Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Leserbriefe zu „Weder links noch rechts!” – also nirgendwo“
Datum: 22. Mai 2020 um 13:27 Uhr
Rubrik: Ideologiekritik, Leserbriefe, Parteien und Verbände, Wertedebatte
Verantwortlich: Redaktion
In diesem Artikel hat Albrecht Müller versucht zu erklären, dass eine Unterscheidung in links und rechts auch heute Sinn macht. Diese Einschätzung wurde vor dem Hintergrund der Parteigründung von „Widerstand 2020“ und einigen Formulierungen des Mitgründers Dr. Bodo Schiffmann getroffen. Sehr schnell haben viele unserer Leserinnen und Leser auf diesen Beitrag reagiert – viele auch sehr kritisch, aber betont sachlich. Für die eingereichten Leserbriefe bedanken wir uns sehr herzlich. Es folgt eine Auswahl der Antworten. Zusammengestellt von Christian Reimann. Und vorweg noch ein paar Bemerkungen des Autors Albrecht Müller:
Einleitende Anmerkungen zu den Leserbriefen von Albrecht Müller:
„Ist die Überwindung der nunmehr 40 Jahre herrschenden neoliberalen Ideologie ein neutrales Projekt, weder links noch rechts?“
Vielleicht wäre mein Text “Weder links noch rechts!” – also nirgendwo besser verstanden worden, wenn ich den Begriff Neoliberalismus dort schon gebraucht hatte. Ich hätte zum Beispiel schreiben müssen: In einer Zeit, in der es dringend geboten ist, die neoliberale Ideologie und Praxis aus dem Tempel zu jagen, bringt es nichts, wenn man mit der Formel „weder links noch rechts“ auch jene abwertet, die den Kampf gegen die neoliberale Ideologie und Praxis führen und sich als links verstehen.
Auf den NachDenkSeiten haben wir mehrmals schon beschrieben, wie systematisch daran gearbeitet wird, alles Linke zu dämonisieren. Diese Kampagne ist übrigens die Basiskampagne gegen alle, die gegen die Ideologie des Neoliberalismus antreten.
In dieser für jede wirklich fortschrittliche, soziale und am friedlichen Zusammenleben orientierte Politik schwierigen Situation kommt dann noch der Kopf einer neuen Partei und setzt auf die laufende Kampagne durch Gebrauch des populären Spruchs „Weder links noch rechts“ noch einen drauf. Das fand ich nun wirklich nicht hilfreich. Deshalb die Polemik.
Ich muss das noch ein bisschen sachlich begründen:
Wenn wir zum Beispiel gegen den neuen Feindbild-Aufbau gegenüber Russland eintreten und für Abrüstung statt Aufrüstung, dann werden wir pauschal von jenen abgewertet, die sagen „weder links noch rechts“.
Wenn die NachDenkSeiten wie bisher konsequent gegen die Privatisierung öffentlicher Leistungen und Unternehmen und gegen die Privatisierung der Altersvorsorge eintreten, dann werden auch sie getroffen, wenn gegen diese als links zu verstehende Politik polemisiert wird.
Wenn wir mit Werner Rügemer zusammen dafür eintreten, dass sich Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen zusammentun und kollektiv handeln, dann wird dieser politische Ansatz eindeutig als links verstanden und auch ihn trifft die Polemik „weder links noch rechts“.
Nirgendwo in meinem Text habe ich gefordert, dass sich eine Partei das Etikett links auf die Brust heften soll. Wenn man mich zum Beispiel bei Gründung und Nennung der Linkspartei gefragt hätte, ob die Namensgebung sinnvoll ist, hätte ich wegen der zuvor beschriebenen 60-jährigen Kampagne gegen alles Linke davon abgeraten.
Klar das Buch von Leonhard Frank „Links wo das Herz schlägt“ habe ich wahnsinnig gerne gelesen und fand den Titel auch gut. Aber bei den Wahlkämpfen, an deren Konzipierung ich beteiligt war oder für die ich verantwortlich war, wurde der Begriff links nicht bewusst verwendet. Und auch deshalb kann ich verstehen, dass die Gründer einer neuen Partei diesen Begriff vermeiden wollen.
Und hier die Leserbriefsammlung (einschließlich der Einführung) als PDF.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=61201