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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 5. Juni 2020 um 16:50 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. EU-Konjunkturprogramm: Eine neue europäische Fiskalpolitik
  2. Corona-Rezession: Wirtschaftsweise korrigieren Konjunkturprognose nach unten
  3. Kein sozial ausgewogenes Konjunkturpaket: Wohlstand für wenige, viele werden vergessen – Gastbeitrag von Christoph Butterwegge
  4. Mindestlohn: Deutliche Erhöhung sinnvoll zur Stärkung der Nachfrage – Forscher plädieren für schrittweise Anhebung auf 12 Euro
  5. Fahrdienste: Koalition will mehr Wettbewerb im Taxigewerbe
  6. Arbeitsschutz: Staatliche Kontrollen auf Rekordtief!
  7. Eine steigende Altersarmut scheint sicher. Dagegen wollen Grüne und Linke im Bundestag mit eigenen Konzepten in der Rentenversicherung was machen. Sie dürfen aber vorerst nicht
  8. Wer ist verantwortlich für die Qualitätsmängel?
  9. Falsche Furcht vor Überschuldung ist ein Risiko“
  10. Vom Irrationalismus des Marktes zum Irrationalismus des Lebens im Neoliberalismus
  11. Cum-Ex-Affäre: Anklage gegen Warburg-Banker
  12. Kurz dokumentiert: Corona-Paket auch für die Bundeswehr
  13. Bundesregierung einigt sich auf Staatstrojaner für Inlandsgeheimdienst
  14. Die europäische Cloud

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. EU-Konjunkturprogramm: Eine neue europäische Fiskalpolitik
    Der Vorschlag, einen Großteil der Gelder als Zuschüsse an die Mitgliedstaaten zu vergeben, ist richtig. Dadurch wird die Schuldenlast solidarisch auf allen Schultern verteilt und die nationalen Schuldenstände, die infolge der Krise sehr strapaziert sind, werden geschont. Ein weiteres Auseinanderdriften zwischen Nord- und Südeuropa und eine erneute Staatsschuldenkrise könnten so verhindert werden. Das ist ein erfreulicher Quantensprung in der europäischen Fiskalpolitik! Der DGB fordert schließlich schon seit Jahren ein gemeinschaftliches Schuldeninstrument auf EU-Ebene.
    Allerdings bergen manche Details in den Vorschlägen der Kommission auch die Gefahr von schädlichen Nebenwirkungen. Der Kern des Kommissionvorschlags besteht darin, einen neuen Fonds zu schaffen mit dem sperrigen Titel „Aufbau- und Resilienzfazilität“.Dieser Fonds soll an das Europäische Semester gekoppelt sein. Hier versucht die Kommission zum wiederholten Male ein Instrument zu etablieren, um die Mitgliedstaaten dazu zu bringen, die wirtschaftspolitischen Empfehlungen der Kommission effektiver umzusetzen.
    Quelle: DGB klartext
  2. Corona-Rezession: Wirtschaftsweise korrigieren Konjunkturprognose nach unten
    Vor allem die Außenwirtschaft leidet unter der Corona-Krise. Das wird aus Sicht des Sachverständigenrates die ökonomische Entwicklung stärker bremsen als zuvor berechnet.
    Die Wirtschaftsweisen werden ihre im März aufgestellte Konjunkturprognose für Deutschland angesichts der Corona-Pandemie nach unten korrigieren. “Der Lockdown hat länger gedauert und die Außenwirtschaft wird härter getroffen als erwartet”, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Lars Feld, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Vor allem im Hinblick auf die USA waren wir deutlich zu optimistisch”, sagte der Freiburger Wirtschaftsprofessor.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der Sachverständigenrat (die Wirtschaftsweisen) nähern sich einer realistischeren Sicht bzw., anders ausgedrückt, den Szenarien der anderen Sachverständigen (minus 7 bis minus 10 Prozent). Man fragt sich, warum im März, zum Anfang der Pandemie in Deutschland, ein so (zweck?)optimistisches Szenario (bestenfalls -2,8 Prozent, schlimmstenfalls -5,4 Prozent) abgegeben wurde. Gesundbeten, damit die Regierung nicht auf dumme Gedanken wie ein Konjunkturprogramm oder ein vernünftiges Kurzarbeitergeld kommt? Wie wollte der SVR das beurteilen können zu einem Zeitpunkt vor fast drei Monaten, warum hat er sich auf diese (relativ optimistischen) Zahlen festgelegt, als das neuartige Coronavirus und der zukünftige Verlauf der Krise noch so viel unbekannter und unsicherer waren? Die Prognosen des SVR sind (wie so oft) im besten Falle grob irreführend und im schlimmsten Fall im Sinne der Politikberatung schädlich. Ebenfalls interessant (und deutlich realistischer) sind wohl die Annahmen über die wirtschaftliche Erholung. Inzwischen nimmt man nicht mehr an, dass schon Ende 2021 das Bruttosozialprodukt von Ende 2019 erreicht sein wird, sondern erst ein Jahr später, also Ende 2022. Und selbst das wird noch zu optimistisch sein, weil zwar im Rahmen der Konjunkturpakete einige Impulse für die Binnenwirtschaft gesetzt werden, die aber die Verluste durch die extrem hohe Arbeitslosigkeit nicht vollständig auffangen, und das Ausland als Ziel des deutschen Exportismus noch viel stärker von der Krise betroffen ist und zum großen Teil (vor allem die EU-Länder) viel weniger Spielraum für durchgreifende Konjunkturprogramme besitzt. Auch die deutlich abgesenkten Prognosen sehen nach Zweckoptimismus aus: der Staat soll bloß nicht in die Wirtschaft eingreifen, sich bloß nicht angemessen um Lohnerhöhungen und die Binnenwirtschaft kümmern (Schulden!!!) und bloß nicht die deutsche Über-Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Vielen Arbeitnehmern stehen schwierige, quälende Jahre bevor, aber für den SVR sind Arbeitnehmer eh nur Verschiebemasse und Humanressourcen.

  3. Kein sozial ausgewogenes Konjunkturpaket: Wohlstand für wenige, viele werden vergessen – Gastbeitrag von Christoph Butterwegge
    Passgenau sind die Hilfen für Unternehmen nicht. Bei der Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags, der Einführung einer degressiven Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit einem höheren Faktor und maximal 25 Prozent pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens 2020/21 und der unbefristeten „Modernisierung“ des Körperschaftsteuerrechts (Einführung eines Optionsmodells zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften) handelt es sich um drei ziemlich teure Steuergeschenke, die der Wirtschaftsflügel der Union den Unternehmern schon lange auf den Gabentisch legen wollte.
    Die am härtesten von der Pandemie betroffenen Personengruppen werden hingegen nur am Rande bedacht, wenn überhaupt. […]
    Alleinerziehenden will die Große Koalition aufgrund ihres höheren Betreuungsaufwandes und der damit verbundenen finanziellen Mehraufwendungen auf zwei Jahre befristet einen höheren Entlastungsbetrag gewähren, der allerdings nur solchen Elternteilen zugutekommt, die ein relativ hohes Einkommen haben und deshalb viel Steuern zahlen müssen. Die von Armut betroffenen oder bedrohten Alleinerziehenden – das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes schon vor Beginn der Covid-19-Pandemie und dem Lockdown und der Rezession immerhin 41,5 Prozent aller Alleinerziehenden – haben mit Sicherheit nichts davon, weil sie gar keine Einkommensteuer zahlen müssen. Dieser Konstruktionsfehler einer Hilfsmaßnahme ist typisch für die Regierungspolitik:
    Quelle: Blog der Republik
  4. Mindestlohn: Deutliche Erhöhung sinnvoll zur Stärkung der Nachfrage – Forscher plädieren für schrittweise Anhebung auf 12 Euro
    Einführung und Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns haben seit 2015 die Einkommenssituation von Millionen Menschen in Deutschland verbessert, von denen nicht wenige in „systemrelevanten“, aber niedrig bezahlten Berufen arbeiten. Gleichzeitig hat sich der starke Zuwachs der Erwerbstätigkeit über Jahre fortgesetzt. Der Mindestlohn hat dadurch die private Konsumnachfrage spürbar unterstützt, die in den vergangenen Jahren wesentlich zum Wirtschaftswachstum in Deutschland beigetragen hat. Solche positiven Impulse sind zur Bewältigung der aktuellen Corona-Krise besonders wichtig. Deshalb ist eine schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf ein Niveau von 12 Euro ökonomisch und sozial weiterhin absolut vernünftig. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in einer neuen Stellungnahme für die Mindestlohn-Kommission.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  5. Fahrdienste: Koalition will mehr Wettbewerb im Taxigewerbe
    Neue Fahrdienste wie Uber bekommen mit einer Novelle des Personenbeförderungsgesetzes Rechtssicherheit. Eine Rückkehrpflicht bleibt für sie aber bestehen.
    Union und SPD haben sich auf eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes geeinigt, mit der neuen Fahrdiensten der Einstieg in den Markt erleichtert werden soll. Darin werden sogenannte Pooling-Angebote von Fahrdiensten, bei denen sich mehrere Fahrgäste ein Fahrzeug teilen, dauerhaft erlaubt, wie in Koalitionskreisen bestätigt wurde. Über die Einigung hatte zuvor das Magazin Focus berichtet.
    Bislang sind viele neue Anbieter nur auf Grundlage befristeter Ausnahmeregelungen unterwegs. Mit der Novelle bekommen Uber oder der Volkswagen-Ableger Moia Rechtssicherheit. Auch die starren Tarife für das herkömmliche Taxigewerbe sollen fallen.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Dass die Union und ganz besonders der Lobbyist im Ministeramt Herr Scheuer seit Jahren die Interessen von Uber und anderen betreiben wollen, ist bekannt. Aber was hat die SPD dabei geritten, diesem Wahnsinn zuzustimmen? Das Taxi ist, was viele nicht wissen (und die Koalitionäre anscheinend auch nicht), Teil des kommunalen ÖPNV – gibt es bei Bus, S-Bahn und Straßenbahn einen (auch noch so schief konstruierten) “Wettbewerb”? Taxis haben eine Beförderungspflicht – Uber hat die nicht. Taxifahrer zahlen auf ihre Einkünfte Steuern und Rentenversicherungsbeiträge – Uber-Fahrer nicht oder höchstens freiwillig. Für Taxifahrer gilt der gesetzliche Mindestlohn (zumindest auf dem Papier), für die scheinselbstständigen Uber-Fahrer nicht. Taxiunternehmer zahlen in Deutschland Steuern, die Firma Uber tut das nicht. Die Rückkehrpflicht für Uber & Co. mag theoretisch etwas Waffengleichheit herstellen, ist aber praktisch kaum zu kontrollieren und durchzusetzen. Kurz gesagt: ein solcher “Wettbewerb” ist von Anfang an nicht fair, sondern zugunsten Uber & Co. verzerrt. Taxifahren ist heute meistens ein prekärer Job, aber selbst diese schlechten Arbeitsbedingungen werden durch die unfaire Konkurrenz von Uber & Co. weiter unter Druck gesetzt. Das Ergebnis werden mehr Firmenpleiten im Taxigewerbe sein und im Durchschnitt noch niedrigere Löhne – und ein weiterer zu Lasten der Arbeitnehmer und zu Lasten der Daseinsvorsorge (zu der Taxis zählen!) deregulierter Wirtschaftsbereich. Ist das die Absicht der SPD?

  6. Arbeitsschutz: Staatliche Kontrollen auf Rekordtief!
    Maßnahmen, um die Gesundheit von Beschäftigten am Arbeitsplatz zu schützen, sind nicht nur in Corona-Zeiten wichtig. Aber viele Arbeitgeber versäumen es, sich darum zu kümmern. Gründliche Kontrollen durch das Land wären deshalb zwingend notwendig. Doch die Zahl der Betriebsbesichtigungen ist eklatant gesunken. Folgen und Gegenmaßnahmen erläutert schlaglicht 22/2020.
    Einbau von Plexiglasscheiben, Versorgung mit Gesichtsmasken und Waschmöglichkeiten, Einhaltung von Mindestabständen in Unterkünften und Produktion – alles notwendige Maßnahmen, um Beschäftigte am Arbeitsplatz vor einer Corona-Infektion zu schützen. Für die Durchführung sind die Betriebe zuständig. Denn die Arbeitgeber haben gegenüber ihrem Personal eine arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht. Wie dürftig es aber mitunter zugeht, haben die desaströsen Zustände in der Fleischindustrie schonungslos offengelegt.
    Dabei verdient der Arbeitsschutz höchste Priorität. Und zwar nicht nur zu Pandemie-Zeiten!
    Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht
  7. Eine steigende Altersarmut scheint sicher. Dagegen wollen Grüne und Linke im Bundestag mit eigenen Konzepten in der Rentenversicherung was machen. Sie dürfen aber vorerst nicht
    Natürlich hat die Politik diese Zusammenhänge und auch die angesprochenen fundamentalen Verschiebungen zur Kenntnis genommen und versucht, auf die damit verbundenen Probleme partielle Antworten zu geben. Das ist der Hintergrund für die seit mehreren Legislaturperioden geführte Debatte über eine „Grundrente“ – und eine gerupfte Variante hat gerade erst diese Tage nach mühsamen Geburtswehen das Parlament durchlaufen.
    Auch die Opposition im Bundestag hat sich seit langem Gedanken gemacht, was man tun müsste bzw. sollte, um der ansteigenden Altersarmut etwas entgegenzusetzen. Diese Tage gab es mal wieder einen Vorstoß im Parlament. Oder man denke an die schrittweise Ausweitung der Berücksichtigung von Zeiten der Pflege von Angehörigen im Rentenrecht. […]
    Die Anträge der beiden Oppositionsparteien haben das Schicksal der allermeisten Anträge erfahren müssen: Sie wurden von der Regierungsmehrheit verworfen. Arbeit für den Papierkorb, könnte man frustrierend bilanzieren – oder aber, bei einer anderen Sichtweise, zwar Arbeit, die in den Schubläden landet, die aber möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt bei einer anderen Mehrheitskonstellation wieder auferstehen wird. Also schauen wir uns einmal genauer an, was die beiden Oppositionsparteien da vorgeschlagen haben.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  8. Wer ist verantwortlich für die Qualitätsmängel?
    Fachleute aus dem klinischen Bereich erkennen in unserem Gesundheitswesen „tödliche Lücken“. Dafür sei die träge Selbstverwaltung des Gesundheitswesens verantwortlich. Sie fordern daher mehr staatliche Kontrolle und mehr Marktwirtschaft wie in den USA.
    Die aus dem klinischen Bereich kommenden Autoren Konrad Reinhart, Anette von Butler und Jürgen Graf konstatieren in einem Beitrag für die „FAZ“, dass Deutschland wegen der gut funktionierenden Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik gut durch die Corona-Krise gekommen ist. Maßnahmen wie die Kontaktsperren oder das Hinausschieben planbarer Operationen hätten sich in Verbindung mit der komfortablen intensivmedizinischen Ausstattung der Krankenhäuser als effektiv erwiesen. Dabei habe auch die hohe Akzeptanz dieser Maßnahmen in der Bevölkerung eine wichtige Rolle gespielt. Aber es irritiert sie, „dass auf der einen Seite immense gesellschaftliche und ökonomische Folgen in Kauf genommen werden, um Covid-19 bedingte Todesfälle zu vermeiden, jedoch andererseits seit Jahren akzeptiert wird, dass Tausende Menschen an Krankheiten versterben, die in unserem Gesundheitswesen besser behandelbar oder grundsätzlich vermeidbar wären. Die herausragende Rolle der Politik im Kampf gegen die Corona-Krise steht in starkem Gegensatz zu der Rolle, die die Politik in der Gestaltung und Steuerung des Gesundheitssystems in Deutschland innehat.“
    Quelle: Makroskop
  9. Falsche Furcht vor Überschuldung ist ein Risiko“
    Der Ökonom Christoph Trebesch über Gefahren in der Coronakrise – und über die Unterschiede zur Finanzkrise nach 2008.
    Wo liegen aus Ihrer Sicht die Risiken?
    Ein größeres Risiko als die Zinshöhe ist, dass die Staaten aus Furcht vor einer Überschuldung zu wenig tun, also davor zurückschrecken, schuldenfinanzierte Rettungsmaßnahmen zu beschließen. Der Staat muss jetzt handeln, sonst könnten ganze Wirtschaftszweige kaputtgehen, mit schlimmen Folgen für die Arbeitsmärkte und gerade für die junge Generation, die in den nächsten zehn Jahren nach Jobs sucht.
    Quelle: Tagesspiegel
  10. Vom Irrationalismus des Marktes zum Irrationalismus des Lebens im Neoliberalismus
    Wird in Medien, Politik und Öffentlichkeit von »Neoliberalismus« gesprochen, so ist damit zumeist ein Bündel wirtschafts- und sozialpolitischer Überzeugungen und Maßnahmen gemeint. Mehr Markt und weniger Markteingriffe, so der Kern dieses Denkens, dessen Irrationalismus aber sehr viel weiter greift.
    Mehr Markt und weniger Markteingriffe, so der Kern dieses Denkens, aus dem dann »Reformen« wie etwa Lohnkürzungen, Arbeitsmarkt-Flexibilisierungen, Sozialabbau oder Steuersenkungen für hohe Einkommen und Gewinne abgeleitet werden. »Neoliberalismus« in dieser Weise zu verstehen, ist angemessen – und doch unvollständig. Denn die beschriebene Perspektive lässt außer Acht, dass Neoliberalismus mehr ist als Wirtschafts- und Sozialpolitik, als soziale Ungleichheit und Marktextremismus: Neoliberalismus geht mit einem Bild von Mensch und Gesellschaft einher, welches das Denken und Handeln der Menschen noch im banalsten Alltag prägt. Er ist immer auch eine ganz bestimmte Art und Weise, sein Leben zu führen. Der Neoliberalismus, so die These dieses Artikels, konnte die Gesellschaft und Politik in quasi allen Ländern gerade deshalb so hartnäckig und erfolgreich nach seinen Vorstellungen umwälzen, weil er an vielen Stellen als harmlos und unpolitisch erscheint – als gesunder Menschenverstand, wenn man so möchte. Dabei zeigt sich ein Irrationalismus, der im Kern ein Irrationalismus gegenüber dem Markt ist. Dies wird im Folgenden am Beispiel einer bestimmten Ratgeber-Literatur aufgezeigt, für die der Begriff der »Lebensberatung« treffend erscheint.
    Die nachfolgenden Überlegungen zum »Leben im Neoliberalismus« beruhen auf zwei Buchveröffentlichungen des Autors zum Thema (Schreiner 2018a, Schreiner 2018b) und ergänzen diese.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  11. Cum-Ex-Affäre: Anklage gegen Warburg-Banker
    Die Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals geht in eine entscheidende Phase: Die Staatsanwaltschaft Köln hat vier amtierende und ehemalige Banker der Hamburger Privatbank angeklagt.
    Quelle: Süddeutsche
  12. Kurz dokumentiert: Corona-Paket auch für die Bundeswehr
    In den insgesamt 57 Punkten des 15 Seiten umfassenden Beschlusses (Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken) werden Rüstungsprojekte und Bundeswehr in zwei Punkten genannt:
    10. Der Bund wird in allen Bereichen prüfen, inwieweit geplante Aufträge und Investitionen jetzt vorgezogen werden können. Insbesondere sollen Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung, Sicherheitsprojekte sowie neue Rüstungsprojekte mit hohem deutschen Wertschöpfungsanteil, die noch in den Jahren 2020 und 2021 beginnen können, sofort umgesetzt werden. (Projektvolumen: 10 Mrd. Euro)
    49. Die Fähigkeit zu souveränem Handeln im Cyber- und Informationsraum ist untrennbar mit digitaler Souveränität verbunden. Daher wollen wir ein Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr aufbauen, um die nationale Verfügbarkeit digitaler und technologischer Innovationen für öffentliche und private Bereiche zu verbessern und innovative und interdisziplinäre Forschung in einem sicheren Umfeld zu betreiben. (Finanzbedarf: 0,5 Mrd. Euro)
    Zur Erinnerung: Das mit den geplante Aufträge und Investitionen jetzt vorziehen hatten wir hier vor ein paar Tagen schon einmal, damals wusste niemand im Verteidigungsministerium was davon.
    Interessant dabei: Das Vorziehen von Rüstungsprojekten ist im ersten Teil des Pakets enthalten, dem Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket und nicht etwa in dem Zukunftspaket im zweiten Teil. Also ausdrücklich Wirtschaftsförderung, nicht etwa die Streitkräfte für die Zukunft fit machen. Mal sehen, welche neuen Rüstungsprojekte mit hohem deutschen Wertschöpfungsanteil, die noch in den Jahren 2020 und 2021 beginnen können, dafür identifiziert werden.
    Quelle: Augen geradeaus!
  13. Bundesregierung einigt sich auf Staatstrojaner für Inlandsgeheimdienst
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll Geräte mit Staatstrojanern hacken, um Kommunikation abzuhören. Darauf haben sich Justiz- und Innenministerium bei Verhandlungen zum neuen Verfassungsschutzgesetz geeinigt. Streit gibt es noch um die Online-Durchsuchung.
    Seit über einem Jahr verhandeln Justiz- und Innenministerium über ein neues Gesetz für den Verfassungsschutz. Im März 2019 haben wir den Entwurf des Innenministeriums veröffentlicht und getitelt: Seehofer will Staatstrojaner für den Verfassungsschutz. Die damalige Justizministerin Katarina Barley lehnte den Entwurf vollständig ab. Jetzt konnte Seehofer ihre Nachfolgerin Christine Lambrecht überzeugen – zumindest teilweise.
    Quelle: netzpolitik.org
  14. Die europäische Cloud
    Mit der gestern offiziell gestarteten Initiative “Gaia-X” wollen Deutschland und Frankreich eine “europäische” Alternative zu den großen US-amerikanischen und chinesischen Cloud-Dienstleistern schaffen. Hintergrund ist, dass Cloud-Dienste immer mehr an Bedeutung gewinnen; deutlich wurde dies vor allem nach dem Covid-19-Shutdown, der zahlreiche Unternehmen zur Umstellung auf Onlineheimarbeit und damit zur Nutzung von Cloud-Diensten zwang. Aus Furcht vor Wirtschaftsspionage hatten sich zahlreiche Unternehmen bislang geweigert, Cloud-Dienste von Amazon, Microsoft, Google oder Alibaba in größerem Umfang zu nutzen – dies auch, weil ein US-Gesetz aus dem Jahr 2018 es den US-Behörden unter bestimmten Umständen erlaubt, auf Daten zuzugreifen, die US-Konzerne bei sich speichern. Zudem hieß es mit Blick auf die Praktiken der Trump-Administration, man sei, wenn man nicht über eine eigene Cloud-Struktur verfüge und auf US-Firmen angewiesen sei, politisch erpressbar. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nennt die Initiative die “vielleicht wichtigste digitale Bestrebung Europas in dieser Generation”.
    Quelle: German Foreign Policy


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