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Titel: Gebt die Schuld für das Covid-19-Versagen euren Regierungen und nicht China

Datum: 18. April 2020 um 11:45 Uhr
Rubrik: Gesundheitspolitik, Ideologiekritik, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech
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Wer gemeint hatte, angesichts der gemeinsamen Gefahr würde man im Westen die Feindseligkeiten gegenüber den Systemgegnern und geopolitischen Konkurrenten aufgeben, sieht sich enttäuscht. China wird in vielen Artikeln in der westlichen Welt als der Akteur gesehen, der uns das Virus beschert hat und für dessen Verbreitung verantwortlich ist. Dabei hat China auf den Ausbruch vorbildlich reagiert, meint die WHO. Und wird dafür von Donald Trump und vielen Medien scharf kritisiert. Doch ein Gedankenspiel: Man stelle sich vor, nicht China, sondern Sierra Leone hätte es zuerst getroffen – oder auch Brasilien oder die USA, dessen Präsidenten sich wochenlang über die Virus-Hysterie lustig machten und die Hände in den Schoß legten – was dann? In seinem Artikel entblättert Davide Mastracci, Chefredakteur und Gründer des kanadischen Portals Readpassage, anti-chinesische Mythen im Zusammenhang mit Corona und fördert dabei erstaunliche Erkenntnisse zutage. Übersetzung von Susanne Hofmann.

Gebt die Schuld für das Covid-19-Versagen euren Regierungen und nicht China

Das anti-chinesische Narrativ basiert auf falschen Angaben und dient dazu, die Menschen vom Versagen des Neo-Liberalismus abzulenken.

Von Davide Mastracci

Anfang Januar war COVID-19 weitgehend auf China beschränkt. Jetzt, nur drei Monate später, hat es sich weit über die Grenze Chinas hinaus ausgebreitet, während dem Virus in China selbst effektiv Einhalt geboten wurde.

Derzeit sind weltweit rund 1,36 Millionen COVID-19-Fälle mit mehr als 76.000 Todesfällen gemeldet. China macht nur 6 Prozent aller Fälle und 4,4 Prozent der Todesfälle aus. Gestern hat China zum ersten Mal seit Januar keine neuen Todesfälle gemeldet.

Die Länder im Westen sind inzwischen abgeriegelt, die Krankenhäuser sind überlastet und die Märkte brechen zusammen. Hier scheint für uns kein klares Ende in Sicht zu sein.

Trotzdem hat eine Gruppe von Ideologen bereits die Welt nach der Pandemie im Blick und befürchtet, dass China daraus als neue globale Supermacht hervorgehen könnte. Um dies zu verhindern, sind diese Leute der Ansicht, dass andere Länder China für die Pandemie „zur Verantwortung ziehen“ sollten, und bemühen sich, in der Öffentlichkeit den Boden für diese Forderung zu bereiten.

In seinem 1997 erschienenen Buch ‚Blackshirts and Reds: Rationaler Faschismus und der Sturz des Kommunismus‘ schrieb der Politikwissenschaftler Michael Parenti:

„In den Vereinigten Staaten haben die herrschenden Interessen über hundert Jahre lang unermüdlich den Antikommunismus in der Bevölkerung verbreitet, bis daraus eher eine religiöse Orthodoxie denn eine politische Analyse wurde. Während des Kalten Krieges konnte der antikommunistische ideologische Rahmen alle Erkenntnisse über kommunistische Gesellschaften in feindliche Beweise umwandeln.“

Das gleiche Phänomen können wir derzeit in Bezug auf China beobachten – bei Leitartikelschreibern, Reportern und Politikern gleichermaßen.

Als die chinesische Regierung über Millionen von Menschen noch keine Ausgangssperre verhängt hatte, lag es daran, dass es ihnen mehr um ihr Image als um die Bekämpfung einer Pandemie ging. Als sie die Städte abriegelten, ging es nicht darum, eine Pandemie zu bekämpfen, sondern stellte einen totalitären Griff nach mehr Macht dar.

Als China täglich Hunderte von Todesfällen meldete, war dies ein Beweis für die Inkompetenz der chinesischen Regierung, weil die Zahlen so schlimm waren. Als die Zahl der Todesfälle abnahm, war dies ein Beweis dafür, dass die Chinesen Lügen über die Zahlen verbreiteten.

Wenn globale Gesundheitsorganisationen auch nur leise Kritik an Chinas Umgang mit der Pandemie äußern, ist dies der Beweis dafür, dass das Land bestraft werden sollte. Wenn sie etwas Positives sagen, ist dies der Beweis dafür, dass sie von China gekauft waren.

Als China noch keine Hilfe in andere Länder schickte, wurden es als grausam beschrieben. Als die Chinesen Hilfe schickten, wurde dies als Propagandabemühung dargestellt.

Wenn sich chinesische Bürger über die Regierung beschweren, ist dies ein Zeichen dafür, dass der gesamte Staat am Rande des Zusammenbruchs steht. Wenn chinesische Bürger die Regierung loben, ist dies der Beweis dafür, dass sie dazu gezwungen oder einer Gehirnwäsche unterzogen werden.

COVID-19 scheint seinen Ursprung ja tatsächlich in China zu haben, und daher ist es bis zu einem gewissen Grad sinnvoll, dass das Land in den meisten Gesprächen über die Pandemie eine Rolle spielt. Dies ist jedoch nicht der Grund, warum diese Ideologen China so intensiv in den Fokus nehmen. Vielmehr liegt es an der ideologischen Funktion, der ihre Angriffe dienen.

Diejenigen, die im Westen an der Macht sind oder den Mächtigen nahestehen, sehen, dass ihre Regierung mit COVID-19 nicht zurechtkommt, sie wollen dafür aber nicht die Verantwortung übernehmen. Statt die Strategien zu kritisieren, die sie verfolgen oder nicht verfolgen, lenken sie die Wut nach außen.

Zum Beispiel berichtete ‚Daily Beast‘ am 21. März, sie hätten eine durchgesickerte Regierungs-Depesche erhalten, die „Richtlinien dafür enthielt, wie [US-] Beamte Fragen zum Coronavirus beantworten oder wie sie über das Coronavirus und die Reaktion des Weißen Hauses in Bezug auf China sprechen sollten”. Wenig überraschend wurden Beamte dazu aufgefordert, China für die Pandemie verantwortlich zu machen, wenn sie sich öffentlich äußerten oder Fragen der Presse beantworteten.

Diejenigen, die nicht an der Macht sind, wie z. B. rechte Journalisten, erkennen, dass ihre neoliberale Ideologie unfähig ist, mit der Pandemie fertig zu werden und daher unter Beschuss steht. Sie werden ihre Ansichten nicht aufgeben, also müssen sie die Schuld auf ein fremdes Land mit einer Ideologie schieben, die auf die richtige Weise anders ist. Der Angriff auf China dient eindeutig diesem Zweck und bietet eine Chance für den Antikommunismus. Den Kommunismus zu hassen, bekommen die Menschen, wie Parenti bemerkt, seit mehr als einem Jahrhundert eingeimpft.

Zum Beispiel schrieb der Chefredakteur von ‚Postmedia‘ Kevin Libin in einem Artikel der ‚National Post‘ vom 23. März:

„Wir werden wahrscheinlich durchkommen, aber was sich die Welt nicht mehr leisten kann, ist die Bedrohung unser aller Gesundheit und unseres Wohlbefinden durch das kommunistische Regime Chinas.“

Diese Angriffe sind nicht gerechtfertigt, und ich werde drei beliebte Bestandteile des Anti-China-Narrativs in den Medien aufdröseln, um die Lügen oder Halbwahrheiten aufzuzeigen, auf denen sie beruhen. Um diese Bestandteile des Narrativs zu ergründen, habe ich die Seiten des Toronto Star, des Globe and Mail, der National Post, der Toronto Sun und des Ottawa Citizen durchgesehen und alle Meinungsbeiträge in der Zeit zwischen Januar bis Anfang April gelesen, die sich auf China und COVID-19 konzentrierten.

China hat einen Whistleblower inhaftiert

Ein Hauptbestandteil des Anti-China-Narrativs ist, dass die Regierung einen COVID-19-Whistleblower festgenommen oder inhaftiert hat.

Die Geschichte lautet so, dass ein Arzt von einem neuen Virus erfuhr, versuchte, der Welt davon zu berichten, verhaftet und eingesperrt wurde und dann an dem Virus verstarb. Kommentatoren behaupten, China habe dies getan, weil man die Existenz eines tödlichen Virus im Land vertuschen wollte. Das Ergebnis war, dass sich COVID-19 rascher und weiter verbreitete, als es sonst der Fall gewesen wäre.

Ein Großteil dieses Narrativs ist falsch oder beruht zumindest auf Halbwahrheiten

Doktor Li Wenliang war Augenarzt, kein Epidemiologe. Er identifizierte das neuartige Coronavirus zunächst fälschlicherweise als Nachweis für einen SARS-Ausbruch. In einer WeChat-Gruppe teilte er diese Behauptung zunächst am 30. Dezember zusammen mit den Krankenakten der Patienten mit einigen Kollegen, nicht mit Krankenhäusern oder öffentlichen Gesundheits-Einrichtungen. Li wurde nicht verhaftet oder eingesperrt. Er wurde am 3. Januar auf eine Polizeistation gerufen, nachdem ein Screenshot seiner WeChat-Gruppe durchgesickert war und Panik auslöste. Auf der Station rügte man ihn, weil er fälschlicherweise behauptet hatte, es sei ein SARS-Ausbruch aufgetreten. Er wurde gebeten, ein Dokument zu unterzeichnen, in dem er zusicherte, die Fehlinformationen nicht weiter zu verbreiten, und durfte dann gehen. Leider trifft es zu, dass Li am 7. Februar an COVID-19 gestorben ist. Die Erkrankung hat er sich Berichten zufolge durch die Behandlung eines seiner infizierten Patienten eingefangen.

Dieses Narrativ dient auch dazu, von einer anderen Reihe von Ereignissen abzulenken.

Am 26. Dezember bemerkte Zhang Jixian, Direktorin für Atemwegs- und Intensivpflege am Hubei Provincial Hospital, dass vier Patienten zur Behandlung einer vermuteten Lungenentzündung in ihre Abteilung kamen – ein älteres Ehepaar, ihr Sohn und ein Patient, der von einem Fischmarkt gekommen war. Alle hatten ähnliche und ungewöhnliche CT-Aufnahmen. Daher vermutete Zhang, dass sie unter etwas anderem litten. Am nächsten Tag meldete Zhang, die eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung des SARS-Ausbruchs 2003 spielte, dies der Leiterin ihres Krankenhauses. Innerhalb der nächsten zwei Tage wurden die Informationen an die Provinzzentren für Krankheitskontrolle weitergeleitet, die dann umfassende Untersuchungen des Krankenhauses in die Wege leiteten.

All dies ereignete sich, bevor Li die Screenshots in seiner WeChat-Gruppe teilte. Zhang wurde für ihren Einsatz nicht bestraft. Sie wurde vielmehr von der Regionalregierung ausgezeichnet. Ich habe die ProQuest-Datenbank zu Hilfe genommen, um die gesamten Druckausgaben der fünf vorhin erwähnten Publikationen zu durchsuchen. Li wurde darin 44 Mal erwähnt, Zhang kein einziges Mal.

China hat nicht schnell genug gehandelt

Ein weiterer zentraler Bestandteil des Narrativs, der in fast allen Meinungsartikeln erwähnt wurde, war, dass China aufgrund böswilliger Absichten nicht schnell genug auf den Ausbruch reagierte.

Hier sind Zitate aus nur einigen der vielen Beispiele, die ich untersucht habe: „Pekings autoritäre Regierung hat wochenlang Informationen über Herkunft, Verbreitung und Schwere des Virus versteckt.“ „Erst am 20. Januar, 40 Tage nach der Entdeckung des Virus, erteilte der chinesische Präsident Xi Jinping erstmals Anweisungen zur Bekämpfung des Virus, aber da war es schon zu spät.“ „Wir wissen, dass sie dies mindestens einen Monat lang verborgen haben, bevor sie die [Weltgesundheitsorganisation] informierten“; „China hüllte den kommunistischen Mantel des Schweigens um das damals unbekannte Virus, das in Wuhan tobte, und hielt es geheim, bis sich die Nachricht verbreitete.“

Was in diesen Artikeln nicht zur Sprache kommt, sind die ganz besonderen Schwierigkeiten beim Umgang mit einem neuartigen Coronavirus, da es Zeit braucht, zu bemerken, dass da etwas im Gange ist, zu identifizieren, was da vorgeht, und das Ausmaß der Gefahr zu bestätigen, die es darstellt. Diese Bemühungen sollte man nicht als etwas ansehen, was China für sich selbst getan hat, sondern vielmehr für die ganze Welt. Jedes Land, in dem die Pandemie begann, hätte dasselbe tun müssen, und es sind etliche Schritte erforderlich, bevor umfassende Maßnahmen ergriffen werden können.

Hier ist eine Zeitleiste der Bemühungen Chinas ab dem Zeitpunkt, der im vorherigen Abschnitt erwähnt wurde.

Am 31. Dezember, nur wenige Tage nachdem Zhang die seltsamen CT-Ergebnisse aufgefallen waren, machte die Wuhan Municipal Health Commission die Krankheit öffentlich. Am selben Tag informierten Beamte die WHO. Am 1. Januar schlossen Beamte den Markt, von dem man vermutete, dass dort das Virus auf den Menschen übergegangen sei, und einen Tag später aktivierte die WHO ihr Incident-Management-System. Bis zum 7. Januar hatte China das neue Coronavirus isoliert oder das, was man damals dafür hielt. All dies geschah vor dem ersten bestätigten COVID-19-Todesfall am 9. Januar.

Am 12. Januar teilte China die genetische Sequenz des neuartigen Coronavirus mit, die Länder auf der ganzen Welt zur Erstellung von Diagnosekits verwenden können. Am nächsten Tag wurde in Thailand der erste Fall des neuartigen Coronavirus außerhalb Chinas gemeldet.

Bis zum 14. Januar stellte die WHO immer noch fest, dass „es keine eindeutigen Hinweise auf eine Übertragung von Mensch zu Mensch gibt“, eine entscheidende Komponente für die Bestimmung, wie gefährlich ein Virus sein kann. Der erste bestätigte Fall einer Übertragung von Mensch zu Mensch kam mehr als eine Woche später. Erst am 30. Januar erklärte die WHO einen globalen Gesundheitsnotstand.

Die Vorstellung, dass die Krankheit in China und in seinen Nachbarländern Chaos anrichtete, bevor die Regierung etwas dagegen unternahm, ist also falsch. Das heißt nicht, dass Chinas Reaktion perfekt war, auch wenn unklar ist, wie Perfektion überhaupt aussehen würde.

Es ist Ansichtssache, ob China schnell genug auf den Ausbruch reagiert hat. Ich bin sicher, dass dies – auch von der chinesischen Regierung – lange nach dem Ende der Pandemie diskutiert und untersucht wird, wenn die Menschen in der Lage sind, das große Ganze zu sehen. Im Moment können wir uns jedoch ansehen, was die Experten über die Leistung Chinas gesagt haben.

In einer Erklärung vom 30. Januar schrieb der vom Generaldirektor der WHO einberufene Notfall-Ausschuss:

„Der Ausschuss begrüßte die Führung und das politische Engagement der höchsten Regierungsebenen Chinas, ihren Einsatz für Transparenz und die Bemühungen, den aktuellen Ausbruch zu untersuchen und einzudämmen. China identifizierte das Virus schnell und gab die Informationen über seine Sequenz weiter, damit andere Länder es schnell diagnostizieren und sich selbst schützen konnten. So konnten schnell Diagnosewerkzeuge entwickelt werden.“

Der Generaldirektor der WHO Tedros Adhanom Ghebreyesus schrieb in einer Reihe von Tweets am selben Tag: „In vielerlei Hinsicht setzt #China tatsächlich neue Standards für die Reaktion auf Ausbrüche.“

In einem Bericht der WHO vom Februar heißt es: „Angesichts eines bisher unbekannten Virus hat China die vielleicht ehrgeizigsten, agilsten und aggressivsten Bemühungen zur Eindämmung von Krankheiten in der Geschichte eingeführt.“ Der Bericht fügte hinzu: „Die bemerkenswerte Geschwindigkeit, mit der chinesische Wissenschaftler und Experten des öffentlichen Gesundheitswesens das auslösende Virus isoliert, Diagnosewerkzeuge bereitgestellt und wichtige Übertragungsparameter wie den Ausbreitungsweg und die Inkubationszeit bestimmt haben, lieferte die entscheidende Evidenz für Chinas Strategie. So konnte wertvolle Zeit für die Reaktion gewonnen werden.“

Derlei Beispiele gibt es viele weitere. Sie werfen die Frage auf: Warum fühlen sich Zeitungsschreiber für die Beurteilung der Reaktion Chinas qualifizierter als die WHO? Einige würden sagen, die WHO lügt, aber was ist wahrscheinlicher: Eine erfolgreiche Verschwörung, um die globale Gesundheitsorganisation zum Schweigen zu bringen, oder ein Kolumnist, der vor einer Woche schrieb, die Absagen von Kulturveranstaltungen sei falsch?

China ist für die Krise weltweit verantwortlich

Kommentatoren, die China beschuldigen, nicht schnell genug zu handeln, tun dies wahrscheinlich nicht aus Sorge um die chinesischen Bürger. Vielleicht war das anfangs der Fall. Aber jetzt, da wir sehen, dass China mit 1,3 Milliarden Einwohnern es bisher geschafft hat, die Zahl der Todesfälle auf rund 3.300 zu halten, scheinen diese Bedenken durch etwas anderes motiviert zu sein.

Der Grund, der manchmal ausdrücklich genannt und manchmal nur angedeutet wird, ist, dass diese Kommentatoren glauben, dass es wegen China zum Gemetzel in anderen Ländern gekommen ist. Hier nur einige Beispiele für solche Schlagzeilen oder Aussagen: „Chinas Lügen haben die Ausbreitung des Coronavirus-Ausbruchs ermöglicht“; „Jetzt zahlt die ganze Welt teuer für Beijings Verhalten“; „Das Virus ist keine Verschwörung, sondern nur ein verheerendes Naturphänomen, das von den Drahtziehern in Beijing tragisch schlecht gemanagt wurde.“

Dies ist absolut nicht der Fall, und so schwierig es auch zu akzeptieren sein mag: Das Gemetzel, das COVID-19 in unseren Ländern anrichtet, ist fast ausschließlich die Schuld unserer Regierungen. Das deutlichste Beispiel dafür ist der krasse Unterschied zwischen dem Umgang Südkoreas und der USA mit COVID-19.

Beide Länder meldeten am 20. Januar ihren ersten bestätigten COVID-19-Fall. Seitdem hat Südkorea – bis zum Zeitpunkt des Abfassens dieses Artikels – rund 10.200 Fälle und 192 Todesfälle gemeldet. In den USA wurden inzwischen mehr als 367.000 Fälle und 10.900 Todesfälle gemeldet. Wenn man den Größenunterschied der Bevölkerung zwischen den beiden Ländern berücksichtigt, haben die USA das 5,6-fache der Fälle und das 9,5-fache der Todesfälle gemeldet.

Präsident Donald Trump hat kürzlich ein Best-Case-Szenario von 100.000 bis 240.000 Todesfällen in den USA durch COVID-19 vorhergesagt, obwohl Experten, die die Daten zusammengestellt haben, auf denen die Projektion beruht, angegeben haben, dass ihnen unklar sei, wie er auf diese Zahl kommt. Südkorea dagegen scheint das Virus vorerst mit nur sechs neuen Todesfällen am 7. April zurückgeschlagen zu haben.

Diese deutlichen Unterschiede sind ausschließlich auf die unterschiedlichen Ansätze der beiden Länder bei der Bekämpfung von COVID-19 zurückzuführen.

Beispielsweise hatte Südkorea Mitte März mehr als 290.000 Menschen auf COVID-19 getestet, während die USA nur 60.000 Tests durchgeführt hatten. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungsunterschiede führte Südkorea 31 mal mehr Tests durch als die USA. Im US-Wochenmagazin ‚The Nation‘ heißt es: „Viele der koreanischen Tests wurden in Drive-In-Zentren im ganzen Land durchgeführt. Dort konnte sich jeder Bürger, der dies wünschte, kostenlos testen lassen und die Ergebnisse wurden innerhalb von sechs bis 12 Stunden per sms oder E-Mail mitgeteilt. “

Außerdem wurden die Südkoreaner dazu aufgefordert, Masken zu tragen, und sie waren leicht verfügbar. Die Menschen konnten zwei pro Woche in ihrer Apotheke abholen, die Verteilung erfolgte auf der Grundlage der letzten Zahl ihres Geburtsjahres. In den USA herrscht ein gravierender Mangel an Masken, selbst für Beschäftigte im Gesundheitswesen, die an vorderster Front arbeiten. In den letzten Tagen haben sie im Grunde Maskenlieferungen für andere Länder gekapert und die Hersteller aufgefordert, sie nicht mehr in andere Länder, einschließlich Kanada, zu senden.

Südkorea ist nicht das einzige Beispiel für eine Nation, die die Krise deutlich besser handhabt als die USA oder Italien, Frankreich, Spanien und verschiedene andere Länder. So wurden in Vietnam mit mehr als 95 Millionen Einwohnern gar keine COVID-19-Todesfälle und lediglich rund 240 Infizierte gemeldet. Vietnams Erfolg hatte aufgrund fehlender Ressourcen weniger mit Tests zu tun als vielmehr mit aggressiven Rückverfolgungs-Maßnahmen, erzwungenen Quarantäne-Maßnahmen und der Einberufung von Medizinstudenten und pensionierten Ärzten und Krankenschwestern zur Bekämpfung des Virus.

Damit will ich sagen, dass Chinas anfänglicher Umgang mit COVID-19 andere Staaten nicht zu den Schicksalen verurteilt hat, die wir im Westen gesehen haben. Vielmehr hat China, wie der Journalist Ajit Singh im ‚Monthly Review‘ darlegt, Zeit für den Rest der Welt gekauft. Insofern stecken die Krisenländer allein aufgrund ihrer eigenen Maßnahmen in dieser Krise. Ihren Regierungen sollten man die Schuld zuweisen, nicht China.

Titelbild: Robert Wei / Shutterstock


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