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Titel: Der notwendige integrierte Schienenverkehrs-Takt und Stuttgart 21 passen nicht zusammen
Datum: 1. Oktober 2020 um 16:43 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Innere Sicherheit, Stuttgart 21, Verkehrspolitik
Verantwortlich: Albrecht Müller
Vor 10 Jahren hat in Stuttgart eine brutale Schlacht stattgefunden. Aus diesem Grund hat der SWR gestern Abend zwei Dokumentationen gesendet. In der ersten Sendung ging es um das brutale Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten, die sich am 30. September 2010 gegen das Fällen der Bäume im Schlosspark und gegen Stuttgart 21 gewandt hatten. Mehrere Menschen wurden schwer verletzt. In einem zweiten anschließenden Video wurde untersucht, wie das jetzt verkündete und begrüßenswerte Projekt der Deutschen Bahn für einen integrierten Taktfahrplan mit dem Stuttgart 21-Projekt zusammenpasst. Nicht. – Es folgen A. die Anmoderation und die Links zu den beiden Dokumentationen und dann B. einige Stichworte zu den Inhalten. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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DER SCHWARZE DONNERSTAG UND SEINE FOLGEN
Erste Doku:
DEMONSTRATION UND POLIZEIEINSATZ GEGEN UMSTRITTENES BAUPROJEKT
Stuttgart 21: Zehn Jahre nach dem Schwarzen Donnerstag – was damals geschah
Am 30. September 2010 sind die Auseinandersetzungen über das Bahnprojekt Stuttgart 21 in der Landeshauptstadt eskaliert und als Schwarzer Donnerstag in die Geschichte eingegangen – ein Rückblick.
30.9.2010 im Stuttgarter Schlossgarten: Ein Wasserwerfer ist aus nächster Nähe auf Demonstranten gerichtet. (Archivbild)
…
swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/10-jahre-schwarzer-donnerstag-stuttgart-21-hintergrund-100.html
Zweite Doku:
Baustelle Bahn – Falsche Weichenstellung im Südwesten?
Mit dem Mammutprojekt Stuttgart 21 betreibt die Deutsche Bahn die größte und teuerste Baustelle Europas. Doch ist der neue Bahnknoten überhaupt fit für den angepeilten Deutschlandtakt oder wurden wichtige Weichen der Bahnpolitik falsch gestellt?
…
ardmediathek.de/ard/video/baustelle-bahn/swr-fernsehen/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzEzMTAxODk/
Die Brutalität des Polizeieinsatzes gegen friedliche Demonstranten, alte Menschen und Schüler darunter, wird gut dokumentiert.
Es wird auch dokumentiert, dass es divergierende Ansichten zum Ob und zum Wie des Polizeieinsatzes in Stuttgart und in Baden-Württemberg insgesamt gab. Der Stuttgarter Polizeipräsident war zurückhaltend, hat abgeraten; die Landesregierung und der Landespolizeichef und die Bahn sowieso waren für den massiven polizeilichen Einsatz.
Herausragend unter den Gewaltbefürwortern: der Ministerpräsident Mappus (CDU). Bei ihm spielte offensichtlich auch das Ziel, die Macht und Gewalt der politisch Verantwortlichen und des Staates zu demonstrieren, eine Rolle.
Mappus hatte sichtbar die Unterstützung der Bundeskanzlerin Merkel. Auch bei ihr, wie man weiß, aus grundsätzlichen Erwägungen: um die Verlässlichkeit der Politik zu demonstrieren. Welch ein Wahnsinn, wenn man bedenkt, wie irrational und sachlich fragwürdig das gesamte Projekt ist.
Nebenbei: Es hätte in der bundesrepublikanischen Geschichte schon viele Projekte gegeben, bei denen man trotz Einsicht in die sachliche Fragwürdigkeit aus Gründen der „Verlässlichkeit“ bei der fragwürdigen Linie hätte bleiben müssen: der Schnelle Brüter zum Beispiel oder die bemannte Weltraumforschung oder Wackersdorf.
Im ersten Video spielt ein Stuttgarter Richter, der zufällig bei der Demonstration und ihrer Niederschlagung am 30.9.2010 zugegen war, eine wichtige, objektivierende Rolle.
Im 2. Video geht es um den integralen Taktfahrplan und andere Vorschläge zur Verbesserung des Schienenverkehrs im Südwesten, in Deutschland und in Europa.
Für einen integralen Taktfahrplan reichen die Gleiskapazitäten in Stuttgart nicht aus – wohlgemerkt nach dem Bau des unterirdischen Bahnhofs Stuttgart 21.
Der Präsident des Bundesrechnungshofs rät zur Vernunft in der Bahnpolitik und äußert sich insgesamt erstaunlich offen und unabhängig. Er hält offensichtlich nicht sehr viel von Stuttgart 21. Er rät zur Konzentration der Deutschen Bahn AG auf den Schienenverkehr in Deutschland und stellt sich damit gegen den Kurs, den die Führung der Bahn zum Beispiel unter Hartmut Mehdorn eingeschlagen hat: Aktivitäten und Investitionen all überall auf der Welt, aber nicht ausreichend hierzulande. Das hätte der Bundesrechnungshof vielleicht auch ein bisschen früher sagen können.
In der zweiten Dokumentation wird geschildert und belegt, dass die deutsche Seite, die Deutsche Bahn und die Verkehrspolitik insgesamt, jene Versprechen, die unseren Nachbarn, zum Beispiel der Schweiz, gegeben worden sind, nicht eingehalten hat. Das betrifft zum Beispiel das deutsche Schienennetz für den Personen- und Güterverkehr am Oberrhein zwischen Basel und Frankfurt/Main und im mittleren Rheintal zwischen Mainz und Köln. Die Schweiz hat viel investiert, zum Beispiel durch den Bau des Basis-Gotthardtunnels. Die Anbindung auf deutscher Seite fehlt.
Insgesamt ist in beiden Dokumentationen sichtbar geworden, dass in der deutschen Verkehrspolitik vermutlich ganz andere Interessen als die Interessen der Kunden des Schienenverkehrs eine Rolle spielen: die Interessen der deutschen Autoindustrie, der Tunnelbauer, der Grundstücksverwertung und damit der Immobilienwirtschaft.
Nebenbei: Die 2. Dokumentation hätte etwas straffer ausfallen können. Zu sehr und zu oft hält man sich bei der Reise einer Hebamme vom schwäbischen Hinterland in die Schweiz auf, um zu demonstrieren, auf welch miserablem Leistungsniveau die Deutsche Bahn gelandet ist.
Aber insgesamt zwei wirklich sehenswerte Sendungen.
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