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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Leserbriefe zu „Große Gefühle für Nawalny – eisige Kälte für Assange“
Datum: 30. August 2020 um 11:45 Uhr
Rubrik: einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Leserbriefe
Verantwortlich: Redaktion
Tobias Riegel hat in diesem Beitrag den Umgang von politischen Entscheidungsträgern und Medien mit Julian Assange und Alexej Nawalny verglichen. Die Bundesregierung hat sich für den erkrankten Herrn Nawalny eingesetzt, ihn nach Deutschland einreisen lassen und die Medien begleiten das wohlwollend – und mit anti-russischer Meinungsmache. Ganz anders ist der Umgang mit dem ebenfalls gesundheitlich angeschlagenen Herrn Assange. Die Bundesregierung unterlässt jede Hilfe, die Medien berichten fast gar nicht über sein Schicksal. Tobias Riegel kommt daher zu dem Schluss: „Der direkte Vergleich der Causa Nawalny mit dem Umgang mit Julian Assange ist beschämend für westliche Politiker und Medien.“
Zahlreiche Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten haben die Vorgänge auch verfolgt und uns ihre Eindrücke mitgeteilt. Für die Emails bedanken wir uns sehr. Es folgt eine Auswahl der eingereichten Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief
Hallo!
Ich zitiere mal, ja?
“Der Vorgang ist auch Anlass, um in der Vergangenheit ohne angemessene Beweise gegen Russland gerichtete Vorwürfe aufzuwärmen. Durch diese Praxis erscheint das Sündenregister Russlands auf den ersten Blick immens.”
Sie sprechen mir aus dem Herzen! Heute mittag (Sendung ab 12 Uhr) erlebte ich auf MDR Kultur (Radio) geradezu ein Paradebeispiel dieser Vorgehensweise. Im Gespräch mit der Moderatorin trat Volker Weichsel auf, über den nicht viel mehr zu erfahren war, als daß er Radakteur der Zeitschrift “Osteuropa” sei. Und der brachte anläßlich des Falles Nawalny genau solch eine lange Aufzählung des “Sündenregisters des Kreml”. Und da war wirklich alles dabei! Politkowskaja, Litwineko, Skripal, ebenso die bis zum Erbrechen erzählte Legende des “in Sichtwite des Kreml ermordeten Boris Nemzow”, als sei allein diese räumliche Nähe ein Täterbeweis. Und natürlich MH17! Da erzählte Weichsel,. daß es erwiesen sei, daß Russland nicht nur die BUK, sondern auch die Bedienmannschaft gestellt habe – also MH17 defacto von der russischen Armee abgeschossen wurde. Keine Konjunktive! Keine der üblichen Andeutungen oder verschwurbeltes Sprechen in “könnte, sollte, möglicherweise”…. Nein, Weichsel stellte das all diese zum Teil an einzelnen Härchen herbeigezogenen Anschuldigngen als erwiesene Tatsachen dar!
Und wieviele Hörer hören das, und glauben es!
Wer sagte nochmal, “man müsse eine Lüge nur oft genug wiederholen, und sie würde zur Wahrheit”?
Gruß, Ole
2. Leserbrief
Werter Herr Riegel!
Sie schreiben zum Ende ihres lesenswerten Beitrags. “Relativiert werden sollen aber aktuelle Kampagnen westlicher Medien, die Seriosität und Verhältnismäßigkeit bei der politischen und moralischen Einordnung abgelegt haben.”
Genau diese bewusst gefahrenen Kampagnen sind es, welche die Lage immer mehr zuspitzen. Vor einigen Tagen wies John Pilger zum Ende seines Beitrags “Es naht ein weiteres Hiroshima – es sei denn, wir halten es jetzt auf” auf die zunehmende gesteuerte Stimmungsmache gegen China, durch Australische Medien hin. Diese, so Pilger, haben schon zu Übergriffen gegen die dort lebende chinesische Minderheit geführt. Seit einigen Jahren wird weltweit eine verschärfte Stimmungsmache von westlichen Medien gegen “Alles und Jeden” gefahren, welcher nicht bereit ist, deren neoliberalen Doktrin zu folgen. Momentan wird diese im Gefolge von Corona noch mehr verschärft, so dass man sich fragen sollte: Wo bitte schön, soll das hin führen? Was treibt diese Stimmungsmacher an, solch einen Keil und auch Hass gegen anders Denkende in die Hirne ihrer Bürger zu treiben? Meine persönliche Sichtweise, das System des neoliberalen Kapitalismus ist an sein Ende gekommen, und der einzige Ausweg um diese Krise zu überwinden ist – ohne die Verursacher und Nutznießer des Systems in das Licht der Öffentlichkeit zu zerren – ein Krieg vom Zaun zu brechen. Das dieses nicht ein Hirngespinst meinerseits ist, haben Äußerungen von US-Amerikanischen Politikern schon des öfteren belegt. Einen auf Europa begrenzten “atomaren” Krieg konnte sich einige dieser Damen und Herren, schon während der Hochzeit der von Ihnen verursachten “Ukraine-Krise vorstellen. Um aufzuzeigen mit welcher Art von Menschen wir es hier zu tun haben, denen unsere gewählten Politikern bedingungslos folgen, möchte ich nochmal John Pilger zitieren. “Eine Studie der RAND Corporation – die seit Vietnam Amerikas Kriege plant – trägt den Titel: „Krieg mit China: Das Undenkbare durchdenken”. Die Autoren evozieren in der von der US-Armee beauftragten Studie den berüchtigten Slogan von Herman Kahn, dem Armee-Chefstrategen des Kalten Krieges: „das Undenkbare denken”. In seinem Buch „Über den thermonuklearen Krieg” arbeitete Kahn einen Plan für einen Atomkrieg aus, der sich „gewinnen” lasse. – Trumps Außenminister Mike Pompeo teilt Kahns apokalyptische Sicht. Er ist ein evangelikaler Fanatiker, der an eine „Entrückung am Ende” glaubt. Er ist vielleicht der derzeit gefährlichste Mann überhaupt. „Ich war CIA-Chef”, prahlte er, „Wir logen, betrogen, stahlen. Wir hatten quasi richtige Lehrgänge dazu.” Pompeo ist von China besessen.”
Möge ein jeder sich seine eigenen Gedanken zur Seriosität solcher Personen machen!
Mit frdl. Grüßen Ralf Matthias
3. Leserbrief
Lieber Herr Riegel,
vielen Dank für Ihren Artikel und den Vergleich zwischen Julian Assange und Alexej Navalny sowie die Reaktionen der deutschen Presselandschaft, die so verdorrt und verödet vor sich hin dümpelt genauso wie das, was wir zu lesen bekommen.
Julian Assange ist einer, der sich traute, die Wahrheit zu sagen und wie ich so über ihn nachdenke, fällt mir die „Freiheits-Oper Fidelio von Ludwig van Beethoven ein, in der der Freiheitskämpfer Florestan in Ketten gelegt verzweifelt singt: „In de Lebens Frühlingstagen ist das Glück von mir geflohen. Wahrheit wagt ich kühn zu sagen, und die Ketten sind mein Lohn!“ Eine Zeit des puren Feudalismus! Heute leben wir im Neo-Feudalismus und die Bestrafungen sind ähnlich. Auch wenn es keine Fürsten mehr gibt, sondern Kanzler und Präsidenten und Ketten bei Assange nicht rasseln, dafür aber in Guantanamo und anderen Gefängnissen.
Die Kultur der Moral und der Ehrlichkeit kann blühen und gedeihen oder man kann sie mit
Füßen treten, verlachen und verhöhnen, worüber sich auch Joh. Seb. Bach Gedanken gemacht hat, auch ein Kind des Feudalismus, was er in einer Arie verarbeitet hat, die geht so: „Schafe können sicher weiden, wo ein guter Hirte wacht. (hat mich sehr oft in meinen Nachtwachen begleitet) Wo Regenten gut regieren, kann man Ruh und Frieden spüren und was Länder glücklich macht.“
Wen nun repräsentiert Alexy Navalny?
Wenn eine herrschende politische Klasse wie die, die wir jetzt in Deutschland erleben und die Medien sich diesen willig unterworfen haben und alle sich nicht schämen, immer wieder gegen Russland zu hetzen und zu intrigieren, sich für so einen „Freiheitskämpfer“ stark macht, kann man gut und gerne annehmen, dass er keiner ist und die Bevölkerung wieder nach Strich und Faden falsch informiert wird, um Unfrieden, Hass, Aggressionen und Krieg zu schüren.
Wäre diese Regierung und diese Presse nur halbwegs neutral und hätte Werte und Normen die für alle gelten, müssten sie sich auch für Julian Assange einsetzen und dessen Freiheit wünschen und einfordern! Das tun sie aber nicht! Sie haben sich gegen Nächstenliebe, Mitgefühl und Fairplay bei Julian Assange entschieden und damit zeigen sie auch ihr wahres Gesicht! Sie sind keine guten Regenten und die Bevölkerung wird mehr und mehr ins Unglück gestürzt.
Natürlich wünsche ich auch Alexy Navalny, dass es ihm bald besser geht. Möglicherweise wurde er in ein künstliches Koma versetzt, um ihn besser behandeln zu können.
Beste Grüße
K.S.
4. Leserbrief
Guten Tag liebe NachDenkSeiten,
interessant die Nawalny –Sache. Da werden Polizei-Eskorten vom Berliner Flughafen für den Herrn gebildet. So also ob das ein hoher Staatsgast ist, der einer großen Gefahr in Deutschland ausgesetzt ist und daher so massiv geschützwerden muss. Man er erinnere sich, dass Deutschland nicht Willens und in der Lage ist Edward Snowden nach Deutschland zu holen, ohne dass er an Leib und Leben fürchten muss. So viel zum linksgrünen Narrativ, alle Menschen seien gleich und hätten dieselben Rechte in Deutschland und müssten schon deshalb alle hierher kommen dürfen, weil es ein Menschenrecht sei.
Danke für den heutigen Artikel auf den NDS, in dem Falle der Vergleich zu Assange. Abgesehen davon, dass es im Falle Nawalny scheinbar nicht interessiert, dass er wohl eher ein Rechtaußen-Nationalist (kein Patriot!) ist. Hier also eher vom linksgrünen Haltungsjournalismus in der Nähe der AfD einzuordnen wäre, wäre er deutsch und gegen Merkel. So ist er aber Russe und gegen Putin, da interessiert mal wieder seine rechtsextreme Gesinnung nicht, so wie damals Steinmeier beim ukrainischen Faschisten Jazenjuk. Überhaupt, warum muss ein ganzes Ärzte-Team, also mehrere Top-Ärzte, die hier sicherlich dringender gebraucht werden, nach Russland fliegen, um einen „Oppositions“-Politiker hier her zu holen? Warum Deutschland, warum interessiert sich kein anderes Land auf der Welt so sehr dafür, wie Deutschland? Hätte man auch Orban oder Höcke hier her geholt, wenn letzterer nicht ein deutscher Rechtsaußen-Oppositions-Politiker wäre, sondern ein „Kremlkritiker“? Und warum bezahlen das ganze „private“ Sponsoren und was hat „Cinema for peace“ damit zu tun? Und niemand hinterfragt es. Ähnlich heuchlerich sieht es beim Thema Weißrussland aus. Überhaupt, was soll das denn, Belaruss? Keiner sagt France, Moskwa, Praha oder Great Briten. Auch das eine politische Botschaft. Und wer hat diese Sprachregelung bestimmt?
Man maßt sich an, zu entscheiden, ob eine Wahl genehm ist oder nicht. Stinkt alles nach Ukraine und Maidan-Putsch und es wird wohl auch so kommen. Der Putin hat ja wieder alle Hände voll zu tun, erst ermordet er einen „harmlosen“ tschetschenischen Asylbewerber in Berlin, dann fälscht er die Wahlen in Weißrussland und steht auch kurz vor dem Einmarsch und der Annexion Weißrusslands und dann vergiftet er auch noch höchstpersönlich den lupenreinen demokratischen „Oppositions“-Politiker Nawalny. Satire off!
Ihr Leser J. Gerke.
5. Leserbrief
Werter Herr Riegel,
mit Interesse habe ich Ihren Artikel über das Phänomen „politische Solidarität“ für den Kreml-Kritiker Nawalny gelesen.
Ihre These von dem fehlenden Interesse Moskaus am Tod Nawalnys impliziert: es muss jemand anderes sein, der politisches Kapital aus dem Tod des Mannes ziehen kann…
Das wäre der Westen, der dann eine weitere Behauptung aufstellen könnte, wie es um die Demokratie in Russland bestellt ist.
Mit freundlichen Grüßen, Frank Dietze
6. Leserbrief
hier eine Reaktion meiner Frau (Ärztin und Pharmakologin) zu den Berichten um Nawalny:
Angenommene Vergiftung führte zur Falschbehandlung?
Stirnrunzeln ereilte mich in diesem Fall, als erst in der Berliner Charité eine vermeintliche Vergiftung mit einem Cholinesterasehemmer gefunden wurde: Die Symptome sind so klassisch und bedürfen noch nicht einmal Kenntnisse der Pharmakologie, sondern sind Bestandteil der Grundkenntnisse der Physiologie, und das nicht nur bei Medizinern:
Blutdruckabfall, verminderte Herzfrequenz, vermehrter Speichelfluss, enge Pupillen sind eine sofortige Indikation zum Einsatz von Atropin. DAS sollen die Omsker Ärzte nicht erkannt haben?
Die Omsker Ärzte sprechen von einer Stoffwechselentgleisung mit zu niedrigem Blutzuckerspiegel. Das eine solche Stoffwechselentgleisung – eine Hypoglykämie – bei einem Nichtdiabetiker so akut auftreten ist sehr selten, aber nicht unmöglich. Es gibt beispielsweise einen Tumor der Bauchspeicheldrüse, welcher Insulin produziert und derartige Symptome hervorrufen kann. Andere Ursachen können Schädigungen der Leber und Entzündungen der Bauchspeicheldrüse sein.
Nimmt man die Aussage der Omsker Ärzte ernst und versucht sich der akuten Situation gewahr zu werden, stellt sich der folgende mögliche Ablauf dar:
Notlandung eines Flugzeuges mit einem prominenten Oppositionellen, dem es sehr plötzlich schlecht geht. Eine Vergiftung ist die sofort wahrscheinlichste Diagnose. Symptome:
Die Sofortmassnahme eines Notarztes ist dann die Gabe von Cholinesterasehemmer (Neostigmin, Physostigmin) mit Fokus auf eine mögliche Vergiftung durch eine atropinartigen Substanz. Eigentlich wirken Cholinesterasehemmer sehr schnell, aber die Situation des Patienten wird in diesem Fall nicht besser. Die Konsequenz wäre die Dosis zu erhöhen, was vermutlich auch geschehen sein könnte.
Erst später, nach Erhalt der Blutergebnisse, fällt der niedrige Blutzucker überhaupt auf. Dieser wird nun korrigiert – nur wegen der Abhängigkeit zur Dosis der Cholinesterasehemmer geht es dem Patienten nicht wirklich sofort besser. Nur seine Behandlung wird auf Atropin umgestellt.
Da die derzeitigen Ergebnisse noch keine umfassende Analyse des Wirkstoffes der Klasse der Cholinesterasehemmer enthalten kann, sollte mit einer Vergiftungstheorie vorsichtig umgegangen werden – eine Vergiftung ist auch denkbar als Folge der beschriebenen “Fehlbehandlung”, und nicht als Ursache für die zuerst aufgetretenen Symptome.
Zur Vergiftungstheorie mit einem Cholinesterasehemmer: Diesen vor einem Flug zu verabreichen kann zwar durchaus tödlich sein, denn auch die Atemmuskulatur versagt recht schnell, allerdings sind Flugzeuge für Hilfsmaßnahmen dieser Art bestens ausgerüstet (als Vielfliegerin und Ärztin weiss ich wovon ich spreche). Für einen Mord mit diesen Mitteln wäre es unlogisch das Opfer in Obhut zahlreicher Menschen zu wissen, die sofortige Gegenmaßnahmen einleiten können. Auch ist bei einem innerrussischen Flug zügig eine Notfalllandung möglich.
Mit freundlichen Grüßen
7. Leserbrief
Liebe Nachdenkseitenmacher,
wir sind eine Unterstützergruppe für Julian Assange und waren sehr dankbar über euren Artikel zu dem Vorgehen um Herrn Nawalny im Vergleich zu Julian Assange.
Daraufhin haben wir einen Brief an Frau Merkel geschrieben und werden diesen am Wochenende am Bundeskanzleramt abgeben.
Daran appellieren wir an Frau Merkels „ gutes Herz“ mit der Bitte, die gleiche Fürsorge, die sie Nawalny zukommen lässt auch auf Julian Assange auszuweiten, der sie bekannter Weise dringend braucht….
Vielleicht haben einige LeserInnen ja Lust, sich dem anzuschließen.
Der Brief ist natürlich auch veränderbar.
Mit freundlichen Grüßen
Helga Lönze
Ein PDF mit dem Brief findet sich hier.
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