oktober in Berlin, zeigt, wie Medienkonsumenten bei ihrer Meinungsbildung einer parallelen Realität ausgesetzt sind. Eine dpa-Meldung, eine grundlose Verhaftung und eine nicht nachvollziehbare Polizeiangabe zu den Teilnehmerzahlen konstruieren zusammen eine ganz eigene mediale Realität von den Ereignissen.
Wer wie der Autor am 10. Oktober Augenzeuge des Schweigemarsches in Berlin gegen die Unverhältnismäßigkeit vieler Corona-Maßnahmen war, reibt sich bei Sichtung der medialen Berichterstattung verwundert die Augen ob des Unterschiedes zur eigenen Wahrnehmung vor Ort.
Es beginnt mit der Schätzung der Teilnehmerzahl durch die Berliner Polizei von einigen tausend Demonstranten. Angesichts eines gut 3 km langen Protestzug schätzt der Autor eingerechnet der stets eingehaltenen Hygieneabstände die Teilnehmerzahl auf mindestens 30.000. Der Realität angemessen wäre also eine Polizeiangabe von einigen zehntausend Demonstranten gewesen.
Allen gesichteten Presseberichten liegt eine Meldung der Deutschen Presseagentur (dpa) zugrunde, auf deren Wiedergabe sich z.B. die FAZ und die WELT beschränken. Im dpa-Text wird das Anliegen der Veranstalter des Schweigemarsches korrekt zitiert, aber nahtlos mit der Person des Vegankochs Attila Hildmann verklammert…
Fazit
Die Realität einer auch für Berlin sehr großen und wieder friedlichen Demonstration von zehntausenden Teilnehmern wird von Medien durch eine eigene “Realität” ersetzt. Eine dpa-Meldung bewirkte die Gleichrichtung der mittlerweile stark zentralisierten redaktionellen Berichterstattung und versah den Schweigemarsch mit einer sachlich völlig unangemessenen Rechtsextremismus-Rahmung. Redaktionen verstärken diese Verklammerung noch mit tendenziösen, personalisierten Inhalten. Die Polizei verkündet klar untertriebene Teilnehmerzahlen.
Ergebnis der so konstruierten Medienrealität: Es demonstrierten nur einige tausend Menschen, die mit Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern in Verbindung stehen, was mit einer Verhaftung eines angeblich solchen “belegt” wird.
ARD und ZDF als öffentliche Rundfunkanstalten mit gesetzlichem Informationsauftrag verschweigen die Demonstration mehrerer zehntausend Menschen zu einem hochaktuellen Thema komplett, während über jede Demonstration in Weissrussland ausführlich berichtet wird. Und auch dem einstigen Nachrichtenmagazin Der Spiegel ist sie keine Nachricht wert. Ein Stategiewechsel vom Diffamieren zum Totschweigen?
Kommentar von Norbert Häring
Ich habe mir das Video der Verhaftung angeschaut, und es ist wirklich sehr irritierend. Ein Anlass für die Verhaftung ist nicht zu erkennen, auch nicht dass Hildmann oder sonst jemand gesagt worden wäre, was er falsch gemacht haben soll. Eine eher feingliedrige Frau, die weder bedrohlich wirkt, noch sich so verhält – im Gegensatz zu Hildmann ohne Maske – wird von zwei Beamten mit Armhebeln niedergehalten, ohne dass ein Anlass für diese Art der Behandlung erkennbar wäre.
Leseempfehlung von Norbert Häring
Jens Berger hat auf den Nachdenkseiten einen lesenswerten Kommentar darüber geschriebenwie der Protest künstlich auf einige Personen mit zum Teil ziemlich schrägen und extremen Ansichten (Hildmann zähle ich dazu) reduziert und dann mit diesen Personen die gesamte Protestbewegung diskreditiert wird. (Marco Wenzel: Wendler, Hildmann, Naidoo und Co. – Nebelkerzen zur Einengung des Debattenraums)
Quelle: Norbert Häring
- Mittelmeer-Streit: Deutschland beschwichtigt, Erdogan trumpft auf
Die Regierung in Ankara schickt die Oruc Reis wieder dorthin, wo sie schon einmal für Ärger sorgte. Griechenland sagt Gespräche ab
Alles wieder auf Anfang? Die griechische Regierung sagt nun nein zu Gesprächen mit der Türkei. Solange sich das türkische Schiff Oruc Reis in Gewässern bewege, die von Griechenland beansprucht werden, werde es keine Sondierungskontakte mit der Türkei geben, teilte der griechische Regierungssprecher Stelios Petsas mit. Die Entsendung des Explorationsschiffes in Gewässer in der Nähe der Insel Kastellorizo stellt aus Sicht der griechischen Regierung eine “schwerwiegende Eskalation” und eine “direkte Bedrohung des Friedens” dar…
Die Rückbeorderung der Oruc Reis vor einem Monat war auch für die deutsche Regierung eine wichtige Rückendeckung.
Denn die Regierung Merkel setzte sich maßgeblich dafür ein, dass es in der Streitsache keine EU-Sanktionen gegen die Türkei geben würde, obwohl Frankreich und EU-Südländer dafür waren…
Nun führt sie die türkische Regierung erneut vor. Erdogan stellt die Bedingungen. Die deutsche Politik gibt ihm großen Raum für seine Selbstverwirklichungsprojekte…Die deutsche Regierung schaut gebannt auf die geopolitische Bedeutung der Türkei, auf deren Bereitschaft zu militärischen Aktionen, auf kommende Flüchtlingskrisen und auf ihre Bürger mit türkischem Hintergrund. Bei den auf Beschwichtigung setzenden Handlungen spielen Geschäftsinteressen und eine Portion Angst mit…
Quelle: Telepolis
- Arbeiter und Angestellte: Sie haben nichts von der FPÖ
Die FPÖ gibt sich gerne als „soziale Heimatpartei“. Egal ob unter Haider, Strache oder jetzt Hofer – sie tut, als ob sie die Partei der normalen Leute wäre. Doch egal ob in Opposition oder Regierung: Die FPÖ vertritt gemeinsam mit der ÖVP Konzerne und Österreichs Reichste. Und lässt sich von diesen fürstlich entlohnen, wie das Ibiza-Video zeigt.
Schwarz-Blau unter Strache, Hofer und Kurz
Wie ernst die FPÖ die Sorgen der „kleinen Leute“ nimmt, sieht man gut am Programm und den Beschlüssen der letzten schwarz-blauen Regierung. Kürzere Ruhepausen für Beschäftigte im Tourismus, der 12-Stunden-Tag und die geplante Abschaffung der Notstandshilfe – das war alles kein Problem für die selbsternannte „soziale Heimatpartei“ in der schwarz-blauen Koalition.
Außerdem erhöhte die FPÖ den Lohndruck durch mehr schlecht bezahlte Arbeitskräfte aus EU-Drittstaaten und kürzte die Facharbeiterförderung. Einer ihrer größten Umfaller war die Zustimmung zu dem Freihandelsabkommen CETA.
Die FPÖ bessert sich in der Opposition nicht
(…) Nach dem Wechsel in die Opposition hat sich die Politik der FPÖ wenig verändert. Seit der schwarz-grünen Regierungsangelobung haben die Freiheitlichen gegen zahlreiche Verbesserungen für arbeitende Menschen gestimmt. Und das obwohl es keinen Koalitionszwang gegeben hat, der sie dazu zwingen würde. So stimmten Hofer, Kickl und Co. etwa bei der Nationalratssitzung am 23. September 2020 gegen eine 15-minütige Maskenpause für Arbeitnehmerinnen mit Maskenpflicht. Auch als es darum ging, den Familienhärtefallfonds zu reparieren, stimmten die Blauen mit schwarz und grün. Damit verhinderten sie deutliche Verbesserungen für geringfügig Beschäftigte, Selbstständige und Alleinerziehende in Karenz.
Außerdem waren die Freiheitlichen dagegen, Corona-Hilfen für Konzerne an Bedingungen wie eine Arbeitsplatzgarantie und einen Verzicht auf Bonus- und Dividendenzahlungen zu knüpfen. Auch für die Einführung einer freiwilligen 4-Tage-Woche war die FPÖ nie zu gewinnen.
Im Bundesrat zeichnet sich ein ähnliches Bild. Dort stimmten sie etwa gegen ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen Kinderarmut…
Bei der FPÖ ist Sozialabbau Ideologie und Programm
All diese Dinge passen in das Programm der FPÖ…
Das FPÖ-Wirtschafts- und Wahlprogramm aus dem letzten Wahlkampf und ihr Wahlprogramm waren voller Angriffe auf Normal- und Niedrigverdiener: Der Sozialstaat soll abgebaut, Ausgaben für Gesundheit, Soziales und Bildung reduziert werden. Gleichzeitig soll die Mehrwertsteuer erhöht werden. Im Gegenzug will die FPÖ Steuererleichterungen für Großverdiener und Unternehmer, die Bankenregulierung aufweichen und die Vertretung von Arbeitnehmern schwächen…
Quelle: Kontrast at
- Fall Alexei Nawalny: EU bringt neue Russland-Sanktionen auf den Weg
Im Fall um den mutmaßlichen Giftanschlag auf den sogenannten “Kreml-Kritiker” Alexei Nawalny bringt die Europäische Union (EU) laut dpa neue Russland-Sanktionen auf den Weg. Die Außenminister der EU-Staaten einigten sich am Montag bei einem Treffen in Luxemburg darauf, mit den notwendigen Vorbereitungen zu beginnen.
Deutschland und Frankreich hatten zuvor gemeinsame EU-Strafmaßnahmen wegen des mutmaßlichen Giftanschlags mit einem “militärischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe” vorgeschlagen. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) aus Diplomatenkreisen erfuhr, begründeten sie den Schritt damit, dass Russland Aufforderungen zu einer lückenlosen Aufklärung der Tat bislang nicht nachgekommen sei.
Quelle: RT
Dazu auch: Neues Navalny-Interview:
Deutschland als Helfer für innerrussische Propaganda gegen die Regierung
Die deutsche Bundesregierung scheint fest entschlossen zu sein, den Fall Navalny zu nutzen, um die deutsch-russischen Beziehungen nachhaltig zu zerstören. Ein weiteres Beispiel dafür ist ein Interview, das nun veröffentlicht wurde…
Das russische Außenministerium scheint inzwischen auch die Geduld zu verlieren, wie deren Verlautbarungen zeigen:
„Es sei daran erinnert, dass im Westen oft behauptet wird, man könne in den Beziehungen zu Russland nicht zur Tagesordnung übergehen, also dürfe es kein „business as usual“ geben. Von unserer Seite kommen wir zum Schluss, dass mit Blick auf dieses Verhalten Deutschlands und seiner EU- und Nato-Verbündeten es der Westen ist, mit dem man unmöglich etwas zu tun haben kann, bis er die Methoden der Provokationen und Manipulationen abgelegt hat und sich ehrlich und verantwortungsbewusst zu verhalten beginnt.“
Derart deutliche Worte hat es aus Moskau in Richtung Berlin seit Jahrzehnten nicht gegeben. Und nun hat die Bundesregierung einen weiteren Nadelstich gegen Moskau gesetzt.
In Russland gibt es einen populären Journalisten und YouTube-Blogger namens Jurij Dud, der mit seinem erst drei Jahre alten YouTube-Kanal schon über acht Millionen Follower hat. Dud ist ein klarer Regierungsgegner und sein Konzept sind lange und ausführliche Interviews, was ein wenig an Ken-FM erinnert. Allerdings ist das Format von Dud eher auf junge Leute zugeschnitten…
Nun hat Dud ein neues Interview veröffentlicht und zwar mit Navalny. Das wäre kaum erwähnenswert, wenn Corona nicht wäre. Die deutschen Grenzen sind für Russen geschlossen, man kommt als Russe nur mit einer Ausnahmegenehmigung der Bundesregierung nach Deutschland. Aber das Interview haben sie in Berlin aufgezeichnet, wie sie auch in dem Interview mehrmals erzählen. Das bedeutet, dass die Bundesregierung Dud extra eine Einreisegenehmigung gegeben hat.
Das Interview wird im Westen niemand erwähnen, denn in der Sache sagt Navalny darin nichts Neues oder Interessantes, was die Medien aufgreifen könnten. Aber in Russland macht es Furore und hat in wenigen Tagen schon über 15 Millionen Klicks gesammelt. Die Bundesregierung hat also Dud eine Ausnahme-Einreisegenehmigung erteilt, damit er in Russland anti-russische Propaganda machen kann…
Quelle: Anti-Spiegel
- Bergkarabach-Konflikt: Kim Kardashian mobilisiert armenische Diaspora
(…) Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Bergkarabach hat auch die große armenische Diaspora in Los Angeles in Kalifornien alarmiert. Ein weltweit bekannter Name, die Realityshow-Ikone und Unternehmerin für Mode und Kosmetik mit armenischen Wurzeln, Kim Kardashian, machte den Auftakt für die Mobilisierung mit ihrem Spendenaufruf an alle US-amerikanischen Armenier und eröffnete die Hilfskampagne mit einer Million US-Dollar an den pan-armenischen Hayastan All-Armenian Fund. Damit soll humanitäre Hilfe wie Nahrung, Obdach und Medizin gewährleistet werden…
In den USA leben circa 800.000 Menschen armenischer Abstammung. In Südkalifornien lebt die größte armenische Gemeinde der USA.
Am Sonntag liefen Tausende Protestierende mit der Fahne Armeniens durch die Straßen von Los Angeles. Mindestens 20.000 Menschen sollen sich vor dem türkischen Konsulat in Beverly Hills versammelt haben, um die Unterstützung der Türkei für Aserbaidschan zu verurteilen.
Auch der Bürgermeister von Los Angeles, Eric Garcetti, sandte einen Unterstützungs-Tweet für die Protestierenden und hängte diesem noch einen offenen Brief an den US-Außenminister Mike Pompeo an. Darin drängten mehrere Bürgermeister und Kongressabgeordnete die US-Führung zur Hilfeleistung bei der Deeskalation des Bergkarabach-Konflikts…
Quelle: RT
Dazu: „Es werden wahllos Wohngebiete angegriffen“
im Gespräch mit Hovhannes Gevorkian über den Krieg in Bergkarabach
(…) Welches Ausmaß hatte der Krieg? Wie groß ist die Zerstörung und wie viele Menschen mussten ihr Leben lassen?
Der Krieg begann am Morgen des 27. September durch einen großangelegten und kalkulierten Angriff seitens der aserbaidschanischen Truppen zusammen mit den eigens aus Syrien rekrutierten islamistischen Dschihadisten. Das türkische Militär war nicht nur in die Planungen involviert, sondern von Anfang an eine Kriegspartei mit eigenen Kampfjets, militärischen Beratern und Soldaten. Die Soldaten griffen zwar nicht direkt ein, allerdings waren die Kampfjets im Einsatz und schossen ein armenisches Flugzeug über armenischem Territorium ab.
(…) Auch die Türkei ist ein wesentlicher Unterstützer Bakus, insbesondere durch Waffenlieferungen. Das aserbaidschanische Militär prahlte online regelrecht mit seinem Einsatz türkischer Kampfdrohnen in den jüngsten Gefechten. Wie eng ist die türkisch-aserbaidschanische Kooperation und welche strategischen/geopolitischen Interessen verfolgt Ankara hier?
Die Kooperation ist sehr eng und so tief wie nie zuvor. Zwischen Baku und Ankara gab es schon immer eine Allianz und türkische Waffenlieferungen für aserbaidschanisches Öl und Gas waren Standard. Heute allerdings sieht es so aus, als würde die Türkei den Ton in diesem Krieg angeben und klar die Führung gegenüber Baku haben. Der Präsident von Arzach/Karabach, Arajik Harutjunjan, der selbst an der Front ist und die vielleicht meistgehasste Figur in Aserbaidschan ist, sagte offen, dass „nicht Aserbaidschan, sondern die Türkei Krieg gegen uns führt”.
Es gibt türkische Waffen, aber auch türkische Militärangehörige in Aserbaidschan. Die Abstimmung zwischen den beiden Regimen ist sehr eng und immer wieder gibt es ranghohe Besuche seitens der türkischen Politiker in Baku. Erst kürzlich, nämlich am 6. Oktober war der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu in Baku und sprach davon, dass die Türkei und Aserbaidschan „eine Nation“ seien. Er sagte: „Niemand sollte Zweifel haben, dass wir auch als ein Staat handeln werden, wenn es nötig sein sollte.” Übersetzt: Die Türkei sieht Aserbaidschan als Teil seines Einflussgebietes an und droht offen damit, direkt in den Krieg zu intervenieren.
Der Hintergrund dieser sehr aggressiven Herangehensweise liegt darin, dass die Türkei so eine stärkere Präsenz in Aserbaidschan aufbauen und dort Militärbasen errichten kann, nachdem das zuvor nur in der aserbaidschanischen Exklave Nachitschewan möglich war, die zwar an die Türkei, aber nicht an Aserbaidschan grenzt. Nicht zuletzt kann so die russische Hegemonie im Kaukasus womöglich zurückgedrängt werden, wobei Moskau und Ankara natürlich gegenseitige Interessen haben, nicht nur im Kaukasus, sondern auch in Libyen und Syrien.
(…) Dieser Konflikt ist komplex, aber Fakt ist, dass er damit zu tun, dass sich auf beiden Seiten moderne kapitalistische Nationalstaaten gebildet haben, die jeweils für sich homogen sein wollen. Das nationalistische Denken ist tief verankert und hat die Region traumatisiert. Ich persönlich denke, dass ein friedliches und freies Zusammenleben nur gemeinsam möglich ist, damit auch die Frage der Geflüchteten gelöst werden kann: Dies kann allerdings niemals unter kapitalistischen Bedingungen möglich sein, sodass die kapitalistische Ordnung nicht nur in Armenien und Aserbaidschan, sondern in der gesamten Region gestürzt werden muss.
Quelle: justice now
- Dimensionen deutscher Aufrüstung
Die Bundesregierung richtet ihre Aufrüstungsanstrengungen auf Großmachtkonkurrenz aus. Sie nennt das Landes- und Bündnis-verteidigung und hat dabei vor allem Russland, zunehmend aber auch China im Visier. Sie fährt ihren Aufrüstungskurs, den sie aus dem Zwei-Prozent-Ziel-Beschluss der NATO-Regierungschefs 2014 ableitet, zweigleisig. Indem sie zum einen die Stärkung des europäischen Pfeilers der NATO betont, stellt sie aber zugleich Weichen für eine militärische Unabhängigkeit der EU von den USA. (Fern-)ziel ist die Schaffung einer europäischen Armee.
(…) Deutsch-französisch-spanische Luftkampfmittel der nächsten Generation
Gigantische deutsch-französisch-spanische Pläne zur Entwicklung und Herstellung einer neuen Generation von Kampfflugzeugen – der 6. Generation – nehmen allmählich Gestalt an. Die von Kanzlerin Merkel und Präsident Macron 2017 getroffene Vereinbarung zur Herstellung eines Future Combat Aircraft Systems (FCAS) soll bis 2040 abgeschlossen sein und allein Entwicklungskosten in Höhe von 100 Milliarden Euro verschlingen.[43] Das FCAS soll mit Künstlicher Intelligenz, Kampfdrohnen, Drohnenschwärmen, Flugzeugen und im Verbund mit den anderen Teilstreitkräften ein „System der Systeme“ schaffen, von dem die Luftwaffeninspekteure Deutschlands, Frankreichs und Spaniens sagen, es „soll in allen Kategorien des Luftkampfes über hervorragende Fähigkeiten verfügen, dadurch die Luftüberlegenheit unserer Luftwaffen und dadurch die erforderliche Bewegungsfreiheit der anderen Teilstreitkräfte sicherstellen.
(…) Rüstungsexport
Im letzten Jahr genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte in bis dahin nie gekannter Höhe. Mit 8,015 Milliarden Euro verdoppelte sie ihren Wert im Vergleich zu 2018…
Neueste Zahlen besagen, dass der Wert der tatsächlichen deutschen Kriegswaffenausfuhr in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 40 Prozent höher liegt. Der Kampf für einen Stopp des Rüstungsexports muss also weiter oben auf der Agenda der Friedensbewegung bleiben.
Weitere wichtige Themen sind: ein drohender Krieg der USA/Israels mit dem Iran, insbesondere dann, wenn Trump wiedergewählt wird. Das Vorhaben Kramp-Karrenbauers als Vorstufe für eine allgemeine Dienstpflicht eine neuen Freiwilligendienst für die Bundeswehr einzuführen. Unter dem Motto „Dein Jahr für Deutschland“ sollen ab 2021 Freiwillige nach 6 Monaten militärischer Grundausbildung ein weiteres halbes Jahr heimatnah zu Reservediensten herangezogen werden.
Die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Zurzeit sind es 13 mit 2.863 Soldatinnen und Soldaten. Die größten sind in Afghanistan mit noch 1.105 und die beiden in Mali mit zusammen 993 Soldat*innen, dann folgen die Einsätze in Syrien/Irak mit 246 Soldat*innen. Mali wird hier sicherlich der Dauerbrenner.
Quelle: Gewerkschaftsforum
Dazu: Die Atomkriegsübung der Bundeswehr
Die Bundeswehr führt diese Woche ihr jährliches Nuklearmanöver durch. US-Umstellung auf “Mini-Nukes” erhöht Atomkriegsgefahr.
Berlin/Washington (Eigener Bericht) – Die Bundeswehr hat laut Berichten ihre diesjährige Atomkriegsübung begonnen. Demnach trainiert in dieser Woche die Luftwaffe im Rahmen des Manövers “Steadfast Noon” die Abläufe, die durchgeführt werden müssen, wenn deutsche Piloten im Rahmen der sogenannten Nuklearen Teilhabe US-Atombomben abwerfen. “Steadfast Noon” findet jedes Jahr im Herbst statt. Dieses Jahr ist unter anderem der Fliegerhorst Nörvenich unweit Kölns eingebunden, der als Ausweichstandort für die 20 auf dem Fliegerhorst Büchel (Eifel) eingelagerten US-Atombomben vorgesehen ist. In Büchel findet gleichzeitig ein zweites Manöver statt, bei dem es darum geht, “wichtige Infrastruktur vor Bedrohungen aus der Luft zu schützen”. Sowohl die dortigen Kernwaffen wie auch die Kampfjets, die sie abwerfen können, sollen für Milliardensummen modernisiert werden; die neuen Atombomben vom Typ B61-12 können zudem mit geringerer Sprengkraft eingesetzt werden, was die Hemmschwelle zum Nuklearkrieg senkt. Berichten zufolge ist in NATO-Dokumenten von “nuklearen Erstschlägen” die Rede.
Quelle: German Foreign Policy
- Gegen Krone und Patriarchat
Über den Kampf der Frauen Saudi-Arabiens und das falsche Spiel des Tyrannen Mohammed bin Salman
Seit der De-facto-Machtübernahme des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (MbS) wurde eine Reihe an Reformen initiiert, die das Leben saudischer Frauen merklich verbesserten. Doch dürfen diese Entwicklungen nicht als echter gesellschaftlicher Wandel begriffen und MbS keine aufrichtig progressive Agenda unterstellt werden. Sie gründen sich auf reinen ökonomischen Pragmatismus: MbS braucht die Frauen zwingend für die Durchführung seiner Vision 2030, jenem ambitionierten Programm zur umfassenden Diversifizierung, das die saudische Wirtschaft fürs 21. Jahrhundert rüsten soll.
(…) MbS – der tyrannische Reformer
… Es steht außer Frage, dass MbS seit seinem rasanten Aufstieg zur Macht, beginnend mit der Inthronisierung seines Vaters 2015, durch verschiedene Maßnahmen das alltägliche Leben vieler Frauen im absolutistisch regierten Königreich verbessert hat… Im Juni 2018 wurde das Fahrverbot für Frauen aufgehoben. 2019 wurde eine Initiative initiiert, die gleiche Löhne für Männer und Frauen anstrebt (bislang verdienen Frauen teilweise nur 54 Prozent für dieselbe Tätigkeit). 2019 wurde der zwingend konservative Dresscode für Touristinnen gelockert, was den Weg ebnen könnte, dass dies eines Tages auch für saudische Frauen Realität wird. Die vollständige Geschlechtertrennung am Arbeitsplatz wird schrittweise aufgehoben. Frauen wurden die Tore zu Sportevents, Kinos und Konzerten geöffnet, in Restaurants und Cafés dürfen auch Frauen und Männer, die nicht verwandt sind, zusammensitzen. Erstmals durften Frauen bei Kommunalwahlen wählen und sich selbst aufstellen lassen. (Auch die inhaftierte Driving Activist Loujain al-Hathloul wollte sich zur Wahl stellen, wurde jedoch nicht zugelassen.) Die Macht der Sittenpolizei wurde beschnitten und Frauen dürfen erstmals Berufe bekleiden, die in der Vergangenheit nur Männern vorbehalten waren. Diese Schritte sind positiv anzuerkennen, doch bleibt allen voran eine große Kampfarena im Zentrum der Frauenemanzipation: das Vormundschaftsgesetz. De facto werden Frauen in Saudi-Arabien rechtlich wie Minderjährige behandelt und dürfen ohne Zustimmung ihres Vormunds – ihr Ehemann, Bruder, Vater oder selbst der Sohn – nicht reisen, einen Job annehmen, Behördengänge bestreiten oder sich scheiden lassen…
(…) Das ökonomische Megaprojekt Vision 2030 soll die saudische Volkswirtschaft umfassend restrukturieren und diversifizieren – weg vom Öl, hin zur High-Tech-Nation und zur Investmentdrehscheibe des eurafrasischen Raums. Saudi-Arabien soll die Speerspitze des globalisierten Finanzmarkt-Kapitalismus in Nahost werden….
Die Vision 2030 soll einerseits von den jungen Menschen des Landes realisiert werden und andererseits: von den Frauen. Denn davon abgesehen, dass Frauen in der Regel die Hälfte einer Gesellschaft ausmachen, sind saudische Frauen in der Tendenz besser ausgebildet, arbeiten härter, schreiben sich öfter an den Universitäten ein und schließen diese öfter erfolgreich ab als die saudischen Männer…
Die Vision 2030 ist eine ökonomische Revolution, die sich gewisser gesellschaftlicher und politischer Zugeständnisse bedient, solange sie das für diese Umwälzung zwingend notwendige Image nähren und so der volkswirtschaftlichen Agenda dienen. Dies ist auch die bittere Erkenntnis, die im Zentrum der Frauenkämpfe steht: MbS ist kein Reformer, dem die Sache der Frauen aufrichtig am Herzen liegt. Er ist ein Opportunist, der Frauen als politisch-ökonomische Manövriermasse instrumentalisiert, solange es ihm als Führer der herrschenden Klasse dient. MbS ist kein progressiver Hoffnungsträger, wie er selbst und die liberale Intelligenzia im Westen, die reihenweise auf ihn hereinfiel, der Welt gerne weismachen wollen. Die Hoffnung auf emanzipatorischen Wandel liegt immer und einzig bei den unermüdlichen Menschenrechtsaktivistinnen im Inland und im Exil überall auf der Welt, bei den mutigen Frauen auf der Straße, die jeden Tag gegen Bevormundung und Patriarchat aufstehen und sich unbeugsam auch von unaussprechlicher Repression nicht einschüchtern lassen…
Quelle: justice now
- Millionen Beschäftigte überqualifiziert
Rund jeder achte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland hat einen Job unterhalb seines eigentlichen Ausbildungsniveaus.
Das geht aus einer Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Insgesamt übten Ende vergangenen Jahres 4,05 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte eine Tätigkeit aus, deren Anforderungsniveau unterhalb ihrer Qualifikation lag. Das waren 12,0 Prozent der 33,74 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Bei den Minijobbern war sogar jeder Fünfte formal überqualifiziert: 911.000 von ihnen arbeiteten unterhalb ihres Qualifikationsniveaus.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- Superreiche in Deutschland und weltweit werden reicher
Die Corona-Krise hat die Superreichen rund um den Globus noch reicher gemacht. Das Gesamtvermögen der mehr als 2000 Dollar-Milliardäre weltweit stieg bis Ende Juli auch dank der Erholung an den Aktienmärkten auf den Rekordwert von rund 10,2 Billionen US-Dollar (8,7 Billionen Euro). Das geht aus Berechnungen der Beratungsgesellschaft PwC und der Schweizer Großbank UBS hervor.
Vor allem Engagements in schnell wachsenden Bereichen wie Technologie und Gesundheitswesen erwiesen sich der Studie zufolge als Treiber.
Das gewaltige Vermögen verteilt sich demnach auf 2189 Männer und Frauen. Die Summe ist in Euro umgerechnet mehr als doppelt so hoch wie die gesamte jährliche Wirtschaftsleistung Deutschlands als größter Volkswirtschaft Europas (2019: knapp 3,5 Billionen Euro). Berücksichtigt wurden Bargeld, Immobilien, Luxusgüter sowie Aktien und Firmenvermögen. Verbindlichkeiten wurden abgezogen.
Quelle: Berliner Zeitung
- Kevin Kühnert: Gerade erst strahlend am SPD-Himmel aufgetaucht und schon wieder erloschen???
Die Partei als Türöffner für Karriere oder, wie aus einem GroKo-Gegner ein GroKo-Versteher wird
Es gab eine Zeit, noch nicht allzu lange her, da glaubte ich einen neuen Stern am SPD-Himmel leuchten zu sehen. Kevin Kühnert heißt der Mann, den ich als Hoffnungsträger der heruntergekommenen SPD sehen wollte. Die verbreitete Hinneigung für den jungen Mann ließ auch mich nicht unberührt.
Wie aus Saulus ein Paulus wurde; oder besser umgekehrt?
Einer der ganz wenigen Kenner der deutschen Sozialdemokratie, Albrecht Müller, Kanzlerberater von Willy Brandt und Helmut Schmidt, hat auch schon anfangs nicht die Euphorie verbreitet, wie sie in mir erwacht war. Seine persönlichen Erfahrungen gaben dabei wohl den Ausschlag.
Auch die zur Vorsicht mahnenden Stimmen in meinem persönlichen Umfeld habe ich eher überhört, als kritisch vorauszudenken. An anderer Stelle bemerkte Albrecht Müller:
„Falls Sie sich fragen, warum wir uns hier mit den Jusos beschäftigen: Die Antwort ist klar. Ich habe mit Ihnen eine Hoffnung verbunden. Und dann habe ich dummerweise geprüft, ob diese Hoffnung eine Basis hat und musste feststellen: Leider nicht.“
Was Müller unter Einflussagenten versteht, hat er in seinem Buch „Die Revolution ist fällig – Aber sie ist verboten“ beschrieben. Um den Begriff „Einflussagenten“ den Beigeschmack von krimineller Tätigkeit zu nehmen, hat er zur Entschärfung im weiteren Text die Umformulierung „Einflusspersonen“ gewählt, wobei jede Leserin oder jeder Leser selbst entscheiden kann, wie er selbst darüber denkt.
Was er in seinem aktuellen NachDenkSeiten-Beitrag von heute im Hinblick auf Kevin Kühnert veranschaulicht, ist im Zusammenhang auf den SPD-Hoffnungsträger zu beziehen.
Meine doch seit 2018 und dann im Dezember 2019 etwas voreilig aufgebaute Erwartung, dass es in der SPD mit Saskia Esken und Nobert Walter-Borjans als Vorsitzende und dem erfrischend neuen Vorstandsmitglied Kühnert zur propagierten Erneuerung kommen könne, wich sehr schnell der Ernüchterung. Wie zurzeit absehbar ist, kommt es höchstwahrscheinlich anders als man denkt. Ihn hat nun auch das Schicksal seiner Vorgänger im Juso-Amt ereilt, d.h., wer Karriere machen will, kann das nur mit der Mutter; leider ist die Mutter, für sehr viele Enttäuschte auf dem falschen Pfad.
Und die Zukunft der SPD?
Markus LANZ erhielt in seiner Talksendung am 8.102020 auf die Frage an Sahra Wagenknecht zu Rot-Rot-Grün die sinngemäße Antwort, … darauf gibt es doch überhaupt keine realistische Aussicht, … damit, dass die SPD ausgerechnet Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten gemacht hat, hat sie sich bei 15 Prozent verbunkert.
Das sieht nicht nur Sahra Wagenknecht so.
Albrecht Müllers Résumé
„Wenn die SPD nicht endlich ihr friedenspolitisches und soziales gesellschaftspolitisches Profil wiedergewinnt, wird sie bei Wahlen im Keller bleiben und keine große politische Rolle mehr spielen. Der Einflussagent Kühnert hat offensichtlich auch dafür zu sorgen, dass dieser Ernstfall eintritt: die totale Bedeutungslosigkeit der SPD.“
Quelle: von links gedacht
Lesen Sie dazu bitte auch: Albrecht Müller – „Der Prototyp des Einflussagenten: Kühnert“ und die Leserbriefe dazu.