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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Stellen wir uns vor, Duisburgs OB hätte Ypsilanti (SPD) und nicht Sauerland (CDU) geheißen
Datum: 27. Juli 2010 um 17:20 Uhr
Rubrik: Innere Sicherheit, Medien und Medienanalyse, Verbraucherschutz
Verantwortlich: Albrecht Müller
Wäre ein/e linke/r Sozialdemokrat/in Oberbürgermeister von Duisburg, hätte diese/r gegen die Bedenken von Polizei und Feuerwehr und des eigenen Bauordnungsamtes die Genehmigung für die Loveparade durchsetzen lassen und sich hinterher auch noch so billig aus der Verantwortung gestohlen, wie der Oberbürgermeister Sauerland von der CDU dies tut, dann wäre diese Person von Deutschlands Medien in der Luft zerrissen worden. Mit dem CDU-Mann gehen sie ausgesprochen sanft um. Albrecht Müller.
Klicken Sie heute auf Google News und geben Sie „Sauerland“ ein, die härtesten Formulierungen sind von der Art „Sitzungsprotokoll belastet Duisburgs OB Sauerland“ (Die Zeit) oder „Gefragt ist Bürgermeister Adolf Sauerland“ (Stern).
Andrea Ypsilanti wurde wegen ihres angeblichen Wortbruchs von den meisten Medien, allen voran von der Bild-Zeitung und Spiegel Online wochenlang verfolgt, mit übelsten Schlagzeilen und Verdrehungen ihres Namens („Lügilanti“/ Siehe hier z.B.)
Gregor Gysi musste am 16.7.2010 fast die Hälfte des Sommerinterviews bei der ARD Fragen zur angeblichen mangelnden Vergangenheitsbewältigung der Linkspartei bei der Wahl des Bundespräsidenten aushalten.
Oskar Lafontaine wird 11 Jahre nach seinem Rücktritt im Jahr 1999 immer noch und penetrant als Hinschmeißer verfolgt.
Und jetzt versagt ein Oberbürgermeister von der CDU total. Berichte zeigen, dass in seinem Amt mit Berufung auf ihn Druck auf die Sicherheitsleute ausgeübt wurde. Siehe den ersten Artikel (Zeit) in der anschließenden Kurzdokumentation.
Er hat nach den Berichten am Tag der Veranstaltung die Genehmigung unterschrieben. Da musste jedem Verantwortlichen schon klar sein, dass die von den eigenen Behörden verhängte maximale Teilnehmerzahl von 250.000 weit überschritten wird. Dieser vorhersehbare Bruch des Genehmigten kommt zu allem anderen hinzu.
Und er bleibt bisher im Amt. Und die Medien sind zum großen Teil vornehm.
Das ist die immer wieder erkennbare Asymmetrie, mit der die Medien die konkurrierenden Parteien und politischen Lager behandeln. Die Linke – damit ist das linke Lager gemeint und nicht die Linkspartei alleine – muss um das Mehrfache besser sein, um überhaupt einen Blumentopf zu gewinnen, so einseitig sind die Medien im Umgang mit den konkurrierenden Parteien.
Es folgt jetzt eine Auswahl von Medienmeldungen, meist vom heutigen Tage. Am Schluss auch noch ein Bericht über die Absage der Loveparade 2009 in Bochum und zur bösen Reaktion auf diese Absage einer sicherheitsbewussten Oberbürgermeisterin der SPD.
Kurze Dokumentation einiger aktueller Meldungen:
Loveparade
Sitzungsprotokoll belastet Duisburgs OB Sauerland
Ein Protokoll zur Sicherheit belegt: Das Konzept der Loveparade war lange Streitthema, die Veranstalter übten Druck aus. Auch Oberbürgermeister Sauerland wusste Bescheid.
(…)
Aus dem Schriftstück geht weiter hervor, dass der Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe, der an dem Gespräch teilnahm, Druck ausübte. “Herr Rabe stellte in dem Zusammenhang fest, dass der OB die Veranstaltung wünsche, und dass daher hierfür eine Lösung gefunden werden müsse. Die Anforderungen der Bauordnung, dass der Veranstalter ein taugliches Konzept vorlegen müsse, ließ er nicht gelten”, so das Protokoll. Rabe forderte das Bauordnungsamt, das normalerweise nur Kontrollfunktion hat, auf, “an dem Rettungswegekonzept konstruktiv mitzuarbeiten”.
Der Leiter des Baudezernats Jürgen Dressler kommentierte das Schreiben handschriftlich: “Ich lehne aufgrund dieser Problemstellung eine Zuständigkeit und Verantwortung (…) ab. Dieses entspricht in keinerlei Hinsicht einem ordentlichen Verwaltungshandeln und einer sachgerechten Projektstellung.”
Quelle: Zeit.de
Duisburg und das Drama der Loveparade: Nicht Schuld, sondern Verantwortung
Eine Tragödie – und keiner will’s gewesen sein. In Duisburg muss endlich jemand Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe übernehmen – unabhängig von der juristischen Klärung der Schuldfrage. Ein Kommentar von Florian Güßgen
Ein unglücklicher Auftritt: Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland bei der Pressekonferenz nach dem Unglück © Wolfgang Rattay/Reuters
(…)
Die Katastrophe ereignete sich in Duisburg, mitten in Deutschland, in dem bestens organisierten Land mit all seinen tausend Gremien, Richtlinien, Bestimmungen, mit seinen Unter-, Ober- und Nebenbehörden und Aufsichtsämtern. 20 Menschen starben, weil Zigtausende Menschen in einen Tunnel gefüllt, zu einer Masse zusammengepfercht wurden, aus der es kein Entrinnen mehr gab. Das ist der Tragödie erster Teil.
(…)
Gefragt ist Bürgermeister Adolf Sauerland
Bei genauer Betrachtung schieben die Verantwortlichen die Frage der Schuld vor, um sich vor der Frage der Verantwortung zu drücken. Dabei geht es eigentlich nicht darum, wer jetzt genau was bei der Organisation der Loveparade falsch gemacht hat. Das sollen tatsächlich die Ermittler in Ruhe klären. Es geht viel eher um Verantwortung, also um die Frage, wer stellvertretend für alle Fehler, die gemacht worden sind, sagen muss: Ich halte den Kopf hin. Gefragt ist dabei in erster Linie Adolf Sauerland, der Bürgermeister. Der CDU-Politiker müsste sagen: Ich bin der Stellvertreter der Stadt Duisburg und ihrer Behörden. Ich bin derjenige, der die Loveparade in Duisburg haben wollte. Und ich bin auch derjenige, der nun für die Katastrophe einstehen und Konsequenzen ziehen muss – unabhängig davon, was die Staatsanwaltschaft am Ende herausfindet.
Man muss Sauerland, dem CDU-Mann, zugestehen, dass er am Sonntag, als er in der Pressekonferenz auftrat, noch unter dem schockierenden Eindruck der Ereignisse gestanden haben mag – auch wenn es frappierend erscheint, dass ein Stadtoberhaupt in so einer Situation behauptet, er sei in die Planung des Ereignisses nicht persönlich einbezogen gewesen und sich so von der Arbeit seiner Behörden distanziert. In besonders schlechtem Licht erscheinen diese Sätze zudem jetzt, nachdem bekannt geworden ist, wie sehr sich Sauerland für die Loveparade eingesetzt hat, wie sehr er sich darum bemüht hat, dass seine Stadt, dass Duisburg, im Lichte dieser Großveranstaltung glänzt.
(…)
Quelle: Stern
Nach dem Loveparade-Drama Große Trauerfeier am Samstag
Auch Angela Merkel kommt +++ Landtag berät über Schweigeminute
27.07.2010 – 13:16 UHR
Von Hagen Meyer und Franz Solms-Laubach
Das unfassbare Drama der Love-Parade in Duisburg schockt Deutschland! Doch noch immer streiten die Verantwortlichen darüber, wer die Schuld an der Katastrophe trägt und sorgen damit für Wut bei den Angehörigen der Todes-Opfer.
(…)
Quelle: BILD.de
Schuldzuweisungen
Schlammschlacht nach der Loveparade-Katastrophe
20 Menschen sterben und keiner will daran Schuld sein. Nach der Loveparade schieben sich die Verantwortlichen gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Die Polizeigewerkschaft nennt die Vorwürfe des Veranstalters eine “Frechheit” und fordert einen Sicherheits-Tüv.
Nach der Massenpanik bei der Loveparade mit 20 Todesopfern stehen Polizei, Veranstalter und Duisburger Politiker weiterhin in der Kritik und schieben sich gegenseitig die Verantwortung an der Katastrophe zu. Dabei geht es vor allem um die Einschätzung vor Beginn der Veranstaltung. Nach einem Bericht der “Kölnische Rundschau” unterschrieb Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) die ordnungsbehördliche Erlaubnis für die Loveparade erst kurz vor Beginn um 9 Uhr.
In einem Artikel der Zeitung heißt es: “Noch am Freitag wurde in verschiedenen Sitzungen über das Sicherheitskonzept debattiert, wobei die Duisburger Berufsfeuerwehr und Polizisten nochmals sagten, dass die Großveranstaltung so nicht stattfinden kann.” Sauerland sagte der “Rheinischen Post”, er habe nichts von Sicherheitsbedenken vor Beginn der Loveparade gewusst. …
Quelle: FTD
So war es 2009 in Bochum:
Imageprojekt Love Parade
Party um jeden Preis
(…)
Doch nach Bochum kam niemand. Die Love Parade wurde kurzfristig abgesagt, die Sicherheitsbedenken waren zu groß. Bürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) musste sich daraufhin heftige Kritik gefallen lassen: Bochum sei provinziell, warf man ihr vor, die Absage “peinlich”, in Bochum seien “nur Deppen am Werk”, höhnte die CDU-Opposition, die Absage eine einzige “Blamage fürs Ruhrgebiet”, polterte Soziologe und Techno-Forscher Ronald Hitzler.
“Geht nicht, gibt’s nicht”, schrieb ein Kommentator der “Westdeutschen Allgemeinen Zeitung”.
(…)
Quelle: Spiegel Online
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