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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 7. August 2020 um 8:39 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Belarus im Sumpf der Ambitionen
  2. Nahost-Experte Lüders zum Libanon: „Mischung aus Feudalstaatlichkeit und mafiösen Strukturen“
  3. Studie: Mehr als die Hälfte der Slumbewohner in Mumbai hatte Corona
  4. Offener Brief an dpa und die weiterverbreitenden Medien (Tagesthemen, Süddeutsche, Stuttgarter Nachrichten …)
  5. Wie autoritär sind die Coronamaßnahmebefürworter?
  6. Ministerium stellt Zählweise bei Coronavirus-Todesfällen um
  7. Raffelhüschen, die Rentner, Profiteure und Corona
  8. GDV-Revolution in der BILD! Vive la Riester-Rente! Venceremos Riester-Rente! Дружба GDV!
  9. Kein Lohn gezahlt: Bauarbeiter verbringen Nacht auf Kränen
  10. Linke-Politikerin über Karstadt-Deal: „Schamlos ausgenutzt“
  11. Berliner S-Bahn: Es heisst Ausschreibung, aber es ist eine Privatisierung
  12. Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot des Einsatzes von Streikbrechern
  13. Fabriken der Zukunft: Industriepolitische Antworten auf die Umweltausbeutung 4.0
  14. Rüstungskontrolle? Bedingungen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Belarus im Sumpf der Ambitionen
    Während belarussische Exilpolitiker glauben, Lukashenka werde unter dem Druck von Groß-Demonstrationen einfach aus dem Land fliehen, gaben Berichte über angebliche russische Söldner in den Diensten der Opposition Anlass zu Spekulationen, wonach allfällige Proteste schnell gewalttätig werden könnten (24). An einer Wiederholung des Ukraine-Szenarios von 2014 in Belarus können eigentlich nur diejenigen Kreise interessiert sein, denen die zaghaften Fortschritte des Landes und sein Bündnis mit Russland ein Dorn im Auge sind. Dass Belarus politische Reformen braucht und seinen Reformweg im wirtschaftlichen Bereich fortsetzen muss, ist kaum zu bestreiten. Die Art, wie der Westen in den nächsten Wochen mit Belarus umgeht, wird zeigen, worum es ihm wirklich geht: Menschenrechte und Demokratie oder eben doch nur Geopolitik?
    Gemäß Internationalem Währungsfonds ist Belarus zwar ein Entwicklungsstaat, was noch nicht viel aussagt, denn weitere 151 Länder der Erde gehören zu dieser Kategorie, einschließlich einiger EU-Mitgliedsstaaten wie Polen, Rumänien und Bulgarien, sowie der Beitrittskandidat Montenegro (15).
    In den Bereichen Lebensqualität und menschliche Entwicklung steht Belarus aber vergleichsweise gut da: Mit einem Wert von 0.817 liegt Belarus im weltweiten Ranking des Human Development Index auf Rang 50, noch vor Bulgarien, Rumänien, Montenegro und anderen europäischen Ländern (16). Dank sehr guten Werten in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit liegt das Land im weltweiten Index der Lebensqualität auf Platz 74 von 177 Ländern, auch hier durchaus nicht isoliert von anderen europäischen Ländern (17).
    Belarus verfügt über ein gut ausgebautes Schienen- und Straßennetz und weist im Bereich der Telekommunikation ein ähnlich hohes Niveau wie EU aus (18). Es erfreut sich einer tiefen Staatsverschuldung und gibt vergleichsweise geringe Beträge für militärische Zwecke aus (19). Das weit verbreitete Bild des waffenstarrenden Polizeistaats stimmt nicht.
    Quelle: World Economy
  2. Nahost-Experte Lüders zum Libanon: „Mischung aus Feudalstaatlichkeit und mafiösen Strukturen“
    Durch das betrügerische Bankensystem habe die politische Elite die Menschen im Libanon in die Armut getrieben, sagte Nahost-Experte Michael Lüders im Dlf. Jahrelang habe die Jugend versucht, das politische System zu verändern. Die Explosion in Beirut könnte den Machthabern jetzt aber das Genick gebrochen haben. […]
    „Nach allem was wir bislang wissen, ist es in der Tat so gewesen, dass es sich hier nicht um einen Anschlag handelt, sondern um die Entzündung einer gewaltigen Menge von Ammoniumnitrat“, sagte der Nahost-Experte Michael Lüders im Dlf.
    Der Skandal bestehe darin, dass diese gewaltige Menge nicht sachgemäß gelagert wurde – und das schon seit 2013. „Das war den Behörden auch bekannt“, so Lüders, aber sie hätten nicht reagiert. Man habe offenbar die Kosten für die Entsorgung nicht tragen wollen.
    „Viele Libanesen werfen der Regierung vor, dass diese Gleichgültigkeit gegenüber einem gegebenen Problem, charakteristisch sei für ihre gesamte Regierungsführung, die vor allem darauf konzentriert war, das eigene Vermögen zu mehren und sich nicht um die Interessen der Libanesen zu kümmern“, so Lüders weiter.
    Nicht ohne Grund sei die Wirtschaft des Libanon in einer dramatischen Lage. „Das ist das Ergebnis einer unglücklichen Verquickung aus Politik, Wirtschaft und mafiösen Strukturen, die hier zusammenwirken.“
    Quelle: Deutschlandfunk
  3. Studie: Mehr als die Hälfte der Slumbewohner in Mumbai hatte Corona
    57 % der Bewohner von 3 Slums in der indischen Millionenmetropole Mumbai haben laut einer neuen Studie Antikörper gegen die Lungenerkrankung COVID-19 im Blut. In Gebieten außerhalb der dicht besiedelten Slums hatten demnach lediglich 16 % entsprechende Antikörper.
    Bei dem Corona-Antikörpertest im Juli seien knapp 7.000 Proben ausgewertet worden, teilten die Behörden in Mumbai mit, die am Test beteiligt worden waren. Die Werte sind entsprechend hochgerechnet worden.
    Quelle: Ärzteblatt

    Anmerkung Jens Berger: 57% entspricht einer Herdenimmunität. In den Slums Indiens gibt es die viel zitierte und von vielen Stimmen für unmöglich gehaltene Herdenimmunität also bereits heute. Die indische Studie ist übrigens zuverlässig, wie u.a. Alexander Kekulé in seinem jüngsten Podcast (Folge 91) bestätigt. Ein weiterer sehr interessanter und hoffnungsvoller Punkt aus diesen Zahlen: Wenn die Todesopferzahl aus Mumbai halbwegs korrekt ist, bedeutet dies, dass weniger als ein halbes Promille der Infizierten mit Symptomen verstorben sind. Das ist ein extrem niedriger Wert, der sich wohl am ehesten aus der demographischen Struktur erklären lässt – jeder zweite Slumbewohner ist unter 20, Hochbetagte gibt es nur wenige. Das lässt sich daher nicht auf Deutschland übertragen, wohl aber auf z.B. Afrika. Hier könnten die Zahlen ähnlich positiv sein.

  4. Offener Brief an dpa und die weiterverbreitenden Medien (Tagesthemen, Süddeutsche, Stuttgarter Nachrichten …)
    Sie haben Ihre Berichterstattung über die Corona-Demonstration am 1. August in Berlin mit einem (Hintergrund)-Foto von dpa illustriert, in dessen Mittelpunkt ein Demonstrant mit Protest-Schild gegen S21 zu sehen war. Damit wurde, absichtlich oder nicht, der Protest gegen Stuttgart 21 mit dem Widerstand gegen die Corona-Schutz-Politik in Verbindung gebracht. Botschaft: irgendwie alles Wutbürger!
    Der Rechtsextremismus-Experte Olaf Sundermeyer, der in der Tagesthemen-Sendung vom Samstag zu Wort kam, erklärt den großen Zulauf zu den Corona-Demos damit, dass „viele meinen, dass sie systematisch belogen werden.“ Davon können wir Stuttgart 21-Gegner ein Lied singen. Trotz der langjährigen Erfahrung des Belogen- und Ignoriert-Werdens bleibt die Kritik an S21 faktenbasiert. Abstruse Verschwörungstheorien, Demokratiefeindlichkeit und pauschal-überzogene Medienkritik sind nicht unsere Sache.
    Das Ignorieren von Fakten – wie es Coronaleugner und -verharmloser betreiben – gehörte dagegen von Anfang an zur Strategie der Deutschen Bahn und der politischen Unterstützer des Stuttgarter Mega-Projekts. Der Protest gegen S21 war und ist eine Bewegung der rationalen Argumente gegenüber einer Politik, die vornehmlich aus Gründen der Gesichtswahrung gegen jede klima-, verkehrspolitische und wirtschaftliche Vernunft dieses Schienen-Rückbau-Projekt weiterbaut.
    Einzelmeinungen, die der Mehrheitsmeinung widersprechen, gibt es in allen Bürgerbewegungen. Wir erwarten aber von jedem seriösen Medium, insbesondere von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, dass sie differenzieren und keine falschen Zusammenhänge insinuieren wie mit dem genannten dpa-Foto zulasten der Bewegung gegen S21 geschehen. Von Beginn an hat es nicht an Versuchen gefehlt, den Widerstand gegen den wohl größten technisch-politischen Betrugsfall der Nachkriegsgeschichte als von irrationaler Wut geprägt zu verzerren. Irrational ist aber das Projekt Stuttgart 21, und irrational sind die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen – jedoch ganz gewiss nicht der Protest gegen S21.
    Quelle: K 21

    Anmerkung JK: Das ist jämmerlich und naiv zugleich. Glaubt man wirklich die staatlichen Repressionsmaßnahmen im Gefolge der Corona-Epidemie und des “nationalen Gesundheitsnotstandes” nehmen den Stuttgart 21-Protest aus? Weil man ja, wie der Brief wohl zeigen soll, eigentlich zu den “Guten” gehört. Man protestiert, aber natürlich immer nur faktenbezogen. Wie naiv ist man hier eigentlich? Sind die politischen Verantwortlichen, die das Corona-Regime durchsetzen, grundsätzlich andere, als die, die hinter Stuttgart 21 stehen? Hinter Stuttgart 21 stehen zudem massive wirtschaftliche Interessen, da kann man dann “faktenbezogen” argumentieren, wie man will. Wie kommt man zudem dazu zu behaupten, der Protest gegen die Corona-Maßnahmen sei grundsätzlich irrational? Wie kann man einerseits Stuttgart 21 kritisieren, bezüglich des Corona-Regimes, aber eins zu eins das Regierungsnarrativ nachbeten? Hier wird offenbar nicht verstanden, dass durch den Lockdown und die “Corona-Schutz-Politik” hunderttausende davor stehen, ihre berufliche Existenzgrundlage zu verlieren und vielleicht auch deswegen protestieren. Nachtrag: wie kommt man außerdem dazu, den Haltungsjournalisten Sundermeyer, der sich bereits im Vorfeld der Corona-Demo in Berlin durch diffamierende Artikel auszeichnete und der offenbar beim RBB der Mann fürs Grobe ist, als “Rechtsextremismus-Experten” zu bezeichnen?

  5. Wie autoritär sind die Coronamaßnahmebefürworter?
    Entlassung wegen Teilnahme an Demonstration von Coronamaßnahmegegnern und autoritäre Fantasien gegen Feiernde
    Nach der rechtsoffenen Demonstration gegen die Coronamaßnahmen am vergangenen Samstag in Berlin wird von vielen Politikern die Demonstrationsfreiheit in Frage gestellt. Politiker verschiedener Parteien beteuern einerseits, Grundrechte nicht infrage stellen zu wollen, nur um genau das dann zu tun. Der zentrale Angriff auf das Demonstrationsrecht besteht darin, dass eine Ansteckungsgefahr zur Einschränkung bis zum Verbot von Demonstrationen führen kann. (…)
    Wenn man also mit Recht vielen Corona-Maßnahmen-Gegnern oder Klimawandelskeptikern vorwirft, eher mit Ressentiments als mit Fakten zu arbeiten, dann kann auch bei den Gegnern der Partyfraktion die gleichen Symptome finden.
    Der Taz-Feuilleton-Redakteur Andreas Hartmann antwortete mit einer treffenden Polemik auf den irrationalen Ausbruch der liberalen Leserschaft des Tagesspiegel:
    Vor allem im Tagesspiegel entlud sich die Wut empörter LeserInnen. Die Jugendlichen haben nur poppen und chillen im Sinn, las ich dort. Sie verwüsten unsere schönen Parks und pinkeln alles voll. Die Musikanlagen sollten nicht nur konfisziert, sondern gleich zerstört werden. Einmal illegal raven: 5.000 Euro Strafe, mindestens. Mit dem Wasserwerfer rein in die Party, dann ist schnell Schluss mit dem Treiben … So ein Zeug wurde da geschrieben. Und: Bei Trump und Putin würde es so etwas nicht geben. Fehlte nur noch die Bemerkung: Unter Adolf Hitler hätten die sich so etwas nicht getraut. Vielleicht habe ich die aber auch einfach nur überlesen. (…)
    In der aktuellen Ausgabe des Monatsmagazins Konkret diagnostiziert der Publizist Felix Klopotek “das Verdämmern linker Kapitalismuskritik in der Coronakkrise”. (…)
    Felix Klopotek erkennt richtig, dass erst das Virus, das auf eine zutiefst pessimistische Gesellschaft traf, in der sich viele Menschen ein Ende des Lebens auf dem Planeten Erde, aber kaum noch jemand ein Ende des Kapitalismus vorstellen können, zu einer Situation führte, in der große Teile der Linken den Notstand eher herbeisehnen als bekämpfen.
    Quelle: Telepolis
  6. Ministerium stellt Zählweise bei Coronavirus-Todesfällen um
    Wenn man sich die Datenausgabe des Gesundheitsministeriums ansieht, fällt auf, dass es seit dem Start des Dashboards zwei verschiedene Todeszahlen gibt. So werden dort die gemeldeten Todesfälle sowie die bestätigten Todesfälle gemäß Epidemiegesetz ausgewiesen. Diese Zahlen variieren um einige Todesfälle. Mit Stand Mittwoch 9 Uhr gibt es laut der einen Zählweise 719 Tote, nach der anderen 700.
    Nun besteht die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) darauf, dass künftig nur noch die Zahl der gemeldeten Todesfälle ausgewiesen wird. Das bedeutet, dass alle Patienten die an und mit dem Coronavirus gestorben sind, angegeben werden. “Wir haben die Definition von der europäischen Seuchenbehörde. Jeder der in den vergangenen 28 Tagen mit Covid-19 infiziert wurde, muss als Todesfall angegeben werden”, sagt Franz Allerberger, Gesundheitsabteilungsleiter bei der AGES im Ö1 Morgenjournal. (…)
    Für Allerberger sei es auch sinnvoll, dass man nicht zwischen an und mit Corona verstorben unterscheidet: “Das schlimmste ist, wenn im Raum steht, dass irgendwo ein Todesfall unter den Tisch gekehrt wird.” Man müsse auch höhere Zahlen in Kauf nehmen, auch wenn es eine Kehrseite der Medaille gibt: “Wenn in einem Altersheim nun 16 Personen sterben, dann kann es sein, dass sie auch ohne Covid-19 verstorben wären. Wir rechnen sie trotzdem als Corona-Todesfälle”, erklärt der Gesundheitsabteilungsleiter.
    Quelle: Kurier

    Anmerkung Christian Reimann: Und der grüne Gesundheitsminister von Österreich, Herr Anschober, äußert sich zur erneuten Maskenpflicht u.a. so:

    “Natürlich geht es um einen psychologischen Effekt, das sage ich ganz offen und ehrlich. Es geht darum, dass dieses deutlich gesunkene Risikobewusstsein wieder gesteigert werden muss, damit wir im Herbst keine große Überraschung erleben und eine zweite Welle auf jeden Fall verhindern können.“

    Und ist es in Deutschland nicht ähnlich? Haben die vermehrten Corona-Tests (hier dürften auch die Daten von Patientinnen und Patienten von Interesse sein) und die Diskussion um die Maskenpflicht – nun auch in Schulen – nicht exakt denselben Effekt?

  7. Raffelhüschen, die Rentner, Profiteure und Corona
    Der Ökonom Professor Bernd Raffelhüschen zählt zu den bekannten publizistischen „Geisterfahrern“ der Republik. Jetzt hat er der Funke Mediengruppe erklärt: „Rentner sind die Profiteure der Corona-Krise…“ (Zitiert nach: n-tv Panorama vom 5.August 2020)
    Sucht man in Nachschlagewerken das Wort Profiteur, finden sich über ein Dutzend Bedeutungen, die vom „Nutznießer“ und „Begünstigter“ bis zum „Aasgeier“ und „Schnorrer“ reichen. Rentner als „Schnorrer“ – könnte der Professor mit Pensionsanspruch das gemeint haben? Schauen wir mal.
    Raffelhüschen nennt das „Ungerechtigkeiten im deutschen Rentensystem“. Das Pensionssystem hat er nicht erwähnt. Interessant. Mit ungerecht meint er, dass die Renten auch im laufenden Jahr erhöht wurden, während die meisten Beitragszahlenden zur Rentenversicherung im laufenden Jahr Einkommensverluste erlitten.
    Das ist richtig. Die Renten laufen – umgangssprachlich beschrieben – der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltsentwicklung mit einjähriger Verspätung hinterher. Steigen Löhne und Gehälter steigen die Renten; sinken oder stagnieren Löhne und Gehälter, fällt der Rentenanstieg weg oder er sinkt. Gekürzt wird Rente nicht. Im Renten- chinesisch: Es sinkt der „aktuelle Rentenwert“ nicht, wenn der „geringer ist als der bisherige aktuelle Rentenwert.“(Paragraph 68 a um SGB VI).
    Der Rentenfachmann Raffelhüschen hätte wenigstens sagen müssen, dass es praktisch nicht möglich ist, ohne gravierende Reparaturen im Rentenrecht eine Rentenerhöhung im laufenden Verfahren zu ändern. Wie gesagt im Rentenrecht, nicht im Alterssicherungsrecht für Beamte, das auch für Ökonomieprofessoren gilt.
    Quelle: Blog der Republik
  8. GDV-Revolution in der BILD! Vive la Riester-Rente! Venceremos Riester-Rente! Дружба GDV!
    Der neue oberste Cheflobbyist des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, ist ein Revoluzzer wie man ihn sich wünscht. Er macht sich kämpferisch mächtig stark für die deutschen Lebensversicherer. Er geht sogar so weit, eine „Revolution“ zu fordern. Und das in keinem geringeren Medium als der BILD-Zeitung: „Was wir brauchen ist eine Riester-Revolution“, so liest man dort. Und ich erschauere.
    Revolutionen haben immer etwas gemeinsam: Veraltetes wird überwunden und durch etwas Neues ersetzt. Dabei kann es sehr brutal zugehen wie in der Französischen Revolution oder der russischen Oktoberrevolution. Selten ist eine Revolution so unblutig, wie diejenige, die zum Mauerfall und dem Zusammenbruch des alten Sowjetimperiums führte. In jedem Fall müssen als Ergebnis der Revolutionen aber alte Eliten abdanken, neue Herrschaftsstrukturen erwachsen und neue Leitbilder und Ideen ersetzen die überkommenen Vorstellungen.
    Eine echte „Revolution“ der Riester-Rente müsste also Althergebrachtes über Bord werfen. Doch was sind die großen heroischen Ziele der Asmussenschen-Riester-Revolution? Was fordert Asmussen in seinem revolutionären Überschwang?
    Ernst und wohl durchdacht kommt Herr Asmussen mit einem kühnen Plan, er meint es mit der „Revolution“ sehr ernst. Was er will, ist hochgradig bahnbrechend: Er will an unser Geld. An unser aller Geld. Jeder selbst gezahlte Euro soll mit mindestens 50 Cent vom Staat gefördert werden. Das heißt, es sollen noch mehr Steuergelder in die Riester-Rente fließen.
    Quelle: bdv-blog
  9. Kein Lohn gezahlt: Bauarbeiter verbringen Nacht auf Kränen
    Drei streikende Bauarbeiter haben in Regensburg die Nacht auf Kränen verbracht. Sie protestieren, weil sie seit zwei Monaten keinen Lohn mehr bekommen haben.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Bei dem unglaublichen Fachkräftemangel in der Baubranche verlangen die Angestellten Lohn und verweigern sogar die Arbeit – unglaublich und dreist, so kann das ja nicht gut ausgehen. Wie sollen die Bauunternehmen denn auf die Weise jemals ihre Aufträge abarbeiten können? Und wie passt das alles zusammen?

  10. Linke-Politikerin über Karstadt-Deal: „Schamlos ausgenutzt“
    Im Deal zwischen Karstadt-Eigner Signa und Berlin hat sich die Stadt über den Tisch ziehen lassen, sagt die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg.
    taz: Frau Gennburg, freuen Sie sich über den Erhalt von drei weiteren Karstadt-Filialen?
    Katalin Gennburg: Ich freue mich für jeden Einzelnen, der nicht in die Arbeitslosigkeit muss. Der drohende Verlust von Arbeitsplätzen ist richtig bitter. Natürlich suchen jetzt alle nach einem Hoffnungsschimmer. Aber bei genauerer Betrachtung der städtebaulichen Auswirkungen muss ich sagen, dass das ein schlechter Deal für Berlin ist. Signa hat die Krise schamlos gegen die Stadt und die Beschäftigten ausgenutzt.
    Also glauben Sie nicht, dass mit dem Deal langfristig Arbeitsplätze gesichert werden?
    Langfristig schon mal gar nicht. Diesem Konzern geht es überhaupt nicht um die Warenhäuser, sondern nur um die Flächen. Wenn das umgesetzt wird, was Signa in Aussicht gestellt worden ist, muss man sagen: So billig hat in dieser Stadt noch keiner einen Hochhausstandort geschenkt bekommen. Die nun vereinbarten drei bis fünf Jahre Standortgarantie sind in der Bilanz überhaupt kein Angebot. Fünfzig Jahre vielleicht. Aber Baurecht für Hochhäuser, die die nächsten Jahrzehnte die Stadt prägen und Rendite für die Investoren abwerfen, für schlappe drei Jahre Arbeitsplatzerhalt bei ohnehin profitablen Warenhäusern – das ist eine Frechheit.
    Quelle: taz
  11. Berliner S-Bahn: Es heisst Ausschreibung, aber es ist eine Privatisierung
    Heute wird die lange angekündigte S-Bahn-Ausschreibung offiziell europaweit veröffentlicht. Das erklärte Ziel der Ausschreibung durch Verkehrssenatorin Regine Günther ist die Zerschlagung und (weitere) Privatisierung des S-Bahn-Betriebs. Dazu nimmt das Aktionsbündnis Eine S-Bahn für Alle wie folgt Stellung:
    Die S-Bahn-Ausschreibung geht auf Kosten der Beschäftigten, der Fahrgäste und der Umwelt. Für Beschäftigte gehen über Jahre erkämpfte Rechte verloren, den Fahrgäste drohen durch Betreiberwechsel und Schnittstellen zwischen bis zu zehn Akteuren Chaos im Verkehrsangebot. Die für die Umwelt und die Berliner Luftqualität elementare S-Bahn könnte zerrieben werden.
    Quelle: scharf links
  12. Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot des Einsatzes von Streikbrechern
    Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit heute veröffentlichtem Beschluss eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich unmittelbar gegen § 11 Abs. 5 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes richtete. Die Vorschrift enthält das bußgeldbewehrte Verbot, Leiharbeitskräfte auf bestreikten Arbeitsplätzen einzusetzen, wenn der Entleiherbetrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist, also den Einsatz als Streikbrecher. Die Kammer entschied, nachdem sie dazu Stellungnahmen eingeholt hatte, dass die Regelung die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten verletzt.
    Quelle: Bundesverfassungsgericht
  13. Fabriken der Zukunft: Industriepolitische Antworten auf die Umweltausbeutung 4.0
    Industrie 4.0 steht für die digitale Vernetzung industrieller Produktion über die gesamte Wertschöpfungskette. In den „intelligenten Fabriken“ der Industrie 4.0 werden Roboter mit künstlicher Intelligenz, das Internet der Dinge, Big Data, Cloud-Computing und der 3D-Druck kombiniert. Die Maschinen können miteinander kommunizieren und sind lernfähig. Für die Menschen können diese technologischen Neuerungen arbeitsunterstützend und -erleichternd sein. Die Automatisierung birgt jedoch neben sozialen auch ökologische Herausforderungen.
    Industriepolitik ist ein Instrument zur Steuerung dieses Strukturwandels. Dazu zählt beispielsweise die Frage, wie die Gewinne verteilt werden, die entstehen, wenn Produktion effizienter wird. Besonders die Auswirkungen von Industrie 4.0 auf Umwelt und Geschlechtergerechtigkeit finden bislang wenig Beachtung. In einem in Kürze erscheinenden AK-Policy-Paper zur „Industriepolitik 4.0“ sehen wir uns diese beiden Aspekte genauer an.
    Quelle: A&W blog
  14. Rüstungskontrolle? Bedingungen
    Die USA wollen eine Verlängerung des New Start-Vertrags oder eine andere Vereinbarung zur Begrenzung atomarer Langstreckenarsenale nur in Betracht ziehen, wenn China mit ins Boot kommt. Ein Artikel auf der bestimmt nicht militärfernen Seite Relcleardefense.com (via Bpb-Newsletter) hält das für gar nicht so unwahrscheinlich, meint aber dafür müssten einige – durchaus übrigens nachvollziehbare – Bedingungen erfüllt werden – u.a. dass auch Frankreich und Großbritannien mit an den Tisch gesetzt werden: „(…) there are reasons to believe that China could be persuaded to be more open to discussions on controlling nuclear arms, particularly if they involved a broader set of negotiating partners and if a formal arms limitation treaty were not the immediate objective. First, the timing may be propitious. (…) Second, China has played constructive roles in other nuclear-related negotiations. (…) Third, China may be more willing to participate in negotiations if the U.S. can persuade France and the U.K. to do likewise. (…) Fourth, some Chinese analysts have suggested that their country’s views on nuclear transparency may be evolving due to growing confidence in the survivability of its nuclear forces and because secrets are increasingly hard to keep in a world of high-resolution commercial satellites and widespread sharing of information on the internet. These considerations offer some hope that Beijing might be open to dialogue on nuclear transparency, monitoring, and verification measures akin to those the U.S. and Russia have long accepted.“
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

    Anmerkung Christian Reimann: Warum eigentlich nicht noch weitere Atommächte hinzufügen? Es gibt laut Wikipedia auch “faktische Atommächte” – teilweise auch Nachbarn (evt. sogar Konkurrenten) von China. Ob also die Teilnahmen von Frankreich und Großbritannien eine annehmbare Bedingung für China ist, könnte auch bezweifelt werden.


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