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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Städtebauförderung: Drastische Kürzungen vorgesehen
Datum: 23. Juli 2010 um 9:20 Uhr
Rubrik: Innen- und Gesellschaftspolitik, Schulden - Sparen, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Den ersten Teil ihres Sparpakets hat die Bundesregierung umgesetzt: Am 7. Juli 2010 beschloss das Kabinett den Entwurf des Bundeshaushalts 2011 und den Finanzplan bis 2014. Vor dem Hintergrund einer „Schuldenbremse“, einer „geringeren Neuverschuldung“ sind Einsparungen in Milliardenhöhe vorgesehen. Nach dem Sozialetat ist es der Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, in dem erhebliche Kürzungen vorgenommen werden sollen. Gemäß den Planungen der schwarz-gelben Regierung wird die Städtebauförderung als Steuerungsinstrument des Bundes drastisch gekürzt. Nach 2009 mit 569 Mio. Euro Fördermitteln waren 2010 nur noch 535 Mio. Euro im Fördertopf. 2011 droht die nahezu Halbierung auf 305 Mio. Euro. Dazu ein Kommentar von Axel Ulrich
Die Mittel des Städtebauförderungsprogrammes waren in der Vergangenheit immer der Motor für eine nachhaltige wirtschaftliche, soziale und ökologische Stadtentwicklung. Jedoch sind diese Mittel seit den 1980er Jahren zunehmend rückläufig, was zur Folge hatte, dass private und institutionelle Anleger städtebauliche Investitionen immer stärker ins Ausland verlagert haben. Somit hatten staatliche Interventionsmaßnahmen in Deutschland eine immer schwächere Wirkung entfaltet, wogegen sich im europäischen Ausland neben Metropolregionen auch Mittel- und Kleinstädte sowie viele ländliche Regionen zu prosperierenden Räumen entwickeln konnten. In Deutschland fallen vergleichbare urbane Räume aufgrund zu schwacher staatlicher Interventionen immer stärker ins Abseits.
1987 betrugen die Bundesfinanzhilfen zur Städtebauförderung in der alten Bundesrepublik noch 511 Mio. Euro (1 Mrd. DM), wodurch unendlich viele Folgeinvestitionen angeschoben werden konnten. Wäre seitdem die Städtebauförderung konstant auf diesem Niveau aufrechterhalten worden, so hätte diese unter Einfluss der Inflationsrate bis zum Jahr 2009 alleine für die alten Bundesländer auf rund 800 Mio. Euro ansteigen müssen. Da diese Anpassung jedoch nicht erfolgte, ist bereits von einer realen Kürzung der Städtebauförderung zu sprechen. Denn trotz eines erheblichen Nachholbedarfs in Ostdeutschland wurden die Städtebauförderungsmittel nicht wesentlich angehoben und betrugen im letzten Programmjahr 569 Mio. Euro für die gesamte Bundesrepublik. Diese Mittel sollen nun nahezu halbiert werden. Die Erfolgsfaktoren der Städtebauförderung wie Vervielfältigungseffekte, Anstoßwirkung und Rückfluss durch Steuereinnahmen sowie Reduzierung anderer staatlicher Transferleistungen sind hinlänglich bekannt; die negativen Entwicklungen infolge reduzierter Städtebauförderungsmittel wären zahllos.
Aus den bisherigen Auswertungen kann man sagen, dass jeder Euro Städtebauförderung ca. 5-8 weitere Euro Nachfolgeinvestitionen auslöst. Hierbei muss noch erwähnt werden, dass der eine Euro im Regelfall zu je einem Drittel vom Bund, dem Land und der entsprechenden Gemeinde finanziert wird.
Wenn man also das Volumen der Nachfolgeinvestitionen heranzieht, so kann man sagen, dass der Bund in diesem Programm bei einem Einsatz von 33 ct. Umsätze von 6-9 Euro generiert. Das entspricht also Mehrwertsteuereinnahmen von 0,96 bis 1,44 Euro je eingesetzten 0,33 Euro des Bundes, d.h. ca. das 3-5fache des eingesetzten Geldes fließt alleine als Mehrwertsteuereinnahme zurück, von den anderen Wirkungen einmal abgesehen.
Alleine unter dieser Betrachtungsweise ist es nicht nachvollziehbar, weshalb ein derart kleines Förderprogramm, das anerkanntermaßen enorme Rückflüsse auch für den Bundeshaushalt generiert, dem Rotstift zum Opfer fallen soll. Eine nahezu 50-prozentige Reduzierung ohne zeitliche Beschränkung würde für die meisten kleinen und mittleren Gemeinden einen „Fall ins Bodenlose“ bedeuten. Denn die Länder werden in der Folge ihre Programmanteile analog dem Bund zurückfahren und die wenigen noch optimistischen Investoren und Anleger werden ihr Vertrauen in die Entwicklung begonnener Stadtsanierungs- und -entwicklungsmaßnahmen verlieren.
Des Weiteren sind der Dominoeffekt und dessen Wirkung auf vielfache Wirtschaftsbereiche überhaupt nicht absehbar. Denn keine Untersuchung hat bislang die Folgen eines Wegfalls der Städtebauförderung auch nur ansatzweise beleuchtet. Daher kann davon ausgegangen werden, dass dies nicht nur für die kommunalen Finanzen, sondern für die gesamte Volkswirtschaft der Bundesrepublik fatale Folgen haben wird. Auswirkungen, die nicht einfach wiederzubeleben sein werden.
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