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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Den „Großen“ hilft man, die „Kleinen“ überlässt man ihrem Schicksal? Interessante und erschütternde Beispiele unserer Leser
Datum: 23. März 2020 um 12:43 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Leserbriefe, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Redaktion
Vor einer Woche kommentierten wir die ersten „Corona-Rettungsprogramme“ der Bundesregierung und äußerten bereits damals den Verdacht, dass vor allem Großkonzerne profitieren und Kleinbetriebe sowie Selbstständige und prekär Beschäftigte zu den wirtschaftlichen Opfern der Pandemie sowie der politischen Reaktionen auf diese Pandemie zählen werden. Die Ereignisse haben uns in dieser Woche überholt. Zahlreiche Leserinnen und Leser* nutzten unseren Aufruf und schilderten ihre Situation, ihre Probleme und Befürchtungen, die wir Ihnen heute in einer ausführlichen Sammlung vorstellen wollen. Zusammengestellt von Jens Berger.
1. Leserbrief
Sehr geehrter Jens Berger,
wir zählen zu der von Ihnen beschriebenen Gruppe von Selbstständigen und Geringverdienern im Kulturbereich. Wir sind eine 3-köpfige Familie, unser Sohn besucht die 11. Klasse eines Gymnasiums, mein Lebenspartner und Vater ist freiberuflich bildender Künstler und zu 100% abhängig von Kunstverkäufen an wohlhabende Sammler*innen und ab und zu kärglichen Honoraren für Performances/Ausstellungen (Ausstellungshonorare werden bekanntermaßen kaum an Künstler*innen gezahlt, die Regel ist, dass diese “froh sein müssen, wenn sie ihre Kunst irgendwo ausstellen dürfen”…). Ich bin ebenfalls freiberuflich tätig und als geringfügig Beschäftigte arbeite ich knapp über dem Minijobniveau für meinen Lebenspartner (wodurch ich krankenversichert bin), und organisiere seine Ausstellungen, Reisen, schreibe Angebote an Sammler, wickle Verkäufe ab etc. Zudem schreibe ich als freie Journalistin über Kunst, habe eine Honorartätigkeit für eine Grundschule (Schülerzeitungs AG 1 x wöchentlich) und eine Honorartätigkeit für eine gemeinnützige Stiftung (5h/Woche). Wir erhalten Wohngeld und kommen gerade so über die Runden, wenn wir uns extrem einschränken (keine eigenes Auto stattdessen Fahrrad und ÖPNV, kein Familienurlaub, keine teuren Theater/Konzert/Kinobesuche, kein Essen in Restaurants sondern selber zuhause kochen, kaum neue Kleidung nur das Nötigste, um ein paar Beispiele zu nennen). Ersparnisse oder Reserven gibt es kaum. Durch den Stillstand durch die Coronakrise droht uns unmittelbar der Verlust unseres Wohnateliers und wir werden sehr schnell kein Geld mehr haben, um Lebensmittel zu kaufen. Spätestens, wenn der Dispokredit ausgeschöpft ist.
Mit freundlichen Grüßen
M. L. aus Berlin
2. Leserbrief
Liebes Team,
ich arbeite als Freelancer in der Medienbrance für das Fernsehen.
Die Auftragslage ist generell schwierig, öffentlich-rechtliche Sender haben Begrenzungen der Einsatztage im Monat bzw. Jahr um sich vor Klagen zu schützen. Private Unternehmen erweisen sich oft als unzuverlässig, geben schlimmsten Falls sogar Ausfälle weiter an die Freien durch Stornierung der Aufträge ohne entsprechende Ausfallgehälter.
Ich habe Rücklagen gebildet für “selbstverschuldete” Ausfälle durch Krankheit, aber die Lage jetzt ist sehr verunsichernd.
Keiner kann irgendetwas mehr garantieren, überall wird sich neugeordnet, überlegt. Meine eigentlich dringende “Neukundenakquise” kommt zum Stehen, denn auf Bewerbungsschreiben reagiert – verständlicher Weise – momentan niemand.
Was man bräuchte wäre eine kurzfristige Möglichkeit an Ausfallhonorare zu kommen. Bitte keine Kredite.
Ich bin bereits verschuldet durch mein Studium. Der Zeitraum ist ja überschaubar, Experten rechnen mit ungefähr 8 Wochen, das muss doch zu bewerkstelligen sein.
Mit besten Grüße ans Team und bleiben Sie gesund
D.
3. Leserbrief
Liebes Team der Nachdenkseiten,
ich arbeite seit 10 Jahren als freiberufliche, künstlerische Fotografin, Buchautorin und Dozentin.
Der letzte Winter war beruflich schon sehr hart, auch 2019 war schon kein gutes Jahr. Die schlechte Wirtschaftslage in Sachsen habe ich deutlich zu spüren bekommen. In meinem Umkreis haben viele Minijobs, halbe Stellen, die befristet sind. Dementsprechend waren alle meine Rücklagen aus den guten Jahren von 2013-2017 aufgebraucht.
Heute musste ich mich nun arbeitslos melden, da ich alle Workshops/Kurse bis Ende April absagen musste. Von meinen Buchverkäufen und Tantieme aus Bildagenturen, VG Wort, VG Bild konnte ich noch nie leben, sie waren immer nur ein Zubrot, um kleinere stehende Kosten jeden Monat zu decken.
Glücklicherweise konnte ich die letzten 10 Jahre die Kosten einer privaten Arbeitslosenversicherung aufbringen, sodass ich Anspruch auf ein Arbeitslosengeld habe. Hartz4 bleibt mir daher noch erspart.
Wie es die nächsten Monate weiter gehen soll, weiß ich nicht. Obwohl ich zusätzlich Online-Kurse anbiete, werden sie nicht gebucht. Das Geld wird noch mehr zurückgehalten und nicht für die eigene Fortbildung ausgegeben. Ich befürchte, wenn es im Mai/Juni wieder “normal” weitergeht, das es für mich nicht normal weiter gehen wird. Bis die Menschen wieder Geld gespart haben, damit sie sich mich für ein Fotoshooting oder Workshop leisten können, werden Monate ins Land gehen. Ich liebe meinen Beruf sehr und ich bin es schon lange gewohnt, am Rande des Existenzminimums zu haushalten und auszukommen. Das ist nicht immer einfach, aber meinen Künstler-Kollegen geht es auch nicht besser.
Vielleicht könnt ihr auf die Künstler-Petition von dem Countertenor David Erler aus Leipzig hinweisen openpetition.de/petition/online/hilfen-fuer-freiberufler-und-kuenstler-waehrend-des-corona-shutdowns-2#petition-main und der Künstler-Grundeinkommens-Initiative von Tonia Merz change.org/p/finanzminister-olaf-scholz-und-wirtschaftsminister-peter-altmaier-mit-dem-bedingungslosen-grundeinkommen-durch-die-coronakrise
Kredite von der KFW würden mir nicht helfen, da ich nicht die geforderte Bonität als Künstlerin nachweisen kann und ich hätte auch die Angst mich zu verschulden, weil ich es nicht abzahlen könnte.
Mir würde heute ein Grundeinkommen sehr helfen. Mein Sohn ist nun auch bis nach Ostern zu Hause und ich habe das Glück, ihn betreuen zu können.
Herzliche Grüße
J.M.
4. Leserbrief
Liebe Macher von den Nachdenkseiten,
gerne möchte ich Ihnen als Selbstständiger meine Erfahrungen aus der Vergangenheit mit KfW-Darlehen schildern.
Zusammengefaßt kann man sagen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen das Gegenteil von schnell und unbürokratisch sind. Sie sind langsam, nicht flächendeckend und mit extrem hohem bürokratischen Aufwand verknüpft. Die Banken hätten derzeit wohl gar keine Kapazitäten für diese Prüfungen, wenn sie mit Millionen von Anträgen überschwemmt werden.
Eine wirkliche Hilfe für kleine Unternehmen und Selbstständige müßte daher so aussehen:
Natürlich sind diese Konditionen so attraktiv, dass sicher auch ein paar Kredite als “Mitnahmeeffekt” oder an Unternehmen und Selbstständige vergeben werden, die es nicht wirklich brauchen oder hinterher trotz der Hilfe nicht überleben werden. Die Frage ist aber doch: “Ist das wirklich so schlimm angesichts der drohenden Verwüstungen?” Für Banken und Großunternehmen sind von der EZB schon hunderte Milliarden Euro bereit gestellt worden um deren Überleben zu sichern, wäre es da nicht nur sinnvoll, sondern auch fair auch einmal “den Kleinen” durch die Krise zu helfen?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. A. K.
5. Leserbrief
Lieber Jens Berger,
liebes NDS-Team,
ja, die wohligen Sprüche von Altmaier, Merkel und Co. sind in meinem Ohr – und anfangs dachte ich, dass ich nicht betroffen bin.
Nun ist in Bayern der Katastrophenfall ausgerufen, und wenn meine Fortbildungsstätte auch zumacht (für 5 Wochen), dann fehlt ein Monat Einkommen bei bleibenden Kosten – insbesonders Unterhalt. Ich bin dort freiberuflicher Dozent und es gibt viele davon in Deutschland. Die meisten müssen nicht ihr Leben davon bestreiten, ich fast schon, da meine Rente … naja!
Wenn es bei mir soweit kommt, dann schreibe ich gern mehr dazu.
Ich werde jedenfalls Herrn Aiwanger anschreiben und fragen, ob er für mich eine Übergangslösung findet.
Liebe Grüße
Ihr Leser und Fan seit vier Jahren
D.B.
6. Leserbrief
Liebes NachDenkSeiten-Team,
vielen Dank für das Angebot, die aktuelle Situation aus Sicht von Kleinunternehmern, Selbständigen & Co. zu beleuchten. Ich bin Event-Organisatorin, musste zahlreiche Events absagen und werde vermutlich auf viele Stunden Arbeit (sie gehen in die Hunderte) sitzen bleiben. Dass ich in den kommenden Monaten noch einmal einen Auftrag in dem Bereich bekommen werden, sehr fraglich. Mir bricht mein Geschäft innerhalb von wenigen Wochen weg.
Mein zweites Standbein, ja das habe ich, Texte im Kundenauftrag zu schreiben, bringt nicht genug ein, um davon leben zu können. Davon abbgesehen, dass auch diese Projekte gerade alle bis auf Weiteres gestoppt wurden.
Kommende Woche werde ich eine Steuernachzahlung in fünfstelliger Höhe tätigen müssen, ich hoffe, dass das Finanzamt das stundet, aber zahlen muss ich es irgendwann. Wovon, keine Ahnung. Die Krankenkasse wird auch meine Beiträge reduzieren, aber kundige Leser wissen, wir Selbständigen müssen sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberanteil zahlen. Heißt, ich muss mindestens knapp 200 Euro im Monat zahlen, wenn sich die Krankenkasse aufgrund der Zahlen der beiden Vorjahre überhaupt darauf einlässt. Dann fallen noch IHK-Beiträge an. Vorsorge fürs Alter? Ja, da fallen auch noch monatlich Beiträge an. Und all das ohne Einnahmen zu haben: Es geht jetzt ans Eingemachte.
Das schlimmste an der aktuellen Situation ist: Ich bin machtlos, es gibt nichts, was ich hätte besser machen oder ändern können. Ja, doch: Ich hätte angestellt bleiben können, sofern man mich jetzt nicht entlassen hätte.
Ich versuche täglich, nicht den Mut zu verlieren, Dinge in Angriff zu nehmen, wie Webseite überarbeiten, neue Geschäftsfelder zu überlegen, aber ich muss zugeben: Gerade fällt mir Zuversicht schwer. Glückerlicherweise habe ich keine Angestellten, ich muss nur für mich klar kommen, muss keine Familie versorgen und habe keine Schulden. Bedeutet, es ist noch nicht existenzbedrohend, aber Schlafen kann ich nachts gerade nicht.
Wie gesagt, vielen Dank, dass Sie die Plattform bieten. Ich mache mir wenig Hoffnung, dass die Politik das interessiert, aber vielleicht erfährt der ein oder andere Leser von unseren Sorgen und Nöten und erspart uns Sprüche wie: Kopf hoch; jede Krise birgt eine Chance; Selbständigkeit ist halt riskant, das hättest du dir vorher überlegen müssen; es kommen wieder besser Zeiten …
Viele Grüße
eine Leserin
7. Leserbrief
Liebes NDS-Team,
vielen, vielen Dank, dass Sie uns „KUM-Betrieben“ ein Forum bieten, um unsere Sorgen öffentlich zu machen.
Wir betreiben in der Münchner Großmarkthalle einen mittelständischen Großhandel (30 Mitarbeiter) mit Obst und Gemüse. Unsere Kunden sind ausschließlich Gastronomen und Hoteliers aus Oberbayern und Tirol. Daher ist unser Umsatz binnen wochenfrist um ca. 90 Prozent eingebrochen.
Gespannt habe ich heute morgen zusammen mit einigen Mitarbeiter*innen die Pressekonferenz von Markus Söder und Hubert Aiwanger verfolgt. Wir hatten alle darauf gehofft, endlich konkret zu erfahren, wie extrem betroffenen Betrieben geholfen werden soll.
Angekündigt wurde dann mit großem Pomp ein „Zehn-Milliarden-Paket“. Das hörte sich zunächst natürlich gut an. Aber was bedeutet das konkret:
Auf Nachfrage bei der Hausbank, ergab sich, dass die Landes-Förderbank (LfA) bzw. die KfW Kredite der Hausbank „bis zu 80%“ gegen Ausfall absichern würden. Für die verbleibenden 20 Prozent müsste ich als Unternehmer persönliche Sicherheiten stellen, weil die Unicredit natürlich keinesfalls ein Risiko übernehmen könne. Meine Möglichkeiten Sicherheiten zu stellen, sind aber bereits für den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb (Leasing-Verträge, Kontokorrent u.ä.) ausgereizt.
Selbst unter Ausnutzung sämtlicher Einsparmöglichkeiten (v.a. Kurzarbeit, Rückstellung von Investitionen, Lieferantenkredite) bleiben wir unter den derzeitigen Umständen auf einem monatlichen (!) Fehlbetrag sitzen, der in etwa meinem Jahreseinkommen entspricht – und das auf unbestimmte Zeit. Zumal ja niemand garantieren kann, dass sich der Tourismus nach Aufhebung der Beschränkungen sofort wieder vollständig erholt.
Das bedeutet, ich müsste jetzt einen noch nicht einmal zinsfreien (!) Kredit persönlich bis 20 Prozent absichern und mich gegebenenfalls so weit verschulden, dass ich viele, viele Jahre brauchen werde, um die Schulden zu tilgen und ich zudem noch die Zinsen dafür tragen müsste.
Da erscheint es doch wesentlich sinnvoller für mich, einen Insolvenzantrag zu stellen und meine Mitarbeiter zu entlassen. So erspare ich mir wenigstens das Risiko, mich auch privat völlig zu ruinieren.
Abhilfe können m. E. nur direkte Staatsbeihilfen schaffen. Schließlich sind die Umsätze gerade im Tourismus ja nicht nur verschoben, wie vielleicht in der Industrie, sondern endgültig verloren. Der Salat, der jetzt nicht gegessen wird, wird eben nicht im Herbst zusätzlich verspeist!
Wenn die Politik ihren blumigen Ankündigungen („Keiner wird allein gelassen“, „All it takes“) auch Taten folgen lassen möchte, würde sie Unternehmen die unvermeidlichen und unverschuldeten Verluste ersetzen und damit Insolvenzen, Anschlusspleiten (Zulieferer, Produzenten, Bauern) und Arbeitslosigkeit vermeiden.
Das benötigte Geld sollte übrigens über eine SOLIDARISCHE Vermögensabgabe und nicht über das „vorübergehende Aussetzen der Schuldenbremse“ eingebracht werden. Würden die genannten 10 Mrd. von den zehn reichsten Bayern eingesammelt, würden die das noch nicht einmal bemerken, geschweige denn, sich in irgendeiner Art und Weise einschränken müssen.
Stattdessen verschuldet sich der Staat bei wem? Bei denen natürlich, die es haben und deren Kapital ja seit Jahren händeringend nach neuen Verwertungsmöglichkeiten sucht. Nach der Krise dürfen diese Schulden dann inklusive der Zinsen von den Lohn- und Mehrwertsteuerzahlern an die Reichen zurückgezahlt werden. Das ist Umverteilung von unten nach oben, wie sie im Buche steht.
Mit freundlichen Grüßen aus Taufkirchen
M.S.
8. Leserbrief
Zwei kleine Beispiele
*Fall 1*
Ein Imbiss
Ich bin heute Nachmittag mit dem Betreiber ins Gespräch gekommen.
Ihm sind in den letzten drei Wochen 80% der Einnahmen weggebrochen – und das war VOR dem Shutdown. Hier macht ja quasi ab Mittwoch alles dicht.
Situation:
Er: Selbständig, voraussichtlich fast vollständiger Verlust von Einnahmen
Ehefrau: angestellte Friseurin, unbezahlt freigestellt
2 Kinder unter 6 Jahren
Eigentumswohnung
Ich arbeite beim Jobcenter und habe ihn beraten, wie er dort einen Antrag stellen kann. Doch hilft es langfristig dem Geschäft nichts, weil Miete usw. weiterlaufen. Ob er Angestellte hat weiß ich nicht.
*Fall 2*
Begegnungs- und Fortbildungszentrum
Dort werden u.a. Deutsch- und Integrationskurse für Erwachsene angeboten.
Die Dozent*innen sind größtenteils (schein)selbstständig und haben nur diesen Auftraggeber. Und selbst wenn es mehrere gibt, es brechen ja zur Zeit alle Aufträge weg. Die Verträge der Dozenten laufen auch oft nur Modul für Modul (das können zwei Wochen aber auch mehr sein, meistens aber so kurz wie möglich)
Seitens des Kostenträgers dieser Kurse (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Bamf) gibt es noch keine Lösung, wie die Leute aufgefangen werden können. Vermutlich ist das Interesse gering und was davon vom BFmF an die Dozenten weitergegeben wird ist auch unklar. Der Auftraggeber, das BFmF also, zahlt den Dozenten nur die tatsächlichen abgeleisteten Stunden und ist hier fein raus. Zwar fällt auch hier ein großer Teil der Einnahmen weg, es gibt aber noch weitere Projekte und das tatsächliche Risiko liegt bei den Dozenten.
Es gibt einige wenige SV pflichtig angestellte Dozenten, für die der Arbeitgeber aber widerrechtlich auch nur die tatsächlich abgeleisteten Stunden bezahlt. Die wehren sich nicht, weil sie froh sind, überhaupt eine SV-pflichtige Beschäftigung zu haben. Da bleibt abzuwarten, wie sich das am Jahresende auf die Stunden auswirkt.
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Wie oben erwähnt, ich arbeite beim Jobcenter und wir wurden schon heute mit Anträgen von Selbständigen geflutet.
Außerdem werden jetzt jede Menge Minijobs und Jobs in der Zeitarbeit wegfallen. So schnell werden wir diese nicht bearbeiten können, dass die Leute sofort aufgefangen werden. Hier besteht jetzt natürlich auch das Problem der Kinderbetreuung und die Zugänge zum Homeoffice für JC und AfA scheinen deutschlandweit derzeit 10.000 begrenzt zu sein. Und wenn hier beim Personal Corona Fälle auftreten ist dann auch erstmal ein ganzes Team mit durchschnittlich 20 Leuten erstmal raus, zuzüglich Kontaktpersonen.
Viele Grüße
9 . Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
Sie fragen wie es den kleinen Einzelkämpfern in diesem Corona-Wahnsinn ergeht. Ich bin Instrumentalpädagogin als Honorarkraft an zwei Musikschulen und habe zwei Nachmittage Privatschüler. Die Musikschulen sind zwangsweise geschlossen, d. h. rein rechtlich gesehen bekomme ich kein Honorar für die Zeit. Ob die Musikschulen sich etwas einfallen lassen wird sich zeigen. Es gibt auch Musikschulen, die per Skype o.ä. unterrichten, um den Lehrer.inne.n den Honorar- und den Schüler.inne.n den Unterrichtsausfall zu ersparen. Anscheinend gibt es für den Honorarausfall Entschädigungsmöglichkeiten beim Landschaftsverband und was die Privatschüler betrifft beim Gesundheitsamt. Dort konnte ich jedoch noch niemanden erreichen. Ich habe ja auch Miete für Unterrichtsräume außerhalb meines Wohnortes zu zahlen. Wie kompliziert die Antragstellung und das Ganze dann in der Praxis aussieht, wird sich zeigen. Mein Polster auf dem Konto reicht bei extrem sparsamer Lebensweise vielleicht für knapp drei Monate. Danach müsste ich an meine Altersrücklagen.
Diese ganze Situation hängt auch an dem Thema von vor ein paar Tagen „Deutschland verlernt seine Kulturtechniken“ und an der kaputtgesparten kulturellen Bildung, in der man eigentlich nur noch arbeiten kann, wenn man eine.n gut verdienende.n Partner.in hat.
Ich habe sowieso oft Existenzängste und das wird jetzt grade nicht besser.
Wir waren am späten Nachmittag einkaufen – riesen Andrang an der Kasse, die Kassierer.innen dürfen sich von jedem anhusten lassen, aber wir sollen die überschaubare Anzahl Schüler nicht unterrichten!??? Das verstehe wer will….
Mit freundlichen Grüßen
M. H.
10. Leserbrief
Hallo liebes NachdenkseitenTeam
Ich bin mit meiner Freundin gerade in der Schweiz im Kanton Bern. Wir sind Saisonkräfte in einem Skihütten Restaurant… jedenfalls waren wir das bis gestern. Da in der Schweiz alle Skigebiete geschlossen wurden, hat uns unser Arbeitgeber fristlos gekündigt. Uns fehlt jetzt ein ganzes Gehalt für unseren weiteren Unterhalt. Wir leben in Schweden und haben dort ein Haus. Ob und wie wir jetzt auf der Rückreise durchkommen, können wir nicht sagen. Ein Bahnticket bis nach Norddeutschland konnten wir von hieraus problemlos buchen…sind schon ganz gespannt. Hier oben sind sowohl die Einheimischen als auch die Touristen sehr entspannt unterwegs und freundlich. Von weiteren Coronafällen in der Region haben wir noch nichts mitbekommen.
Die Schweiz hat angekündigt, dass sie auch den “kleinen” Leuten mit Geldzahlungen verlorenes Einkommen ausgleichen will. Auch der Arbeitgeber ist versichert und prüft seine Möglichkeiten. Wir haben keinerlei Rücklagen wegen des Hauskaufs und machen uns Sorgen, dass eine Verschärfung der Krise unser jetzt umso schmaleres Budget schnell verbraucht und wir sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Staat vergessen werden, während, wie bei der letzten Krise ja auch, die Unternehmen gerettet wurden und nicht die “kleinen” Leute.
Trotzdem versuchen wir entspannt zu bleiben und die kommende Zeit als Auszeit auch zu genießen… wenn wir nur nach Hause kommen.
Herzliche Grüße
T.T.
11. Leserbrief
Liebes Nachdenkseiteteam,
hier mein Beitrag zu dem Aufruf von Jens Berger meine Erfahrungen als Freelancer mitzuteilen. Ich bitte um Diskretion, da ich meine Auftraggeber nicht gegen mich aufbringen möchte.
Seit vielen Jahren arbeite ich als Dozent für EDV Anwendungen in verschiedenen VHS und privaten Bildungsinstituten. Längst habe ich mich damit abgefunden, bei diesen Institutionen den Status eines „Honorardozenten“, sprich Tagelöhners zu haben. Vor allem die „gemeinnützigen“ VHS mit ihrem halbstaatlichen Status legen ihren Dozenten regelmäßig juristisch wasserdichte Verträge vor, die eine Klage auf Festanstellung, obwohl dieses Gebaren nun einmal illegal ist, sehr schwer, bis unmöglich machen. Die Fortbildungsinstitutionen, die in Gewerkschaftsbesitz sind, treiben es mitunter noch bunter. Hier wird die Frage nach Festeinstellung gerne mit sofortigem „Auftragsentzug“ beantwortet. Der Staat lässt diese Zustände nicht nur zu, sondern partizipiert sogar davon, weil gewerkschaftsnahe Bildungsanbieter oft für die Agentur für Arbeit tätig sind. Rechtliche Beratung und Unterstützung bei der Gewerkschaft ist also illusionär. (Man wäre zwar gerne Arbeitnehmer, ist aber eben keiner.) Wie gesagt, ich habe mich nach Jahrzehntelanger Dozententätigkeit damit abgefunden. Meine Einnahmen betragen hier jährlich etwa 7500.- Euro.
Um trotzdem sozialversichert zu sein, arbeite ich nebenher in Teilzeit im Personentransport. Hier erziele ich ein monatliches Nettogehalt von 630.- Euro. Diese prekäre Existenz wird natürlich durch die aktuelle Lage noch verschärft. Die beiden VHS für die ich z. Zt. tätig bin haben mich ohne Vorankündigung per E-Mail davon in Kenntnis gesetzt, dass sie den Betrieb ab sofort einstellen. Honorare für bereits laufende Kurse werden nicht anteilig bezahlt, da die vereinbarte Dienstleistung ja nicht vollständig erbracht wurde. Ob und vor allem wann bereits vereinbarte Kurse stattfinden werden ist ungewiss.
Mein Arbeitgeber im Personentransport führt hauptsächlich Rehafahrten von und zu Rehakliniken durch. Diese werden aber gerade nach und nach geschlossen. Kurzarbeit ist beantragt. Dort werde ich also demnächst nur noch 60 % meines Nettogehaltes bekommen.
Meine finanzielle Situation wird also bald existenzbedrohend. Ich wohne zur Miete und habe keine Rücklagen. Allerdings kam die Mahnung für die Einkommenssteuervorauszahlung pünktlich. Die staatlichen Strukturen scheinen also trotz Coronakrise noch zu funktionieren. Ist ja irgendwo beruhigend. Schließlich braucht der Staat Geld, um zigtausende Fernurlauber die offensichtlich auf Umweltschutz pfeifen, auf Steuerkosten heimzuholen. Auch Lufthansa und Hotelketten brauchen ja Unterstützung. Da habe ich ein gewisses Verständnis. Kleine Familienbetriebe und Pensionen werden wohl eher leer ausgehen und die Mitarbeiter, meist sog. Aushilfskräfte, werden heimgeschickt.
Ich schließe mit einem aktuellen Zitat von Wirtschaftsminister Altmaier zur Coronakrise: „Es wäre falsch, alle marktwirtschaftlichen Prinzipien zu vergessen!“
Wer wollte dem Mann da widersprechen?
Liebe Grüße
J.H.
12. Leserbrief
Guten Tag Herr Berger,
seit Tagen gehen mir diese Gedanken durch den Kopf. Ich selbst arbeite bei einer Handwerkskammer und wir merken, wie gerade die große Zahl an Kleinst- und Kleinbetrieben durch Personalausfälle und andere Umstände an ihre Grenzen kommen. Ebenso Freunde aus der Gastronomie, die quasi für einen Monat nicht nur Lohnausfall haben, sondern auch keine geschäftlichen und somit auch privaten Rechnungen mehr bezahlen können.
Meine Vorschläge:
Sicherlich gibt es noch viele andere Möglichkeiten. Wichtig ist, das gerade die Kulturszene, die Gastronomie, Bars und Kneipen dem „sozialversicherungspflichtig“ schaffendem Teil der Gesellschaft den Ausgleich zum Arbeitsalltag geben. Und das oft trotz langen Durststrecken in deren Geldbörse. Ganz nebenbei sollten auch bessere Löhne im Pflege-, im erzieherischen und im medizinischen Sektor beschlossen werden. Gerade jetzt merken wir, wie wichtig all diese Berufe sind, um den Wirtschaftsstandort Deutschland aufrecht zu erhalten.
Beste Grüße und bleiben Sie gesund.
B. S.
13. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich bin seit Oktober 2018 Pächter eines kleinen Hotels und einer Bar in Hanau. Ich habe zwei sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter (einer davon meine Frau) und einige Minijobber. Letzlich leben wir alle von der Hotel und der Bar. Durch die Corona-Pandemie sind schon in den letzten Wochen die Zimmerbuchungen eingebrochen (30-40 Prozent weniger als üblich), und jetzt bin ich quasi bei Null Übernachtungen in den nächsten Wochen. Zudem muss ich jetzt noch die Bar schließen. D.h. ich habe keinerlei Einnahmen mehr, während die laufenden Kosten (Pacht, Nebenkosten, Löhne, Versicherungen usw) weiter anfallen. Ohne Hilfe von Außen werde ich, innerhalb weniger Wochen Insolvenz anmelden müssen. Mir ist es, Stand jetzt, völlig unklar wie die versprochenen Hilfen für die Kleinbetriebe, Einzelunternehmer, Freiberufler, Künstler usw. ankommen sollen und beantragt werden können. Des weiteren wäre ein Kredit auch keinerlei Option. Denn dieser müsste natürlich auch zurück gezahlt werden. Die Verluste die ich jetzt mache, werde ich weder kurz noch langfristig kompensieren können. D.h. am Ende bin ich total verschuldet. Falls die Regierung da nicht schnell und unbürokratisch hilft, sehe ich eine Katastrophe, nicht nur für mich, sondern für die gesamte Gesellschaft auf uns zukommen.
Gruß
J.W.
14. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch ich bin in dieser Woche ohne Vorwarnung von der Coronakrise wirtschaftlich getroffen worden. Ich arbeite als Gutachterin, Dozentin und Beraterin in der Gesundheitsbranche. Im Rahmen der Begutachtung und Beratung arbeite ich “an der Risikogruppe”, sodass folgerichtig diese Tätigkeit eingestellt wurde. Auch die Seminare wurden alle bis voraussichtlich 30.04. abgesagt. Das heißt für mich und natürlich vielen Anderen, dass ich von einer Minute auf die Andere nicht einen Cent mehr verdiene. Ausfallentschädigungen seitens der Auftraggeber sind nicht zu erwarten, da solche Regelungen bei einer Freiberuflichkeit überwiegend nicht getroffen werden. Das Aufnehmen eines Kredites wäre möglich, aber auch hier müsste man die Summe natürlich mit Zinsen zurückzahlen. Das heißt, man muss Schulden machen, welche man aber nicht selbst zu verantworten hat. Für den Krankheitsfall habe ich Rücklagen gebildet, jedoch reichen die höchtsten für die kommenden drei Wochen. Der März ist der sog. Steuermonat, wo die Einkommenssteuervorauszahlung abegebucht wird, das macht es nochmal zusätzlich schwer. Nun bleibt die Hoffnung, dass doch noch ein Fond eingerichtet wird, wodurch eine Absicherung für Kleinunternehmer erreicht werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
A.M.
15. Leserbrief
Hallo, liebe Nachdenkseiten,
zum Artikel
Den „Großen“ hilft man, die „Kleinen“ überlässt man ihrem Schicksal?”
Seit 1996 bin ich in der Veranstaltungstechnik tätig. In all den Jahren stets ein bißchen gewachsen, Equipment wurde angeschafft, ein Lager gemietet, mehrere Azubis ausgebildet, ein Festangestellter.
Jahresumsatz ca. 300.000 EUR, monatliche Fixkosten nur für den Betrieb insgesamt ca 5000 EUR.
Die derzeitige Krise hat seit februar den Gesamtumsatz der Firma auf genau 0 EUR gedrückt und das wird wohl erstmal auch so bleiben. Alle Veranstaltungen, Messen, Kongresse, Konzerte, Theater, Sportveranstaltungen etc. wurden abgesagt.
Teilweise vermutlich auf irgendwann verschoben, aber der Großteil wird einfach nicht stattfinden.
Was habe ich unternommen?
Bis jetzt gab es meinerseits den Versuch, meinen Lageristen auf Kurzarbeit zu setzen, was sich aufgrund überlasteter Telefonleitungen des Arbeitsamts als schwierig entpuppte, aber nun hoffentlich doch klappt.
Für jemanden, der sich damit noch nicht beschäftigt hat, ist dieses ganze Verfahren ein Buch mit sieben Siegeln.
Gespräche mit meinen beiden Banken, bei denen die Firmenkonten laufen sowie kleinere Finanzierungen. Vorübergehende Aussetzung der Tilgung für die geschäftlichen Finanzierungen war möglich, für den Kredit meiner Wohnimmobilie aber nicht.
Über mögliche Fördermittel der KfW oder des Bundes oder Landes ist erstmal bei beiden Banken nichts bekannt, man wolle da noch 14 Tage abwarten, vielleicht weiß man dann etwas konkretes.
Von direkten Finanzhilfen oder Stützungen ist ohnehin nicht die Rede, es handelt sich bei allen angebotenen Hilfen bisher nur um mögliche Kredite zwischen 1% und 7% Zinsen. Bonität vorausgesetzt.
Währenddessen laufen die Kosten natürlich weiter:
Gehalt für meinen Mitarbeiter, Miete des Lagers, Versicherungen, private Rentenversicherung, Krankenkasse, Sozialabgaben, Steuern, Kfz-Kosten…
Die Lagermiete kann ich dank eines sehr kulanten Vermieters für die kommenden 3 Monate stunden lassen.
Natürlich holen mich alle diese Kosten spätestens im Herbst wieder ein, sie wurden ja nur verschoben. Ab dann sind eben doppelte Zahlungen fällig.
Ich rechne damit, dass ein halber Jahresumsatz quasi ersatzlos wegbricht.
Angesichts der laufenden Kosten ist eine Förderung, die sich am “Gewinn” des Einzelunternehmers orientiert, völlig wertlos.
Den Gewinn eines Einzelunternehmers mit dem festen Gehalt eines Angestellten zu vergleichen, macht aufgrund der Kostenstruktur überhaupt keinen Sinn. Laufende Kosten werden nicht aus dem Gewinn, sondern aus dem Umsatz bezahlt.
Was am Schluss übrigbleibt, das ist der Gewinn, davon lebe ich.
An neue Investitionen oder Modernisierungen im Vermiet-Equipment ist ohnehin erstmal nicht zu denken. Da es nicht nur mir so geht, werden das vermutlich auch die Hersteller zu spüren bekommen.
Vielen Dank, dass Sie in Ihrem Artikel explizit die Veranstaltungstechnik erwähnen, die offentlichtlich in der Wahrnehmung der Politik nicht stattfindet. Außer bei der Hexenjagd auf Scheinselbständige. Aber das ist ein anderes Thema.
Mitnichten handelt es sich bei unserer Branche ausschließlich um “Kultur”, die gesamte Veranstaltungsbranche ist viel breiter aufgestellt. Messen, Kongresse, Sportveranstaltungen, TV, Festinstallationen, Kirchentage, uns gibt es überall.
Auch bei der Bundespressekonferenz muß irgendjemand die Mikrofone regeln. Die Branche setzt sich zu einem sehr großen Teil aus Solo-Selbständigen zusammen, mit teils extremer Spezialisierung in den Bereichen Tontechnik. Lichttechnik, Video, Medien, IT und Netzwerke. Diese Qualifikation ist durchaus mit einem Ingenieursabschluss zu vergleichen.
Es gibt sehr viele kleine bis mittlere Betriebe (1-10 Angestellte) und eben ein paar große Player, die am großen Rad drehen (internationale Messen, Eurovision Song Contest, Rock am Ring, etc). Im Moment stecken alle in der 0-EUR-Falle.
Zur nun dringend notwendigen Kulturförderung (und auch Kreativwirtschaft, zu der ich mich vermutlich irgendwie zählen darf), ist mir folgende Dreistigkeit unserer Kulturstaatsministerin begegnet:
„Das ist eine gute Nachricht für die Kultur- und Kreativwirtschaft“
und weiter unten dann die Maßnahmen:
“Bei einem vorzeitigen Abbruch von geförderten Kulturprojekten und Veranstaltungen aufgrund des neuartigen Coronavirus/COVID-19 ist es im Rahmen einer Einzelfallprüfung nach dem öffentlichen Haushalts- und Zuwendungsrecht möglich, von Rückforderungen für bereits zur Projektdurchführung verausgabter Fördermittel abzusehen.”
das heißt also für die betroffenen Kultureinrichtungen: Nachdem euer Laden jetzt zugemacht worden ist und ihr sowieso mit dem Rücken an der Wand steht, sehen wir in Einzelfällen davon ab, euch die bereits bewilligten Fördermittel wieder wegzumehmen.
Der Regelfall wäre dann wohl schon, das Geld zurückzufordern. So lese ich das zumindest.
Weiter ist dann noch irgendein inhaltsloses Geschwurbel von irgendwelchen “Schärfungen” etc. zu lesen, also nichts, was uns allen helfen würde.
Gute Nacht.
Mit freundlichen Grüßen
J.W.
16. Leserbrief
Lieber Herr Berger, liebes NachDenkSeiten-Team,
vielen Dank für die ausgewogenen und informativen Artikel zur Krise und diesen Aufruf. Ich will meine Schlussfolgerung voranstellen:
Warme, salbungsvolle und vollmundige Worte von Olaf Scholz und Peter Altmaier werden diese Gesellschaft nicht weiterbringen. Das hat uns auch schon die letzten Jahrzehnte nicht vor dem Zustand gerettet, in dem wir uns nun befinden. Die Krise wurde durch das Virus nur befeuert und zugespitzt, krisenhaft war es schon längst, in Deutschland leider eher im Stillen oder andererseits gleich affektiv und unsachlich, aggressiv aus unterschiedlichen Sektoren der Gesellschaft.
Zur Begründung, wobei ich nur auf die Ankündigungen der beiden „Wirtschaftsretter“ eingehen möchte:
Mit Psychotherapiepraxis tätig, ist ein Teil der Patienten nun weggebrochen. Neuanfragen bleiben aufgrund der großen Unsicherheiten im Moment weitgehend aus. Ich bin in der glücklichen Lage Rücklagen für Unwägbarkeiten und Pflegebedarf oder Luxusideen des Alters gebildet zu haben, aber die wollte ich nun nicht vorzeitig in einer Wirtschaftskrise aufbrauchen.
Die Ankündigung vom 13.3.20 von Wirtschafts- und Finanzminister fand direkt nach dem spätest möglichen Termin zur Steuervorauszahlung des 2. Quartals am 10.3.20 statt. Die Vorauszahlungen an die Finanzämter durch Freiberufler und anderen von der Umsatzsteuervoranmeldung befreiten Berufsgruppen, waren also schon geleistet. Die Krise war zuvor längst absehbar und im Gange. An Zufälle glaube ich hier nicht, die Vorauszahlung ist für den Zeitraum abgeleistet, für den die größten Einnahmeverluste zu befürchten sind.
Die vage Ankündigung, künftige Steuervorauszahlungen zu stunden, kann frühestens zur Vorauszahlung für das dritte Quartal, also ab 10.6.20 greifen. Zu diesem Termin wird die nächste Zahlung an das jeweilige Finanzamt fällig.
Mittlerweile wurde auch konkretisiert und abgeschwächt:
„Gleichzeitig werden wir eine Reihe von steuerpolitischen Maßnahmen auf den Weg bringen, um die Liquidität bei Unternehmen zu verbessern:
Wir werden den Finanzbehörden erleichtern, Stundungen von Steuerschulden zu gewähren.
Wenn Unternehmen unmittelbar vom Coronavirus betroffen sind, werden wir bis Ende des Jahres 2020 auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge verzichten.
Wir erleichtern die Voraussetzungen, um Vorauszahlungen von Steuerpflichtigen anzupassen.“
D.h. erst die nächste Steuervorauszahlung kann „angepaßt“ werden. Das hilft bei zum Teil kompletten Einnahmeverlust keinem. Und wer das beim Finanzamt zeitnah prüfen und berechnen soll, ist vermutlich den beiden Ministern auch noch nicht klar.
Aber was ist mit den laufenden Fix- und Lebenshaltungskosten?
Und auf irgendeinen KfW-Kredit kann sich kein Künstler oder Freiberufler einlassen, der nicht weiß, wie es weitergeht. Ob er den Kredit bekommen würde, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.
Ich glaube dem Bazooka- und Pistolen-Gerede nicht, das ist nur unintelligent mit schelmischem Grinsen vorgetragen, bauernschlau ist es allemal.
Ich werde über die Runden kommen, wenn die Einnahmen weiter einbrechen sollten, was zu erwarten ist, muss ich die Altersrücklage zum Teil oder ganz aufbrauchen. Insofern bin befinde ich mich noch in einer halbwegs komfortablen Position, wohl ist mir dabei nicht.
Viele freundliche Grüße und bleiben Sie bitte weiter wie bisher am Puls der Zeit,
M.H.
17. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
am Montag, 16.03. war der letzte “live” Arbeitstag in der Sprachschule in Basel, wo ich als Honorarkraft beschäftigt bin.
Der Plan sieht aus, am 27.04. wieder anzufangen, in der Zwischenzeit werden online Kurse angeboten, die aber sicher nicht alle Teilnehmer wahrnehmen wollen und können.
So wie mir geht es wohl Tausenden von Lehrkräften und Kursleitern. Bislang habe ich nichts in Erfahrung gebracht, welche Unterstützungsmassnahmen es in einem solchen Fall geben könnte.
Erstaunlicherweise, sobald sich die Presse mit dem Thema beschäftigt, wird darauf am meisten im Zusammenhang mit der Prostitution eingegangen.
Ich persönlich hoffe, dass die Corona-Hysterie bis spätestens nach Ostern abgeflaut ist und dass die wirtschaftlichen Folgen es immer noch einigen Bürgern erlaubt, Sprachkurse zu besuchen.
Mit freundlichen Grüssen,
M. L.
18. Leserbrief
Sehr geehrte Nachdenkseitenleserinnen und Leser
Sehr geehrter Herr Müller
Ich habe von meiner Nachbarin, die als Kindergärtnerin in einer reichen Stadt in Baden Württemberg arbeitet folgendes erfahren.
Der Kindergarten, in dem sie beschäftigt ist, wurde wegen der Corona-Situation auf Anordnung der Stadt geschlossen. Die in diesem Kindergarten einzige alleinerziehende Kindergärtnerin mit einem Schulpflichtigen Kind und einem Kind, das einen Kindergarten in einer anderen Stadt besucht, wurde verpflichtet, weiterhin normalen Dienst an ihrem Arbeitsplatz zu verrichten (es sind vorerst keine Kinder zu betreuen). Sie hat ihrerseits kein Anrecht auf einen Betreuungsplatz ihrer Kinder, die Kinder dürfen nicht zu Ihrer gesundheitlich vorbelasteten Großmutter und der einzige Rat ihrer Vorgesetzten war, unbezahlten Urlaub zu nehmen. Dazu muss erwähnt werden, dass die regulären Urlaubspläne immer nach den Schulferien des Schulkindes und den Schließzeiten des Kindergartens vom Kindergartenkinde geplant werden müssen. Ein unbezahlter Urlaub verbietet sich aufgrund des niedrigen Einkommens als Erzieherin. Ich habe dann auch noch die Aufgabenliste der Schule für das schulpflichtige Kind gesehen, die ohne Hilfe einer Betreuung nicht abgearbeitet werden kann.
Die alleinerziehende Mutter berichtete mir unter Tränen, dass sie sich in ihrer Not krankschreiben lassen musste, was sie wiederum nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren kann.
An dieser Geschichte wird deutlich, dass die Solidarität einseitig von den der schwächeren Mitgliedern unserer Gesellschaft eingefordert, andererseits eine unbürokratische Hilfe vom kommunalen Arbeitgeber nicht geleistet wird.
Antje R. & Herbert H.
19. Leserbrief
Hallo Ihr Lieben,
toll, dass jemand an uns kleine Selbständige denkt!
Ich bin 61 Jahre alt und arbeite als selbständige Trainerin und Gesundheitscoach in Vereinen, Fitnessstudios, Firmen mit betrieblichem Gesundheitsmanagement und Sportverbänden. Dabei leite ich Gruppen im Gesundheitssport, etliche Seniorensportguppen, Kindersport und Fortbildungen für Übungsleiter. Mein Einkommen liegt nach Abzug der Pflichten bei 2000€ (zweitausend) und ich bin damit ganz am unteren Ende der Sozialstruktur. Am 13.3.2020 saß ich fassungslos vor dem PC und musste zusehen, wie per Regierungserlass (Landesregierung Schleswig-Holstein) mit einem Federstrich meine komplette Existenz vernichtet wurde. Von einer Stunde zur anderen erreichten mich die Nachrichten von meinen Auftraggebern, dass alle Kursstunden ab sofort ausfallen müssen. Wenn ich keine Stunden gebe, dann bekomme ich auch kein Geld. Zunächst ergriff mich blanke Panik und ich bin nach draußen in den Wald gegangen, um mich zu erden. Das hielt auch den Samstag über noch an. Ich begann, Informationen zu suchen, wie und wo ich nun Hilfe bekommen könnte.
Das war überhaupt nicht klar. Hartz 4 kommt nicht in Frage, dann verhungere ich lieber! (ich habe es schon einmal ausprobiert und musste die Unterstützungzahlungen zurückzahlen, weil meine Betriebsausgaben von Sozialgesetz nicht akzeptiert wurden.)
Inzwischen stapele ich meine “Tassen” neu im Schrank. Mit Einzelberatungen (Einzeltraining) habe ich nun begonnen. Das wird aber keineswegs meine Miete und die Krankenversicherung einbringen.
Was kann man gegen diese Hysterie unternehmen? Ausser selbst einen klaren Kopf zu bewahren? Die Willkür dieser Maßnahmen schockiert mich. Inzwische haben fast alle Geschäfte Schilder aufgestellt, dass man doch bitte mit “Karte” zahlen solle. Die Abschaffung des Bargeldes war noch nie so einfach!
Wie können wir uns wehren? Versammlungsverbot – Demonstrationsverbot – im privaten Kreis sind Treffen nur bis zu 5 Personen erlaubt – usw.
Meine Geschichte darf gerne veröffentlicht werden – wenn es anderen hilft.
Mit vielen Grüße
I. P.
20. Leserbrief
Liebes Nachdenkseiten-Team,
die nachfolgende Mail habe ich am WE in leicht unterschiedlichen Varianten an mehrer Bundestagsabgeordnete geschickt. Falls Sie ins Konzept passt, könnt ihr sie gene ganz oder auszugsweise veröffentlichem, auch mit Namensnenung.
Beste Grüße
M.N.
Moin Herr Zierike,
Sie weisen auf die Entschlossenheit des Finanzministers hin, für die Krisenbewältigung Geld anzufassen. Die Freiberufler sind bisher davon ausgeschlossen. Dafür gibt es keinen Grund.
Es gibt aktuell (14.3.) keine staatlichen Unterstützungsmassnahmen für von der Coronakrise betroffene Freiberufler. Tatsächlich werden wichtige Funktionen im Sozial- und Kulturbereich gerade durch freiberuflich Arbeitende erfüllt und aufrechterhalten. Viele dieser Menschen verfügen nur über begrenzte Ressourcen. Ihre Arbeitsfelder werden gerade durch die Coronaviruskrise stillgelegt.
Was ermöglicht freiberuflich oder einzelunternehmerisch arbeitenden Menschen in dieser Situation das wirtschaftliche Überleben ?
So sieht meine Situation aus:
Ich arbeite als freiberuflicher Supervisor und Coach überwiegend im Sozialsektor und bin gleichzeitig Geschäftsführender Gesellschafter einer kleinen Organisationsberatungsfirma (UG).
Aktuell arbeite ich zu ca 80 Prozent für Träger, die in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Thüringen im Bereich der Flüchtlingshilfe und/oder der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind.
Es liegt in der Natur der Supervisionstätigkeit, dass Supervisionsverträge, mündliche wie schriftliche, nicht statisch sind sondern Möglicheiten zum Unterbrechen oder Abbrechen der Kooperation beinhalten. Das heisst, dss in einer Situation, wie wir sie jetzt erleben, Supervisionstermine von den Trägern und Teams kompensationslos abgesagt werden können, z.B. weil durch die Schliesssung der Schulen das Team einer Wohneinrichtung für KInder keine Zeiträume zur Verfügung hat, in der die KInder nicht betreut werden müssen, oder weil eine Gemeinschaftsunterkuinft unter Quarantäne gestellt wird (mich betrefffend zB. gestern die zentrale Erstaufnahmestelle Thüringen in Suhl).
Mit der zu erwartenden Quarantäne für Gemeinschaftsunterkünfte Jugendclubs, Kinderheime etc wäre ggf. noch Online- Supervision möglich, z:T. praktiziere ich das schon, oft scheitert es aber leider an fehlenden technischen Voraussetzungen (nochmal: Bandbreite! Flächendeckend Glasfaser!/100k und G4 statt punktuell G5! ) und wird auch nur teilweise von den Klienten angenommen.
Ich richte mich also auf mehrere Monate stark reduzierter Tätigkeit ein. Mit dem Kreditrahmen, den mir meine Sparkasse (Spk-UM) anbietet, kann ich das eine Weile kompensieren, kann aber in einer komplexen Situation keine unabsehbaren Risiken eingehen und werde, wenn sich die Krise über mehrere Monate hinzieht, meine Firma liquidieren und Privatinsolvenz anmelden müssen.
Meine Fixkosten beinhalten Steuer-, Mietzahlungs-, Versicherungs- und weiteren Zahlungsverpflichtungen (z.B. MIete: privat und Büro, Beiträge zu berufstständischen Verbänden, IHK, Kosten für IT , private Unterhaltsverpflichtungen, Fahrtkosten (die Frage, ob Bahn oder PKW trotz BC 100 stellt sich jetzt täglich), ich halte das für repräsentativ für die meisten Freiberufler.
Was ich an meinem Beispiel beschreibe, trifft ähnlich auf viele freiberuflich arbeitende Menschen zu.
Dieses Land kann es sich nicht leisten, hunderttausendfache professionelle Kompetenz und Kreativität im Kultur,- Bildungs- und Sozialbereich durch Privatinsolvenzen und die Zerstörung funktionierender sozialer und kultureller Infrastrukturen zu entmutigen und zu vernichten.
Bitte wirken Sie diesbezüglich auf die Minister Scholz und Altmaier ein.
Danke und beste Grüße
M. N.
21. Leserbrief
Liebe nachdenkseiten-Redaktion
vielen Dank, dass ihr dieses Thema aufgreift.
Eine Gruppe, die unbedingt zu den „Kleinen“ gehört, sind in NRW (wahrscheinlich auch in anderen Bundesländern) die pädagogischen Fachkräfte, die im Nachmittagsprogramm der „Offenen Ganztagsschulen – OGS“ arbeiten. Die machen überwiegend Kreativ- und Sportangebote.
Für sehr viele von denen ist das die einzige Einkommensquelle, d.h. sie müssen an mehreren Schulen und mehreren Wochentagen arbeiten.
Bezahlt werden nur die tatsächlich geleisteten Stunden – d.h. wenn nun die Schulen und damit der OGS-Betrieb schließen, ist für einen ganzen Monat das Einkommen futsch.
Wer besonders qualifiziert ist, bekommt pro Stunde (= 45 Minuten) 28,00 oder 33,00 €, die meisten aber nur zwischen 15,00 und 25,00 € (…. muss natürlich noch versteuert werden)
Hier der Link zur Honorartabelle des Schulverwaltungsamtes Düsseldorf – so ähnlich wird es in den meisten Städten auch aussehen:
duesseldorf.de/fileadmin/Amt40/PDF/Ganztag/Honorarrahmen_Stand_April_2018.pdf
ver.di fordert schon seit langem eine gesetzliche Regelung für den OGS, denn, obwohl der OGS längst unverzichtbarer Teil des Schulwesens ist (… insbesondere für berufstätige Eltern!!!), ist er gesetzlich nicht geregelt.
essen-verdi-gemeinden.de/nrw-ogs-konferenz-21-sept/
Herzlichen Gruß
B. N.
22. Leserbrief
Sehr geehrte Nachdenkseiten,
Ich bin Selbständige Englischdozentin. Eine von tausenden, die an Volkshochschulen, an Fachhochschulen, an Unis unterrichten. Bisher ist verlautet, dass wir ja aufstocken könnten, ansonsten lässt man uns wohl komplett im Regen stehen, ohne Einkommen von einer Sekunde zur naechsten… Ich halte Sie auf dem Laufenden, habe schon die Damen und Herren Laschet, Schz und Gebauer angeschrieben.
Mit freundlichen Grüßen
K. G.
23. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren,
es fängt leider noch viel weiter unten an.
Durch die Schließung der Betreuungseinrichtungen und Schulen haben viele Vollzeitarbeitskräfte ja das Problem überhaupt arbeiten gehen zu können. Dementsprechend kommen Kurzarbeit oder andere Lohneinbußen. Bei einer durchschnittlichen 4-köpfigen Familie kann hier schnell eines der beiden Vollzeitgehälter wegbrechen. Da es sich heutzutage kaum noch einer leisten kann, wenn nur ein Elternteil arbeitet (meist sogar mehr als ein Job), kann man sich denken, was das allein schon für ein Einschnitt wäre.
Zudem ist bisher auch nicht geregelt, ob die Betreuungskosten (Kita oder Hort) für diesen Zeitraum erstattet werden.
Also im schlechtesten Fall muss eine Familie damit rechnen dass ein komplettes Monatsgehalt und zusätzlich die Kitagebühren ersatzlos verloren gehen. Ich denke das werden seeeeehr viele Familien nicht einfach so stemmen können. Die Folgen aus den Entschlüssen werden wir noch sehr sehr lange zu spüren haben.
Freundliche Grüsse/best regards
C. K.
24. Leserbrief
Einen schönen guten Tag an die geschätzten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Redaktion,
ich möchte berichten von der Situation der Angestellten einer Versicherung, die sich zu den großen zählt.
In einer Email wurde verständnisvoll auf die Situation der Eltern hingewiesen, die von den geschlossenen Kindergärten und Schulen betroffen sind und folgende Möglichkeiten angeboten:
Für solche Situationen gibt es im BGB den § 616:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 616 Vorübergehende Verhinderung
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.“
Da frage ich mich, wurde der Betriebsrat mit einbezogen oder hat man die Schnarchnasen delegiert.
Ich Naivling ging stets davon aus, das BGB beschreibt die unterste Stufe des Rechts, das nicht unterschritten werden darf. Natürlich darf jeder Vertrag günstiger gestaltet werden.
Verstehe ich mal wieder nicht von unserer Rechtssprechung??
Vielen dank noch einmal für eure unermüdliche und so notwendige Arbeit
J. G.
25. Leserbrief
Ich bin One-Man-Army-Filmproduzent und seit einigen Wochen ohne Einkommen.
Eine lange geplante Produktion wurde abgesagt. Laufende Projekte ruhen.
Meine finanziellen Reserven habe ich in Form der Einkommensteuer an das Finanzamt überwiesen.
Weil ich das zu spät getan habe, soll ich weitere € 250,- Strafe zahlen. Weiter Steuerzaghlungen stehen an.
Rücklagen gibt es nicht, frisches Geld bleibt aus. Das war nicht zu erwarten.
Heute habe ich mich hingesetzt und Finanzamt, Leasingbank und Hypothekenbank um Zahlungspause gebeten.
Mal gucken, was passiert.
Es grüßt:
J. S.
26. Leserbrief
Hallo,
als Franchisenehmer von coffee-bike betreibe ich ein einzelnes coffee-bike und fahre damit auf Wochenendeveranstaltungen. Dies geschieht nach Bewerbung, Zusage und Zahlung der Standgebühr.
Mir werden gerade reihenweise sämtliche Veranstaltugnen der nächsten Wochen und teilweise bis in den Sommer hinein abgesagt. Gezahlte Standgebühren behalten die Veranstalter ein mit dem Hinweis auf die AGB, dass sie wegen behördlichen Auflagen absagen und VERLEGEN dürfen. Nun bekomme ich Termine als Ersatz angeboten, zu denen ich aber bereits andere Zusagen habe, die widerum auch schon teilweise bezahlt sind.
Auch Einzel-Caterings aus privaten HAushalten (Hochzeiten) oder aus Gewerbe (Autohäuser Neumodellvorstellungen) werden reihenweise abgesagt.
Selbstverständlich laufen meine Verpflichtungen wie Miete für das coffee-bike und den Transportanhänger und Leasing für PKW weiter.
Da ich erst seit Mitte letzten Jahres selbstständig bin, kann ich der Bank keine Steuerunterlagen vorweisen, falls ich einen Überbrückungskredit beantragen muss. Allerdings: Wenn die Regierung bürgt, muss das ja vielleicht nicht sein.
Ein Bekannter von mir betreibt ein Restaurant mit der Familie und ein paar Aushilfen. Außerdem fährt er ebenfalls auf Märkte und Feste und bietet seine Spezialitäten mobil an.
Ich als Single und mit günstiger Wohnungsmiete komme bestimmt irgendwie durch jede schwere Zeit, aber er mit Familie und wesentlich höheren laufenden Kosten wird es unweit schwerer haben.
Beste Grüße,
U. W.
27. Leserbrief
Liebe Nachdenkseitenschaffende!
Zunächst einmal vielen Dank für die allzeit erhellende und auch selbstreflektierte Art, mit der die NDS Zusammenhänge herstellen und Hintergründe beleuchten.
Zum Thema Coronavirus und Hilfe des Bundes/der Länder möchte ich auf eine Untergruppe der Wirtschaftstreibenden aufmerksam machen; das sind die berufstätigen Eltern. Hier gesellt sich das Dilemma zwischen Betreuungspflicht für die eigenen Kinder und der Anwesenheitspflicht bei der Arbeit zur je nach Arbeitssituation bestehenden finanziellen Anspannung.
Wir sind Eltern zweier Grundschulkinder und momentan in der relativ entspannten Lage, dass wir alle zusammen zuhause bleiben können. Mein Arbeitgeber ist eine sehr, sehr große Elektronik- und Einzelhandelsfirma, die vorbildlicherweise freiwillig schon seit Samstag weltweit alle Läden geschlossen hat. Bis auf kurze und sporadische Kleingruppen-Videokonferenzen und die Positionierung der Möglichkeit eines kurzen Arbeitseinsatzes habe ich komplett frei. Meine Frau ist Sozialarbeiterin an einer Grundschule und momentan mit einer hartnäckigen (und wie wir hoffen und denken, herkömmlichen) Erkältung krankgeschrieben, anschließend muss sie nach derzeitigem Stand wieder zur Arbeit.
Viele andere Eltern in unserem Bekannten-/Freundeskreis sind in einer weniger beneidenswerten Situation: Wenn die Arbeitgeber oder die Art der Arbeit Homeoffice nicht ermöglichen: Wer soll den Nachwuchs betreuen? Die üblichen Antworten zu dieser Frage sind ausweichend bis wischiwaschi. Urlaub nehmen (geht nicht immer und was ist mit dem Rest des Jahres?), § 616 BGB (nur für wenige Tage und nur wenn „alle anderen Möglichkeiten ausgereizt wurden“ und zusätzlich nur, wenn nicht per Tarif oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen), unbezahlter Urlaub (immerhin, aber…) – und das war es realistischerweise auch schon.
Die „offiziellen“ Betreuungsstrukturen der Stadt sind dem “Personal kritischer Infrastrukturen“ (= beispielsweise meiner besseren Hälfte) vorbehalten; die Betreuungseinrichtung unserer Grundschule ist wegen positiver Coronatests innerhalb der Lehrerschaft allerdings komplett geschlossen. Davon mal abgesehen, finde ich es ohnehin etwas widersinnig, Kinder gruppenweise privat oder institutionell zu betreuen – siehe Sozialkontakte.
Dass gerade die Expertise und der Einsatz der Beschäftigten des Gesundheitswesens, der Sicherheit, der Infrastruktur und so weiter benötigt werden ist ja logisch und kann in der öffentlichen Wahrnehmung gar nicht positiv genug dargestellt werden. Aber auch diese Menschen haben zum guten Teil Nachwuchs und somit zusätzlich zu den Sorgen aller Anderen noch die Verantwortung für diesen.
Wie Sie sehr richtig darstellen, sind die angekündigten Hilfen eher nicht auf kleine Betriebe, Einzelkämpfer, Kulturschaffende, Geringverdiener usw. ausgerichtet. Dass die Kinder während der ganzen Krise ja auch irgendwo hin müssen und dabei weder alleine noch in Massenverwahrung verweilen können, kommt für uns Eltern als massive Herausforderung nur noch hinzu. Einen Seitenhieb auf die offensichtlich unterbliebene „umfassende Vorbereitung“ des Landes auf die Infiziertenwelle und ihre Auswirkungen verkneife ich mir an dieser Stelle – den zeitlichen Vorsprung und die Erkenntnisse aus anderen Ländern haben wir überheblich und leichtsinnig verplempert.
Ehrlicherweise habe ich auch keine Patentlösung parat und nur wenig konkrete Ideen. Grundsätzlich ist der Staat in so einer Sondersituation wie der Coronaviruskrise meiner Meinung nach verpflichtet und als Akteur prädestiniert, jedem einzelnen Bürger und jeder Familie die Angst vor gravierenden finanziellen Einschnitten bis zum wirtschaftlichen Ruin zu nehmen und die vorhandenen Ressourcen angemessen einzusetzen. Sicherlich gibt es Fachleute, die sich damit befassen.
Von unserer Regierung höre ich die ganze Zeit nur, dass der Wirtschaft geholfen wird. Das ist natürlich auch richtig und wichtig. Ich freue mich allerdings schon sehr darauf, dass der Schwerpunkt des politischen Handelns wieder auf den einzelnen Bürger/die Bürgerin und die Gemeinschaft aller gesetzt wird. Denn ohne Bürger = keine Wirtschaft, auch wenn uns etwas anderes vorgemacht wird.
Abschließend mag ich mit Grausen nur noch erwähnen, dass alle anderen Probleme ja weiterhin bestehen und im Windschatten der Coronakrise sicherlich die ein oder andere Schweinerei durchflutschen/ausgesessen wird. Es ist zum Heulen.
Liebe Grüße und lassen Sie sich nicht unterkriegen,
J. L.
28. Leserbrief
Moin Moin,
Mit dieser Email würde ich gerne einmal auf alle Leute, die zu den aktuellen “Corona-Zeiten” arbeiten, aufmerksam machen.
In Meiner Nachricht beziehe ich mich in erster Linie auf die Leute im Einzelhandel, da ich selber in diesem Bereich arbeite.
Der Einzelhandel ist und war schon immer ein sehr undankbarer Beruf mit undankbaren Arbeitszeiten.
Die Leute ERWARTEN dass Sie zu jeder Zeit einkaufen können und außerdem wird erwartet, dass immer alles vorrätig ist.
Dementsprechend sind die Arbeitszeiten von Menschen, die im EInzelhandel leben. Das beudetet: 1x im Monat Samstag frei (ich spreche hier von normalen Betrieben, ohne sonntagsöffnungszeiten).
Das nur nebenbei, aber jeder Einzelhändler hat sich den Beruf wohl irgendwie ausgesucht.
Aktuell geht es drunter und drüber im Einzelhandel.
Natürlich sind nicht alle Leute so. Vereinzelt kommen Leute zu mir und sprechen mich an, wie Leid es Ihnen tut , dass ich “an der Front” arbeite und mir dieses ganze Chaos antun muss.
Täglich gehen mir auf der Arbeit mehrere tausende Euro durch die Hände, da ich als Kassenaufsicht/Tresorverwalter arbeite.
Dazu kommt das jede Schicht von Menschen einkaufen geht und auf Grund der Breitgefächterten Vielfalt an Leuten, fühlt man sich zunehmend unwohler.
Hier kommt dann noch hinzu, dass ich ursprünglich auf 25h die Woche angestellt bin und aktuell viel mehr arbeiten muss, da die ganzen Mütter/Väter etc. sich erstmal um Ihre Kinder und Familien kümmern müssen. Krankmeldungen ohne Ende etc…
Die aufgebauten Überstunden werden nicht einfach bezahlt, wie man sich das vielleicht vorstellt.
Überstunden werden mit steuerlichen Abzügen “ausbezahlt”.
So sind z.B. 50 angesammelte Überstunden bei einem Lohn, sagen wir mal von 10€ Stunde im Normalfall 500.-
Ausgezahlt werden hiervon aber schätzungweise nur ca 180-250 Euro.
Ich könnte die ganze Zeit so weitermachen, muss allerdings jetzt gleich zur Arbeit.
Tut mir Leid dass ich Ihnen keinen ordentlichen Text formulieren konnte, aber vielleicht können Sie mit diesen Informationen etwas anfangen.
Wenn Sie fragen haben, kontaktieren Sie mich gerne.
Mit freundlichem Gruß
M.S.
* Da in zahlreichen Zuschriften sensible persönliche Daten enthalten sind, haben wir uns entschieden, alle Namen zu anonymisieren.
Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten
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