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Titel: „Venezuela zu erstürmen, wäre cool!“ – John R. Boltons Memoiren und die Oval-Office-Kriegsspiele Donald Trumps

Datum: 8. Juli 2020 um 11:56 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, USA, Wahlen
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Knapp zwei Monate vor dem Parteitag der Republikanischen Partei, der zwischen dem 24. und 27. August den offiziellen Parteikandidaten der konservativen GOP („Grand Old Party“) für die Präsidentschaftswahl vom kommenden 3. November 2020 nominieren wird, ist der amtierende und zur Wiederwahl antretende US-Präsident Donald Trump zugleich Protagonist und Zielscheibe von zwei Buchveröffentlichungen mit gewaltigem Zündstoff. Zum einen in den Weißes-Haus-Memoiren seines 2019 gefeuerten Sicherheitsberaters John R. Bolton, The Room Where It Happened (Der Raum, in dem es passiert ist), zum anderen in der familienpolitischen Abrechnung seiner Nichte Mary L. Trump, Too Much And Never Enough: How My Family Created the World’s Most Dangerous Man (Zu viel und nie genug: Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf); beide herausgegeben vom renommierten Verlag Simon & Schuster, heute im Besitz des Medienkonzerns ViacomCBS Inc., seinerseits mehrheitlich kontrolliert von Investment-Fonds wie The Vanguard Group und BlackRock. Von Frederico Füllgraf.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Nachdem Auszüge von Boltons Buch den Medien längst vor dem offiziellen Erscheinungsdatum gezielt zugespielt worden waren, zögerte Donald Trump nicht mit einer Klage wegen angeblichem Verrat von Staatsgeheimnissen. Die Klage wurde zwar vom New Yorker Bezirksrichter Royce Lamberth als hemdsärmelig begründet zurückgewiesen, Bolton jedoch vor möglichen strafrechtlichen Folge-Klagen gewarnt.

Mit ähnlichen Argumenten, wie der Sicherung des Anrechts auf freie Meinungsäußerung, hatte ein anderer Richter die Klage von Trumps Bruder Robert gegen das Buch ihrer gemeinsamen Nichte abgelehnt, doch Richter Hal B. Greenwald vom Obersten Gerichtshof des Staates New York ordnete das vorübergehende Verbot des Buchvertriebs an. Ebenso wie Robert Trump appellierte, versprach umgekehrt Mary L. Trumps prominenter Anwalt Ted Boutrous – der in der Vergangenheit u.a. den TV-Sender CNN vertreten hat – in Revision zu gehen, weil die richterliche Anordnung „rundweg gegen den First Amendment“ – den 1. Zusatzartikel des als Bill of Rights bezeichneten Grundrechtekatalogs der US-Verfassung – verstoße.

Donald Trumps konservative Basis schmilzt weg

Die Bücher-Polemik könnte nun vereinfachend als Schattenspiel-Inszenierung hoher Tiere des US-Establishments zur medialen Eröffnung der Präsidentschaftskampagne gesehen werden. Bolton-Kenner, die ihm Charakterschwächen wie Vergeltungstrieb nachsagen, sinnieren, der Zeitpunkt des Memoiren-Publishings könne eine Rache des Autors gegen seine fristlose Entlassung sein und das Ziel verfolgen, Trumps Wahlchancen zu torpedieren.

Allerdings wird der amtierende Präsident und weiterregieren wollende Milliardär in diesen Tagen sowohl auf den Straßen der USA als auch vom Mainstream und Medien links von ihm mit schweren Anschuldigungen konfrontiert, die nicht in den Bolton-Memoiren stehen. Neue geräuschvolle Bürgerproteste erheben sich gegen Trumps katastrophale Handhabung der Covid-19-Pandemie. Die Death-Clock (Totenzähler) auf dem New Yorker Broadway und ein gleichnamiger LKW, der am Nationalfeiertag des 4. Juli vor dem Weißen Haus auffuhr, schmettern tagtäglich dem ultrakonservativen Staatschef sein unverantwortliches und menschenverachtendes Verhalten mit hanebüchenen und trostlosen Pandemie-Zahlen entgegen, die sich nach dem Stand vom 4. Juli auf annähernd 3 Millionen Infizierte und über 130.000 Virus-Tote summieren.

Der Schlachtruf #NoMoreTrump findet mittlerweile starke Verbreitung. Mit dem gleichen Aufruf hatte eine Kampagne in Venezuela bis Mitte September 2019 stolze 13 Millionen Unterschriften gegen die US-Sanktionen gesammelt.

Trumps Ausgangslage ist vier Monate vor der Wahl alles andere als günstig. Was im November passiert, steht auf einem anderen Blatt. Seine Zustimmungsrate sank jedenfalls am 20. Juni auf den bisher niedrigsten Stand von 36 Prozent und in den ersten Meinungsumfragen liegt Trump 17 Prozentpunkte hinter Barack Obamas ehemaligem Vize und Herausforderer Joe Biden.

John Bolton dementierte zwar, er werde Biden wählen, erklärte jedoch auch, warum er nicht Trump wählen will: „Ich glaube nicht, dass er für das Amt geeignet ist, dass er die Kompetenz hat.“ und „Ich glaube nicht, dass er ein konservativer Republikaner ist. Ich werde ihn im November nicht wählen. Ich werde sicherlich auch nicht für Joe Biden stimmen. Ich werde einen (anderen) konservativen Republikaner finden, dessen Namen ich ankreuzen kann.“ Das Festhalten am konservativen Kurs hinderte wiederum hunderte ehemalige Funktionäre der George-W.-Bush-Administration nicht daran, zu Joe Biden überzulaufen. „Sie sind alarmiert über das Verhalten von Präsident Trump im Amt“, vermerkte das Internet-Magazin Hill.

Mauerbau zu Mexiko mit 600 Millionen Dollar aus beschlagnahmten venezolanischen Konten finanziert

Im weltweiten Aufschrei gegen die Wiederwahl Donald Trumps scheint sich der Aufruf zur politischen und menschenwürdigen Gesundung des Planeten mit dem Gebot der Sittlichkeit, vor allem in finanziellen Angelegenheiten, zu vermischen. Und in der Tat zieht sich in den vielfältigen Vorwürfen gegen die spezifische Unehrlichkeit und politische Unverschämtheit des Präsidenten ein roter Faden von New York über die Grenze zu Mexiko bis nach Caracas.

In ihrer Buchankündigung behauptete Trumps Nichte bereits in einer mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Reportage der New York Times, der Präsident habe „betrügerische” Steuertricks angewendet, um sich mehr als 400 Millionen US-Dollar vom Immobilienimperium seines Vaters unter den Nagel zu reißen und damit den gesamten Familienclan bei der Erbverteilung zu betrügen. Wenn von Anhängern des Präsidenten die Buch-Abrechnung der New Yorker PhD, Psychologin und „Black-Lives-Matter“-Aktivistin Mary L. Trump als bloßer „Familienklatsch“ abgetan wird, was soll man dann davon halten, dass Donald Trump 2019 das US-Finanzministerium dazu nötigte, 601 Millionen US-Dollar aus eingefrorenen US-Konten Venezuelas „abzuziehen“ – man lese: zu usurpieren – um den Bau der Grenzmauer gegen Migranten zu finanzieren?

„Bad cop“ Bolton, der globale Kriegstreiber

Doch wer ist John R. Bolton? Der Jurist aus lutherischem Hause war von 1985 bis 1989 stellvertretender Generalstaatsanwalt der USA während der Regierung Ronald Reagan. Von 1989 bis 1993 war er im Außenministerium als stellvertretender Staatssekretär für internationale Angelegenheiten und von 2001 bis 2005 als Staatssekretär für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheitsangelegenheiten tätig. Bolton war ein heißblütiger Verfechter des Irak-Krieges und Direktor des Think Tanks „Projekte für das neue amerikanische Jahrhundert“, das den Krieg gegen den Irak befürwortete. Nach dem Interregnum der von der Demokratischen Partei geführten US-Regierungen kehrte Bolton nach seiner Nominierung durch Präsident Donald Trump 2018 als Sicherheitsberater ins Weiße Haus zurück, wurde jedoch vorzeitig 2019 wegen unüberwindbaren Kontroversen von Trump entlassen.

Zu den peinlichsten Enthüllungen der Bolton-Memoiren über Trump gehören seine „Besessenheit von der Wiederwahl“, sein Hilfeersuchen an China, die Wiederwahl zu sichern, der Vorwurf, der Präsident helfe Diktatoren (darunter Recep T. Erdoğan aus der Türkei und Nordkoreas Kim Jong-Un) und seine Begeisterung für eine Invasion Venezuelas – „das wäre cool!“, soll Donald Trump geschwärmt haben. In den Memoiren ist eine 35 Seiten lange Chronik „Venezuela Libre“ – hier in spanischer Übersetzung – der desaströsen Interventionspolitik der US-Regierung gegenüber dem Chavismo gewidmet und beschreibt den verhängnisvollen Aufbau Juan Guaidós zu „our man in Caracas“.

Doch stimmt alles, was Bolton hier niederschrieb? Dem aufmerksamen Leser entgeht nicht, dass es sich um einen Rundumschlag gegen das Versagen der gesamten US-Regierung im Fall Venezuela handelt. Vor allem aber erzählt hier die Stimme eines eingefleischten „warmongers“, also eines kaltblütigen Kriegstreibers. Die investigative Plattform The Intercept erinnerte kürzlich an einen der frühen verbalen Ausfälle des Neocon-Falken, als er 2005, in der Rolle des UN-Botschafters der George-W.-Bush-Regierung, die hasserfüllte Ironie aussprach, es mache „keinen Unterschied, wenn das Hauptquartier der Vereinten Nationen um 10 Stockwerke zusammenschrumpfen würde“. Fünfzehn Jahre später avancierte jedenfalls Boltons Verachtung für die UN und die internationalen Institutionen schlechthin zur außenpolitischen Doktrin der Regierung Donald Trump, wie ihr Vorgehen gegen die Welthandels-Organisation (WTO), die UNESCO, den Internationalen Strafgerichtshof in den Haag und neuerdings gegen die Weltgesundheits-Organisation (WHO) verdeutlichen.

Bolton war es, der, kaum zum Sicherheitsberater ernannt, im Mai 2018 die US-Regierung zur Kündigung des Nuklearabkommens mit dem Iran überredete und State Department plus Pentagon die Eskalierung anriet. Die Kündigung des über Jahre hinweg mühevoll ausgearbeiteten Vertrages war ihm offenbar als Trophäe derartig bedeutend, dass er eine gerahmte Kopie der „Executive Order“ in seinem Büro aufhängte. Auf einen kurzen Nenner gebracht und unabhängig jeglicher Ergebnisse wird Boltons Strategie im Amt als die kontinuierliche Torpedierung der Diplomatie mit einer möglichst hochgradig aggressiven internationalen Positionierung der USA definiert.

Ein Beispiel für den angeratenen bellizistischen Kurs war Boltons frühzeitige Empfehlung, den Iran zu bombardieren; zweifellos ein Wunsch Israels, der nicht von allen US-Funktionären geteilt wurde. „To Stop Iran’s Bomb, Bomb Iran“, hatte der Kriegstreiber einen Op-ed-Leitartikel in der New York Times vom 26. März 2015 betitelt.

Bolton schätzte, die US-Gegner würden vor dem harten Auftreten der USA kapitulieren. Doch das Kalkül des „bad cops“ (des bösen Bullen), die USA intensiver zum „Weltpolizisten“ aufzubauen, schlug auf der ganzen Linie fehl. Der Iran gab nicht nach und wurde, im Gegenteil, zur Renuklearisierung gedrängt. Mehr noch: Seitdem die USA Sanktionen verhängt haben, um die iranischen Ölexporte auf null zu bringen und die Wirtschaft zu lähmen, ist die iranische Regierung weder zusammengebrochen noch hat sie den Forderungen der USA nachgegeben. Nach der Einstufung der Islamischen Revolutionsgarde als „Terroristen-Organisation“, nach neuen Truppen- und Trägereinsätzen im Nahen Osten, nach einem US-Cyberangriff gegen den Iran, nachdem die USA eine iranische Drohne abgeschossen hatten, und selbst nachdem Trump getwittert hatte, die USA hätten den Iran „fast bombardiert“, hat sich der aggressive außenpolitische Kurs der Trump-Administration auf Boltons Geheiß nicht ausgezahlt.

„Venezuela gehört in Wirklichkeit zu den USA“

Nicht anders erging es den Regime-Change-Plänen Boltons für Venezuela. Sämtliche Versuche einer militärischen Intervention, angeführt von der von Bolton aufgebauten Marionette Juan Guaidó, endeten als erbärmliches Fiasko.

Im Kapitel „Venezuela Libre“ zitiert Bolton mit gedämpft ironischem Unterton jenen Satz, mit dem Donald Trump im Oval Office herausplatzte: „Venezuela zu erstürmen, wäre cool, schließlich gehört das Land ja zu den USA …“.

Die erste Reaktion des Lesers ist – fern jeder Ideologie, und zwar auf dem Boden von Geschichte und Geographie – die Empörung über eine derartig platte und freche imperialistische Anmaßung. Doch wer Boltons Vita nicht kennt, regt sich hier über den Falschen auf. Mit Nachdruck vertritt der rechtsextreme Jurist die Wiederbelebung der Monroe-Doktrin von 1823. Damit erhob der damalige US-Präsident James Monroe das Prinzip der Nichteinmischung Europas in die Angelegenheiten der neuen unabhängigen Staaten auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, behielt aber den USA das Recht vor, im Falle der Bedrohung seiner Sicherheit in jedes dieser Länder einmarschieren zu dürfen. So sollte Kuba im Austausch für die US-Hilfe im Krieg gegen Spanien nachträglich die Besetzung der Insel hinnehmen und so wurde 1888 Puerto Rico überfallen und zum US-Territorium deklariert.

Die in gesamt Lateinamerika als kolonialistisch und imperialistisch verschriene Monroe-Doktrin wagte in den vergangenen Jahrzehnten kaum eine US-Regierung in den Mund zu nehmen. Doch einer tat es: John R. Bolton. Im Venezuela-Kapitel seiner Memoiren und davor öffentlich. Zum Beispiel während einer Rede im April 2019 in Miami. The Economist war zufällig anwesend und registrierte mit Befremden Boltons Worte, als er behauptete, die „Monroe-Doktrin ist am Leben und gut“. Der Verweis auf das zweihundert Jahre alte Bekenntnis der weißen, imperialistischen Gründungsväter der USA wurde diesmal als Warnung an Russland und China verstanden, sich nicht in den sogenannten „amerikanischen Hinterhof“ – sprich: in Lateinamerika – einzumischen. „Herr Bolton gab der Doktrin neues Leben, indem er neue Wirtschaftssanktionen gegen Kuba, Nicaragua und Venezuela ankündigte, die er gerne als „Troika der Tyrannei“ bezeichnet“, kommentierte das britische Wirtschaftsmagazin.

Glaubt man dem Memoiren-Narrativ Boltons, war Venezuela zunächst keine nationale Sicherheitspriorität der USA. Vielleicht keine „oberste“, doch bereits im März 2015 erklärte Trumps Vorgänger Barack Obama, Venezuela stelle eine „Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA“ dar, und ordnete die ersten US-Sanktionen an. „Wenn es um Venezuela geht, tritt Trump in die Fußstapfen Obamas“, folgerte bereits vor drei Jahren die Zeitschrift Foreign Policy; allerdings eine Folgerung, die Bolton nicht ohne Weiteres mit den kriegstreibenden Konkurrenten der Demokratischen Partei teilen, sondern als seine eigene Agenda sehen will.

Mit den engeren Beziehungen der Regierung Nicolás Maduro zu Kuba, China, Russland und dem Iran, als Folge der US-Sanktionen und der zunehmenden Blockade, änderte sich die Einschätzung zusehends ab 2019. Hinzu kam der Disput Venezuelas mit dem Nachbarland Guyana um das Esequibo-Grenzgebiet mit beachtlichen Ölvorkommen, die nach US-Planungen von Exxon Mobil ausgebeutet werden sollen. Weswegen Bolton im Kapitel „Venezuela Libre“ sinniert, es gehe nicht nur um Demokratie und Menschenrechte in Venezuela, sondern auch darum, milliardenschwere Profite zu schöpfen, die Energieversorgung der USA in der westlichen Hemisphäre zu sichern und Trumps Devise „America first!“ zu verwirklichen.

Juan Guaidó, das „zarte Jüngelchen“

Doch es kam anders. Juan Guaidó entpuppte sich als großmäuliger, unzuverlässiger Schwächling, das venezolanische Militär spaltete sich nicht und Nicolás Maduro sitzt fester im Sattel denn je.

Dafür macht Bolton in seinem 35-seitigen Venezuela-Kapitel die gesamte Trump-Administration – von Finanzminister Steve Mnuchin über die Bürokraten des State Department bis hin zu Außenminister Mike Pompeo und natürlich Präsident Trump – verantwortlich. Auch Juan Guaidó bleibt ätzende Kritik nicht erspart, ebenso wenig dem konservativen kolumbianischen Präsidenten Iván Duque. Ausgenommen davon sind die beiden „Architekten“ der Katastrophe, nämlich der rechtsradikale Kuba-Amerikaner Mauricio Claver-Carone – von Bolton seinerzeit als Hauptdirektor des Nationalen Sicherheitsrates für die westliche Hemisphäre nominiert – und Autor John R. Bolton selbst.

Neben Erfindungen, Halbwahrheiten, Propaganda und Eigenlob sorgt indes Boltons Note zur Beschreibung Guaidós durch Donald Trump für wohltemperiertes Leser-Lächeln. Auszüge aus Boltons Buch wollen belegen, dass der US-Präsident seine Unterstützung für Juan Guaidó bereits 30 Stunden nach seiner Selbsterklärung zum „Interimspräsidenten“ Venezuelas zurückziehen wollte.

Der gefeuerte Sicherheitsberater moniert, dass Trump Juan Guaidó nie sehr ernstgenommen habe. In Anlehnung an den demokratischen Politiker-„Schönling“ Beto O’Rourke gab Trump im Frühjahr 2019 Guaidó den Spitznamen „Beto O’Rourke von Venezuela“. Im darauffolgenden November 2019 nannte Trump O’Rourke einen „armen Bastard“; der Seitenhieb war doppeldeutig und bezog Caracas mit ein. Trump bezweifelte außerdem, dass Maduro fallen würde, und bezeichnete ihn als zu klug und zu hart. Guaidó hingegen beschrieb er vergleichbar als „zartes Jüngelchen“.

Bolton berichtet jedoch auch, Trump sei erst nach einem Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Mai 2019 „weitgehend davon überzeugt” worden, dass der Sturz Nicolás Maduros ein aussichtsloses Unterfangen sei; eine Gelegenheit, bei der Putin Guaidó ironisch mit Trumps Rivalin Hillary Clinton verglich, was Bolton wiederum als „brillante Propaganda-Darstellung im sowjetischen Stil” bezeichnete.

Ja, Trumps wiederholte Überlegung, sich persönlich mit Nicolás Maduro zu treffen, beschreibt Bolton mit kühler Verachtung. Das erneute Angebot des Präsidenten vom vergangenen Juni mag sehr wohl ein Wahltrick und Wink in Richtung der Latino-Amerikaner aus dem demokratischen Lager gewesen sein. Jedenfalls scheint die Dialogbereitschaft mit dem gewählten und nicht selbsternannten Präsidenten Venezuelas die kalten Krieger und Kriegstreiber quer durch beide Parteien des Establishments zu vereinen. Joe Biden setzte sofort am 21. Juni einen donnernden Tweet mit den Worten ab, „Trump wählt harte Worte beim Thema Venezuela, bewundert aber Schläger und Diktatoren wie Nicolas Maduro. Als Präsident werde ich mich für das venezolanische Volk und für die Demokratie einsetzen“. Inzwischen rückte der amtierende Präsident von seinem Angebot ab. Wenn überhaupt, dann wolle er mit Maduro über den Termin seines Abgangs reden.

Klage gegen John R. Bolton hin, Klage her. Auch Donald Trump wollte sich keinen Klartext über die Memoiren seines Ex-Sicherheitsberaters ersparen und twitterte am 18. Juni, „Wacko (Spinner) John Boltons „außerordentlich langweiliges Buch“ (New York Times) besteht aus Lügen und falschen Angaben. In gedruckter Form sagte er stets alles Gute über mich, bis zu dem Tag, an dem ich ihn gefeuert habe. Ein verärgerter, langweiliger Dummkopf, der nur in den Krieg ziehen wollte. Hatte nie eine Ahnung, wurde geächtet und freudig ausgeladen. Was für ein Trottel!“.

Titelbild: paparazzza/shutterstock.com


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